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Nummer 69
Fernruf 479
Montag, den 23. März 1936
Fernruf 47Sj
71. Jahrgang
Unmögliche Vorschläge der Locarno-Mächte
Das Memorandum der Locarnomächte atmet erneut Versailler Geist. Es ist in den Vorschlägen vorgesehen, daß während der Verhandlungsperiode eine Neutralisierung der Westzone dadurch erfolgen soll, daß ein auf deutschem Gebiet verlaufender Grenz st reifen von einer internationalen englisch-italienischen Polizeitruppe besetzt wird. Es ist nicht recht ersichtlich, welchem Zweck dieser dünne militärische Grenzkordon dienen soll. Man hat in der Erörterung dieses Gedankens vorher einmal auf die nach dem Saargebiet gelegte internationale Abstimmungspolizei verwiesen, der die deutsche Regierung damals ausdrücklich zugestimmt hätte. Der Vergleich ist absolut abwegig. Es läßt sich überhaupt kein stichhaltiger Grund finden, mit dem man eine solche ungewöhnliche Maßnahme rechtfertigen könnte. Auch als Ordnungspolizei braucht die deutsche Verwaltung ausländische Unterstützung nicht. Daß aber ein Schutz der französischen oder belgischen Sicherheit durch ein englisch-italienisches Truppenkontingent notwendig sei, wird selbst in den Zeitungen dieser Länder heute nicht mehr behauptet. Deutschland, das sich vielleicht durch die Vorkehrungen, die jenseits der Grenze getroffen wurden, bedroht fühlen könnte, hat aber keinen Schutz angerufen und gedenkt auch, im Vertrauen auf sein unantastbares Recht, nicht daran, das zu tun.
Was bleibt also übrig an Erklärungen für den seltsamen Plan? Nichts anderes, als der Wunsch, Frankreich und Belgien eine „Genugtuung" zu verschaffen. Diese „Genugtuung" aber verletzt in flagranter Weise die Souveräni- täisrechte Deutschlands und die ihm — zum wievielten Male? — zugesicherte Gleichberechtigung. Es wäre in ganz Europa undenkbar, daß irgendeinem Staate die Besetzung eines Teils seines Gebietes durch fremde Truppen zugemutet wird. Man mutz sich an den Kops fassen und fragen, was die Staatsmänner in London sich dabei dachten, als sie dieses unsinnige Projekt ausarbeiteten.
Ebenso unverständlich ist es. daß Besprechungen zwischen den General st äben Frankreichs, Belgiens und Englands zur Erhöhung der „französisch-belgischen Sicherheit" vorgesehen worden sind. Man sagt, genau wie bei der Besetzung einer schmalen Rheinlandzone, das sei nur eine Maßregel vorübergehender Wirksamkeit, um während der Verhandlungsperiode drüben das erforderliche Sicherheitsgefühl auszulösen. Frankreichs Absichten gehen seit den Zeiten des mißglückten Genfer Protokolls auf die Militärallianz mit England hin. Seine Generäle werden die vorgesehenen Besprechungen ganz gewiß nicht als ein unverbindliches Zwischenspiel führen.
Schließlich soll das Haager Schiedsgericht zur Entscheidung darüber angerufen werden, ob der französtsch- sowjetrussische Pakt, wie Deutschland es behauptet, dem !Locarnovertrage widerspricht. Ter Völkerbundsrat hat die- Isen Spruch am Donnerstag ja schon vorweggenommen, indem er aus eigener Machtvollkommenheit entschied, daß die Motive Deutschlands für seinen Schritt vom 7. März nicht anzuerkennen und infolgedessen eine deutsche Verletzung des Locarnopaktes festzustellen sei. Warum also nun noch einmal das Verfahren vor dem Haager Schiedsgerichtshof? Was kann das Haager Gremium gelehrter Juristen überhaupt zu der politischen und militärischen Frage des Verhältnisses zwischen Russenpakt und Locarnopakt Entscheidendes sagen? Die Stunde, das Haager Urteil anzurufen, wäre vielleicht im Mai des vergangenen Jahres gewesen, als Deutschland zuerst auf die bedenkliche Konstruktion des Paktes zwischen Paris und Moskau hinwies.
All diese Dinge, deren mangelhafte Untermauerung man im geheimen in London wohl selbst erkannt hat. sollen dadurch schmackhafter gemacht werden, daß man sie als ein notwendigerweise zu passierendes Zwischenstadium hinstellt, und immer wieder auf die große Konferenz als das , letzte Ziel hinweist. Diese Konferenz aber will man außer mit der Erörterung der konstruktiven Pläne Adolf Hitlers, die Beratungsstoff für Wochen und vielleicht Monate geben, auch noch mit der Sanierung der Weltwirtschaft, dem Rohstoff- und Kolonialproblem und — wieder einmal — der Abrüstungsfrage belasten. Ein Konferenzprogramm, das Jahre zur Erledigung brauchen würde: In diesem auf Jahre erstreckten Zwischenstadium aber soll Deutschland die fremde Besatzung seiner Grenzzone ertragen, während drüben die Generalstäbe beraten? Unmöglich und unausdenkbar!
Das Echo MM Locarm-MemirsMm
Kritik der Londoner Presse an der Locarno-Denkschrist
London, 21. März. Auf Grund der ersten Berichte über die Denkschrift der Locarno-Mächte enthalten die Abendblätter eine Reihe von Stellungnahmen, die deutlich beweisen, datz sie von der englischen Oeffentlichkeit nicht ohne Kritik hingenommen wird. So schreibt der „Star" u. a.: Wir haben noch einen langen Weg zu gehen. Hitler verlangt, datz Deutschlands minderberechtigte Stellung beendet werden soll. Die vorläufigen Programm- Punkte für die lleberaanaszeit beenden sie nicht, sie unterstreichen
sie. Die „Evening News" schreiben u. a.: Deutschland könnte vor dem Völkerbundsrat keinen fähigeren und entwaffnenderen Anwalt als Herrn von Ribbentrop haben. Regierungen haben nun einmal die Leidenschaft, den Rechtsanwalt zu spielen. Das Blatt wendet sich dann gegen den Vorschlag, den französischsowjetrussischen Pakt vor den Haager Gerichtshof zu bringen. Der Haager Gerichtshof mutz, wenn er ehrlich ist, erklären, datz es keine klare Rechtsfrage gibt, über die er sich äußern kann, daß die Frage eine solche der Ethik, der Politik und der Psychologie ist, und datz es sich daher nicht um seine Angelegenheit handelt.
Im „Evening Standard" heißt es u. a.: In dem Plan befinden sich gewisse Dinge, die nicht von besorgten Staatsleuten, sondern von böswilligen politischen Satyrikern hätten ins Auge gefaßt sein können. Da ist z. B. der Plan für eine neutrale Zone, die von internationalen Truppen bewacht werden soll. Vor etwa 14 Tagen hat Hitler die Gefahr auf sich genommen, Europa zu trotzen, indem er seine Legionen in das vertragsmäßig entmilitarisierte Rheinlandgebiet sandte. Heute wird er aufgefordert, nicht diese Soldaten zurückzuziehen, sondern es zu gestatten, datz eine internationale Wache in das Rheinland eindringt, um als Polizei ihn zu überwachen. Das ist schon verwunderlich. Noch verwunderlicher ist aber die Tatsache, datz die internationale Polizeitruppe italienische Abteilungen enthalten soll. Der Völkerbund hat kürzlich Italien für einen Vertragsbrecher erklärt. Trotzdem befand sich der Vertreter Italiens unter den Richtern, die Deutschland verurteilten. Italien ist in Abessinien eingefallen. Deutschland ist nicht in Frankreich eingefallen. Sein Vertragsbruch berührt nur sein eigenes Gebiet. Aber die Locarno-Mächte glauben, datz eine internationale Armee wünschenswert sei, um den Frieden am Rhein aufrecht zu erhalte», bis eine dauernde internationale Regelung erzielt werde. Und Italien, das den Frieden in Abessinien gebrochen hat, wird aufgefordert, sich an dieser Armee zu beteiligen. Deuts chland wird diesen Plan für eine neutrale Zone innerhalb seines Gebietes ablehnen. Es wird auch einen anderen Teil des Planes ablehnen, die Bestimmung, datz es den französisch-sowjetrussischen Pakt dem internationalen Gerichtshof im Haag unterbreiten soll. So scheint es, noch bevor die Aussprache beginnt, datz der neue Plan zum Scheitern verurteilt ist.
Auch die Samstagmorgen-Blätter wiederholen ihren Appell an Deutschland, seinerseits einen Beitrag zu liefern. Fast ohne Ausnahme heben sie hervor, datz die Möglichkeit einer Berichtigung oder Abänderung der Vorschläge, die im Memorandum der Locarno-Mächte ihren Niederschlag gefunden haben, bestehe, ja sogar von der britischen Regierung gewünscht werde, die hierbei in vollem Umfange die Unterstützung der öffentlichen Meinung finde.
Der „Daily Telegraph", die „Times" und die „Morningpost" sind sich einig mit Blättern, wie der „Daily Herald" und die „News Chuonicle", datz die Vorschläge keineswegs als „Ultimatum" angesehen werden könnten. Es wird im Gegenteil übereinstimmend betont, datz die vier Mächte durchaus bereit seien, deutsche Gegenvorschläge zu erörtern, was dann zu weiteren ausgedehnten Verhandlungen führen würde.
Auch die liberale „News Chronicle" stellt fest, datz es für Deutschland nicht notwendig sei, die Vorschläge des Memorandums unverändert anzunehmen. Es werde lediglich eine Antwort benötigt, die sicherstelle, datz die Aussöhnungsbemühungen nicht zusammenbrechen sollen. Jedenfalls sei durch die Vorschläge die unmittelbare Gefahr beseitigt und der nächste Schritt liege jetzt bei Deutschland. Der diplomatische Berichterstatter des Blattes
Kurze Tagesübersicht
Den Höhepunkt der sonntäglichen Wahlkundgebungen bildete die Rede des Führers in der Jahrhunderthalle in Breslau.
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Es wurden nun die 1035 Namen der Reichstagswahlliste der NSDAP, bekanntgegeben.
Botschafter von Ribbentrop ist am Samstag abend von London nach Berlin zurückgekehrt, um dem Führer Bericht zu erstatten.
Die Vorschläge der sog. Locarno-Mächte in dem Memorandum fanden in Paris und London eine sehr kritische Beurteilung, ja es überwiegt die Einsicht, daß Deutschland diese unmöglichen Vorschläge ablehnt.
In London bemüht man sich, Raum für Verhandlungen zu gewinnen, freut sich sogar, daß Deutschland die demütigenden Punkte natürlich nicht annimmt. Deshalb tritt die Londoner Presse für eine Lösung ohne internationale Polizei ein.
In Rom fanden die Dreier Besprechungen über die Do- nausrage statt, die am Sonntag abend abgeschlossen wurden
weist darauf hin, datz die ungünstigen deutschen Kommentare in London keine besondere Enttäuschung hervorgerufen hätten. Im übrigen bestätigt der Berichterstatter, datz die internationale Polizeitruppe nur bis zur Beendigung dere Locarno-Konferenz in der Grenzzone verbleiben solle.
Der politische Mitarbeiter von „News Chronicle" berichtet, datz im Unterhaus sich ein starker Widerstand gegen die vorgeschlagene neue einseitige Rheinlandzone bemerkbar mache, und datz Lloyd George sich vor allem gegen ein Militärbündnis mit Frankreich zu wenden beabsichtige. Eine starke Gruppe im Hause sei wegen der offensichtlichen Kapitulation gegenüber dem französischen Standpunkt besorgt. Diese Kapitulation sei aus Sir Austen Chamberlain zurückzuführen, der seine Pläne der Regierung aufzuzwmgen versuche.
„Daily Mail" ist der Ansicht, datz Deutschland diejenigen Vorschläge der Locarno-Mächte glatt ablehnen werde, die eine Diskriminierung Deutschlands ober eine Begrenzung seiner Hoheitsrechte mit sich bringen würden. Auch der .Daily Telegraph" vertritt die Auffassung, datz Deutschland den Plan einer internationalen Zone auf deutschem Gebiet als Diskriminierung betrachten und daher ablehnen werde. „Daily Expreß" schließlich verurteilt die Vorschläge der Locarno-Mächte in schärfster Form. Der Vorschlag so schreibt das Blatt, das eine Verlängerung der Krise befürchtet, britische Truppen in das Rheinland zu entsenden, sei absurd und wahnsinnig.
Reuter über die weitere Entwicklung
Reuter berichtet, in diplomatischen Kreisen Londons glaube man, datz gewisse deutsche Gegenvorschläge zu dem Locarno- Memorandum eine Grundlage für weitere Besprechungen abgebe« könnte». Man habe die Aufastung, datz es sich um den allerer st en Abschnitt einer Verhandlungsperiode handle, die sich sehr lange ausdehnen könne.
England werde versuche», Europa zu bestimmen, datz es einer Politik folge, die man die „britische Politik" nennen könne, und die sich bisher als erfolgreich erwiesen habe. In britischen Kreisen wird mit Nachdruck darauf hingewiesen, datz Frankreich und Belgien ihre Forderungen, zu denen sie sich in Paris entschlossen, so weit heruntergeschraubt hätten, datz es jetzt an Deutschland sei, eine Geste im Interesse der Gesamitzeit zu machen. Es scheine, daß zwei Konferenzen in Aussicht genommen eien. Die erste würde eine Konferenz der Locarno- Mächte mit Deutschland sein, die die Vorschläge des Führers, die Revision des Status quo im Rheinland, und gegenseitige Unterstützungspakte aller fünf Mächte zu beraten hätte. Erst zu einem weit späteren Zeitpunkt werde dann eine zweite Konferenz mit weiteren Ausgaben ein berufen werden, au der eine große Zahl von Staaten teilnehmen würde.
Pariser Presse zu dem Bierer-Borschlag
Paris, 21. März. Die Samstagmorgen-Presse rechnet mit einer deutschen Ablehnung des Memorandums der Locarno-Mächte. Gewisse Blätter finden dieses Vierer- Abkommen nicht einmal starr genug, um ein einseitiges Locarno zustande zu bringen. Auch wird die Forderung nach einer Verstärkung der Heere der Vürgschaftsmächte erhoben, um Frankreich wirklich Schutz gewähren zu können. Die Hamburger / Rede des Führers wird als d a s e r st e „N e i n" gewertet.
Das „Journal" schreibt, die in London gefundene Verständigungsgrundlage enthalte für Deutschland recht unangenehme Züge, die jedenfalls für den Augenblick seinen Zorn erregen würden. Aber,sie enthalte auch sehr viel angenehmere Aussichten, nämlich die Bestätigung der vollendeten Tatsache und das Angebot, den großen Wiederaufbau auf den von Hitler vorgeschlagenen Grundlagen ins Auge zu fassen. Das Schiedsverfahren sei rein rückblickend, denn es gelte von vornherein als verabredet, datz ungeachtet des Ausfalles des Spruches in Zukunft alles geändert werde. Man werde den Rheinland-Pakt, man werde Locarno revidieren. Man werde daher die Deutschen aus- sordern, sie mögen die rechtliche Regelung, die sich ja einzig und allein auf die Vergangenheit beziehe, annehmen. Die politische Seite werde man dann in Zukunft berücksichtigen. Deutschland werde versuchen, der symbolischen „Strafe", die die 20-Kilometer- Zone bedeute, zu entgehen. Beachtlich sei, datz Botschafter von Ribbentrop gleich am zweiten Tage nach seiner Ankunft in London vom König empfangen wurde, während der französische Außenminister Flandin vier und der Generalsekretär des Völkerbundes, Avenol, sogar zehn Tage habe warten müssen.
Der Berliner Berichterstatter des „Journal" macht auf den falschen Gesichtswinkel aufmerksam, unter dem man außerhalb Deutschlands noch die Lage zu betrachten gewöhnt sei. Er habe persönlich den Eindruck, datz man in London, Paris und anderswo noch nicht völlig die deutsche Politik begriffen habe, und datz man nur allzu große Neigung zeige, die nationalsozialistische Herrschaft mit der von Weimar zu verwechseln. Die Zeiten hätten sich geändert. Die Verurteilung durch den Völkerbund lasse Hitler unberührt. Datz man aber etwa auch nur einen einzigen Augenblick daran glaube, von den Deutschen irgend etwas z« erreichen mit Vorschlägen wie denen von London, zeige, datz man um mindestens drei Jahre rückständig sei.
In einem Telegramm des „Matin" aus London wird erklärt, die englische Regierung rechne mit einer verneinenden Antwort aus Berlin, scheine aber an die Möglichkeit deutscher Gegenvorschläge zu glauben.