am Donnerstag und Freitag am Sitz der Reichskirchenregle- rung versammelt. Unter dem Vorsitz -es Reichsbischofs wurden innere Kirchenfragen besprochen. Es herrschte völlige Einmütigkeit. Der Reichsbischof berief einen Bisch o s s r a t, der in der Hauptsache die kirchenpoliti- schen Fragen behandeln soll.
Vorher gab der Reichsbischof folgendes unter dem 26. Oktober an ihn gerichtetes Schreiben des Rechtswat- ters der deutschen evangelischen Kirche, Ministerialdirektor Jäger, bekannt:
„Herr Reichsbischof! Nach grundsätzlicher Erledigung der mir gestellten Aufgabe der organisatorischen Gestaltung der Deutschen Evangelischen Kirche lege ich wie ich Ihnen schon vor einiger Zeit angekündigt habe, meine kirchenpolitische Funktion in Ihre Hände zurück. Es ist meine lleberzeugung, daß der innere kirchliche Aufbau und Ausbau der nun mit Einsatz aller Kräfte zu beginnen ist, nur auf die tätige Mitarbeit des Landes gegründet werden kann. , Ich schlage Ihnen deshalb vor, einen engeren Rat der Bischöfe zu berufen, der Ihnen für die Aufbauarbeit im Sinne wahrhafter Befriedung zur Verfügung steht. Ich hoffe und wünsche, daß das Werk zum Heil des deutschen Volkes gelingt."
DZenstanzug für alte PO.-Kämpfer
Berlin, 26. Okt. Der Stabsleiter der PO. hat, wie der VB. berichtet, folgende Anordnung erlassen:
Bereits vor der Machtübernahme kämpften hunderttausende Arbeiter in den Betrieben als NSBO.-Männer für Adolf Hitler und seine Idee. Sie haben ebenso treu ihre Pflicht erfüllt wie jeder Parteigenosse.
Deshalb wurden bereits in einer Anordnung vom 22. Oktober 1932 der NSBO. mit Genehmigung des Führers Fahnen verliehen und auch diesen Sympathisierenden das Tragen einer Uniform genehmigt. Da diese NSBO.-Kameraden durch die Mitgliedersperre der Partei noch nicht in die Partei ausgenommen werden konnten, erinnere ich heute an diese Anordnung und erweitere sie wie folgt:
1. Die NSVO.-Mitglieder, die Parteigenossen find und ein Amt in der DAF. und der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" verwalten, sind politische Leiter der NSDAP, und tragen deren Rangabzeichen, sie sind in den Stab der NSBO. einzubauen. Di« Ernennung von politischen Leitern und die Bestätigung, Rangabzeichen der PO. anlegen zu dürfen, wird nach den Bestimmungen des Personalamtes der PO. Lurch den zuständigen Hoheitsträger vorgenommen.
2. Die NSBO.-Kameraden, die vor der Machtübernahme bereits Mitglied der NSBO. waren, aber keine Parteigenossen sind, tragen Dienstanzug wie folgt: Blaue Mütze mit NSVO.- Abzeichen und schwarzem Lederriemen, braunes Hemd mit Hakenkreuzarmband und schwarzem Binder, schwarzes Koppel, Verschluß mit NSBO.-Abzeichen, schwarze Stiefelhose und schwarze Stiefel.
3. Da die Organisation der Deutschen Arbeitsfront und NS.- Cemeinschaft „Kraft durch Freude" viele Amtswalter und Amtswarte verlangt, die weder Parteigenossen noch NSVO.-Kamera- den im obigen Sinne sind, die aber wegen ihres Amtes herausgehoben werden müssen, wird angeordnet, daß diese nach einem Jahr Bewährung als Amtswalter der Deutschen Arbeitsfront bezw. Amtswarte der NS.-Gemeinschast „Kraft durch Freude" den gleichen Dienstanzug tragen, wie unter Nr. 2 aufgeführt.
Eingliederung von MM.-Angehörigen in die Variei
Berlin, 26. Okt. Der Reichsschatzmeister gibt laut „Völkischem Beobachter" bekannt:
„Im Einvernehmen mit dem Reichsjugendführer wird hiermit verfügt, daß Angehörige des BüM. mit Erreichung des 21. Lebensjahres in die Partei ausgenommen werden können, wenn sie mindestens zwei Jahre dem VdM. angehört haben. Diese Verfügung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Entsprechende Ausführungsbestimmungen werden den Dienststellen noch be- kanntgegeben."
Die Mitgliedschaft bei der NS.-Hafg
Berlin, 26. Okt. Der Stabsleiter der PO., Dr. Ley, hat zwei Verordnungen erlassen, die die Mitgliedschaft in der N2.- Hago zum Inhalt haben. Die erste Verordnung macht es sämtlichen Mitgliedern der NSDAP., die als Betriebssichrer und
//Ä? cr/r
Ein Roman vom neuen Deutschland
von Paul Hain.
87 RknbdraS verbot«».
Und auch Krause glückt es nicht. Er hat heute zuviel Glück in der Liebe gehabt — und das Schicksal ist gerecht.
Mit einer halben Stunde Verspätung hat er drüben die Anlegestelle des Kahns erreicht — eben um eine halbe Stunde zu spät. Es ist gut, daß Rüdnitz nicht das umfangreiche Register von Krauses echt Berliner Flüchen hört. Es dauert eine Weile, bis er einen anderen Kahn gefunden und in Betrieb gesetzt hat. Mit Volldampf geht es über den Fluß, durch die vernebelten Wiesen, zum Lager hin. Er kennt natürlich längst den „Geheimweg" für diejenigen, die das „Ueber-den-Strang-Hauen" nicht lassen können.
Abwarten, bis die Außenwache vorbeipatrouilliert ist. dann eine Pappel acht Meter hochklettern, die dicht neben dem Geräteschuppen steht, von da mit einem kühnen Sprung aufs Dach. Dort liegt immer — „rein zufällig" — ein alter Strick, den man um den Schornstein schlingen muß, um sich dann auf den Hof hinunterlassen zu können. Der Strick muß natürlich wieder geschickt hochgeworfen werden — sonst hätte am Morgen das ganze Lager nichts zu lachen. Man muß darauf vertrauen, daß die Hofwache nichts hört oder nichts hören will.
Bis hierher hat bei Krause alles vortrefflich geklappt. Mit Eleganz hat er das Tau wieder zurückgeworfen. Nun schnuppert er über den weiten, dunklen Hof. Nur keine Bange! Der Posten wird nicht gerade jetzt um irgendeine Hausecke biegen!
„Los, Fritze!" kommandiert er sich selber und huscht in langen Sätzen hinüber. Unter den hohen Linden vorbei — hinüber zum Haus, in dem seine Stube liegt. Unten ist fürsorglich immer ein Fenster offen — „für vorkommende Fälle".
Eefolgschafksangehörige im Handel und Handwerk tätig sind, zur Pflicht, sich der NS.-Hago zur Verfügung zu stellen. Mit der Durchführung dieser Anordnung wird die NS.-Hago selbst beauftragt:, engste Zusammenarbeit mit den politischen Gauleitwi- gen wird derselben zur Pflicht gemacht.
Der Wortlout der zweiten Verordnung ist: „Zur Durchführung meiner Anordnung vom 18. Oktober 1934 über Zugehörigkeit sämtlicher im Handel und Handwerk — Betriebssichrer und Gefolgschaftsl-.'ute — tätigen Parteigenossen zur NS -Hago verfüge ich hiermit, daß sofort die Ueberführung der zur Zeit noch in der NSBO. organisierten Parteigenossen aus Handel und Handwerk in die NS.-Hago erfolgt. Bis zum 1. Dezember 1934 muß diese Ueberführung in sämtlichen Gauen vollzogen sein."
DiplsMÄepeUMnse beim Führer
Berlin, 26. Okt. Der Führer und Reichskanzler empfing am Freitag den neu ernannten Botschafter der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, Jakob Sacharjewitz Suritz, zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens. Der Empfang fand im Hause des Reichspräsidenten statt. Der Botschafter wurde nach dem üblichen Zeremoniell von dem Chef des Protokolls, Gesandten Graf Vassewitz, von der Botschaft abgeholt und im Wagen des Führers zum Hause des Reichspräsidenten geleitet; das Personal der Botschaft folgte in besonderen Wagen. Im Vorhof des Reichspräsidentenhauses erwies eine Ehrenwache dem Botschafter die militärischen Ehrenbezeugungen. An dem Empfang nahm außer den Herren der Umgebung des Führers und Reichskanzlers der Reichsminister des Auswärtigen, Freiherr von Neurath, teil.
Im Anschluß an den Botschafter der UdSSR, empfing der Führer und Reichskanzler den neu ernannten Gesandten der Union von Südafrika, Dr. S. F. N. Ei e, sowie den neu ernannten spanischen Gesandten, Dr. Aurelio Fernandez Couch« so, zur Entgegennahme ihrer Beglaubigungsschreiben.
Das Programm von Vraunschweig
Berlin, 26. Okt. Der Reichsstand des Deutschen Handwerks gibt hiermit das Programm der Braunschweiger Veranstaltungen zum Tage des deutschen Handwerks (Sonntag, den 28. Oktober) bekannt.
Den Auftakt zu den Veranstaltungen bildet am Samstag, den 27. Oktober, um 20.30 Uhr ein Vegrüßungsabend im alten Rathaus. Es sprechen Eauleiterstellvertreter Schmalz, Ministerpräsident Klagges, Landeshandwerksmeister Behme und Reichshandwerkmeister Schmidt. Es wird u. a. ein Abzeichen für leitende Personen im Handwerk verliehen.
Für Sonntag, den 28. Oktober, ist vorgesehen:
Zwischen 16 und 11 Lhr: Dr. Schacht, Dr. Ley und der Reichshandwerksmeister nehmen vor dem Hauptportal des neuen Rathauses die Parade eines Ehrensturmes ab und begeben sich in den Sitzungssaal des neuen Rathauses. Hier findet die Begrüßung des Handwerks durch die Stadt Braunschweig statt. Es sprechen Oberbürgermeister Dr. Hesse und Reichshandwerksmeister Schmidt.
11 bis 12.46 Uhr: Inzwischen haben sich auf dem Wege vom neuen Rathaus zur Burg Dankwarderode und vor der Burg Fahnenträger, Meister, Gesellen und Lehrlinge zum Spalier aufgestellt: Las örtliche Handwerk ist vor der Burg aufmarschiert. Die meisten Ehrengäste haben sich im Festsaal der Burg versammelt. In der Burg beginnt um 11.30 Uhr nach musikalischen Darbietungen der Teil der Veranstaltungen, der über alle Sender des Reiches übertragen und überall von örtlichen Versammlungen des gesamten Handwerks im Gemeinschaftsempfang abgehört wird. Der Reichshandwerksmeister verliest nach der Totenehrung eine wichtige Botschaft und verpflichtet die neuen Kreis- Handwerksmeister, Obermeister und Jnnungswarte im ganzen Reich auf ihr Amt. Dann sprechen nach einer kurzen Eesangs- einlage die beiden Redner des Tages und zwar zunächst der Reichsbankpräsident Dr. Schacht in seiner Eigenschaft als stellvertretender Reichswirtschaftsminister und der Stabsleiter der PO., Dr. Ley. Nach dem „Sieg-Heil" auf den Führer, dem Deutschland- und Horst-Wessel-Lied erscheinen die führenden Persönlichkeiten auf dem Balkon der Burg, und der Reichshandwerksmeister verliest eine Kundgebung an das Handwerk.
Um 16 Uhr wird die Schule des deutschen Handwerks eingeweiht, deren Gebäude und Grundstück die Stadt Braunschweig dem Reichsstand des Deutschen Handwerks zur Verfügung gestellt hat.
*
Handwsrksabzeichen
Auf Anordnung des Reichshandwerksmeisters ist ein allgemeines Handwerksabzeichen geschaffen worden,
Krause krabbelt über die Brüstung. Ein Poltern — verdammt, hat da jemand einen Pott aufs Fenster gestellt und der scheint nun kaputt zu sein! Krause ist konsterniert und brummt ewas, was man nur im Freien sagen kann. Da fühlt er auch schon einen derben Ruck an den Stieseln.
Aus ist's!
Die Wache leuchtet ihm mit der Taschenlampe ins Gesicht.
„Der Krause! Mensch, wenn de schon zu spät kommst, dann mach doch kein' Krach! Tut mir leid! Ordnung muß sein!"
Er blickt nach der Taschenuhr.
„Elf Uhr zwanzig Minuten", sagt er lakonisch. „Ja — da biste eben jeschnappt! Nu kletter' man rin!"
Krause steigt gemütlich ein. Nun hat er ja Zeit.
„So 'n Pech!" knurrt er noch und verschwindet drinnen. —
Beim Morgenappell kriegt er seinen Sens. Die Wache hat pflichtgemäß Meldung erstattet.
„Krause, vortreten!"
Er ahnt schon, was kommt.
„Sie haben gestern ohne Urlaub den Zapfenstreich überschritten".
„Jawoll!"
„Wo waren Sie denn?
Schmunzeln bei feinen Stubenkameraden.
Der Zugführer grinst verstohlen. Krause druckst. Es genügt.
„Also Brautdienst! Dazu ist Sonntags genug Zeit! Zwei Tage Strafwache von heute ab. Wegtreten!"
Bums — Krach! schlägt Krause die Hacken zusammen und tritt wieder ins Glied.
Dabei murmelt er:
„Nu lieb' ick ihr noch viel mehr!"
9. Kapitel.
Sally Magnussen ist sehr schlechter Laune. Das Sommergeschäft war faul und wird, je mehr es sich dem Ende
Las in seinem Mittelfeld Las Handwerkssymbol trägt. Es soll an alle Mitglieder der Pflichtinnungen zu einem späteren Zeitpunkt abgegeben werden. Außerdem ist noch ein Abzeichen geschaffen worden, das allen verliehen werden soll, die in den Handwerksorganisationen eine leitende Stellung einnehmen.
Der Tag der Ausgabe des allgemeinen Handwerksabzeichens steht noch nicht fest. Das Abzeichen für leitende Personen wird dagegen vom 27. Oktober 1934 ab verliehen. Der Reichshandwerksmeister wird es am Vorabend des Handwerktages, also am 27. Oktober 1934, an die Landeshandwerksmeister, Kammerpräsidenten und Vorsitzenden der Reichsfachverbände persönlich verleihen. Es wird ferner verliehen werden an die Kreishandwerksmeister, die Vorsitzenden der Landesfachverbände und die Jnnungsobermeister. Die Verleihung an die Kreishandwerksmeister und Jnnungsobermeister wird durch die zuständigen Handwerks- und Eewerbekammern vorgenommen. Die Abzeichen verbleiben im Eigentum des Reichsstandes und sind an das Amt gebunden.
Am 3v. Oktober Maffenliliridisebungen der DAT.
Berlin, 26. Okt. Das Presse- und Propaganda-Amt der DAF. teilt mit:. Am kommenden Dienstag, den 30. Oktober, findet in allen Ortsgruppen der Deutschen Arbeitsfront im ganzen Reich große Massenkundgebungen statt, in denen die weittragende Bedeutung der Verordnung des Führers vom 25. Oktober d. I. ausführlich dargestellt werden wird. Alle Volksgenossen werden auf diesem Wege auf die Wichtigkeit dieser Kundgebungen ausdrücklich aufmerksam gemacht.
DurAehknde Arbeitszeit gesundheitlich lirierlvikscht
Berlin, 26. Okt. Der ärztliche Ausschuß der Deutschen Gesellschaft für Eewerbehygiene hat, wie das Ndz einer Mitteilung des Reichsgesundheitsamtes entnimmt, Richtlinien für die Regelung der Arbeitszeit mit Pausen nach gesundheitlichen Gesichtspunkten aufgestellt, die einige bemerkenswerte Empfehlungen enthalten. Die erst in der Nachkriegszeit in. Deutschland zur allgemeinen Verbreitung gelangte durchgehende Arbeitszeit wird als gesundheitlich unerwünscht grundsätzlich abgelehnt. Es wird die geteilte Arbeitszeit überall La empfohlen, wo die Verkehrs- und Betriebsverhältnisse der - Gefolgschaft die Möglichkeit geben, eine etwa zweistündige Mittagszeit zum Aufsuchen der eigenen Häuslichkeit zu benutzen. I Wo diese Voraussetzung fehlt, soll die Einführung der durch- I gehenden Arbeitszeit an die Bedingung geknüpft sein, daß durch entsprechende Arbeitspausen und Bereitstellung der erforderlichen Einrichtungen die Gelegenheit zur Einnahme einer warmen Mittagsmahlzeit im Betriebe geboten wird.
Der Kredit des Handwerkers — Zehn MeEvriiche
Die Handwerkskammer zu Berlin bringt eine Schrift des neuen Generalsekretärs des Reichsstandes des Deutschen Handwerks, Dr. Felix Schüler, „Kreditquellen für das Handwerk" heraus. Die Schrift schließt mit folgenden beachtlichen zehn Merksprüchen:
1. Auf Kredit genommenes Geld ist und bleibt ein fremdes Eigentum.
2. Wer mit seinem Eigenen nicht Haushalten kann, lasse erst recht die Finger von fremdem Kapital.
3. Kredit ist leichter genommen als zurückgegeben.
4. Wer Geld gibt, will mit dieser seiner Ware Geld verdienen. Die Angemessenheit des Satzes bringe in Einklang mit dem Nutzen, den du selber erzielen kannst.
5. Beachte alle Bedingungen eines Kredites vorher, denn mit deiner Namensschrift übernimmst du volle Haftung.
6. Ein wirtschaftlich nicht vertretbarer Kredit ist Raub am
Volksvermögen. '
7. Wer marktschreierisch Geld anbietet, hat meistens selber keins, denn 1. wird man diesen Artikel auch ohne Reklame > los und 2. lehrt die Erfahrung, daß nur eins bei solchen - ^ Angeboten immer stimmt, nämlich die Vermittlungsgebühr.
8. Handwerk und Bankier sind zwei verschiedene Berufe, der Handwerker hüte sich davor, seinen! Auftraggeber gegenüber beides in einer Person sein zu wollen.
9. Dem Geldgeber sagen wortreiche Erklärungen nichts, eine ordnungsmäßige Buchführung alles.
10. Das Geld gehört nicht in den Strumpf, sondern in die Wirtschaft.
nähert, immer fauler. Im stillen schimpft er auf die neue Regierung und laut zieht er über feine Verkäuferinnen her. Wozu hat er nun arische Mädchen, wenn sie doch nicht mehr Käufer heranlocken? Er weiß natürlich, daß von seinem westlichen Stammpublikum viele Berlin verlassen haben — Künstler, Kaufleute, Anwälte — die für ihren jüdischen Tatendrang hier kein Betätigungsfeld mehr sehen. Aber die. Reste der jüdischen Kundschaft — so verlangt er es — müssen von feinem Personal unter allen Umständen gehalten werden. War' ja noch schöner!
Er lungert viel zu oft im Laden herum, stellt das Personal fest. Und auch Ursel findet das wieder mal, da sie gerade einen hypereleganten jungen Herrn bedient, der mit feiner Braut gekommen ist. Herr Magnussen bat tief gedienert, so schwer ihm das bei seinem runden Bauch auch
fällt. ^
Natürlich auch Stammkundschaft — und was für welche! Arno Behrisch — jüdischer Filmschauspieler, der noch vow einem halben Jahr der Traum aller Backfischherzen gewesen ist Jetzt ist er natürlich — und mit Recht, denn seine Tüchtigkeit bestand in Eleganz, Schnoüdrigkeit und guten Presse- freunden — ins Hintertreffen geraten und hat, wie die Zei- tungen meldeten, sich noch rechtzeitig mit der mondänen Tochter eines jüdischen Bankiers verlobt, die weniger schön und dafür sehr angemalt ist. Gewisse Filmzeitungen haben diese „prominente" Angelegenheit würdig besungen.
Herr Behrisch kauft wieder mal einige, Binder — die neuesten Modelle. Er muß schon vorher in einer Bar gesessen haben, Ursel umweht ein widerlicher Likörgeruch und Herr Behrisch versucht, wie üblich, ohne besondere Diskretion, „Augen sprechen zu lassen". Das Fräulein Braut interessiert sich inzwischen für die neuesten Muster männlicher Golfjacken, und Herr Magnussen ist beflissen, sie flott zu unterhalten.
Ab und zu beobachtet er mit flinken Aeuglein die „Kaufhandlung" am Tisch des Krawattenlagers. Hoffentlich hängt ihm die Holm ein ganzes Sortiment auf! Sie scheint ja recht freundlich zu fein. (Fortsetzung folgt).