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Nummer 28«
Fernruf 479
Samstag den 1. Dezember 1934
Fernruf 47S
69. Jahrgang
Ir. GjWkls verbleiet zwei Rlme
Front gegen unkünstlerische Produktion
Berlin, 30. Nov. Seit seinem Bestehen hat sich das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften für den deutschen Film eingesetzt, um diese Kunstgattung zu fördern und zu pflegen. Zn Anerkennung der Tatsache, daß der Film als künstlerisches Ausdrucksmittel mehr als jedes andere an Technik, Industrie und Wirtschaft gebunden ist, wurden zunächst die materiellen Grundlagen für das deutsche Filmschaffen gestärkt und ausgebaut. Es wurde die Filmkreditbank geschaffen, die die Finanzierung der Filme ermöglichte, und im Rahmen der Reichskulturkammer entstand als eine der ersten ständischen Organisationen die Filmkammer, die mit der Reichsfachschaft Film alle Sparten des Filmwesens zweckmäßig organisierte und förderte. Im Ministerium selbst wurde die Stelle des Reichsfilmdramaturgen eingerichtet, die der Industrie und den Filmschaffenden in allen künstlerischen Fragen zu Gebote stand.
Wenn von seiten gewisser Kreise der deutsche Film trotz aller Anregungen und aller Hilfe der Behörden immer noch als seichtes Amüsiermittel erachtet wird, so erscheint es zwecklos, in solchen Fällen weiterhin ernstgemeinte Ratschläge zu geben, die doch nicht befolgt werden, sondern es mutz vielmehr mit schärferen Mitteln eingegrifsen werden. Aus diesem Grunde hat sich der Neichsminister für Volksaufklärung und Propaganda entschlossen, zwei der besonders krassen Fälle der letzten Zeit herauszusuchen und diese Filme zu verbieten. Es handelt sich dabei um den Westro-Film der Europa „Die Liebe siegt" und den Lloyd- Film des NDLS. „Ein Kind, ein Hund, ein Vaga- bun d". Beide Filme sind nicht verboten, weil sie gegen staatspolitische Interessen verstoßen, oder weil sie Grundsätzen der nationalsozialistischen Weltanschauung zuwiderlaufen, sondern weil sie unkünstlerische und geschmacklose Machwerke darstellen. In Leiden Fällen ist mit vollkommen phantasielosen Mitteln verfahren worden, hat man die am Film tätigen künstlerischen Kräfte, Darsteller, Musiker usw., mißbraucht, um geschmack-, Niveau- und geistlose Verblödungsware herzustellen. Die Hersteller der Filme haben die Hilfe des vom Neichsminister für Volksauf- kiärung und Propaganda eingesetzten Reichsfilmdramaturgsn nur zensurmäßig in Anspruch genommen, haben geglaubt, Sei der späteren Arbeit im Atelier sich über seine Wünsche, Anregungen und fördernden Ratschläge einfach hinwegsetzen zu können und so Arbeiten zustande gebracht, die zwar zu polizeilichen und zensur- mäßigen Maßnahmen keinen Anlaß gaben, aber ein schreiendes Aergernis für den guten Geschmack eines jeden Volksgenossen darstellen.
Beide Filme sind verboten, um den Herstellern zu zeigen, daß die Regierung nicht gewillt ist, Las Eeschmacksniveau des deutschen Volkes von künstlerisch gewissenlosen Filmproduzenten gewaltsam herabdrllcken zu lassen. Die Aufnahme beider Filme Beim Publikum hat überdies gezeigt, daß ein sogenannter „Publikumsgeschmack" für derartige Machwerke längst nicht mehr vorhanden ist, daß das deutsche Volk auch vom Film etwas Besseres erwartet, als man ihm immer noch zu bieten wagt.
So» über deiM-
smziWc VerslSudiWg
Paris, 30. Nov. Das „Petit Journal" hat im Hinblick auf die Aussprache der Kammer den Abgeordneten Eoy gebeten, ihm Zweck und Ziel seiner Berliner Reise darzulegen. Eoy erklärte, er sei nicht in seiner Eigenschaft als Abgeordneter nach Berlin gegangen, sondern als ehemaliger Frontkämpfer. Welche Gefahr hätte für Frankreich dadurch entstehen können? Ein Regierungschef, der selbst ehemaliger Frontkämpfer sei, erkläre sich bereit, auf verschiedene an ihn gestellte Fragen zu antworten, und man habe, wie man glauben dürfe, sehr genaue Fragen gestellt. Gegenüber diesem Regierungschef, der sich für -Deutschland verbürgen könne, habe es keine entsprechende Persönlichkeit in Frankreich gegeben. Wenn man sich auf eine derartig« Befragung ohne Gegenleistung einlasse, heiße das nicht klar den Wunsch bekunden, das Gelände von mehreren Mißverständnissen zu bereinigen, um zu Verhandlungen mit Deutschland zu kommen.
Auf di« Frage, ob er an die Vorherrschaft der Friedenspartei in Deutschland glaube, erwiderte Goy: Ich habe gegen den Da- wesplan, gegen den Poungplan, gegen die Hoover-Zahlungsaus- setzung, gegen die vorzeitige Rheinlandräumung gestimmt. Ich gehöre nrchtzudenen.dieDeutschlandkeinOpfer ohne Gegenleistung brachten. Ich hatte das Gefühl, daß es vergeblich sei, mit Männern zu verhandeln, die wirklich rnmt me üerren Deutschlands waren. ute aber haben wir es Mit einer Regierung zu tun, die nicht Gefahr läuft, morgen durch den Sturz der parlamentarischen Mehrheit verleugnet zu werden. vi^io^"Eläre ich zu den Verhandlungsangeboten: Warum Fragen stehen brennend zwischen uns? - Es gab w7r >22^" polnischen Korridor' man fürchtete, daß 6U wählen haben würden, entweder uns für . lch^n.oder unseren Verbündeten im Stich zu lassen. Nun hat Hitler dies« Frage mit Polen geregelt. Das Saar- §.1"- I" zwei Monaten wird die Angelegenheit liqui- oierr sein. — Es bleibt dabei also nur die Frage der deutschen Müunüxri. Deutschland rüstet und, siegt Ms wicht sttzAbrehe.
Tagesspiegel.
Die Regierungskommission der Saar hat im Einverständnis mit der Saarabstimmun-skommission für die Zeit vom 27. Dezember 1934 bis zum 26. Februar 1933 eine Verordnung erlassen, in der die Einreise in das Saargebiet äußerst erschwert wird.
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Die Negierungskommission hat die Emigrantendenkschrist der Deutschen Front an den Völkerbund mit einem ganz unsachlichen Begleitschreiben weitergeleitet.
Ein Beschluß der gesetzgebenden Versammlung in Windhuk, das frühere Deutsch-Südwestafrika der südafrikanischen Union als fünfte Provinz anzugliedern, ist völkerrechtswidrig.
Der französische Abgeordnete Eoy veröffentlicht im „Petit Parisien" eine Erklärung, worin er sich für die direkte Aussprache mit Deutschland einsetzt.
Der Krieg in Südamerika geht zu Ende. Bolivien hat sich aus dem Eran Chaco zurückgezogen» der bolivianische Staatspräsident ist zurückgetreten.
Sb
Am Freitag in der Frühe wurde verschiedentlich ein stärkeres Nahbeben und ein schweres Fernbsben verzeichnet.
Aber gibt es außer der Gewaltlösung ein anderes Mittel als eine Aussprache, um Deutschland dahin zu bringen, die Notwendigkeit einer Begrenzung und späteren Herabsetzung seiner Rüstungen einzufehen?
Auf den Einwand, daß der Kleine Verband und Sowjetrußland durch Verhandlungen Deutschlands mit Frankreich unruhig und entfremdet werden könnten, antwortete Goy: Es handelt sich nicht darum, ein Einverständnis gegen irgend ein anderes Land zu schaffen, sondern darum, die Furcht vor einem deutsch-französischen Konflikt zu beseitigen und dadurch dazu beizutragen, die ganze europäische Atmosphäre zu ändern.
Die Antwort Goys, ob die d e u t s ch - fran zö s i s che Annäh e r u n g sich in einer Rückkehr Deutschlands nach Genf auswirken werde, lautete : Die wünschenswerte Rückkehr Deutschlands nach Genf wird einer deutsch-französischen Aussprache nur folgen, aber nicht ihr vorausgehen.
Eine weitere Frage an Eoy lautete: Ein unmittelbares Hindernis für die deutsch-französische Verständigung ist die Saar- Abstimmung, die zu unangenehmen Zwischenfällen führen könnte. Haben Sie ein Mittel gesucht, dieser Gefahr zu begegnen? Die Antwort lautete: Ich glaube, daß eine Abordnung ehemaliger französischer und deutscher Frontkämpfer sich einige Tage vor der Saar-Abstimmung nach Saarbrücken begeben und während der der Abstimmung folgenden Wochen dort bleiben könnte. Sie wäre geeignet, durch ihre Anwesenheit den Willen beider Völker und die Aüstimmungssicherheit zu gewährleisten.
Englischer Historiker über bie Saarstage
Breslau, 30. Nov. In der Breslauer Universität hielt am Donnerstag abend der bekannte englische Geschichtswissenschaftler Sir Raymond BeazIey, Professor an der Universität Birmingham und ' espondierendes Mitglied vieler wissenschaftlicher Gesellscha, .. einen Vortrag über die Saarfrage. Nach der Begrüßung durch den Rektor der Breslauer Universität legte der englische East einvollesBekenntnisfllrdiedeutsche S a che ab. Die Saarfrage sei, so führte er aus, eine der größten Fragen der heutigen Welt, von deren Lösung die Erhaltung des Friedens und das Schicksal Europas abhänge. Geschichte, politische und wirtschaftliche Beziehungen, Kultur und nicht zuletzt innerliche Gefühle des Volkes verbänden das Saarland mit Deutschland. Dieses klare Gefühl der Zusammengehörigkeit könne nur in einem tausendfachen Ja für die Rückkehr des Saargebietes in das deutsche Vaterland zum Ausdruck kommen. Die Tatsache des rein deutschen Charakters des Saargebietes sei von den Urhebern des Versailler Vertrages völlig unbeachtet gelassen worden. Beazley ging in diesem Zusammenhang auf die fragwürdigen Methoden ein. nach denen die Entscheidung von 1919 über das Saargebier herbeigeführt wurde. Er widerlegte besonders die Behauptung Clemenceaus von den angeblich „150 000 Saarfranzosen". Tatsächlich seien am Ende des Krieges nur 100 Fran- . zosen an der Saar gewesen. Bei der letzten Volkszählung vor dem ' Kriege 1910 hätten sich nur 312 Personen als französischsprechend eingetragen, während 568 000, also über 99 Prozent der Bevölkerung Deutsch als ihre Muttersprache angegeben hätten. Im Jahre 1919 sei leider niemand der ungeheuren politischen Fälschung entgegengetreten, da Deutschland bei den Friedensverhandlungen nicht vertreten gewesen sei. Von den anderen habe niemand dieser Fälschung entgegentreten wollen oder mangels ausreichender Kenntnis entgegentreten können. Mit derselben Berechtigung wie an der Saar hätte man auch in Darmstadt oder in Dresden eine Volksabstimmung durchführen können. Di« französische Verwaltung der Saargruben habe sich als wenig erfolgreich erwiesen Ueber das Ergebnis der Abstimmung habe er keinen Zweifel. Im übrigen seien auch in Frankreich Stimmen zu
verzeichnen, die anerkennten, daß die Saar nach^Rasse, Kultur und Tradition deutsch sei und daß es ein Verbrechen sein würde, sie zu einer neuen Jrredenta zu machen. Kein Friede sei — nach einem Wort Napoleons des Dritten — möglich, außer in den befriedigten Wünschen der Nationen.
3SWS Politik
Frankreich und Italien lehnen die Kündigung des Washingtoner Abkommens ab
Tokio, 30. Nov. Das japanische Außenministerium erhielt am Donnerstag die Mitteilung, daß die italienische und die französische Regierung es abgelehnt hätten, das Washingtoner Flottenabkommen gemäß den japanischen Vorschlägen zu kündigen Trotz dieser ablehnenden Haltung der beiden Mächte wird die japanische Regierung ihren Standpunkt nicht ändern, sondern das Washingtoner Flottenabkommen am 10. Dezember kündigen.
Der japanische Außenminister Hirota hielt eine Rede über die außenpolitische Lage Japans vor dem Parlament. Hirota begann seine Ausführungen mit einem Ueberblick über den Verlauf der Londoner Flottenbesprechungen, wobei er noch einmal die Forderung Japans auf völlige Flottengleichheit mit den Vereinigten Staaten und England klar zum Ausdruck brachte. Gleichzeitig setze sich Japan aber für eine fühlbare Herabsetzung der Flottenrüstungen ein. Die japanischen Vertreter in London würden sich weiterhin bemühen, den Abschluß eines neuen vernünftigen Flottenvertrages zu erreichen.
Der Außenminister stellte sodann fest, daß die Beziehungen Japans zu den verschiedenen Ländern Europas und Amerikas sowie zu China im allgemeinen immer herzlicher geworden seien, weil unter den Mächten jetzt ein größeres Verständnis für die besondere Lage Japans vorherrsche. Auf die Entwicklung Mandschukuos eingehend, drückte Hirora seine Befriedigung darüber aus, daß dieser neue Staat, den er „unseren Verbündeten" nannte, rasche Fortschritte auf allen Gebieten der nationalen Verwaltung mache und daß durch die Einrichtung der Monarchie im März vorigen Jahres eine dauerhafte Grundlage für das Land hergestellt worden sei. Auf die Frage der Beziehungen zwischen Japan und Sowjetrußland übergehend, stellte der Minister fest, daß auch hier eine Besserung zu bemerken sei.
Bedienung der Young-Zinsfcheine am 1. Dez. 1934
Berlin, 30. Nov. Die deutsche Regierung hat mit Ende Juni 1931 den Transfer für die Zinsen der langfristigen Reichsanleihen eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie der Bank für internationalen Zahlungsausgleich als Treuhänder der Pounganleihe die Mittel in der bisherigen Weise noch für einen Monat zur Verfügung gestellt, so daß eine Einlösung sämtlicher am 1. Dezember 1931 fällig werdenden Zinsscheine zu einem Sechstel ihres Nennbetrages in Devisen gewährleistet ist.
Die zu einem Sechstel ihres Nennbetrages bedienten Zinsscheine werden nach dieser Teilzahlung mit einem Durchlochungsstempel „ein Sechstel bezahlt" versehen.
1. Bezahlung der Zinsscheine im Ausland
a) In Devisen: In besonderen Abkommen mit England, Frankreich, Schweiz, Holland, Belgien, Schweden und Italien ist vorgesehen, daß die Zinsscheininhaber, die die in diesen Abkommen festgelegten Bedingungen erfüllen, auch für die restlichen fünf Sechstel der Zinsscheine Bedienung in Devisen erhalten.
b) In Reichsmark: Insoweit die Zinsscheine nicht auf Grund dieser Abkommen voll in Devisen eingelöst werden können, wird den Inhabern die Möglichkeit gegeben, gegen Aushändigung der Zinsscheine Zahlung in Reichsmark zu erhalten, für deren Verwendung gleiche Grundsätze gelten, wie für die Verwendung der Reichsmarkgutschrift, die für den nicht transferierten Teil der Oktoberzinsscheine der Dawesanleihe gewährt worden ist. Auf diese Weise wird auch den Inhabern dieser Zinsscheine die Möglichkeit eröffnet, sich, soweit es in Deutschlands Macht liegt, bezahlt zu machen.
2. Bezahlung der Zinsscheine im Inland
Die Inhaber der in Deutschland zur Einlösung vorgele; t?n Zinsscheine werden, soweit sie devisenrechtlich als Inländer gelten, Zahlung in Reichsmark erhalten.
Soweit sie Ausländer im Sinne der Devisenbestimmungen sind, steht ihnen zu:
ein Wechsel in freier Reichsmark,
fünf Wechsel in Reichsmarkgutschrift im Sinne des Abschnittes 1 b.
3. Für den Handel und den Verkauf
Für die zu einem Sechstel bedienten Zinsscheine gelten die gleichen Grundsätze wie für die noch nicht bedienten Zinsscheine: auch die Forderungen gegen die Treuhandgesellschaft von 1933 mbH. sind übertragbar.
Der Ntmufklm -es Reiches
Die Oberpriisidenten als ständige Vertreter der Reichsregierung
Berlin, 30 Nov. Der Reichs- und preußisch« Innenminister D.r. LjZck hat durch eine zweite Verordnung über den Neuaufbau