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Nummer 1<i9 Fernruf 47S Samstag, den 11. Mai 1935 Fernruf 479 70. Jahrgang
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Mlltlertag
Dieser Tag gehört der deutschen Mutter. Ein Tag der j Besinnung. Was ich bin als Mensch und wie ich bin in mei- j nem tiefsten Wesen — das danke ich meiner Mutter. Brei- j tete sie nicht schützend ihre Hände über die Tage meiner Iu- ! gend? Sorgt sie nicht noch heute in nimmerrastender Liebe s für das geistige und körperliche Wohl ihres Kindes? Mutter! Wie oft wohl werden wir uns all der Liebe bewußt, i die uns Tag für Tag entgegengebracht wird? Da sind man- ! che unter uns, die nehmen dies kostbare Geschenk als etwas Selbstverständliches hin. Sie wissen, daß die Mutter immer für sie da ist, aber sie nehmen diese Tatsache nicht wichtig. ^ Sie spüren erst, was Mutterliebe ist, wenn sie eines Tages allein stehen, wenn sich die müden Augen schlossen, wenn die ! treuen Mutterhände ausruhen von der Last und der Arbeit des Lebens... . ^ .
Tag der Besinnung. Glücklich, wenn wir noch dre Mutter haben. Viele freilich sind sich darüber im Klaren, daß jeder Tag unseres Lebens von Dank und Liebe für sie erfüllt sein sollte, viele brauchen ihn nicht, den Muttertag, um daran erinnert zu werden, was die Mutter für sie bedeutet. Und dennoch spüren es auch diese, wir alle spüren es, daß der Muttertag, der Ehrentag der Mutter, etwas Schönes ist. Mehr als je sind wir heute zu der Erkenntnis gekommen, daß in den Müttern die tiefste Kraft eines Volkes ruht, daß ein Volk, das seine Mütter ehrt und für das Wohlergehen auch der ärmsten Mutter sorgt, immer wieder eine innerliche Erneuerung erfährt. ^
Der erste und der letzte Gedanke dieses Tages gehört der Mutter. Ihr einmal im Jahre eine Freude zu bereiten nur aus dem Wunsche heraus, sie eben als unsere Mutter zu ehren, ihr zu danken für alle Liebe, ist der Sinn dieses Tages. Und wenn wir nichts mehr tun könnten, als einen kleinen Strauß auf einen grünen Hügel zu legen, so würde sich auch darin der Sinn des Muttertages erfüllen.
Darüber hinaus aber gilt die Ehrung dieses Tages der deutschen Mutter schlechthin. Allen jenen Müttern, den unbekannten, nie genannten, deren ganzes Leben Opfer und Hingabe ist, die mit jedem Tage neue Aufbauarbeit am deutschen Volke leisten. Dieser deutschen Mutter zu Ehren trägt jeder am heutigen Tage das schlichte Abzeichen. „Reichsmütterdienst im Deutschen Frauenwerk. Muttertag 1935" steht darauf, und diese Worte umrahmen ein kleines Relief, das Mutter und Kind zeigt Es ist eines der bekanntesten Bildnisse Albrecht Dürers. Mit dieser schlichten Plakette führt der Reichsmütterdienst des Deutschen Frauenwerks eine Haus- und Straßensammlung zugunsten seiner Mütterschulungs- und Haushaltungskurse durch. Das Abzeichen des Muttertages tragen, heißt mithelfen, um die deutsche Mutter immer wieder für ihre schweren Aufgaben an Volk und Familie zu schulen.
Mutterliebe
Daß ich euch tiefer noch im Herzen trage, als einstens, da ihr winzig klein, läßt meines Lebens sinkende Tage gesegnet sein.
Doch trag' ich schwerer noch an euren Seelen, als ich dereinst an euren Körpern trug und muß zutiefst mich eurem Schmerz vermählen, wenn euch ans Kreuz das harte Leben fchlug, mit spitzen Nägeln an den Marterpfahl gestellter Qual.
Dann möchte ich noch einmal euch umschließen, euch Ruhe schenkend und Eeborgensein. mein ganzes Ich in euer Sein ergießen um inniglichst mit euch vereint zu sein, und kann doch nichts, als helfend zu euch steh'n, mittragend durch die Last der Tage geh'n, bis meiner Seele letzte Schöpferkraft, das Wunder wirkt, das Mutterliebe schafft.
Wochenrundschar»
Den 9. Mai 1935
Heber diesen Maitagen liegen in der Natur die Hemmungen und Kälterückschläge des vergangenen Winters; die sogenannten Eisheiligen machen ihre Herrschaft geltend und stören die Frühlingssonne und den Blütenzauber. Auf der europäischen Politik liegen die Schatten von zwei Jahrzehnten und die Hemmungen in der europäischen Verständigung sind stärker denn je. Das silberne Regierung s j u b i l ä u m des englischen Königspaares hat einige Tage die offizielle Diplomatie darüber hinweggetäuscht, daß die ernste Lage in Europa in den nächsten Monaten große und ganze Entschlüsse fordert. Auch das deutsche Volk hat an dem Regierungsjubiläum in England lebhaften Anteil genommen; der Führer und Reichskanzler hat in einem Telegramm die Glückwünsche ausgesprochen. Erfreulich war im Gegensatz zu der üblen Deutschlandhetze im englischen Unterhaus, daß die Lords des Oberhau - j e s ruhige, ja sogar verständnisvolle Worte über unsere Lage gefunden haben. Ihr nüchterner Wirklichkeitssinn ging soweit, daß sich die deutschfeindliche Rechtspresse in London erbittert zeigt und mit persönlichen Vorwürfen nicht zurückhält. Die Aussprache im Oberhaus stand auf der Plattform der Gleichberechtigung. Vom Regierungstisch hat Unterstaatssekretär Lord Stanhope aus die mit Spannung erwartete Hitler-Rede angespielt und von Deutschland endgültige Vorschläge über die Rüstungen in Aussicht genommen. Ob sich noch eine Begrenzung der Rüstungen erreichen läßt, was als Ziel der englischen Politik anzusehen ist, hängt aber nicht von Deutschland ab. Deutschland ist immer noch zur Abrüstung bereit, wenn auch die Andern abrllsten. Aber für Letztere ist die Hoffnung auf den Nullpunkt gesunken.
Die französische Politik hat mit dem Abschluß desfran - zösisch-russischen Beistandsvertrags, der in der kommenden Woche durch Laval in Moskau förmlich und feierlich unterzeichnet werden soll, durch alle Abrüstungs- Hoffnungen einen Strich gezogen. Zum mindesten durch das in letzter Zeit feierlich proklamierte Ziel, der Schaffung eines Systems kollektiver Friedensficherung. Denn die Paktpolitik die Frankreich betreibt, fährt immer auf zwei Gleisen. Da ist der Ostpakt, von dem ursprünglich die Erfinder behaupteten, er solle den ganzen Ostraum sichern, obwohl , Frankreich als Urheber des Planes gilt und an diesem s Ostraum gar nicht beteiligt ist. Es wollte oie bestehenden Militärbündnisse mit den Südoststaaten verschleiern und jetzt durch kneuen Hilfeleistungsvertrag, der wohl als Ersatz für Barthous Ostpakt anzusehen ist, die Militärabkommen decken. Alle diese Abmachungen zersprengten den ursprünglichen Ostpaktrahmen. Wohl hat man sich bemüht durch kunstvolle Fassungen und Erklärungen den Beistandsvertrag zwischen Paris und Moskau so zu formen, daß er nicht mit anderen bestehenden Verträgen und Verpflichtungen in Widerspruch gerät. Man hat auch versichert, daß für dritte Mächte die Vertragstür offen stehe, wie dies ja bei den neuesten Vertragsabschlüssen .immer der 'Fall ist, in Wirklichkeit ist dieses russisch-französische Bündnis gegen Deutschland gerichtet. Man mag daran drehen und deuteln wie man will. Die Russen selbst sind nicht voll befriedigt ! von dem Hilfeleistungspakt. Die Verweigerung der Einreise- ! erlaubnis nach Sowjetrußland für etliche französische Jour- s nalisten, die nachträglich wieder aufgehoben wurde, ist mehr als ein Beweis dafür, daß das Mißtrauen zwischen '
den beiden Vertragspartnern noch nicht völlig geschwunden ist.
Um den „ N i ch t e i n m i s ch u n g s v e r t r a g " an der Donau wird beinahe ein ähnliches Spiel getrieben wie um den >ogenannten Ostpakt. Als Frankreich, England und Italien in Stresa zusammensaßen, wurde in Aussicht genommen, im Mai in Rom den Nichteinmischungspakt zugunsten Oesterreichs zu beraten. Bald zeigte es sich, daß das Problem noch nicht jo verhandlungsreif war. Mussolini hat deshalb zunächst verschiedene Vorkonferenzen anberaumt. Aufgrund der Dreier-Protokolle vom März 1934 traten Oesterreichs und Ungarns Vertreter mit den Italienern in Venedig zusammen, aber es scheint nicht viel dabei herausgekommen zu sein. Nur so ist es erklärlich, daß der österreichische Bundeskanzler Schuschnigg eine weitere Zusammenkunft mit Mussolini, angeblich in Florenz hat, um über die österreichische Frage zu beraten. Man führt dies auf Schwierigkeiten zurück, die sich bei der V e s p r e ch u n g in Venedig gezeigt haben. Das Problem des Donauraums ist nicht lösbar ohne Bereinigung der Gegensätze, die zwischen Oestereich und Ungarn einerseits und der Kleinen Entente andererseits bestehen. Rom hat neuerdings sein Herz für die Kleine Entente entdeckt und dadurch ist oas Verhältnis zu Oesterreich und Ungarn schwieriger geworden. Die Italiener hatten in Budapest und Wien Hoffnungen erweckt, die nun nicht erfüllt werden können. Ungarn soll in Venedig die Aufhebung der Rüstungsbeschränkungen verlangt haben, die Kleine Entente ist dagegen. Außerdem fordert Ungarn die Revision der territorialen Bestimmungen des Trianoner Friedensoertrages Von italienischer Seite ist diese Forderung wiederholt anerkannt worden. Auch Oesterreich hat Wünsche, obwohl es sich sonst ganz in die Arme Roms geworfen hat. Es wünscht die Zusicherung, daß die Forderung der Kleinen Entente nach einem Einmarschrecht im Falle einer Restauration der Habsburger zurückgewiesen wird. Italien zielt darauf ab, aus dem Donaugebiet für den Ernstfall eine wohlvorbereitete Operationsbasts zu machen. Verschiedene Nachrichten über ein Abkommen, das italienische Militärs mit dem Vizekanzler Starhemberg vorbereiten, bestätigen dies. Es besteht der Plan, das österreichische Bundesheer an den Aufbau des italienischen Heeres anzugleichen. Eine italienische Militärmission soll nach Wien kommen. Man sieht daraus, was von den gegen Deutschland erhobenen Vorwürfen über eine Einmischung in innerösterreichische Angelegenheiten zu halten ist.
Nun scheint auch noch ein Militärpakt Paris- Nom in Vorbereitung zu sein. Der französische Luftfahrtminister General Denain ist mit zahlreichen Sachverständigen nach Rom geflogen, um wirtschaftliche, militärische und technische Fragen zu besprechen. Das soll heißen, daß ein französisch-italienischer Beistandsvertrag in der Luft verabredet werden soll. Eine ungarische Zeitung behauptet sogar, daß in diesen Vertrag die österreichische Frage einbezogen werde. Mussolini habe die Anerkennung der Linie Passau—Salzburg—Kufstein als Luftgrenze Italiens zur Bedingung gemacht. Und alle diese Pakte, die derzeit vorbereitet werden, will man dem Völkerbundsstatut anhän- gen, woraus man wiederum steht, welche Rolle dieser Genfer Bund in Wirklichkeit spielt.
Zu den Konferenzen der Woche zählt auch dre Besprechung der Außenminister der b a l t i s ch e n S t a a t e n in Kowno, die ebenfalls den Ostfragen gewidmet war. Große Beschlüsse konnten freilich nicht gefaßt werden, weil die
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Oie Geschi chte einer Liebe / Von Hellmut Kayser
Vertrieb: Romanverlag K k H. Greiser G m b H.. Rastatt 6 Nach uck verboten
Hans verbeugte sich. „Sie sind sehr gütig, Herr Konsul."
„Meine Braut hat mir erzählt, daß Sie Gymnasialbildung haben."
„Ja, bis zur Sekunda, Herr Konsul. Dann kam der Krieg und als ich zurückkam, da starb meine Mutter, und dann waren keine Geldmittel mehr da. Da mußte ich arbeiten, sauer genug ist es mir geworden."
„Ich weiß es! Die Jahre waren bitter. Aber es wird einmal besser werden. Ich hoffe es für alle. Für Sie soll jetzt die bessere Zeit beginnen. Ich habe eine ganze Reihe Betriebe. Do wird sich schon ein Posten für Sie finden. Was können Sie denn eigentlich. Herr Trenk?"
„Ich bin in allen kaufmännischen Fächern erfahren, Herr Konsul. Ich glaube, daß es nur ganz kurze Zeit braucht, um wieder bilanzsicher zu sein. Ich schreibe auch Maschine und stenographiere. Einen guten Briefstil rühmt man mir nach. Ich traue mir allerhand zu. Herr Konsul. Nur .... Zeugnisse fehlen mir, die es beweisen."
„Zeugnisse beweisen nichts, lieber Freund. Es is! schon mancher hinausgelobt worden. Also gut. Ich brauche einen kaufmännisch erfahrenen Verwalter für mein Rittergut Bergfelde. Sagt Ihnen eine solche Stellung zu?"
„Oh. ich bin mit jeder Stellung einverstanden, die Sie mir anvertrauen."
„Hm. gut! Sie werden jetzt die nächste Woche erst hier mit mir zusammen schaffen, ich will Sie in alles ein- fnhren und dann treten Sie Ihren Posten an. Einverstanden?"
^ »Jawohl, Herr Konsul." r
Sie reichten sich die Hände. Es war ein ehrlicher auf- . richtiger Händedruck. j
Die Freunde trafen sich nach einer Stunde wieder in ihrer kleinen, gemütlichen Wohnung.
Jochen umarmte den Freund glückstrahlend.
„Wat sagste nu, Hans?" fragte er lachend. „Det froße Los könnte uns nich Wähler tun."
„Arbeiten ist auch das große Las, Jochen! Ja, ein Gottseidank von Herzen, das muß ich sagen! Mir ist, als sei mit den alten Kleidern alles Elend vergangener Tage von mir abgefallcn, als fei ich ein neuer Mensch, der alles kann!"
„Kannste ooch, Häufeken, kannste! Mensch, wo ick Deine Fähigkeiten so jut kenne. Tu, also morgen, da jeht die Fahrerei los. Famos Junge, der Fahrlehrer. Det heeßt, eijentlich ist's een ziemlich bemoostes Haupt, aba een Humor hat der! Du. det soll mir Spaß machen."
„Ich freue mich mit Dir. Jochen!"
„lind Du wirst nu . . . wat wirst Du eijentlich, Hans! Hat er Dir jleich een Jcneraldirektorposten überjeben?"
Hans lachte herzlich. s
„Nein, mein Lieber, aber einen schönen selbständigen - Posten bekomme ich. Er überträgt mir die geschäftliche , Verwaltung seiner Güter mit dem Sitz auf Bergfelde. Das ! liegt in der Lausitz." !
Jachen sah ihn betrübt an. !
„Ach Jott ... det is aber schade! Da komm' war ja i jeht auseinander!" ?
Hans sah den Freund herzlich an und sagte warm: , „Jochen, können zwei Freunde wie wir denn überhaupt l auseiuanderkommen?"
„Da haste wieder recht. Hans, det jeht nich! Wir t bleiben die alten und wenn ick in Posemuckel bin und Du j in Buxtehude. Det bleiben wir! Aba weeste. jetzt jehört es sich, daß wir van Haltens unseren Kratzfuß machen und uns schönstens bedanken."
„Ja, das müssen wir bald tun!"
Weeßte, Hans, unsere Wirtin — 'ne propere Frau, Wat ^ die hat doch Telephon? Jeh' mal an die Quassel
strippe un rede mit det Fräulein oder die liebe alte Frau."
Das tat Hans auch. Er spürte ein seltsames Herzklopfen, als sich plötzlich Rose am Apparat meldete.
„Hier ist Hans! Guten Tag, Fräulein . . . Rase!"
„Guten Tag, Hans!" antwortet eine erfreute Stimme. „Nun, sind Sie zufrieden mit mir?"
„Zufrieden ist kein Wort. Ich bin Ihnen so unendlich dankbar für alles, was Sie an uns getan haben."
„Freundespflicht. lieber Hans. Wann dürfen wir Sie mit Ihrem Kameraden einmal erwarten?"
„Das wollte ich Sie eben fragen. Wann dürfen wir Ihnen unseren Dank aussprcchen?"
„Nein, Hans, dazu sollen Sie nicht kommen. Da dürfen Sie kein Wort sagen, sonst machen Sie mich verlegen. Kommen Sie heute abend mit Ihrem Freunde. Gegen sieben Uhr, ja?"
„Wir kommen!"
„Da ist auch . . . der Herr Konsul da!"
„Ich weiß. Fräulein Rose. Ihr Verlobter!"
„Ja. HanD Hat er Ihnen gesagt?"
„Ja. er hat es gesagt. Ich glaube. Fräulein Rose. Sie haben nicht schlecht gewählt. Er ist sicher ein überaus guter, nobler Mensch."
Dankbar entgegnete Roses Stimme: „Ja, Hans, das ist er und Nienn man ein so altes Mädchen ist wie ich..."
„Aber Fräulein Rose. Sie sind die Jugend!"
„Ach Hans, wenn man achtundzwanzig ist, da ist viel vorbei."
„Ich glaube, das kommt immer auf den Menschen an. Sie werden gewiß sehr glücklich mit ihm werden!"
Sehr ernst antwortete die Stimme: „Das hoffe ich, Hans."
Der Abend kam. Freundlich und anheimelnd warf die Ampel ihren warmen Glanz in das behagliche Wohnzimmer Frau van Haltens. Die alte Frau war eifrig mit der guten Else beschäftigt, alles so hübsch und so behaglich wie nur möglich zu gestalten. (FortjetzunH folgt)