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Nummer 286
Fernruf 179
Samstag de« 8. Dezember 1934
Fernruf 179
69. Jahrgang
Rüstet Oesterreich auf?
Strategische Wege längs der jugoslawischen Grenze — Transalpine Autobahn für italienische Hilfstruppen — Dre Stärke der Heimwehren nach Angaben des Fürsten Starhemberg
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Von Dr. Heinrich Ahrend.
Ms kürzlich der Vertreter Oesterreichs dem Präsidium der Abrüstungskonferenz die Forderung seiner Regierung betreffs Gleichberechtigung Oesterreichs in Rüstungsfragen vertrat, erregte dieser Schritt in den Wandelgängen des Genfer Völkerbundspalastes allgemeines Aufsehen. Immerhin erhob sich weder aus dem Lager der im Bunde vertretenen Großmächte noch aus dem der kleineren Mächte ernstlicher Widerstand gegenüber der österreichischen Forderung. Man fand sie scheinbar ganz gerechtfertigt, also die gleiche Forderung, die man Deutschland unbilligerweise nicht erfüllen zu können glaubte. Will man einem der Kleinen Entente nahestehenden französischen Völkerbundsorgan, dem „Journal des Rations", Glauben schenken, so hat die österreichische Regierung die Antwort auf ihre Forderung nicht abgewartet, sondern rüstet mit der stillschweigenden Billigung Italiens mit vollen Kräften auf. Hinsichtlich der Richtigkeit seiner Angaben beruft sich das Journal des Nations teils auf unmittelbare Informationen aus Oesterreich selbst, teils auf jüngst erfolgte „Enthüllungen" der französischen Tageszeitung „Populaire".
Man verweist in diesem Zusammenhang vernehmlich auf die in jüngster Zeit auf breiter Front in Angriff genommenen Stratzenarbeiten im Gebiet der Kärtner Berge und legt diese Maßnahmen so aus, daß durch den Ausbau des dort befindlichen Straßennetzes die strategischen Möglichkeiten für ein schnelles Zusammenziehen und Vorrllcken österreichischer und italienischer Truppenverbände vergrößert und vervollkommnet werden sollen. Angeblich sind für die Durchführung namhafte Summen bereitgestellt worden. Von welcher Seite aber stammen diese Gelder? Diese Frage erscheint nicht ganz unberechtigt angesichts der Tatsache, daß die österreichische Regierung selbst kaum in der Lage gewesen sein dürste, einen namhaften Betrag aus dem stark zusammengeschrumpften Staatssäckel dazu beizusteuern. Der Wegebau zieht sich zurzeit längs der jugoslawischen Grenze bis nach Ebriach südwestlich von Klagenfurt hin.
Außerdem kam kürzlich aus Steiermark die Kunde, daß die von Kärnten kommende, über die Paßstraße nach Graz in der Steiermark verlaufende große transalpine Heer- und Autostraße über die österreichische Grenze hinein bis zum Plattensee in Ungarn verlängert werden soll. Man entsinnt sich vielleicht, daß diese Alpenstraße bereits früher im Brennpunkt öffentlichen Interesses stand. Zu der Zeit nämlich, als Dr. Rintelen noch Landeshauptmann von Steiermark war und diese Straße auf Betreiben Mussolinis für größere Truppentransporte ausgebaut und verbreitert wurde. Ist diese Verlängerung der transalpinen Heerstraße erst einmal durchgeführt, wird Italien imstande sein, mit größter Schnelligkeit motorisierte Truppenverbände bis nach Ungarn zu werfen. Wie das Journal des Nations weiter zu berichten wußte, ist dieses ungarische Gebiet um den Plattensee herum das Ziel italienischer Waffen- und Munitionstransportzüge, die in kurzen Zwischenräumen durch Oesterreich nach Ungarn rollen. Weiterhin verlautet, daß zurzeit im Burgenland drei größere Flugplätze angelegt werden, deren verkehrspolitische Bedeutung nicht einleuchtet, deren militärische aber zweifellos vorhanden ist.
Auch sonst wird im heutigen Oesterreich mit Wissen und Billigung der Großmächte eifrig ausgerüstet. Das in Wien befindliche Eisenwerk Warschalowski, das jahrelang stillgelegen hatte, arbeitet heute wieder mit Hochdruck. Das gleiche gilt von anderen österreichischen Rüstungsunternehmungen wie den Schichtschen Chemischen Werken in Wien und der bekannten Waffenfabrik Hirtenberg. In Enzesfeld werden Granaten gedreht. Die gesamte Eisenindustrie Steiermarks weist nach Angaben des Journal des Nations eine erhöhte Tätigkeit auf. Ein Großbetrieb in Jnzersdorf bei Wien hat die Fabrikation von Konserven für das Bundesheer in großem Umfange ausgenommen. Die Pulverfabriken bei Florrsdorf arbeiten in mehreren Schichten. Kurz, es herrscht in der österreichischen Rüstungsindustrie ein Hochbetrieb, hätte"^" Jahresfrist nicht für möglich gehalten
es jetzt mit den österreichischen Heimwei °^-^.?^rte sich kürzlich Fürst Starhemberg z AM^°usl?ndi,chen Journalisten wie folgt: „Die äuge, ^nan^^arke der mir unterstellten Heimwehren betrw R, - n. Hinzu kommen noch weitere 20 000, die ai Zlerchgesinnten Verbänden angehören." Von de »n-^!?eu"rvehrleuten stehen nach Angaben Starhemberc restttck^a?»^0 000 Mann unter Waffen, doch sind d ir? ?^000 bis 55 000 Mann sofort verfügbar.
Stand dieser österreichischen Aufrüstung ist d vollkommen im Bilde. Man hat es i
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Tagesspiegel.
Neichsinnenminister Dr. Frick sprach in einer Massenkundgebung in Stuttgart über die politische Lage.
Der südslawisch-ungarische Konflikt wurde am Freitag im Völkerbundsrat behandelt. Man hörte die Anklage Süd- slawiens und die Verteidigung Ungarns.
Rußland hat in Genf einen Schachzug getan und Frankreich für ein Abkommen gewonnen, das eine deutsch-französische Verständigung während der schwebenden Ostpaktprobleme unmöglich macht.
Südslawien fährt noch immer fort» ungarische Staatsbürger in großer Zahl auszuweisen, in der letzten Woche allein 3800 Personen.
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Der Befehlshaber der deutschen Polizei. General Da- luege, erklärte in einer Unterredung, daß rund 10 vüü Angehörige der nationalsozialistischen Bewegung in staatliche und gemeindliche Polizei eingestellt wurden.
Im Verwalt«ngsrat der Deutschen Neichsbahngefrllschaft sind große Veränderungen vor sich gegangen.
Sie Pslizeisrage an der Saar
Die französische Presse zur deutschen Stellungnahme in der Polizeifrage
Paris, 7. Dez Die Annahme einer internationalen Polizei im Saargebiet durch die Reichsregierung hat unbestreitbar zu einer wesentlichen Entspannung der internationalen Atmosphäre geführt. Diese Tatsache geht eindeutig aus den Kommentaren hervor, die die französische Presse den Genfer Ereignissen widmet. Man hütet sich zwar, das Entgegenkommen der Reichsregierung, das allein diese Entspannung ermöglicht hat, zu stark zu unterstreichen, um im Interesse der fran- zösischen Rüstungen keinen zu großen Optimismus aufkommen zu lassen. Aber die Blätter müssen doch zugeben, daß nunmehr ein großer Schritt auf dem Wege der deutsch-französischen Annäherung gemacht worden ist.
„Figaro" versäumt es nicht, darauf hinzuweisen, daß die Stellungnahme der Reichsregierung keinerlei Zugeständnisse Frankreichs auf dem Gebiete der Rüstungen zur Folge haben würde. Eine Entspannung zwischen Paris und Berlin sei unbestreitbar: die Annahme einer internationalen Polizei durch die Reichsregierung sei der beste Beweis dafür. Das bedeute aber noch nicht, daß die deutsch-französische Verständigung nunmehr zur Tatsache geworden sei. Deutschland müsse nach Genf zurückkehren, was es aber nicht tun werde, wenn man nicht die deutschen Rüstungen legalisiere. Eine solche Maßnahme sei jedoch äußerst gefährlich, denn das Reich würde ein Rüstungsabkommen, das anschließend unterzeichnet werden könnte, doch nicht achten (!), während Frankreich verhindert sein würde, Maßnahmen zu seiner Verteidigung zu ergreifen. Die Unterzeichnung des sowjetrussifch-französischen Abkommens beweise außerdem, daß die französisch-deutsche Heirat noch nicht vollzogen sei.
Auch der „Matin" unterstreicht die Erklärung des französischen Außenministers, wonach die Beteiligung Englands an der internationalen Polizei für Frankreich keinerlei Verpflichtungen auf dem Gebiete der Rüstungen oder der Paktpläne einschließe.
Pertinar unterstreicht im „Echo de Paris" die Vorteile, die die Schaffung einer internationalen Polizei im Saargebiet für die deutsch-französischen Beziehungen habe und die besonders darin liegen, daß französisch-deutsche Reibereien nunmehr unmöglich gemacht seien. Allerdings könne diese Maßnahme auch weniger günstige Auswirkungen haben. Gewisse Kreise zögen aus der Haltung Englands schon jetzt die Schlußfolgerung, daß England immer bereit sei, sich an die Seite Frankreichs an den Rhein zu stellen und daß auch Italien endgültig für eine Maßnahme gegen Deutschland gewonnen sei. Man behauptet sogar, daß der Völkerbund seine alte Vormachtstellung wiedergefunden habe und das Protokoll aus dem Jahre 1924 wiedergeboren sei, um daraus die Schlußfolgerung zu ziehen, daß Frankreich es nicht mehr notwendig habe, seine Militärmacht zu verstärken. Wenn man derartigen Gedankengängen folgen würde, so würde man aber bestimmt die Vorteile der Politik Doumergues und Bar- thous in Frage stellen.
Zusaumevsktzung der iniernmionaleu PolizeittUM M die Saar
Genf, 7. Dez. lieber die Zusammensetzung der internationalen Truppenabteilung für die Saar verlautet aus englischer Quelle, daß es sich voraussichtlich um Abteilungen in der Gesamtstärke von 2900 bis 3009 Mann handeln «erde. Man nimmt an, daß der Rat am Schluß seiner jetzigen Tagung den Beschluß über die Zusammensetzung und Stärke dieser Truppe»
fassen wird. Auch von englischer Seite wird bestätigt, daß englische und italienische Truppen sich zweifellos an der Aufstellung beteiligen werden und daß man mit Schweden und Holland verhandelt, ohne aber schon eine bestimmte Antwort zu haben. In englischen Kreisen wird gleichzeitig erklärt, daß die englische Truppenabteilung etwa fünf Tage nach dem Beschluß des Völkerbundsrates im Saargebiet eintreffen könne. Im Zusammenhang damit wurde dann auch von unterrichteter englischer Seite die Meinung ausgesprochen, daß die Ueber- gangszeit im Saargebiet späte ste ns im April nächsten Jahres ihr Ende finden und das neue Regime in Kraft treten werde.
Wie man hört, sind von italienischer Seite Bersaglieri für das Saargebiet in Aussicht genommen. Nachdem die Sachverständigen der verschiedenen Staaten in Genf eingetroffen find, — für England General Temperley — sollen hier die Einzelheiten über die internationalen Truppenabteilung festgelegt werden, wobei auch der Dreier-Ausschuß im Aufträge des Rates verantwortlich mitsprechen wird.
DaMlkgranim Lavals an Mussolini
Rom, 7. Dez. Aus Genf hat Mussolini folgendes Telegramm vom französischen Außenminister Laval erhalten: In dem Aulenblick, in dem der Völkerbundsrat durch einstimmigen Beschluß das Ergebnis der unter den Auspizien des Dreier-Ausschusses so glücklich geführten Saarverhandlungen in Rom bestätigt hat, möchte ich Euer Exzellenz meine Dankbarkeit und die der französischen Regierung ausdrücken für den Geist höchster Unparteilichkeit, mit dem die italienische Regierung, vertreten durch Baron Aloisi, diesen Arbeiten präsidiert hat. Der Abschluß dieser Arbeiten bedeutet eine neue Garantie für die Aufrechterhaltung des Friedens.
MW SlklliüiWhnie
zu den Erklärungen Lavals im Völkerbundsrat
Berlin, 7. Dez. Zu dem von dem französischen Außenminister Laval im Völkerbundsrat unterbreiteten und von diesem angenommenen Ersuchen, zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Saargebiet eine internationale Polizeitruppe einzusetzen, schreibt die deutsche diplomatisch-politische Korrespondenz unter anderem:
Vom deutschen Standpunkt aus ist zwar nach wie vor nicht einzusehen, daß eine solche Maßnahme überhaupt notwendig ist. Zu ernsthaften Zwischenfällen ist es im ganzen Saargebiet nirgends gekommen. Diese Feststellung verdient um so mehr hervorgehoben zu werden, als die politischen Spannungen durch Las unverantwortliche Treiben und die gewissenlose Hetze deutschfeindlicher Kreise künstlich gesteigert wurden. Es ist auch ein offenes Geheimnis, daß die Personalpolitik des Vorsitzenden der Regierungskommission nicht unerheblich zu der allgemeinen Verbitterung unter der Bevölkerung beigetragen hat. Die Betrauung antideutscher Elemente mit einflußreichen Verwaltungs- und Polizeiposten im Saargebiet war sicherlich nicht dazu angetan, die Atmosphäre zu bereinigen. Trotz alledem hat, wie gesagt, die Gesamtlage an der Saar in keinem Augenblick zu ernsten Besorgnissen Anlaß gegeben.
Unbeschadet dieser grundsätzlichen und sicherlich stichhaltigen Erwägungen aber, ist die Erklärung Lavals ein erneuter Beweis dafür, daß er auch weiterhin streng auf dem Boden der Gerechtigkeit und Billigkeit verbleiben will, was als e i n glückliches Symptom angesehen werden darf.
Im Verlauf der Genfer Debatte hat der französische Außenminister dann noch einmal seine unlängst vor der Kammer gemachten Ausführungen hinsichtlich der Haltung Frankreichs im Falle einer Abstimmung im Sinne des Status quo wiederholt. Diesen Ausführungen kommt nur noch theoretische Bedeutung zu, weshalb es sich erübrigt, bekannte sachliche Einwendungen zu wiederholen.
Das Bild der beiden Tage kann abschließend dahin beurteilt werden, daß Herr Laval die deutsch-französische Verständigung in Rom folgerichtig weitergesührt und die delikate Frage der Polizeitruppen in einem Sinne zu lösen verstanden hat, der es der Reichsregierung ermöglichte, ihre früheren Einwendungen und Besorgnisse fallen zu lassen.
Ser ilMisch-MWische Sirrlt
vor dem Völkerbundsrat
' Genf, 7. Dez. Im Vordergrund des internationalen Interesses steht die ungarisch-südslawische Streitfrage, die sich in den letzten Tagen wesentlich verschärft hat. Die Ausweisungen von zahlreichen ungarischen Staatsbürgern aus Südslawien und die Form dieser Ausweisungen hat in ungarischen Kreisen stärkste Erregung hervorgerufen. Ein Zeichen dieser erhöhten Spannung ist auch die Ankunft des ungarischen Außenministers von Kanya in Genf. In Gerüchten wird sogar von der Möglichkeit gesprochen, daß auch Graf Vethlen noch zur Verstärkung der ungarischen Delegation hier eintreffen wird Der ungarische Außenminister hat noch in der Nacht eine Unterredung mit dem italienischen Delegierten Baron Aloisi gehabt. Die ursprünglich für vormittags angesetzte Tagung des Völkerbunds»