Reden und Redensarten englischer Minister Die neue Seeaufrüstung Deutschland kann dafür nicht die Ursache

sein

Von Karl Wegener.

Die politischen Bekundungen der englischen Regierung gingen schon seit geraumer Zeit durcheinander. So wider­spruchsvoll wie in den letzten Tagen sind sie aber noch nie­mals gewesen. Herr Simon erklärte in Eens auf das feierlichste, daß dem neuen Deutschland die Gleichberech­tigung nicht zuerkannt werden könne. Herr Macdonald dagegen will diese Worte Simons nicht gehört haben' er spricht allerdings auch nicht offen aus, daß sie allein der Rachestimmung der Rassengenossen seines Kollegen im Ka­binett, nicht aber den Rotwendigkeiten der englischen Po­litik gerecht werden. Der Erste Minister sagt unsver­nünftige und edelmütige Behandlung" zu. Wir könnten uns damit begnügen, dazu die Meinung des englischen BlattesStar" anzuführen, das der Auffassung zustimmt, daß wichtige Gründe für eine gerechte Stellungnahme ge­genüber Deutschland sprächen. Deutschland habe nicht nur Fehler damit sind natürlich die neue Führung und der neue Geist Deutschstlands gemeint, die wir allerdings für keine Fehler, sondern für ein großes Glück halten, son­dern auch Beschwerdegründe. Das Englische Blatt fährt durchaus richtig weiter fort:Wenn Deutschland fragt, welches Versprechen vonVernunft und Edelmut" England abgeben will, dann muß die britische Regierung bereit sein, auch darauf zu antworten". Das ist ein durchaus logischer Gedankengang auf der Grundlage der geschichtlichen Zu­sammenhänge vor dem 14. Oktober Das erwähnte engli­sche Blatt hat den deutschen Außenminister Neurath im Ge­gensatz zu dem verantwortlichen Leiter der englischen Po-' litik so verstanden, daß Deutschland neue Vorschläge zu ma­chen beabsichtige. Deutschland wartet darauf, daß die an­deren Staaten ebenfalls abriisten. Wir können in dieser Beziehung doch nichts mehr tun. Das Ausland weiß, daß wir die Abrüstung fordern, und nicht wir, sondern die Ka­binette zu Paris, Washington und London haben das Wort zu nehmen.

Niemand ist bei uns so töricht zu glauben, daß in ab­sehbarer Zeit aus den genannten weltpolitischen Mittel­punkten wirkungsvolle Abrüstungsvorschläge ge­macht werden. Aber dann sollen die Herren bei der Wahr­heit bleiben. Wenn sie die Zeit für so ernst halten, daß sie sich Kanonen in die Taschen stecken, wenn sie spazieren ge­hen, dann sollten sie Deutschland mindestens das Tragen einer Schreckschußpistole, einer Verteidigungswaffe, zubil­ligen. Ganz anders als Herr Macdonald sprach ja sein Kollege Londonderrp, der Luftfahrt-Minister. Er ließ sich so vernehmen:Wenn wir die Stärke unserer Ver­teidigungskräfte betrachten, dann müssen wir feststellen, wie das ja auch der Außenminister gesagt hat (Hört, hört, Deutsche), daß wir bis aus die äußerste Eefahrengrenze ab­gerüstet haben. Als einer jener Minister, die unmittelbar für die Verteidigung unseres Landes verantwortlich sind, kann ich folgende Versicherung abgeben: Hätten wir nicht zur Unterstützung der allgemeinen Abrüstung Anstrengun­gen gemacht und besäßen wir nicht den Glauben, solche Maßnahmen durchzusetzen, welche die augenblickliche Schwä­che unserer Verteidigungskräfte rechtfertigen könnten, dann hätte ich niemals einer Politik der drastischen Beschränkung unserer Verteidigungskräfte zustimmen können". Na ja» schön! Schauen wir einmal ganz flüchtig nach, was Eng­land denn so als Schwäche seiner Verteidigung be­trachtet, dann kommen wir zu folgendem Schluß: Schwach ist ein Land mit 544 schweren Geschützen im Frieden, außer­halb der Festungen, mit 240 000 Mann eines stehenden Heeres langgedienter Truppen, mit 581 Kampfwagen im Frieden und 1561 Militärflugzeugen ebenfalls im Frieden und außerdem dann noch einer Eesamttonnage der Kriegs­marine von 2 077 000 Tonnen.

Da kann man nur ausrufen:So schwach wollen wir Deutschen ja gar nicht einmal sein! Wir mären zufrieden, wenn wir nochvielschwächer sein dürften, obwohl in unserem Lande nicht nur vierzig Millionen wie in Großbri­tannien, sondern fünfundsechzig Millionen von den Fähr­nissen eines Krieges bedroht werden können, wenn sie sich nicht verteidigen. Wir zweifeln nicht am Mut der Briten, aber wir trauen unc zu, u n s e r e Verteidigung mit viel ge­ringeren Mitteln vornehmen zu können. Wenn wir erst einmal auf der Grundlage der Gleichberechtigung an den Aufbau einer Landesverteidigung k.aken könnten, dann würden wir uns dieSchwäche" großbritannischer Landes­verteidigung nicht in weitschweifenden Phantasien als er- strebensnotwendiges deutsches Ziel ausmalen, sondern auf allen Gebieten viel kürzer treten.

Armes,schwaches" England! Das müssen wir angesichts der Redensarten des Lord Londonderry ausrufen, wenn wir uns nur dasArbeitsbeschaffungsprogramm durch Kriegsschisfbauten" ansehen. Es bestehtnur" aus zwei Flugzeugträgern von je 20 000 Tonnen, vier Kreu­zern zu je 10 000 Tonnen, vier Unterseebooten größten Um- lsnges. vier Zerstörern zu je 1800 Tonnen, siebzehn Zer-

Die Neichsregierung hat in Paris und London Schritte unternommen zur Abwehr ausländischer Fälschungen und verlcumderlscher Behauptung:,,.

Zn Vraunschweig fand der Tag des deutschen Handels unter außerordeutUcher Beteil,guug aus ganz Deutschland statt.

Zn ganz Deutschland wurde am Sonntag mit Festgottes­diensten und Gemeindeseiern der deutsche Luthertag gesetert, in Berlin fand eine Riesenkundgebung im Lustgarten und ein Festakt in der Philharmonie statt.

Um die notwendigen Geldmittel für das Winterhilsswerk zu beschaffen, hat die Hitlerjugend am Sonntag mit der Nagelung von Schilden in ganz Deutschland begonnen.

Aus der Fahrt von Hamburg nach London ist das deutsche MotorschiffKreutzsee" ,n einem schweren Sturm gesunken. Von der llköpfigen Besatzung wurde nur ein Mann gerettet.

Zn Genf haben nach dem Eintreffen der französischen und englischen Minister die Verhandlungen über die Fortsetzung der Abrüstungsbesprechungen eingesetzt. Frankreich macht Vorbehalte für eine Viermiichte-Konserenz.

Zn Wien wurde wegen des Anschlages aus den Bundes­kanzler Dollfuß der Angeklagte Dertil zu fünf Zähren schweren Kerkers verurteilt.

Das Länderspiel Deutschland -Schweiz in Zürich endete mit einem Sieg der deutschen Mannschaft mit 2:v Toren.

storern zu je 1500 Donnen und zwei Kanonenbooten. Der Tonnenzahl nach bleibt dieses Arbeitsbeschaffungsprogramm tlicht wesentlich hinter der gesamten deutschen Kriegsflotte zurstick. Das nennt England schwach!

Im Verlauf des Wahlkampfes hat Hitler den Gegnern einmal zugerufen, ob sie uns denn wirklich glauben machen wollten, daß alle diese Rüstungen zur Niederhaltung Deutschlands betrieben würden. Wäre das der Fall, dann würde das für uns sehr schmeichelhaft sein. Er glaubt aber s nicht, daß die Besorgnisse vor Deutschland einen solchen Rllstungsluxus notwendig machen, sondern daß die hochge­rüsteten Mächte wohl untereinander Mißtrauen hätten. Weshalb aber lenkt außer dem Außenminister Simon auch der Erste Minister Macdonald, der große Pazifist, das > Mißtrauen nur immer gerade gegen Deutschland? Weshalb ! sagt er nicht und weshalb sagen beispielsweise auch die ! Herren Chamberlain und Churchill nicht:Wir haben Angst vor Frankreich, das fast so viel Linienschiffe, mehr Kreuzer und die doppelte Zahl neuester Unterseeboote be­sitzt, gar nicht zu sprechen von seiner vier- bis fünffach über­legenen Luftangriffsmacht!" Weshalb dürfen die Völker nicht die Wahrheit hören? Wir Deutschen können sie ver­tragen, aber wir haben nicht Lust, für die Rüstungssünden der anderen unseren Rücken hinzuhalten.

MWO-Amerika

Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion

Washington, 18. Noo. Präsident Roosevelt und Litwi- now haben die normalen diplomatischen Beziehungen zwischen den von ihnen vertreten Ländern wieder ausgenommen. Zwi­schen den beiden Staatsmännern hat ein Briefwechsel stattgefunden, in dem die russische Negierung sich bereiterklärt, alle Ansprüche sowohl gegen amerikanische Firmen und Privat­personen, als auch gegen die Regierung der Vereinigten Staa­ten wegen der Sibirienervedition sollen zu lassen. Die russische Negierung verspricht, den amerikanischen Staatsbürgern in der Sowjetunion entsprechend den Bestimmungen des Ravallo-Ber- trages den normalen gesetzlichen Schutz sowie die Freiheit des Bekenntnisses zu gewähren.

Die Verhandlungen, die Litwinow in den letzten 14 Ta­gen in Washington geführt hat, sind nicht ohne Zwischen­fälle und Stockungen verlaufen; das erzielte Ergebnis ent­hält demgemäß noch nicht die Eesamtregelung der zwischen Amerika und Rußland schwebenden alten und neuen Fra­gen. Es hat in der Hauptsache politischen Charakter, indem es sich als ein Tauschgeschäft zwischen der amerikanischen Anerkennung de jure und russischen Zugeständnissen auf verschiedenen Gebieten darstellt. Für die Wiederaufnahme der Beziehungen sagt Rußland den amerikanischen Staats­angehörigen die zur Ausübung der wirtschaftlichen Tätig­keit notwendige persönliche und wirtschaftliche Freiheit zu.

Diese Garantien sind bezeichnenderweise dem Rapallover­trag vom Jahre 1922 nachgebildet, der für Rußland zum ersten Mal seit der Revolution eine Verbindung mit der ' Außenwelt geschaffen hat. Dagegen ist in Anlehnung vom Rapallovertrag kein gegenseitiger Verzicht auf die finan­ziellen Ansprüche aus der zaristischen und revolutionären Zeit ausgesprochen worden. Zunächst hat nur Rußland auf die Ansprüche aus der Sibirienexpedition, die es bishet als Eegenrechnung gegen die amerikanischen Vorkriegsforde­rungen aufgemacht hatte, verzichtet. Die Regelung der ame­rikanischen Ansprüche ist dagegen in Washington nicht er­folgt. Daß beide Länder diesen wichtigen Punkt einstweilen zurllckgestellt haben, ist ein Beweis für ihr gemeinsames Interesse an einer politischen Verständigung, die ihnen durch die Entwicklung in Ostasien geboten erscheint.

Briefwechsel zwischen Rooseoell und Litwinow

Moskau, 18. Nov. Die amtliche Telegraphenagentur der Sow- ietunion veröffetnlicht den Briefwechsel, der zwischen Präsident Roosevelt und Außenminister Litwinow in Washington startge- funden bat. In dem Brief Roosevelts heißt es:

Mein lieber Herr Litwinow! Ich bin sehr glücklich über die Nachricht, daß im Ergebnis unserer Besprechungen die Regie­rung der Vereinigten Staaten die Wiederherstellung der dip­lomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion und den Aus­tausch von Botschaftern beschlossen hat. Ich hone, daß die Be- ! ziehungen zwischen unseren Ländern, die wir damit wiederüer- gestellt haben, für immer freundschaftlich bleiben werden und daß unsere Nationen ab jetzt zum gegenseitigen Wähle und iür die Aufrechterhaltung des Friedens in der Welt zusammen, arbeiten.

Litwinow antwortete auf diesen Brief:Mein lieber Herr Roosevelt! Ich bin sehr erfreut, Ihnen mitzuteilen. daß die Sowjetregierung die Wiederaufnahme der normalen diplomati­schen Beziehungen zwischen unseren Völkern stets freundschaft­lich blerben werden, und baß die beiderseitigen Nationen in Zu­kunft zusammenarbeiten werden, um den Frieden der Welt zu bewahren.

Die Vereinigten Staaten hoffen auf

eine starke Aus uhr nach Nußland

Wafhington, 18. Nov. In der Umgebung Roosevelts hofft man. daß die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion zu einer Ausfuhr amerikanischer Waren nach Ruß­land im Werte von etwa 350 Millionen Dollar im Laufe des kommenden Jahres führen wird. Ein großer Teil dieser Aus­fuhr werde wahrscheinlich durch amerikanische Regierungskredite finanziert werden. Die Hauptnachfrage werde nach amerikani­schen landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Maschinen bestehen.

DieIrweflija" zur ruffisck-

amerlkan?fchen Einigung

Moskau, 18. Nov. DieJswestija" schreibt die Wiederberftel» lung der diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Slea- ' ten sei ein großer politischer und wirtschaftlicher Erfolg. Trctz aller Schwierigkeiten sei es gelungen, eine Verständigung her­beizuführen und den Beweis zu erbringen, daß diese Freund­schaft sich gegen kein anderes Land richte, sondern die Aufgabe habe, den Frieden zu wahren. Bei der besonderen Lage im Fer­nen Osten gewinne dieser Schritt Litwinows eine außerordent» j lich politische Bedeutung. Die Anerkennung der Sowjetunion durch Amerika werde sich auch aus die gesamte weltwirtschaft­liche Lage auswirken. ^

Sowjelruffifche Zugeständnisse au Washington

Washington. 18. Nov. Zu dem Abschluß der russisch-amerika­nischen Verhandlungen wird ergänzend bekannt, daß sich die Sowjetregierung verpflichtet bat. keine kommunistische Propa­ganda in den Vereinigten Staaten zu dulden, amerikannchen Bürgern in Rußland Religionsfreiheit und Schutz zu gewähren und keine Schadenersatzansprüche auf Grund der amerikani­schen Teilnahme an der Sibirienervedition der Alliierten in den Jahren 1918 und 1921 zu erheben. Weiter wird den Ameri­kanern Sonderjchutz bezüglich der Anklage wegen Industrie- spionage zugestanven.

In Tilg des deMeit Handels

Gewaltiger Aufmarsch

Vraunschweig, 19 Nov Bereits am Samstag nachmittag tra­ten zahlreiche Spitzenverbände zu Sondersitzungen zusammen und neben ihnen für sich etwa 59 Reichsfachschaften zu Beratungen.

In Anwesenheit des Führers der Deutschen Arbeitsfront. Staatsrat Tr. L e y. und des Führers des Reichsstandes des deutschen Handels, Dr. vonRenteln fand am Samstag abend im Braunschweiger Landestheater die feierliche Eröffnung des Tages des deut'chen Handels statt Der braunschweigische Mi­nisterpräsident Klagges begrüßte die Versammlung. Tie gewaltige Kundgebung der deutschen Kaufmannschaft werde der Welt beweisen, daß es dank der Arbeit des Führers von jetzt ab einen Stand des Deutschen Handel-- gebe. Der Nationalsozialis­mus habe dem Menschen seine beherrschende Bedeutung für die

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Montag den 2V. November 1S33.

68. Jahrgang

Fernruf 479

Nummer 271

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Tagesspiegel.