Keiue SlerWerung von AnslSndern

Berlin, 30. Aug. Das raffepolitische Amt der NSDAP, teilt mit: In einem großen Teil der Auslandspresse wurde kürzlich in großer Aufmachung darüber berichtet, daß in Wiesbaden die italienische Staatsangehörige Rosa Labriola gegen ihren Willen zwangsläufig sterilisiert worden sei. Die ausländischen Blätter, besonders die italienischen, nahmen diese Meldung zum Anlaß, um in schärfster Weise gegen das deutsche Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und den Nationalsozialismus überhaupt Stellung zu nehmen. Die Nach­prüfung dieser Meldung hat ergeben, daß eine grobe Irre­führung der Oeffentlichkeit vorliegt. Das zuständige Erbgesundheitsgericht Wiesbaden stellt amtlich fest, daß gegen die fragliche Italienerin allerdings ein Antrag auf Unfruchtbar­machung gestellt worden war, daß das Gericht ihn jedoch in der ordentlichen Sitzung vom IS. August abgelehnt hat. Dem zuständigen italienischen Konsul ist auf seine Anfrage dieser Sach­verhalt bereits amtlich rrütgeteilt worden.

Sonderfahrt des ..Gras Zeppelin"

Friedrichshofen, 30. Aug. Vom 7. Internationalen Straßen­baukongreß wurde das LuftschiffGraf Zeppelin" für eine Son­derfahrt am 14. September gechartert. Hierbei sollen die neuen, zum Teil im Bau befindlichen Reichsautostraßen vom Luftschiff aus besichtigt werden. Am 14. September erfolgt der Start in Friedrichshafen früh 4 Uhr. Nach kurzer Zwischenlandung in Frankfurt a. M. wird das Luftschiff zu der Besichtigungsfahrt aufsteigen und abends gegen 17.30 Uhr nach Frankfurt zurllck- kehren. Für 18 Uhr ist der Rückflug nach Friedrichshafen geplant.

Wieder eine Hinrichtung

Schwere Kerkerstrafen in Leoben

Wien. 30. Aug. Zn dem großen Militärgerichts-Prozeß in Leoben gegen die Aufständischen von WeißenbachSt. Gallen rm mittleren Ennstal wurde der Hauptangeklagte Franz Ebner zum Tode durch den Strang verurteilt. Die Angeklagten Flo­rian Schütz und Berger erhielten lebenslängliche Kerker­strafen: von den übrigen Angeklagten wurden zwei zu 20 Jahren, neun zu 10 Jahren, einer zu 2 Jahren und einer zu 1 Jahr schweren, verschärften Kerkers verurteilt.

Das Gnadengesuch für den zum Tode verurteilten Franz Ebner ist zuriickgewiese» worden. Das Urteil wurde durch den Strang vollzogen. Es ist dies die 13. Hinrichtung im Zusammenhang mit den Juli-Ereignissen.

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Wien. 30 Aug. Vor dem Wiener Militärgerichtshof fand am Mittwoch ein Prozeß gegen zwei Juli-Aufständische statt, die von der Anklage als diejenigen bezeichnet werden, die im Bun­deskanzleramt die Gefangennahme der Minister Fey und Kar- winsky durchführten. Das Gericht verurteilte die beiden An­geklagten Kr au patz und Wölfl wegen entfernter Mitschuld an dem Aufstandsversuch zu je 18 Jahren schweren Kerkers.

Im Verlaufe der Verhandlung wurden als Hauptzeugen Mi­nister Fey und Staatssekretär Karwinsky vernommen. Mi­nister Fey bekundete, daß sich die Aufständischen im großen und ganzen ihm gegenüber ruhig verhalten hätten. Die Führer der Aufständischen Härten ihre Leute vor gewaltsamen Schritten zu­rückgehalten. Aehnliche Bekundungen machte Staatssekretär Kar- winsky, der erzählte, daß man ihn und eine Reihe anderer Ge­fangener bereits an die Wand gestellt hätte. Zurückschauend habe er hinter seinem Rücken die Mündung einer Pistole gesehen. Plötzlich sei aber aus dem Zimmer des Bundeskanzlers ein Mann in Leutnantsuniform gekommen, der die Aufständischen zurttck- wies. Karwinsky gab weiter an, daß er in dem Augenblick, als die Aufständischen in das Kanzleramt eindrangen, mit Bundes­kanzler Dr. Dollfuß zusammen war, sich dann aber von ihm trennte, weil der Kanzler versuchte, durch die Räume des Staats­archivs einen Ausgang zu gewinnen..

Schwere Zusammenstöße in Nland

London, 30. Aug. Bei Kill in der Grafschaft Waterford im irischen Freistaat kam es wegen der Beschlagnahme von Vieh bei Steuerschuldnern zu einem Zusammenstoß zwischen 200 Farmern und 10 Polizisten. Die Farmer, von denen viele blaue Hemden trugen, hatten die Straße, auf der das beschlag­nahmte Vieh fortgeschafft werden sollte, mit Steinbarri­kaden und gefällten Bäumen versperrt Als die Polizisten noch die Barrikaden wegräumten, wurde plötzlich eine Herde von mehreren hundert Stück Vieh Herangetrieben. Die Farmer woll­ten offenbar, daß die beschlagnahmten Tiere sich unter die große Herde misä>en und für die ungeübten Augen der Beamten un­erkennbar werden sollten. Die Polizisten gingen aber mit ihren Knüppeln auf die Herde los und trieben sie davon. Bei den nun folgenden Schlägereien mit den Farmern, die Stöcke mit sich führten, wurden auch mehrere Revolverschüsse abgefeuert. An­scheinend hatten die Farmer mehrere Verletzte, die sie mit sich nahmen. Später kam es an der Eisenbahnhaltestelle, auf der das Vieh verladen werden sollte, zu einer neuen Schlägerei, wobei mehrere Verhaftungen vorgenommen wurden.

News Ehronicle" will wissen, daß eine zeitweilige Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zwischen dem ehemaligen Präsi­denten Cosgrave und dem Blauhemden-Führer, General O'Duffy, zustandegekommen ist. O'Duffy soll bereit sein, sei­nen unter den Farmern organisierten Kampf für die Nichtzah­lung der Landsteuern einzuschränken und seine faschistischen Rc- formpläne zurückzustellen.

Rückkehr der NlUW-Parbaj-Expediiion

London, 30. Aug. Sieben Mitglieder der deutschen Rang Parbat-Expedition trafen, einer Reuter-Meldung zufolge, a Donnerstag von Benares kommend mit vier Trägern in Kc kutta ein. Bechthold erklärte, daß die Expedition aus E sundheitsgründen beabsichtige, nach dem annähernd 2000 Met hoch gelegenen Darjeeling in der Nähe des Everest zu reise uwrde die Reise nach Bombay gehen. Die Abfah nach Deutschland sei für den 6. Dezember geplant. Bechthold ha auch mitgeteilt, daß, falls die Verhandlungen mit der indisch gelangen, die Expedition in einei V rkuL ber"^^^'°" surückkehren werde, um einen neue Versuch der Ersteigung des Nanga- Parbat zu unternehmen.

Evslapd u«d die Nage des Einiriiis der Eowjeimlim in den Völkerbund

London, 30. Aug. Vom Foreign Office verlautet daß die So drerungen von Seiten der diplomatischen Vertreter Englank Frankreichs und Italiens im Zusammenhang mit der Frage d Eintritts Sowjetrußlands in den Völkerbund in den verschi denen Hauptstädten bereits im Gange sind und daß d hingehende Mitteilungen von Botschaftern und Gesandten tei we,se schon m London vorliegen. Es wird betont, daß auch d oeutsche Regierung unter den Staaten ist, über der, Stellungnahme man sich Gewißheit verschaffen will.

«»^i^^nrssischen Kreisen Londons verlautet, daß es

^ich ie.t. den Bericht von der Bildung eines Staakenblock

üer sich der Zulassung Rußlands zum Völkerbund widersetzen würde, zu bestätigen oder dementieren. In politischen Kreisen Londons beschäftigt man sich bereits lebhaft mit der Frage, ob Sowjetrußland auf der bevorstehenden Genfer Tagung die ge­nügende Zweidrittelmehrheit finden wird, die für den Eintritt in den Völkerbund benötigt wird.

Französischer KablneMrat

Paris, 30. Aug. Die Minister sind am Donnerstag zu ihrer ersten Beratung nach den Ferien zusammengetreten. Die Bera­tungen galten in der Hauptsache dem Haushaltsplan von 1933 und den mit dem Stavisky-Skandal zusammenhängenden Ge­bieten.

Der Haushaltsvoranschlag soll eine endgültige Fas­sung im nächsten Ministerrat erhalten und am 20. September im Parlament gebracht werden. Die Ausgabengrenze wurde auf 47 Milliarden Franken festgesetzt Ueber die Gesetzentwürfe zur Schaffung eines nationalen Arbeitslosenfonds und einer besonderen staatlichen Arbeitsbeschaffungsstelle, sowie über die Vorbereitung der Notstandsarbeiten berichtete der Arbeitsmini- ster.

Vertrag über die ZuMmeuarbeii

der drei baltischen Staaten

Riga, 30. Aug. Auf der am Mittwoch vormittag hier eröff- neten Konferenz von Vertretern der Außenministerien Lettlands, Estlands und Litauens wurde ein Abkommen zwischen den drei baltischen Staaten paraphiert, das als Vorstufe zu einem bal­tischen Staatenbund angesehen wird. Das Abkommen trägt die Bezeichnung:Vertrag über das Einvernehmen und die Zusammenarbeit der drei baltischen Staaten" und sieht eine enge außenpolitische Zusammenarbeit der drei baltischen Staaten vor. Periodische Zusammenkünfte der Außen­minister der drei baltischen Staaten sind vorgesehen. Die drei baltischen Staaten sind ferner gehalten, sich laufend über ihre mit dritten Staaten geführten Verhandlungen und abgeschlossenen Verträge zu unterrichten. Außerdem soll eine enge Fühlung­nahme zwischen den Gesandtschaften und Konsulaten der drei baltischen Staaten in dritten Ländern stat-tfinden und gegebenen­falls eine gemeinsame Vertretung ihrer Interessen ver­folgen Der Vertrag bezieht stch allerdings nur auf solche Fra­gen, die alle drei baltischen Staaten gleichzeitig berühren. Er erstreckt stch ausdrücklich nicht auf sogenanntespezifische", das sind besondere Fragen, die nur einen Staat angehen. Diese Ein­schränkung dürfte in erster Linie im Hinblick auf die nur Litauen berührenden Wilna- und Memelfragen ausgenommen worden sein. Der Vertrag soll in möglichst kurzer Frist von den betei­ligten Regierungen ratifiziert werden.

Das amerikanische Aufbanprogramm

Washington, 30. Aug. Marineminister Swanson und der Chef für Seeoperationen, Admiral Stanley, haben die Empfehlungen des Marineamts gebilligt, wonach in dem am 1. Juli 1935 be­ginnenden Finanzjahr 24 neue Kriegsschiffe auf Stapel gelegt werden sollen. Das Marineministerium ist angewiesen worden, Voranschläge aufzustellen. In dem neuen Programm sind zwei Kreuzer und ein Zerstörerslottillenführer mehr vorgesehen, als Admiral Stanley ursprünglich anempfohlen hatte. Wenn das Programm durchgeführt wird, wird die amerikanische Flotte in Kreuzern, Flugzeugen, Depotschiffen und Flottillenführern auf die Vertragshöhe gebracht. Sie wird aber noch um 36 Zer­störer und 18 U-Boote hinter der vollen Vertragsstärke Zurück­bleiben und das Marineministerium plant, diesen Abstand in den drei folgenden Finanzjahren auszufüllen.

Amerikanischer Texrilarkeilerstreik unvermeidlich

Washington, 30. Aug. Der Streik einer halben Million Textil­arbeiter erscheint unvermeidlich, nachdem die Arbeitgeber di« Teilnahme an einer Konferenz mit der Schlichtungsbehörde und den Arbeitnehmern mit der Begründung abgelehnt haben, daß die Streüdrohung einen direkten Zwang auf die Regierung zwecks Abänderung des gesetzlichen Codes darstelle. Sie öffne ähnlichenErpressungen" in anderen Industriezweigen Tür und Tor. Es ist anzunehmen, daß die Gewerkschaftsführer die Streik­parole ausgeben und die Werke Freitag nach Arbeitsschluß still­legen. Der Streik würde erst am Dienstag morgen fühlbar, weil der Samstag arbeitsfrei ist und auf den Montag der nationale Feiertag der Arbeit fällt. Es soll über einen Sympathie­streik von 300 000 Arbeitern der Seiden-, Kunstseiden- und Wollindustrie entschieden werden. Die Gewerkschaftsführer be­tonen ihre Absicht, den Streik gewaltlos durchzuführen, be­schuldigen jedoch die Unternehmer, ihre Werke mit Gasbom­ben und Waffen ausgerüstet zu haben.

Die Stteikparole sür die amerikanischen TeMar-eiler ergangen

Washington, 30. Aug. Der Streik der Textilarbeiter, aus dessen Abwendung man bis Mittwoch noch einige Hoffnungen gesetzt hatte, ist nunmehr doch unvermeidlich geworden. Die zen­trale Streikleitung hat die Anweisung zum Streikbeginn her­ausgehen laste». Die Arbeitseinstellung erfolgt in der Nacht zum Sonntag um 23 Uhr bei Schichtwechsel. Es werden zunächst 1500 Betriebe und 800 000 Arbeiter betroffen. Außerdem aber arbeitet man an Plänen, um die Arbeiterschaft verwandter In­dustrien zu Sympathiestreiks zu veranlassen.

Den ArLeiterverbänden in der Kunstseide-, Seide- und Woll­industrie ist mitgeteilt worden, daß sie sich für eine Teilnahme am Vaumwollarbeiterstreik, der, wie gemeldet, am Samstag abend beginnt, bereithalten müssen. Die Streikleitung erwartet in der Annahme, daß die Unternehmer uneinig sind, eine er­folgreiche Beendigung des Ausstandes.

Chinesische Freundschasisbezeugvng für Tibet

Schanghai, 30. Aug. Eine chinesische Abordnung, die von Ge­neral Huangmusung geführt wird, hielt in Lhasa in Tibet ihren Einzug. Die Chinesen wurden von der Bevölkerung und dem Kriegsherrn in Lhasa stürmisch begrüßt. Die Abordnung soll Chinas Anteilnahme am Tode des Dalai Lama zum Ausdruck bringen. General Huangmusung war mit seiner Karawane, sie 250 Kisten mir Geschenken für die führenden Lamaisten mit sich führt, vier Monate unterwegs. Politisch bezweckt China mit der Entsendung des Generals Huangmusung eine Stärkung des chinesischen Einflußes in Tibet.

Ueber der Nordsee liegt immer noch ein Tiefdruckseid, während stch von Westen ein Hochdruck nach Mitteleuropa nähert. Für Samstag ist aufheiterndes, meist trockenes Wet­ter zu erwarten. _

Mildbad. 31. August 1934.

Landes-Kurtheater. Freitag abend kommt zum letzten Male unser größter Lustspielerfolg der Saison zur Auffüh­rungKlara tippt richtig" von Max Reimann. Beginn 8.15 Uhr, Ende 10.15 Uhr. Die Spielzeit des Landes- kurcheaters ist für diese Saison beinahe beendet, es findet vom 1. bis 9. September noch eine Nachspielzeit zu Gunsten der Mitglieder des Kurtheaters statt. Die Stücke kommen also fast alle nur noch einmal zur Aufführung, benützen Sie also die kurze Zeit zu einem nochmaligen Besuch der Vorstellungen. Am Samstag abend findet eine Erst­aufführung statt und zwar die entzückende Lustspiel-Neu­heitMama räumt auf" von Schacht. Das Stück Wird Sie bestimmt zwei Stunden auf das angenehmste unterhalten.

Die Spielleitung hat Josef Stauder, Hauptrollen sind besetzt mit Carola Erdin, Lotte Elsner, Helene Heinrich, Herta Greeff, Albert Dörner, Paul Ed. Bruls und Josef Stauder. Beginn 8.15 Uhr, Ende 10.30 Uhr. Die Theater­besucher haben an diesem Abend Gelegenheit, während den Pausen die Beleuchtung der neuen Trinkhalle zu besichtigen.

Sonntag finden zwei Vorstellungen statt und zwar am Nachmittag zu ermäßigten Preisen letztmals die beliebte OperetteSchwarzwaldmädel" von Leon Iess-el und abends erstmals in neuer EinstudierungWie einst im Mai". Eine Operette in 4 Bildern von Walter Kollo und Willi Bred- schneider.

Trinkhalle-Beleuchtung. Günstige Witterung vorausge­setzt, wird am Samstag abend mit Einbruch der Dunkelheit eine Beleuchtung der neuen Trink- und Wandelhalle ver­anstaltet. Es sind Vorbereitungen getroffen, die etwas ganz «besonderes versprechen, das den großen Anlagenbeleuchtun­gen in nichts nachstehen dürfte. Im Anschluß an die Be­leuchtung findet ein Kurhausball statt, bei dem wieder eine Reihe Ueberraschungen auf die Besucher warten.

LichkbUdervortrag im kursaal.

Am Dienstag hielt Dr. Paul Roßnagel, der Leiter der hiesigen Keplerwarte einen interessanten Vortrag über das Doppelthema: Gibt es Gestirneinflüsfe? undWas haben wir von der Astrologie zu Hallen? Der gute Besuch dieses mit klaren und deutlichen Lichtbildern ausgestatteten Vor­trags läßt darauf schließen, wie sehr derartige Themen willkommen sind. Es konnte allerdings dem mit Klarheit und sympathischer Ruhe Vortragenden, dem man die Gründ­lichkeit seiner Studien anspürte, in der ihm vorgeschriebenen kurzen Zeit kaum möglich sein, in erschöpfender und vollauf befriedigender Weise beide Themen zu behandeln. Aner­kannt wurde, daß das Altertum und das Mittelalter von der Tatsächlichkeit der Gestirneinflüsse überzeugt war und die Größten jener Zeit, ein Kepler, ein Galilei, ja noch ein Goethe sich selbst forschend mit astrologischen Fragen beschäftigten. Die bekannte Radierung von RembrandtDer Astrolog" gab die Einstimmung zum Verständnis einer Zeit, in der die Sterndeutekunst in hoher Blüte stand, wo die Stellung der Gestirne zur Zeit der Geburt eines Men­schen nach der Ansicht der Sterndeuter maßgebend war für das ganze Leben desselben; wo keine wichtige Handlung, keine Hochzeit, keine große Reise, kein Prozeß angesetzt wurde, ohne daß vorher der Astrolog um Rat gefragt wurde, wie des Himmels Gesicht dazu stände. Die Fürsten und Feldherren beifragten den Astrologen um den Stand der Sterne zu ihrem Unternehmen; keine wichtige Amts­handlung wurde begonnen, ohne dasHoroskop" zu stellen. Besonders geschah dies aber, wenn in einem vornehmen Hause ein Kind geboren wurde. Auch Kepler, der große Astronom, beschäftigte sich mit der Kunst, aus den Sternen zu weissagen, und es war besonders interessant, von dem anerkannten Keplerforscher Dr. Roßnagel zu hören, daß Kepler dies entgegen vielfacher anderer Auffassung mehr aus Überzeugung, aus innerem Drang und einer Ver­bundenheit mit dem Kosmos tat als aus Not. Wir sahen das von Kepler 1608 dem großen Feldherrn Wallenstein ge­stellte Horoskop, das zwölf Abschnitte, sogenannteHäu­ser" zeigte. Außer dem Haus des Todes (wir fügen das zur Ergänzung des Vortrags bei) gab es ein Haus des Lebens, des Glücks, der Verwandtschaft, der Gesundheit, der Ehe der Religion, des Todes, der Ehren und Würden, der Freundschaft und Feindschaft und so fort! Die Stellung dieser Häuser des Himmels zueinander wurde nun ausge­zeichnet als Horoskopfigur, und in die Figur wurde dann die Stellung der Planeten, des Mondes und der Sonne in den verschiedenen Häusern eingetragen, damit man die Aspekten", den Stand dieser Gestirne zueinander, besser übersehen konnte. Jedes der genannten Gestirne hatte ein« bestimmte Wirkung, war Glück oder Unglück verheißend, Über es kam außerdem noch darauf an, in welchem Hause es sich gerade befand, und wie stark ihm ein anderes Ge­stirn entgegenwirkte. Nun, über all diese Dinge, über di« Wirkung der Sternbilder im einzelnen und die weiter« Entwicklung des astrologischen Gedankens in d«r deutschen Vergangenheit, u. a. hätte man vom Redner gerne noch mehr erfahren. Er hätte eben die beiden Themen an zwei getrennten Abenden behandeln müssen. Ein Kepler hat den Tod oder wenigstens die Lebensgefährdung Wallensteins vorausgesagt, er hat in seinem astrologischen Kalender den Beginn des 30 jährigen Krieges angedeutet. Die heutige Wissenschaft lehnt die Astrologie mit Recht ab, denn der Großteil aller astrologischen Forschung steht heute im Dienste des banalsten, nacktesten Egoismus. Emst lag die Astrologie in den Händen von Priesterkönigen, wie sie uns selbst noch als dieWeisen aus dem Morgenlande" in der Morgen­röte des Christentums bekannt sind: Sie habenden Stern gesehen". Sie schauten zum Himmel und verehrten un­mittelbar in den Stellungen der Gestirne die Willensge­bärde göttlicher Führermächte. Das gibt es nicht mehr. Der heutige Astrologe braucht um seiner Wissenschaft willen nie im Leben den Sternhimmel gesehen zu haben.

Die alten intuitiven im Uebersinnlichen verankerten Er­kenntnisse sind in trockene Regeln, in fertigeTabellen" abgezogen. Damit aber wird das ist unsere Meinung in der Sache der wissenschaftliche Charakter der Astro-

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