daß das deutsche Volk sich in unserer Verantwortung geborgen fühlen kann". Die Regierung könne Disziplin befehlen, das Volk aber muffe Disziplin halten nicht aus Zwang, sondern aus Ueberzeugung und Pflichtbewutztsein. Als Beweis für die Ein­heit und das Zusammengehörigkeitsgefühl des deutschen Volkes führte Dr. Eöbbels den Tag der nationalen Solidarität an. Das Winterhilfswerk des Jahres 1934/35 werde hoffentlich das des Jahres 1933/34 noch übertreffen.

Die Führer der nationalsozialistischen Bewegung hätten nicht den Ehrgeiz, Ruhm und Ehre für die Gegenwart zu erwerben, sondern ihre Namen der Nachwelt zu vererben. Wer soviel wie sie gekämpft, so viele Enttäuschungen erlebt, so viele menschliche Größe und menschliche Hingabebereitschaft verspürt habe, sei all­mählich über die kleinen Bedürfnisse des Tages hinausgewachsen.

Wir sind überzeugt, daß wir jede Krise überstehen und daß wir die Aufgaben, die uns das Schicksal stellt, lösen werden. So wie die alten Chatten sich im Kampfe durch eine eiserne Kette zusammenbanden, so wollen auch wir uns von einer Kette der alten eingeschworenen Kameradschaft um­schlungen fühlen und nicht voneinander loslassen." Immer wieder unterbrachen stürmische Beifallskundgebungen die Rede des Mi­nisters.

Der Führer beim Staatsbegräbnis

für Gruppenführer Dr. Zunkel

Weimar, 12. Dez. Im feierlichen Staatsbegräbnis wurde am Mittwoch im Beisein des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler, des Stabschefs der SA. Lutze, des Reichsführers der NSKK., Obergruppenführer Hühnlein sowie sämtlicher höherer SA.-Führer die sterbliche Hülle des so jäh aus dem Leben ge­rissenen SA.-Eruppenführers Dr. Gustav Zunkel zur letzten Ruhe getragen Die Stadt und darüber hinaus ganz Thüringen hatten Trauerschmuck angelegt. Der Fürstenplatz, auf dem die Trauerfeier als Staatsakt stattfand, war von Tausenden von Menschen umsäumt. Abordnungen der SA., SS., der Reichswehr, Polizei, Arbeitsdienst, PO., HI. und BdM. hatten Aufstellung genommen. Ein Wald von Fahnen verlieh dem ganzen ein feierliches Gepräge. Gelblich-roter Feuerschein loderte von schwar­zen Obelisken und Pylonen. Die Fassade des Landtagsgebäudes war mit schwarzem Trauertuch ausgeschlagen. In ganz Thü­ringen fanden zur gleichen Zeit ebenfalls Trauerfeiern für den Verstorbenen statt.

Der Trauerzug wurde eröffnet durch einen SA.-Ehrensturm, an den sich die Stabswache der SA.-Eruppe Thüringen anschloß. Es folgte die gesamte Geistlichkeit der Stadt Weimar. Unter Vorantritt dreier hoher SA.-Führer, die das Kissen mit den Orden und Auszeichnungen des Verstorbenen trugen, folgte der mit der Hakenkreuzfahn« bedeckte Sarg auf einer von sechs Pfer­den gezogenen Lafette. Dem Sarg folgte Gauleiter Sauckel mit der gesamten thüringischen Regierung. Nachdem der Sarg auf den Katafalk gehoben worden war, erschien der Führer in Begleitung des Chefs des Stabes Lutze auf dem Platz; ehr­furchtsvoll schweigend grüßte ihn die Menge mit erhobener Hand. Der Führer begrüßte zunächst die Witwe des Verstorbenen und nahm dann neben ihr Platz.

Ministerpräsident Marschler hielt die erste Gedächtnisrede. Die thüringische Landesregierung werde dem Staatsrat Dr. Zun­kel über das Grab hinaus unverbrüchliche Treue und Dankbar­keit bewahren und sein Andenken in höchsten Ehren halten. Reichsstatthalter und Gauleiter Sauckel schilderte den Ver­storbenen als einen Soldaten im wahrsten und edelsten Sinne des Wortes. Das große Verdienst des Verewigten sei es ge­wesen, daß die innere Haltung der thüringischen SA. und ihr äußeres Auftreten so vorzüglich wurden, daß thüringische Par­teien der bürgerlichen Seite das Verlangen verschiedener Reichs­regierungen ablehnten, die SA. in Thüringen und ihre Auf­märsche zu verbieten. Als Staatsrat und Mitglied der thüringi­schen Regierung habe er wertvolle Aufbauarbeit geleistet. Die Standarten und Sturmfahnen neigten sich, während Polizei und Reichswehr das Gewehr präsentierten. Mit dem Ruf der SA.: Sieg Heil! verabschiedete sich der Gauleiter von einem seiner treuesten Kameraden. Unter Glockengeläut setzte sich dann der Trauerzug in Bewegung, diesmal unter Vorantritt einer Reichswehrkapelle.

Auf einem der idyllischsten Plätze des neuen Friedhofes unter ragenden Birken haben das Land Thüringen und die Stadt Weimar dem toten Gruppenführer seine letzte Ruhestätte be­reitet. In feierlichem Zuge, an der Spitze der Führer, der Chef des Stabes der SA. Lutze und der Reichsstatthalter Sauckel, wurde die sterbliche Hülle Dr. Zunkels nach dort übergeführt. Standarten und Sturmfahnen neigten sich, nachdem Landes­bischof Sasse mit Gebet und Segen sein kirchliches Amt versehen hatte. Drei Ehrensalven krachten.

Der Chef des Stabes der SA. Lutze trat dann an die Gruft und gab der Trauer der gesamten SA. Ausdruck, die einen ihrer Besten zu Grabe getragen habe. Gruppenführer Zunkel habe alles das in sich vereint, was ein echter Nationalsozialist und SA.-Mann sein müsse. Die SA. gelobe, sie werde nicht ruhen und rasten, sie werde das Banner weitertragen und werde arbeiten an sich selbst im Geiste des Verstorbenen. Lutze legte darauf einen wunderbaren Kranz am Grabe nieder, worauf der Führer vortrat und ebenfalls seinen Kranz niederlegte, auf dessen Schleife die Widmung steht: Adolf Hitler dem treuen SA.-Führer.

Das SA.-Lied Horst Wessels beschloß die Feier am Grabe.

Sozialpolitische Maßnahmen für die Weihnachtszeit

Berlin, 12. Nov. Der Reichsarbeitsminister und der Reichs­wirtschaftsminister teilen mit:

Die diesjährige Lage der Weihnachtsfeiertage und des Jahres­beginns bringt in vielen Betrieben einen erheblichen Arbeits­ausfall mrd damit verbunden einen erheblichen Verdien st­au sfall für die Beschäftigten mit sich. Um diesem Nachteil zu begegnen, hat der Reichsarbeitsminister in einem Runderlaß angeordnet, den Verdienst durch Vor- und Nacharbeit der etwa ausfallenden Arbeitsstunden über die Weihnachtsfeiertage wäh­rend der Monate Dezember und Januar insoweit zu beschaffen, als nicht in anderer Weise für Ersatz des entstandenen Verdienst­ausfalles gesorgt ist.

Weiter hat der Reichswirtschaftsminister auf Grund des Pa­ragraph 3, Abs. 4 der Faser st offverordnung angeordnet, daß in den der Arbeitszeitverkürzung und der Faserstoffverord­nung unterliegenden Betrieben die Arbeitszeit, die am 24., 27., 28., 29 und 31. Dezember ausfällt, ohne besondere Genehmigung bereits jetzt bis zum 22. Dezember 1934 vorgearbeitet oder im Laufe des Monats Januar 1935 nachgeholt wird, soweit die Rohstofflage des einzelnen Betriebes das zuläßt. Außerdem darf in derselben Zeit zum Ausgleich für den durch die beiden Weih­nachtsfeiertage entstandenen Lohnaussall Mehrarbeit in Höhe von einem Sechstel der nach Paragraph 2, Abs. 1 der Faserstoff­verordnung für den einzelnen Betrieb zulässigen verkürzten Wochenarbeitszeit ohne Berücksichtigung etwa genehmigter Mehrarbeit belastet werden.

Auf Grund der ergangenen Erlasse sind die Betriebe in der Lage, bereits vor Weihnachten ihrer Gefolgschaft einen Vorschuß auf die nachzuarbeitende Arbeitszeit aufzuzahlen. Weitere Maß­nahmen zugunsten sonst beschäftigter Notstandsarbeiter und son­stiger Tiefbauarbeiter bei Reichsvorhaben sind in Vorbereitung.

Verständigung der französischen und iiaUenifchen Iromkrtz'mpser

Paris, 12. Dez. Wie dasJournal" berichtet, ist auf Ver­anlassung italienischer Garibaldisten und mit Zustimmung Mus­solinis ein französisch-italienischer Ausschuß ehemaliger Front­kämpfer gegründet worden, der 10 Millionen Frontkämpfer um­fasse. In der Gründungsbotschaft heißt es: Die Vorsitzenden der großen Verbände ehemaliger Frontkämpfer Italiens und Frank­reichs habe» beschlossen, sich zu einem ständigen Ausschuß für die französisch-italienische Verständigung (Entente) zusammen- zuschlietzcn.

Rmreife Lavals nicht vor Zanuar

Paris, 12. Dez. In unterrichteten Kreisen verlautet, daß Laoal sich zur Zeit besonders den Vorarbeiten für seine Begegnung mit Mussolini widmet. Die Entspannung der europäischen Lage durch die Regelung des ungarisch-südslawischen Streites und die mehr­fachen Unterredungen zwischen Laoal und Aloisi werden als gün­stiger Auftakt für die französisch-italienischen Verhandlungen ge­wertet. Die beteiligten Regierungen werden sich jetzt eingehender über die besonderen italienisch-französischen Fragen unterhalten, besonders über die Kolonialfrage und über die verschiedenen mit­teleuropäischen politischen Fragen. In französischen Kreisen be­tont man, daß ein Zeitpunkt für die Rom-Reise des französischen Außenministers erst festgesetzt werden wird, wenn diese Frage näher umrissen sein werde. Daraus folgt, daß zunächst jedenfalls mit der Reise Lavals nach Italien noch nicht zu rechnen ist. Das bestätigt die Annahme, daß Laval Paris nicht vor dem Januar verlassen wird.

20 Zahre unschuldig au? der TeuselMel

Paris, 12. Dez. Die Kriminalistik steht Totenbettgeständnissen in der Regel skeptisch gegenüber. Wenn auch nicht abzustreiten ist, daß in vielen Fällen späte Reue die Aufklärung eines Ver­brechens im letzten Augenblick herbeiführen will, ist es auch schon

vorgekommen, daß derartige Geständnisse vor dem Hinscheidsn ein Liebesdienst für einen verurteilten Freund sein sollen. vor kurzem in Paris verstorbene Abel Grivaud hat aber doch die Wahrheit gesagt und dadurch dem früheren Kaufmann Paul Fournier, der vor 20 Jahren wegen Ermordung eines vermeint­lichen Liebhabers seiner Frau zum Tode verurteilt und dann zu lebenslänglicher Deportation auf der Teufelsinsel begnadigt wurde, wieder zur Freiheit verholsen. Fournier hat seinerzeit aus Liebe zu seiner Frau den Mordverdacht auf sich genommen und eine Tat gesühnt, die er gar nicht begangen hatte. Da in der Gerichtsverhandlung den Aussagen seiner Frau kein Glauben geschenkt wurde, wurde er auf Grund des Indizienbeweises ver­urteilt. Tatsächlich war aber die Darstellung der Frau richtig gewesen. Sie hatte einen Liebhaber in Abwesenheit ihres Man­nes empfangen. Ein anderer Mann, eben jener Abel Grivaud der gleichfalls in die Frau Fourniers verliebt war, sah vom Gar­ten aus das Zusammensein der beiden. Aus Eifersucht erschoß er durch das offenstehende Fenster seinen Nebenbuhler und warf die Pistole in das Zimmer. Als Fournier plötzlich zurllckkehrte, traf er seine Frau vor der Leiche des Erschossenen auf der Erde liegend an, wähend die Pistole unter einen Diwan gefallen war. Beim Erscheinen der Polizei ergab sich eine nach ihrer Ansicht so eindeutige Lage, daß nur Fournier der Mörder sein konnte. Nun ist nach zwanzig Jahren die Wahrheit ans Licht gekommen. Fournier wurde sofort freigelassen. Er ist bereits auf der Heim­fahrt nach Europa. Wie wird ihn seine Gattin empfangen? Und ist Fourniers Liede zu chr noch so groß, daß er um ihretwillen die furchtbaren zwanzig Jahre vergessen kann? Diese Fragen liegen aber schon jenseits der VeantwcUungsmöglschkeiten durch die Justizverwaltung oder ein Gericht.

Ciürniische Ausiriile ln der Wiener Slaalsoper

Wien, 12. Dez. In der Wiener Staatsoper kam es am Diens­tag abend zu außerordentlich stürmischen Austritten, die sogar die Heranziehung größerer Polizeiabteilungen und zahlreiche Vor­haltungen notwendig machten. Der an die Berliner Staats­oper berufene Wiener Operndirektor Clemens Krauß dirigierte die OperFalstaff" von Verdi. In dem Augenblick, als er den Zuschauerraum betrat, brach ein Teil der Stehparterre-Vesucher in stürmische, demonstrative Hochrufe aus, die von zahlreichen im Hause anwesenden Iudenmit Johlen und Pfeifen beantwortet wurden. Jedoch gingen diese Demonstrationen rasch vorüber. Sie erneuerten sich jedoch, als nach der großen Pause Clemens Krauß sich wieder anschickte, das Dirigentenpult zu betreten. Ein minutenlanger Kampf zwischen den Hochrufern und den Pfui- schreiern sowie von Leuten, die auf Schlüsseln pfiffen, setzte ein. Bald war an diesem Kampf das ganze Haus beteiligt. Auf den Galerien und im Parterre tobte ein wüstes Durcheinander. Zuin erstenmal seit Bestehen der Staatsoper mußten Polizeiabteilun­gen mit dem Gummiknüppel einschreiten; im Stehparterre wur­den zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Wie sich später her­ausstellte, waren alle Personen, die festgenommen werden muß­ten, Juden. Schließlich gewannen die Hochrufer die Oberhand und konnten die Pfuirufer zum Verstummen bringen.

Oestmeichischer Slaalsbesuch in Budapest

Budapest, 12. Dez. Der österreichische Bundeskanzler Schusch­nigg und der Außenminister Berger-Waldenegg trafen am Mitt­woch mit zahlreichen höheren Beamten hier ein, um der unga­rischen Regierung einen amtlichen Besuch abzustatten. Von zu­ständiger Stelle wird darauf hingewiesen, daß dieser Besuch eine Bekräftigung des bestehenden guten Verhältnisses zwischen Oester­reich und Ungarn bedeute, und dieser ersten amtlichen Anwesen­heit des Bundeskanzlers Schuschnigg in Budapest gerade im gegenwärtigen Augenblick besondere politische Bedeutung bei­zumessen sei.

Auch Kavallerie und Panzerwagen für das Saargebiet

London, 12 Dez. In Beantwortung einer Anfrage wurde im Unterhaus mitgeteilt, daß dem britischen Kontingent der Saar­streitkräfte auch eine Eskadron der 12. Lancer mit acht Panzer­wagen angehören werde, die nach Weihnachten in das Saar­gebiet abrücken.

Der Befehlshaber der iniernailönalen SaarstreilkrWe

London, 12. Dez. Das Kriegsamt teilt mit, daß der Befehls­haber der internationalen Streitkräfte im Saargebiet, General­major I. S. O. Brind sein wird. Das britische Kontingent wird bestehen aus dem Hauptquartier der 13. Jnfanteriebrigade (Kommandeur Brigadegeneral I. H. T. Priestman), dem 1. Ba­taillon des East Lancashire-Regiments und dem 1. Bataillon

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Der Liebe Leid

und Glück.

Roman von Robert Fuchs-Liska.

RaSdrsS vrr'zot«».

Und so kam die furchtbare Nacht mit den schweren, dumpfen Ahnungen, in der Suse, still weinend, das Kind auf den Armen, in der Wohnung umherging und mit Zittern die Stunde erwartete, in der er fonst nach Hause kam. Ach. war der Tag so grausam hell und der Straßen­lärm so unerträglich laut, als diese Stunde lange, lange verflossen war, ohne daß er heimkehrte. Und endlich^ trug man m der sonnemrohen Straße den Toten -n? Haus. Ten Selbstmörder! Er hatte sich erschossen. Smetfchm- ven! sagten sie auf der Kreissteuerkafse.

Nun hatte sie nichts mehr als sein Kind und eins durs­tige Wohnungseinrichtung, die verstaubt auf dem Baden gestanden und auf diese grauenvollen Tage gewartet hatte. Denn man nahm ihr fort, was wertvoll war und ihn, gehört hatte bis auf das Bett und einen Tisch und zwei Stühle.

Da zog sie aus der verwirrenden Großstadt nach einem Vorort. Lange hatte sie hier nach einer billigen Wohnung zu suchen. Bis der Zufall sie ins Wapplerhäuschen führte, dem guten, einfachen Menschen gegenüberstellte, der des .Jugendfreundes nicht vergessen hatte. Und der duldete sie nun in seinem Haus, in dem er ihr die freudliche Dach­wohnung zu billiger Miete überlassen. So hatte sie Gott gedankt und war auch dem Wavpler dankbar denn die geringe Witwenpension reichte nicht weit. Wappler aber fragte nie nach der Miete, wenn sie einmal nicht pünktlich fiel. Monatelang wartete er und war zufrieden, daß Suse sie in kleinen Läpperbeträgen abzahlie. Der Manu ging still und unscheinbar seinem bescheidenen Geschäfte nach, indem er für die Garnison den Ertrag seiner Wiesen und die Haferernte lieferte. Grundstücke, die er von einem Gutsbesitzer in der Nähe des Vororts bestellen ließ. Zo kam Suse selten mit ih m in B erüh rung . Un d seine

freundliche Güte machte llw immer wiener den Weg leiHi, wenn sie zu ihm hinabgehcn mußte und um Aufschub für den Mietzins zu bitten hatte.

Es eilt nicht, anädioe Frau! Lehen Lie nur zu, daß Sie vor allem für^das Trudelchn sorgen können . . . und für sich selbst!" Pflegte er zu trösten. Und Suse war dann glücklich, daß ihr die wenigen Mark erhalten blieben, mit denen sie kärglich zu rechnen hatte. ^ ,

Das blieb so, bis sie für den reichen Fabrikanten Justus von Hartmann, der die Villa im Park nebenan bewohnte, Schreibarbeiten anfertigen konnte.

Suse erhob sich und ging an das Dachfenster in dem mit Blumen geschmückten Giebel.

Das Kind klatschte in die Händchen und jauchzte, weil es dachte. Mama würde nun den Schmetterling Haschen. Ter aber saß längst nicht mehr auf den Blüten. Und dw Geranien, die in der Glut des Tages dürstend die Kelche geschlossen hatten und welk die Blätter hängen ließen, er­schienen Suse nun wie das Bild ihrer Zukunft. So würde auch sie verwelken, häßlich werden, zu nichts mehr nütze sein, wenn alle Not nie niehr ein Ende nahm. Auch sie würde verdursten, da ihr das Leben keinen Trank von jenem goldigen Wein ihrer Mädchentage mehr bieten würde, wenn nichts kam, was das Uglück wendete.

Und die brennenden Augen der jungen Witwe sahen sehnsüchtig nach der weißen Villa im Grün dort drüben. So oft kam von daher Musik, wenn der reiche Junggeselle Feste gab. Lachen ud Jauchzen war schon über die hohe Parkmauer geklettert, wenn es drüben lustig zuging. Ach, hätte der Äann doch eine Ahnung, wieviel Gutes das bißchen Geld stiftete, das er der jungen Person gab. die er für ein Mädchen hielt. Auf eine Anzeige hatte sie sich gemeldet, in der Hartmann eine gebildete Dame suchte, die imstande wäre, wissenschaftliche Aufsätze mit Verständnis abzuschreiben. Sie war in der Fabrik gewesen, und er hatte sie auf seinem Privatbureau empfangen, wo er sie einem gründlichen Verhör unterwarf, um ihren Bildungs­grad festzustellen. Endlich hatte er zufrieden genickt, als er hörte, sie sei zur Lehrerin bestimmt gewesen, verstehe Latein und könne Griechisch schreiben.

Tann kramte er einen Stoß Via wer hervor, ordne! ihn und gab ihr das Manuskript zum Abschreiben. Erst sic! das Suse nicht leicht, denn seine Handschrift war verworren und s.st unleserlich. Rasch aber hatte sie sich in das Ent­rätseln der Arbeit gewöhnt, und als die ersten Bogen der Abschrift fertig waren, trug sie ihm die Probe in die Fa­brik. Da hatte er ihr denn so dankbar die Hand geschüttet, und ein prüfender, bewundernder Blick war über sie hinge­glitten; Suse hatte gefühlt, daß der nicht nur der quten Arbeiterin, sondern auch der hübschen Frau gegolten.

Damals hatte er gefragt:Wie ist eigentlich genau Ihr Name, Fräulein?"

Und nlit zitterndem Herzen, m ser Angst vor der Be­schämung, hatte sieKärtenring" buchstabiert, um erleich­tert auszuatmen, als er kein Wort über die Aehnlichkeit mit dem Namen des Toten äußerte. Es war doch kaum ein halb Jahr her, daß die furchtbare Begebenheit durch alle Zeitungen gezerrt worden war.

Seitdem Hartmaun nun von ihr wußte, daß sie dicht neben seinem Park wohne, hatte er sie aufgeforüert, die Manuskripte in der Villa zu holen und auch die Abschriften dort abzuliefern. So ging Suse nun öfter in dem Hause aus und ein, sah allen Glanz der reichen Einrichtung uno genoß mit Behagen den anheimelnden Raum seines Ar­beitszimmers. Tenn der reiche Fabrikherr trieb geschichtz- liche Studien und arbeitete an einem großen Werk, das nun, da Suse die Abschrift herstellte, rasch der Vollendung ent- gegenging. , .

Dann sollte sie nicht mehr da drüben sein dürfen, sta) onncnd m der vornehmen Umgebung, die, wenn es auch remdes Gut war, doch immer befreiend auf sie wirkte und ie fast die armselige Dachwohnung im Hause Wappte» vergessen machte. ^ .

Verträumt hing Suses Blick an den Baumen und Noscnbüschen, hinter denen das Haus lag, das alle Herr­lichkeiten eines geschmackvollen Heims bara.

(Fortsetzung folgt.)