baltischen Staaten von den Entscheidungen der Großmächte , abhängig sind. In Litauen ist man ohnedies durch die , Protestnote der Signatarmächte des Memelstatuts in Ver­legenheit. Man hat zwar eine Antwort gegeben, die aber unbefriedigend sein soll. Die Tagungsperiode des Memel- . landtags ist am 4. Mai abgelaufen. Nun sucht man die ! Wahlen, die sofort fällig wären, zu verschleppen. Die Li- , tauer machen sich dabei eine Lücke im Memelstatut zunutze, weil die von England, Frankreich, Japan und Italien auf­gestellte Verfassung des Memelgebiets zwar Bestimmungen j über die Wahlen, jedoch nichts über Neuwahlen nach dem ! Ablauf einer Tagungsperiode enthält Vielleicht erinnern sich die Signatarmächte doch noch ihrer Pflicht und legen den litauischen Machthabern im Memelgebiet sofortige Neuwah­len nahe.

Auch die Staaten des Balkanbundes versammeln sich in Bukarest zu einer Konferenz, die aber wiederum un­ter dem Schatten der Beschlüsse der Großmächte besteht. - Die politischen Fäden Frankreichs zu den Südoststaaten Eu- ? ropas sind in letzter Zeit enger geknüpft worden und das j Gegenspiel von Italien hat sich abgeschwächt. Das rührt ! auch daher, daß der italienische Aufmarsch gegen Abessi- - nien nun immer größere Formen annimmt. Die Mobil!- s sierung von weiteren drei Divisionen, die Versendung wei­terer Truppen nach Eritrea, die Einberufung der Reserven des Jahrgangs 1913 und anderes deuten daraus hin, daß der Feldzug gegen Abessinien Heuer noch voll zur Durch­führung kommt. Als Begründung werden neuerdings von der italienischen Presse der Bruch des italkenisch-abessini- - schen Freundschaftsvertrages und die Mobrlifierungsmatz- j nahmen Abessiniens angegeben. Die Kriegsstärke der ita­lienischen Ostafrika-Armee wird jetzt schon mit rund 280 000 Mann genannt.

Der spanische Ministerpräsident Lerroux, der sein sechstes Kabinett seit Gründung der spanischen Republii im Jahre 1931 bildete, war in der vergangenen Woche zu­rückgetreten, ohne daß ihn etwa eine der Regierung un­günstige Abstimmung im Parlament dazu gezwungen hätte. Der Präsident hatte schon vor einigen Wochen auf eine Um­bildung des Kabinetts gedrängt. Die Radikalen behalten in der neuen Regierung von ihren seitherigen acht Mini­sterposten nur drei und geraten damit gegenüber der Ka­tholischen Volksaktion, die fünf Sitze bekommen hat, in die Minderheit. Lerroux hat in diese Schwächung der eigenen Position sicherlich nur widerstrebend gewilligt, denn schließ­lich ist er seit fünf Jahrzehnten mit Leib und Seele Politi­ker, und seit fast einem Vierteljahrhundert führt er die von ihm gegründete Radikale Partei. Die Dinge in Spa­nien entwickeln sich aber zwangsläufig. Seit den letzten Wahlen, die übrigens Lerroux dadurch erzwang, daß er durch die von ihm betriebene planmäßige Obstruktion die Auflösung der verfassunggebenden Cortes im Herbst 1933 herbeiführte, ist die Katholische Volksaktion die. zahlenmä­ßig stärkste Partei. Sie zählt im jetzigen Parlament 115 Abgeordnete gegen nur 74 der nächst starken Radikalen Partei. Eil Nobles, der Führer der katholischen Volksak­tion, hat es bisher aber stets vermieden, Regierungsver­antwortung zu übernehmen. Es ist Lerroux bei der jetzigen Kabinettsbildung zum ersten Male gelungen, Eil Nobles zur Annahme eines Ministeramtes, desjenigen des Kriegs- Ministers, zu bewegen. Aber er hat gleichzeitig damit für seine Partei den entscheidenden Einfluß im Kabinett preis- j geben müssen. Die weitere Entwicklung in Spanien hat da- j mit durchaus keine restlose Klärung erfahren. Man jagt i der katholischen Volksaktion nach, daß sie die Zufluchts- , stätte vieler ehemaliger Monarchisten sei, die ihre politi- ? sche Einstellung auch heute noch nicht abgeschworen hätten, j wie man der Partei denn überhaupt den Vorwurf macht, j daß sie sich noch nicht klar und eindeutig zur Republik be­kannt habe. In Deutschland wird man Lerroux nicht ver­gessen, daß er sich 1914 sehr entschieden gegen den Eintritt Spaniens in den Weltkrieg auf Seiten der Alliierten aus­sprach und daß er dafür von franzosenfreundlichen Volksge­nossen sogar mißhandelt wurde. Der heute 71jährige war jedenfalls immer eine aufrechte und mannhafte Persönlich­keit.

Aufruf

zum Reichshandwerkertag

Anläßlich des Reichshandwerkertages, der von der Reichs- betriebsgemeinschast Handwerk in der Deutschen Arbeits­front in der Zeit vom 15. bis 17. Juni in Frankfurt am Main durchgeführt wird, hat der Reichshandwerksmeister Pg. W. E. Schmidt einen Aufruf an das deut­sche Handwerk erlassen, in dem es u. a. heißt:

Der Reichshandwerkertag 1935, zu dem ich Euch, Meister, Gesellen und Lehrlinge ausrufe, steht im Zeichen des Lei­stungswillens und der Gemeinschaftsarbeit! Wir wollen durch die Tat zeigen, daß wir da sind und daß der Schaf­fensdrang, den jeder Einzelne von uns hat, dem deutschen Volk zum Segen gereichen muß, wenn er von einer ge­schlossenen Gemeinschaft aller Handwerker und ihrer Mit­arbeiter getragen wird. Der Reichshandwerkertag stellt ebenso wie der Reichsbauerntag eine Kundgebung besonde­rer Art dar. Aus der Kampfgemeinschaft, die im Handwerk in den Jahren der liberalistischen und marxistischen Herr­schaft entstand, wurde eine Arbeitsgemeinschaft, aus der Gemeinschaftsarbeit entsprang die Kameradschaft und aus ihr das soziale Verständnis des Meisters für seine Mitar­beiter, weil er mit klarem Blick erkannte, daß da, wo Un­friede herrscht, ein fruchtbringendes Werk nicht gestaltet werden kann und daß da, wo Unlust bei der Arbeit Pate steht, auch die besten Gedanken und Ideen zum Tode ver­urteilt sind. Die nationalsozialistische Staatssührung gab dem Handwerk die Mittel an die Hand, sich gegen unlau­tere Konkurrenz zu schützen, das Qualitätsprinzip wieder­herzustellen und mit ihm den Meisterstolz und die Meister­ehre. Ein neuer Abschnitt der Entwicklung des deutschen Handwerks hat eingesetzt. Grundsätzliches ist bereits gesche­hen, um es wieder aufblühen zu lasten. Das deutsche Mei­sterhaus steht im Mittelpunkt gewaltiger Maßnahmen, die eingeleitet worden sind, um den schöpferischen Gestaltungs­willen des Handwerks zur Auswirkung zu bringen.

Der Reichshandwerkertag 1935, besten Durchführung ich der Reichsbetriebsgemeinschaft Handwerk in der Deutschen Arbeitsfront übertragen habe, soll der Öffentlichkeit über­

zeugend und nachhaltig den Beweis erbringen, daß das deutsche Handwerk sich seiner Mission für Volk und Staat bewußt ist, daß es weiß, welche Verantwortung auf seinen ' Schultern ruht und daß es die Kraft in sich spürt, nicht § nur sein Schicksal zu meistern, sondern auch seinen zähen Aufbauwillen in den Dienst der Volksgemeinschaft zu stel- j len. Der Reichshandwerkertag soll weiter zeigen, daß das ; Handwerk eine geschlossene Einheit bildet, die bereit ist. für die Idee des Nationalsozialismus zu werben und zu j wirken, eine Macht, die in sich so gefestigt ist, daß der Füh­rer sie jederzeit einzusetzen in der Lage ist. Am Reichshand- j werkertag 1935 findet sich das Handwerk zu einer Kundge- s bung, um zu zeigen, daß es durch eisernen Willen und durch Maßnahmen der Selbsthilfe gelungen ist, das deutsche Hand- j werk neben dem Bauern als tragende Säule des Staates zu erhalten und daß der Handwerksbetrieb als Zelle des , Gemeinschaftsgeistes und Gemeinnutzes berufen ist, bahn­brechend für die Idee des Nationalsozialismus zu kämpfen.

Der Reichshandwerkertag 1935 ist aber auch notwendig, um jedem einzelnen Berufsangehörigen vor Augen zu fllh- j ren, daß es auf den einen ebenso ankommt, wie auf den anderen und daß nur das gemeinsam schaffende deutsche Handwerk seine Stellung innerhalb der deutschen Volksge­meinschaft halten und festigen kann. Daher erwarte ich, daß jeder deutsche Meister, jeder Geselle und Lehrling, sofern es nur irgendwie möglich ist, an der gewaltigen Kundgebung in Frankfurt a. M. teilnimmt, und daß in gegenseitiger Opferbereitschaft auch jenen die Fahrt ermöglicht wird, die aus eigenen Mitteln die Kosten aufzubringen nicht in der Lage sind. i

Meister, Gesellen und Lehrlinge! Bereitet die gewaltige § Kundgebung des Handwerks in Frankfurt am Main mit Herz und Seele vor, damit sie zu einem gewaltigen Be­kenntnis des Schaffens wird, zu einem Bekenntnis der Lei­stungsgemeinschaft, des Berufsstolzes und der Arbeitsehre. In diesem Sinne: Gemeinsam an's Werk! Aus zum Reichs­handwerkertag!

Zum Muttertag

Aller Mütter

In der Nachkriegszeit wurde ein Sonntag im Mai zum > Tag der Mutter bestimmt. Dank an die Mütter und große i Ehrfurcht vor ihrem hohen Beruf sollten an diesem Tage i zum Ausdruck kommen. Die neue Einrichtung, die bei uns Sitte werden wollte, war uns von den stammverwandten ! Völkern des germanischen Nordens überkommen, aber nicht die schlechtesten Deutschen hatten dagegen Bedenken. Nicht, ^ daß sie dies Fest den Müttern nicht gönnten nein, ein s solcher Tag schien viel zu gering und kurz, um die Dankes- s schuld zu erstatten, die wir, einzelne und Volk insgesamt, ! gegen die Mütter wissen. i

Denn das Jahr hat ja 365 Muttertage. Und das sind al- ! les Mutter-Arbeits- und Mutter Sorgetage. Muttertum ! mußte sich immer noch in Sorgen und Mühen erfüllen, und vor der Mütter Glück stand stets ihre Mutternor.

Und doch bejahen wir den Tag, da einmal im Jahre der Mutter und der Familie vom ganzen Volke gedacht werden soll. Denn das ist ja aller Feiertage Sinn, daß an ihnen verlaute und Wort werde, was sonst jo oft ungesagt bleibt und doch immer unsere Haltung bestimmen soll. Mahnruf sind alle Feste zur Einkehr und Selbstbesinnung, und nie­mals finden sie ihren Zweck in sich allein.

Darum wehren wir uns, wenn Krämergeist sich dieses Feierns bemächtigen will. Gewiß, wir bringen der Mutter unsere Gaben. Die aber können wie alles Geschenk nur Gleichnis und Merkzeichen sein. Schöner ist es, daß unser Händedruck heute ein wenig beseelter scheint, unser Gruß­wort inniger klingt und dankbares Leuchten des Auges von tiefer Treubindung spricht. Dieser Tag sei Tag der Familie und öffne Münder und Herzen der Kommenden zum Dank s an die, deren Hand uns erste Schritte ins Wunder Leben : tun ließ! s

Groß ist, was eine Mutter vermag. Die Mythen und : Mären der Völker erzählen davon Und noch in unseren ! Tagen klingt wieder und wieder das hohe Lied der Mut- j terliebe auf, wo Mütter mit Einsatz des Lebens dem Kinde Hilfe und Rettung brachten oder in besonderer Stunde un­meßbare Opfer vermochten. In den Jahren des Krieges sah die Heimat die Mütter in Front: die stolze Würde der Witwen und der verwaisten Soldatenmütter in aller Trauer wird nie vergessen werden!

Aber die Mütter vermögen noch mehr. Sie bringen un- meßbare Opfer im alltäglichen Dienen, in der Treue am Geringsten und Kleinsten im Hause, beim Kampf mit den zermürbenden Gewalten der täglich-öden Wiederkehr. Sie vermögen immer und immer zu geben und bleiben ! stark im Entbehren jeder Erwiderung. Immer nehmen sie s von ihrem Leben, damit die andern gedeihen. f

Der Tag aller Mütter fragt freilich auch nach viel zer- s tretenem und verschmähtem Muttertum, fragt nach der Zu- l kunft des Volkes, fordert Rechenschaft auch von denen, denen i er gilt. Er klagt an und spricht schuldig. j

Da werden die Kräfte der Liebe geweckt, und ein ganzes ) Volk begeht Muttertag. Germanischer Geist ehrte immer s die Mutter als Trägerin quellhaften Lebens. Ein Dichter der Deutschen läßt seinen Helden, den deutschen Faustzu den Müttern" hinabsteigen, um neue Kräfte zu schöpfen. Das Christentum aber, das alles Weibtum schlechthin er­löste, hat auch alle Mutterschaft geheiligt, seitdem eine Mutter den Heiland gebar. Die aller Wunder volle Ge­schichte am Anfang der Evangelien spricht zu den deutschen Müttern, wie heilige Kunde nur reden kann. Und auf dem Boden der Reformation ist ihr ein besonderes Echo gewor­den, als Martin Luther mönchischem Falschziel absagte und seinen christlichen deutschen Hausstand gründete.

(AusDeutsche Botschaft von Erde und Ewigkeit" von Gu­stav Dessen, Verlag Paul Müller, München.)

Das Elternhaus

Die tiefsten Wurzeln eines jeden Menschen liegen in der Regel da, wo er seine Kindheit verlebte rm Elternhaus. Lieber dem WortElternhaus", wenn es rechter Art war, leuchtet immer ein Schimmer der Ewigkeit. Ob ein junger Mensch kraftvoll und dem Guten offen ins Leben hinaus­schreitet, oder ob er dem Leben mutlos und zaghaft gegen- üdersteht, ob dieser Mensch von unsichtbaren inneren Kräf­ten weiß, die man den Widerständen des Daseins entgegen­stellen und aus die man zu allen Zeiten als auf einen festen Wanderstab sich stützen kann, oder ob er diese Kräfte nicht kennt und den Härten des Lebens schütz- und wehrlos preis- gegeben ist, das wird in der Hauptsache durch die Jahrs entschieden, die er im Elternhaus verlebte. Man mag den

Lebenslauf dieser und jener berühmten Menschen verfolgen immer und am dankbarsten kommen sie auf die helfenb.-n Kräfte zurück, die sie in Kindheitstagen im Elternhause von Vater und Mutter her empfingen.

Darum ist das Elternhaus ein Teil vom Schicksal Ver Kinder. Das ist eine Wahrheit, die nachdenklich macht und verpflichtet. Vater und Mutter haben es in keiner Weise in der Hand, das fernere Schicksal ihrer Kinder zu gestalten. Sie bleiben eines Tages zurück, während ihre Kinder wei­terwandern. Aber eine große Möglichkeit ist ihnen ge­geben: ihnen Kraft und Hilfe für kommende Schicksalswege zuzuleiten. Die Frage: was gebe ich meinem Kinde mit fürs Leben? ist mit die ernsteste Frage, die Ellern gestellt wird. Für jeden Menschen kommt einmal die Stunde, wo alles, was er ins Leben mit hinausgenommen hat, seinen Wert oder Unwert erweist. Der Alltag mit seinen Auf­gaben, das Leben in der Ehe, schwere Schicksalsschläge, Krankheiten und Sterbezeiten sie alle sind Bewährungs­stunden des Lebens, in denen der innere Besitzstand der Menschen offenbar wird. Eine Zeit ganz besonderer Prü­fung für Wertvolles und Wertloses war der letzte Krieg. Die Millionen, die hinausgezogen, hatten eine sehr ver­schiedene Erziehung genossen und ihre Kindheit in ganz verschiedener Form erlebt. Draußen im Schlachtenlärm, im jahrelangen Kämpfen, Dulden und Leiden wurde das alles in das Läuterungsfeuer der großen Zeit gehalten, in dem Gold und Schlacke voneinander geschieden wurden. Viele, die vorher als arme Schlucker angesehen worden waren, er­wiesen sich draußen, im Leben und Sterben, als die wahr­haft Besitzenden und Neichen, bei den anderen, die in der Kindheit auf das äußerste verwöhnt worden waren, und bei oeren Erziehung, wre man >o zu jagen pflegt,nichts ver­säumt worden war", kam vielfach die ganze innere Armut in oft erschreckender Weise an den Tag.

Im Feldlazarett zu A. lag ein schwerverwundeter Sol­dat. Er wußte, daß er sterben würde. Zweimal hatte oer Feldgeistliche ihn gefragt, ob er seiner Frau nicht noch einen letzten schriftlichen Gruß übermitteln solle. Und zweimal hatte der Todwunde mit tapferem Herzen geantwortet: Nein, das ist nicht nötig. Zwischen meiner Frau und mir ist alles besprochen und in Ordnung." Als er aber seine Ende nahen fühlte, da winkte er doch noch einmal den Seel­sorger zu sich heran und bat ihn, einige Zeilen an seine Frau zu schreiben.Was soll ich Ihrer Frau schreiben?" Schreiben Sie ihr, daß sie unsere beiden Kinder aufziehrn soll im Glauben an den lebendigen Gott! Sie werden ihn brauchen im Leben, und", so fugte er mit verlöschender Stimme hinzu,auch im Sterben." Dieser Mann sah mit der großen Klarheit, die der nahende Tod gibt, das Höchste und Letzte aller Erziehung: die Kinder zur Lebensgemein­schaft mit Gott zu führen. In der Ausübung dieser Er­ziehung liegt für Vater und Mutter nicht nur heilige Auf­gabe, sondern es erwächst ihnen daraus auch höchste Würde. Wenn eine schöne Frau im Königsmantel einhergeht, so ist das wohl ein schöner Anblick: aber im Vergleich zu einer Mutter, die ihr Kind aufzieht in der Zucht und Vermah­nung zum Herrn, sind Perlen, Juwelen und Kleinodien doch nur ein geflickter Königsmantel." Luther sah mit die­sem Wort den langen, unabsehbaren Zug der Mütter, die Kinder zu erziehen haben. Er sah darin die Mütter schrei­ten, die über das Spielen und Tändeln mit ihren Kindern nicht hinauskommen. Ihnen folgten die anderen, die in der Erziehung der Kinder zur Tüchtigkeit das Wesentliche sehen, und diesen wiederum die vielen, die ihre Kinder aus inne­rem Egoismus lediglich für sich selber erziehen. Ihnen allen aber schritt voran die Mutter, die ihren Kindern den Weg zu Jesus weist und die ihrer Seelen sich annimmt. Es ist die Mutter, die nicht nur Mutter, sondern auch Priesterin ihres Hauses ist. Vieles dankt der erwachsene Mann, dis gereifte Frau dem Elternhaus, in dem sie ihre Kindheit verlebten: Mühe und Arbeit, Sorge und Fürsorge, Wissen und Können Nichts aber bleibt im Kampf des Lebens so unvergessen, so reich bedankt als der verborgene Schatz des Glaubens, den eine fromme Mutter, ein treuer Vater dem Kinde unter Gottes Beistand ins Herz senkte.

Mancherlei Wege stehen hierzu den Eltern offen. Ueber allem steht das eigene Beispiel! Worte lehren, Beispiels ziehen sagt ein altes römisches Wort. Im Vorbild liegt eine überwältigende Kraft, die uns unwillkürlich in ihren Bann zieht. Ob das Kind später ins Gotteshaus geht oder ins Wirtshaus, ob es betet oder flucht, ob es das Heilige verehrt oder verachtet, hängt weithin davon ab, was es Vater oder Mutter tun sieht. Die Wege der Eltern wer­den meistens auch die Wege der Kinder.

(AusKind und Kirche" von Ioh. Schmidt: 32. Band der Bücher-ReiheChristliche Wehrkraft".)

Mutier für alle

Eine Gemeindeschwester erzählt aus ihrem Leben

Von Maria Gleit

Als ich sie das erstemal sah, wußte ich sofort, daß ich es mit einem Menschen zu tun hatte, der weit über die Gren­zen des abaeschl.ssenen, einsam im Lande liegenden Dorfes hinausgekommen sein mußte, denn jene hartnäckige Schwer­fälligkeit der Dörfler fehlte ihr ganz. Es fehlte ihr aver auch die Hast derer, die gewohnt sind, zwischen hohen Häu­sern in den Städten zu wohnen. Ihre Bewegungen wären bestimmt und energisch, ihre Stimme war mehr barsch als wohlklingend, und als sie mich betrachtete, geschah das so offenkundig prüfend, so durchdringend klar, daß ich mich eines Lächelns nicht erwehren konnte. Da lächelte sie zu­rück, und jetzt erst bemerkte ich, daß sie die erste Hälf'.e des Lebens bereits weit hinter sich gelassen haben mußte, denn ihr ganzes Gesicht lag in Falten und Fältchen, und rhr Haar, das sie glattgestrichen nach hinten trug, war nur noch von wenigen grauen Strähnen durchzogen, der übrige Teil war silberweiß.

Nichts aber als das Haar und das faltig lächelnde Ge­sicht sprachen von ihrem Alter. Wie sie so dastand und vom Drogisten eine erstaunliche Portion Kräutertee verlangre, erschien sie in ihrer festen und bestimmten Art durchaus als alterslos, und ich hatte sofort das Gefühl, daß es gul sein müßte, diese Frau aufsuchen zu dürfen, wenn man sich in irgend welchen Nöten befand. Im nächsten Augenblick wunderte ich mich über mich selbst ob dieser plötzlichen Re­gung, denn ich bin es gewöhnt, mein Vertrauen und meine Freundschaft nur Menschen zu schenken, die ich sehr lange schon kenne. Warum war das hier anders? Woher kam diese überraschende Zuneigung? Der Drogist verpackte den Kräutertee, die weißhaarige Frau verließ den Laden und ich erfuhr, während ich ihr nachschaute, daß sie die Ge­meindeschwester sei.

Draußen, unter den Kastanien, traf ich sie wieder. Sie beugte sich über einen Kinderwagen, schüttelte die Kissen auf und sprach, während drei halbflügge Buben an ihren Rockschößen hingen, mit einer abgehärmten Frau, der sie auch den Kräutertee ins Marktnetz legte. Ich kannte die