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Nummer^09 FernruH?9 Samstag, den 8. September 1934 Fernruf 479 69. Jahrgang
Zum Sonntag
Wenn Gott tot ist
„Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon gehört, daß Gott tot ist!" So ließ Nietzsche seinen Zarathustra sprechen. Und ein anderer, Fritz Mauthner, rief aus: „Gott ist tot; es ist Zeit, seine Geschichte zu schreiben". Das alles liegt nun viele Jahrzehnte zurück. Und fetzt ist die Zeit gekommen, die Geschichte der Menschheit zu schreiben, für die Gott tot war. Die Wortführer der Lehre, daß Gott tot sei, riefen große Bewegungen ins Leben. „Religion ist Opium" — auf roten Fahnen flog diese Parole über alle Erdteile. Flammende Propheten kündeten die Erlösung der Menschheit aus der Knechtschaft abergläubischer Vorstellungen zur wahren Würde und Freiheit. Ist diese Erlösung und das verheißene Erdenparadies Wirklichkeit geworden? Wer wagte das zu bejahen? Die Bilanz ist allzu erschütternd, wenn man an die sittlichen und kulturellen Zustände denkt, die sich rn unserem Volk vor der nationalsozialistischen Revolution herausgebildet hatten. Wohl, die Menschen wurden „frei", da Gott, besser: der Glaube an Gott, starb. Aber nur, um ihre „Freiheit" an finstere Dämonen auszuliefern. An die Stelle der Eottgebundenheit und des Gehorsams trat die „Eigengesetzlichkeit" in Wirtschaft und Wissenschaft, in Kunst und Moral. Und aus der Eigengesetzlichkeit wurde Fessellosigkeit und wilde Verwüstung. Bis wir zu der erschreckenden Erkenntnis kamen, daß das Volk sterben muß, wenn sein Glaube an den lebendigen Gotc stirbt.
„Nun haben wir einen Strich unter diese Vergangenheit gemacht. Wir haben aus ihr gelernt. Wir wollen nicht mehr ihre Wege gehen. Mir stehen mitten in einem gewaltigen Ringen um die innere Erneuerung. Wir dürfen in diesem Ringen nicht auf halbem Wege Halt machen. Wir hätten sonst den Sinn unseres Auftrages nicht begriffen. Die Erneuerung hat nur dann Bestand, wenn sie bis zu den letzten Wurzeln vorstötzt. Sie bleibt unvollendet, wenn sie nicht zu einem neuen, entschlossenen Horchen und Gehorchen gegenüber Gottes Wort und Willen führt. Die Lehre, daß Gott tot sei, war verführerisch, denn sie wies einen Weg der Bequemlichkeit und der Freiheit. Das Ernstmachen mit dem lebendigen Gott erfordert mehr. Denn Gottes Anspruch fordert denganzen Menschen. Er läßt sich nicht abspeisen. Er will in der Mitte unseres Herzens stehen und will uns in unserem ganzen Denken und Handeln besitzen. Jesus spricht von der engen Pforte und dem schmalen Weg, den der beschreiten muß, der mit Gott ernst macht. Aber er spricht auch von hohen Verheißungen, die sich an ihm erfüllen. Diese Verheißungen gipfeln darin: Wer im Gehorsam gegen Gott steht, der hat das Leben! Nicht nur das ewige, sondern auch das zeitliche Leben! Wir dürfen die Erkenntnis nie verlieren, die wir aus den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte gewonnen haben: Wo Gott tot ist, da stirbt das Volk innerlich und äußerlich, in seinen Gliedern und in seiner Gesamtheit. Leben ist nur bei Gott. Wahrer Aufbau ist nur da, wo er aus dem Gehorsam geschieht. Und der ist in Wahrheit der Schaffende und Bauende und Führende in seinem Volk, der sein Leben ganz unter die Verantwortung vor dem lebendigen Gott stellt."
K. H.
Männer, die sich an Gott banden
Der Glaube gibt Gott seine Ehre; welches das allergrößte ist, so man Gott immer geben kann. Den« Gott seine Ehre geben, ist nichts anderes, den« Ihm vertrauen und glauben, Ihn für treu und wahrhaftig, weise, gerecht, barmherzig, allmächtig, kurz für den Einigen erkennen und Hallen, der alles und allerlei Gutes allein schafft und gibt. Luther.
Mit dem Glauben, wie ich ihn verstehe und wie ich Gott darum bitte, ist mir Trostlosigkeit ganz unfaßbar.
Bismarck.
Um Heimat und Liebe
Roman von Herrn. Arnsfeldk llrlledersebutr ck. ll. ^ctzerrnanii, koman-^entr. 8tuttzt.
4L NaLdruL vrrdotin.
„Jawohl, Frau Mila Jeglic, geh. Brankovic! Sie hat die Scheidung bereits eingeleitet und will ihren Liebhaber, den berüchtigten Jure Dragotic, heiraten. Eine seine Familie, das muß man sagen! Ich hoffe, du ziehst nun aber auch deine Konsequenzen, Margaret, und läßt dich endlich von deinem Mann scheiden! Es ist wahrlich keine Ehre für Dich, Len Namen Jeglic immer noch zu tragen!"
Margaret antwortete nicht. Sie hate auf Hermanns letzte Worte gar nicht geachtet. Sie dachte nur an Wladko. Wie würde er all dies Schreckliche tragen? Sein Vater, auf den er so große Stücke gehalten, ein Verbrecher, der ins Zuchthaus gehörte!
Es muhte ihn völlig niederschmettern. Es mußte auch seine Stellung erschüttern, seine Karriere, auf die er so viel Hoffnungen gesetzt gefährden . . .
, niemand würde ihm dies tragen helfen! Allein!
Allem mußte er damit fertig werden . . .
beklommem ^ ^ alles?" fragte sie nach einer Pause
„Ich las es in der Zeitung. ,Slowenski Narod' emen ganz langen Artikel darüber!"
"^onvon Wladko steht nichts darin?" 'wechselnd ' °"^°^te Hermann rasch, einen Blick r
„Hast du das Blatt? Kann ich es sehen?" sraat danach ^ ^uder tat als suche er in seinen Rm
„Ja, wo Hab ich es denn, zum Kuckuck? Ich st gON Zu mir! Zu dumm! Nun muß ich es verloren Er es steht ja auch weiter nichts darin, als r bereits erzählte."
Won welchem Datum ist es denn?"
Wochennmdschav
Den 6. September 1934
Das große Ereignis, das alle deutschen Herzen bewegt und hinter dem alles andere zurücktritt, der Parteitag d e r N S D A P., hat in Nürnberg seinen Anfang genommen. Die gewaltige Proklamation des Führers hat ihren Eindruck nicht verfehlt; auch das Ausland kann nicht umhin, anzuerkennen, daß Großes im neuen Reich geschehen ist und noch geschieht. Ein gewaltiger Rechenschaftsbericht ist sie über das vergangene Jahr. lieber den Abschluß der Revolution. Eine unerbittliche Abrechnung mit den Phantasten und den ewigen Feinden der Nation. Aber ebenso gewaltig sind die Forderungen und Aufgaben, die sie für die Zukunft stellt. Sie zeigt den Getreuen die neuen Wege, aber auch die Kleinmütigen in unserem Volke, denen die kleinen Sorgen des Alltags den Blick für das Große, Ewige, Dauernde so leicht verdüstern, wird sie aufrichten, ihnen neue Hoffnung und neues Vertrauen geben.
Auf der Kulturtagung der NSDAP, machte der Führer grundsätzliche Ausführungen über die Gestaltung des neuen Deutschland auf kulturellem Gebiet. Wieder gab er in der ihm eigenen wundervollen Bildhaftigkeit, erfüllt von den tiefen Gedanken, die die Erscheinungen des kulturellen Lebens unseres Zeitalters in den Kritiker in ihnen wachriefen, eine Umschau von geradezu gigantischem Ausmaß, wie sie nur ein Mensch geben kann, der mit jeder Faser seines Herzens so den ewigen Werten wahrer Kunst und Kultur verbunden ist wie jener Mann, dessen Kampf um die politische Macht nichts als ein Kampf um die deutsche Seele war. „Deutsch sein heißt klar sein"! — Am Donnerstag fand dann der Aufmarsch des Nationalsozialistischen Arbeitsdienstes vor dem Führer statt, bei dem er eins Rede hielt und anschließend den Vorbeimarsch abnahm.
Wenn in diesen Tagen der Völkerbund zusammentritt, wird er sich auch wieder mit der Frage der S a a r a b sti m- mung zu befassen haben. Herr Knox, der Präsident der Regierungskommission, hat seine Wünsche und Beschwerden in einer Denkschrift niedergelegt, die genügend Stoff für die Genfer Beratungen enthält. Um bei einem Punkt zu bleiben, erheben wir doch einmal die schüchterne Frage, was man eigentlich im Saargebiet mit einer Verstärkung der Polizei will! Es stehen bei einer Einwohnerzahl von 800 000 ungefähr 2000 Mann Polizei zur Verfügung, gewiß genug, um den normalen Ordnungsdienst stcherzustel- len. Da ist nun aber ein Wort, das bei uns tagtäglich gebraucht wirtz und das die Herren Emigranten nach ihrem Gutdünken auslegen: „Saarkampf". Was anders kann damit gemeint sein, als eine gewaltsame Erhebung, ein Putsch? So etwa wird man den Engländer Knox informiert haben. Weil wir aber wißen, daß es sich um einen geistigen Kampf handelt, halten wir die Verstärkung der Polizeimacht im Saargebiet für unnötig. Es gibt auch noch andere Gründe dagegen, die von der Schweiz schon genügend zum Ausdruck gebracht worden sind.
Frankreich hat noch ein übriges getan und ließ dem Völkerbund eine Denkschrift zugehen, die sich mit der Regelung bestimmter Fragen befaßt, falls das Saargebiet wieder mit dem Reich vereinigt wird, oder falls der gegenwärtige Zustand beibehalten werden sollte. Die Denkschrift bringt keine lleberraschungen; es war allerdings nicht unbedingt notwendig, all diese Fragen, die auch nach der Abstimmung geregelt werden können, jetzt schon aufzurollen. Die französische Presse drückt ihre Zufriedenheit aus, sie erblickt zum Teil in der Denkschrift einen neuen Beweis für
„Frankreichs Entgegenkommen und Selbstlosigkeit". In England glaubt man Konflikte vorauszusehen, die sich aus der Bezahlung für die Saargruben ergeben könnten.
Das Stimmungsbarometer für den Eintritt Sowjetrußlands in den Völkerbund schlägt immer mehr zu ungunsten der östlichen Freunde Frankreichs aus. Eine Reihe von Staaten hat deutlich zu verstehen gegeben, was sie von einem Genfer Ableger des Bolschewismus halten. andere sagen es noch vorsichtig durch die Blume. Am deutlichsten hat bis jetzt die Schweiz gesprochen, wo es sogar nicht an Stimmen fehlt, die im Falle des Einzuges der Moskauer Sendboten im Völkerbundspalast verlangen, daß die Schweiz austrete oder dem Völkerbund das fernere Asylrecht verweigere. Eine französische Zeitung kommt zu dem immerhin merkwürdigen Ergebnis, daß der Eintritt der Sowjetunion den Austritt Deutschlands wettmache. Es ist und bleibt, so meinen wir, ein Unsinn, sich einzubilden, daß die Anwesenheit Sowjetrußlands in Genf die europäischen Schwierigkeiten lösen würde, oder daß durch Lit- winows Mitarbeit der Völkerbund wieder flottgemacht werden könnte.
Die Krise im Fernen Osten dauert an. Die ungeheure Größe des Gebiets bringt es mit sich, daß Einzelheiten überhaupt kaum bekannt werden, und daß bei der Vielheit der dortigen Bestrebungen und Bewegungen sich recht schwer Ueberblicke gewinnen lassen. In kurzen Abständen werden Züge überfallen. Während man auf der einen Seite geneigt ist, die Attentate und Räubereien als das Privatvergnügen chinesischer Banditen anzusehen, sieht man auf der andern Seite politische Hintergründe. Kurz gesagt: Japan behauptet, daß sowjetrussische Beamte dahinterstecken, um Japan die Freude an der Bahn zu verleiden. Daß inzwischen der mandschurische Kaiserpalast in Flammen aufgegangen ist, dürfte die Stimmung in Ostasien auch nicht friedlicher machen. Jedenfalls, Japan ist auf dem Posten — jo sehr, daß für Sowjetrußland ein entscheidender Schlag dort drüben zum mindesten eine sehr gewagte Sache wäre.
Auch in Amerika kann man sich durchaus nicht der Ruhe erfreuen, die man sonst mit leichtem Ueberlegenheits- gefühl gegen Europa gerne an den Tag legt. Hunderttausende von Textilarbeitern machen Mr. Roosevelt Sorge. Der Streik scheint sich immer noch auszubreiten, und es ist bereits zu ernsten Zwischenfällen gekommen. Beiderseits sind harte Köpfe genug vorhanden, in Lenen der Widerstandsgeist nicht so leicht erlahmen wird. Das übliche Revolutiönchen hat sich in Kuba abgespielt; es war nicht schlimm — ein bißchen Geknalle und ein paar Leichen. Jetzt ist schon wieder Ruhe bis zum nächsten Mal. Damit auch Südamerika nicht in Vergessenheit gerät, meldet Paraguay einen großen Sieg über die Bolivianer im Gran Chaco. Wenn irgendwo die Sinnlosigkeit eines Krieges unter Beweis zu stellen ist, dann geschieht es hier. Wie man sieht, gibt es überall Anschauungsunterricht für Europa. Möge es dem Frieden den Vorzug geben!
Kaiserschrein
und Reichskleinodie»
Vom ersten zum dritten Reich
Bereits beim vorigen Parteitag befand sich im historischen Saal desNürnbergerRathauses, in dem die Eröffnung des Parteitages stattfand, der alte kostbare Schrein der deutschen Reichskleinodien. Er gehört zu den wertvollsten Schätzen des germanischen Museums in Nürnberg, und
„Das weiß ich wirklich nicht. Ich habe darauf gar nicht geachtet. Es ist ja auch gleichgültig".
„Du hast recht ... es ist gleichgültig".
Margaret erhob sich. Sie sah noch immer blaß und verstört aus.
„Ihr entschuldigt . . . aber ich möchte jetzt ein wenig allein sein. Es kam so plötzlich . , . ich würde nur eure fröhliche Stimmung stören."
Sie nickte ihnen zu und verließ hastig Las Zimmer.
„Du hättest es ihr nicht sagen sollen . . . wenigstens nicht so unvermittelt", bemerkte Otto vorwurfsvoll. „Sie hat doch immerhin jahrelang mit dem Menschen unter einem Dach gelebt. . . ."
„Ach was, es wird sie so am schnellsten kurieren. Sie muß doch endlich loskommen von der Familie Jeglic! Ich hoffe sie jetzt leichter zur endgültigen Scheidung zu bringen, denn unmöglich kann sie den bemakelten Namen noch weiterhin tragen wollen!"
„Ein Glück nur, daß du die Zeitung gleich wieder einstecktest, nachdem du sie uns vorgelesen. Wenn sie erst das von Wladko wüßte, stünde ich für nichts bei einem so exaltierten Charakter wie deine Schwester", sagte Iella. „Du darfst übrigens achtgeben, daß sich Margaret das Blatt nicht auf eigene Faust verschafft. Ihre Fragen sahen mir ganz danach aus".
Der junge Rechtsanwalt lächelte überlegen. „Wie klug du bist, Schatz! Aber sei unbesorgt, daran dachte ich bereits und habe im Zentral-Kiosk, wo allein hier der,Slovenski Narod' zu haben ist, alle vorhandenen Exemplare ausgekauft".
19. Kapitel.
Margaret machte in der Tat gleich am nächsten Tag den Versuch, sich den „Slovenski Narod" zu verschaffen. Da sie aber kein bestimmtes Datum angeben konnte und überhaupt nicht wußte, wann und wo Hermann das betreffende Blatt aufgestöbert hatte, verlier die Sache ergebnislos.
Ebenso ergebnislos waren Hermanns Bemühungen, sie zur mdl'chen Cinle'.ung i.er Scheidung zu bewegen
„Ich tue s nicht", lautete ihre immer nuederkehrende Antwort auf alle seine Vorstellungen. „Für mich wird nichs mehr anders, ob ich nun diesen oder jenen Namen trage! Und der Name Jeglic ist ja doch das einzige Band, das mich noch mit meinem Kind verbindet Das zerreiße ich nicht".
Aergerlich verließ sie Hermann.
Er ahnte nicht, daß das, was er als zwingenden Trennungsgrund ansah, für Margaret das gerade Gegenteil bedeutete. Nie hatten ihre Gedanken sich mehr mit dem verlassenen Gatten beschäftigt, fühlte sie sich ihm seelisch inniger verbunden als jetzt, wo sie sein Leid und seine Schmach mitfühlte.
Selbst die Sehnsucht nach dem Kind trat zurück vor der größeren, Wladko jetzt nahe sein, ihn trösten zu dürfen.
Mehrmals in schlaflosen Nächten tauchte der Gedanke in ihr auf, einfach zu ihm zu fahren.
Aber im kalten Licht des Morgens verwarf die Vernunft dann jedesmal diesen Impuls.
Gott weiß, ob er noch in Spillersdorf war. Seine Stellung dort mußte durch die Verhaftung des Vaters ja unhaltbar geworden sein, und wahrscheinlich hatte er sich sogleich versetzen lassen. Dann aber tönten auch seine Worte wieder in ihren Ohren: ,Jch wollte, ich hätte dich nie gesehen! Du bist das Bleigewicht am Wagen meines Lebens. Eine Feindin bist du mir, die mich in meiner Karriere hindert und mich unmöglich macht . . .'
Nein, sie konnte nicht zurück. Wenn ihre Sehnsucht schon den eigenen Stolz unter die Füße treten wollte — um seinetwillen durfte sie es nicht! —
Eines Tages, anfangs Dezember, als Margaret ziellos durch die Straßen schlendernd vor einer Buchhandlung stehen blieb und halb gedankenlos die dort ausgestellten Bücher und Zeitschriften musterte, öffneten sich ihre Augen plötzlich weit vor Erstaunen.
„Neue Jmkerzeitung, ein Wegweiser für Bienenzüchter und Bienenfreunde, herausgegeben von Wladimir Jeglic" stand da auf einem Heft zu lesen. (Fortsetzung folgt).