SS., die Hitlerjugend, der Württ, Frontkämpferbund und der Stahlhelm nach einem großen Fackelzug durch die Stadt im Hof des Neuen Schlosses eins Schlageter-Gedenkfeier, Auf dein Mittelbalkon des Neuen Schlosses hatten sich Neichsstatthalter Murr, Ministerpräsident Mergenthaler, Innenminister Dr, Schmid, Staatsrat W a l d m a n n, Staatskommissar Oberbürgermeister Dr, Strölin, Generalmajor Brand, Stadtkommandant Oberstleutnant M o st und Polizeigsneral Schmidt eingefunden. Der stellv, Gauleiter, Reichstagsabg, Friedrich Schmidt erösfnete die gewaltige Kundgebung, worauf der SA- Gruppenfuhrer Lud in, Karlsruhe, in bewegten Worten ein Bild vom Leben und Kämpfen seines Landsmanns Schlageter zeichnete. Anschließend spielten die SA-Kapellen das Lied vom Guten Kameraden und den Großen Zapfenstreich. Mit dem Gesang des Deutschlandliedes und des Horst-Wessel-Kampfliedes schloß die erhebende Kundgebung.
Die beiden katholischen farbentragenden Tübinger Studentenverbindungen im CB., Cheruskia und Guestfalia, feierten am Freitag das Andenken ihres ehemaligen Freiburger Kartellbruders Schlageter. Air der Feier beteiligte sich auch der Kleine Senat der Universität mit dem Rektor Prof. Dr. Dietrich und dem Kommissar Prof. Dr. Bebermeyer.
Einziehung des kommunistischen Vermögens
Berlin» 28. Mai. Das Reichskabinett hat ein Gesetz verabschiedet, daß das kommunistische Vermögen eingezogen wird. Das Gesetz stützt sich aus ß 40 des Strafgesetzbuchs, wonach Gegenstände eingezogen werden können, die durch Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht oder zur Begehung eines Verbrechens jeder Art (z. B- Hochverrat) bestimmt sind. Da die kommunistische Tätigkeit allgemein als Hochverrat zu betrachten ist, erfolgt die allgemeine Einziehung des gesamten kommunistischen Vermögens.
VertWW der MrWWkonserenz
Sanktionen >m Biermächtepakt?
Paris, 28. Mai. Die Pariser Blätter sind einstimmig der Ansicht, daß die Abrüstungskonferenz vor der Weltwirtschaftskonferenz zu keinem Ergebnis kommen werde. Norman Davis habe bereits vorgeschlagen, die Konferenz vom 10. bis 25. Juni zu vertagen.
Havas behauptet, England sei jetzt geneigt, der französischen Forderung zuzustimmen, daß in das Viermächteabkommen Sanktionen nach Artikel 16 der Völkerbundssatzung ausgenommen werden sollen.
England habe bisher stets diese Forderung abgelehnt: es wäre aber wohl möglich, daß England bei seiner bekannten Schwäche Frankreich gegenüber auch hier nachgeben würde. Die „Sanktionen", d. h. Straf bestimmungen sind natürlich nur gegen Deutschland gemünzt.
Lohnschutz für Heimarbeiter und tariftreue Arbeitgeber
Berlin, 27. Mai. Die Reichsregierung hat ein Gesetz über Lohnschuh in der Heimarbeii beschlossen, das dazu helfen soll, den Druck der Krise, unter dem die Heimarbeiter besonders schwer zu leiden haben, zu mildern. Vor allem haben sich infolge der Krise zwei Mißstände herausgebildet: Durch stoßweises Häufen von Aufträgen wird ein Teil der Heimarbeiter zu übermäßig langen Arbeitszeiten gezwungen, während andere Heimarbeiter die Arbeitslosen-, Krisenoder Wohlfahrtsunterstützung stark belasten. Die in dem Gesetz getroffenen Aenderungen des jetzt geltenden Hausarbeitsgesetzes haben den Zweck, durch eine bessere Verkeilung der vorhandenen Arbäksmenge möglichst vielen Heimarbeitern Arbeit zu verschaffen.
Ein zweiter Mißstand lag darin, daß es infolge der wirtschaftlichen Not immer schwerer wurde, die tariflich vereinbarten oder durch die Fachausschüsse für Hausarbeit festgesetzten AUndestentgelke aufrecht zu erhalten. Dadurch ist an vielen Stellen des Reichs ein unlauterer Wettbewerb entstanden, unter dem nicht nur die Heimarbeiter, sondern auch die tariftreuen Arbeitgeber leiden. Das neue Gesetz gibt wirksame Handhaben, durch ein beschleunigtes und verschärftes Bußverfahren die unlauteren Wettbewerber zu bekämpfen und den Heimarbeitern zu dem ihnen zustehenden Tariflohn zu verhelfen.
AöB. unter nationalsozialistischer Leitung
Berlin. 28. Mai. Staatskmnmissar Dr. Dommel hat folgende Anordnung erlassen: Sämtliche preußischen Amtsstellen werden hierdurch aufgefordert, das Material des „A r b e i t e r-S a m a ri t e r-B u n d s unter nationalsozialistischer Leitung" freizugeben und die Kolonnen in ihrer Tätigkeit nicht weiter zu hehindern. Bereits beschlagnahmtes Material und die von anderen Formationen besetzten Rettungsstationen sind den mit kommissarischem Ausweis versehenen nationalsozialistischen Leitern zur Verfügung zu stellen.
Hakenkreuzfahne in Oesterreich verboten
U8U Linz, 28. Mai. Soeben hat die Regierung Dollfuß ein Flaggengesetz beschlossen, welches das Tragen oder Hissen der Hakenkreuzfahne mit Strafen bis drei Monate Gefängnis oder 2000 Silling Geldstrafe belegt.
Mit diesem neuen verfassungswidrigen Gesetz hat die derzeitige österreichische Regierung ihrem, voin tiefsten Haß gegen alles Deutsche diktierten Verhalten wohl die Krone aufgesetzt.
Das Hakenkreuzbanne ist heute das Banner des neuen Deuisch- lands, die Fahne, unter der weit über 300 Menschen ihr Leben hingegeben und über 50 000 Söhne der deutschen Nation geblutet haben. Zu einer Zeit, in der Reichsregicrung und deustch-s Volk dis große Aufbauarbeit zur Wiedergeburt der Nation begonnen haben und in allen Gauen Deutschlands wehende Hakenkreuzbanner den Sieg der nationalen Revolution künden, wüd das Millionen Deutschen heilige Tuch von den derzeitigen Machthabern in Oesterreich verfemt. Heute ziehen unsere Brüder in Oesterreich ihre Fahnen ein. Nicht verzagend, nicht mutlos, sondern mit verbissener Wut auf den Lippen den Schwur „Bis auf den Tag!" Wohl geborgen und sorgsam gehütet wird dieses heilige Tuch drüben in den österreichischen Donaulanden warten, bis es eines Morgens wieder tausendfach unseren tapferen Brüdern voranleuchten wird im letzten großen, aber auch siegreichen Sturm gegen die Verräter der deutschen Nation!
Auch das Parteiabzeichen der NSDAP, verboten!
U8U Linz, 28. Mai. Mit einer wahren Berserkerwut wirft sich die auf äußerst schwachen Füßen stehende Regierung Dollfuß gegen die nationalsozialistische Freiheitsbewegung. Nach d:m Aufmarsch-, Vsrsammlungs-, Rede- und Uniformverbot erließ Dollfuß heute das Verbot der Hakenkreuzfahnen. Nun melden die Blätter, daß die Regierung noch im selben Ministerrat ein Abzeichenverbot beschließen wird.
Damit soll der Nationalsozialismus in Oester eich vom Licht der Oeffentlichkeit verschwunden sein. Kein Braunhemd, keine Hakenkreuzfahne, kein Parteiabzeichen. Damit glauben die heute noch am Ruder befindlichen Vertreter einer deutschfeindlichen Regierung dem Nationalsozialismus den Todesstoß versetzt zu haben. Wir haben schon einmal solche Zeiten bei uns im Reiche unter den Herren Brüning und Severing erlebt und der Erfolg hat sich in kürzester Zeit eingestellt. Nicht anders wird es in Oesterreich sein.
Entschließung des Reichsverbandes der deutschen Milchwirtschaft
U8L Die Pressestelle des Amts für Agrarpolitik bei der Reichs- leitung der NSDAP, teilt mit:
Vielfachen Wünschen entsprechend hatten sich die Vertreter der nach 8 38 des Milchgesetzes gebildeten Zusammenschlüsse zur Regelung des Absatzes von Milch und Milcherzeugnissen in Berlin versammelt, um gegenseitig die bei der Durchführung dieser Regelung gewonnenen Erfahrungen auszutauschen. Die Versammlung nahm zum Schluß einstimmig folgende Entschließung an:
Die in eBrlin versammelten Vertreter der Milchvsrsorgungs- verbände begrüßen die Aussprache und empfehlen, künftighin ähnliche Aussprachen zu veranstalten.
Die Milchversorgungsverbände sind auf Grund der bisher gewonnenen Erfahrungen und der heutigen Aussprache der Amfassung, daß der Grundgedank des Z 38 des Milchgesetzes zweckmäßig und richtig ist. Um die mit dem Z 38 bezweckte Ordnung der Milchverwertung wirksamer durchillhuen und auf eins breitere Grundlage stellen zu können, wird neben der Aufhebung des Erlasses des Preußischen Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom 20. Mai 1932 u. a. eine Ergänzung des bestehenden Rechtes nach der Richtung hin für notwendig gehalten, daß a) die gesamten Handelsbetriebs Mitglieder der Zusammenschlüsse werden; b) die Befugnisse der Milchversorgungsverbände für einen wirksameren und schnelleren Zugriff erweitert werden; e) die Regelung der Preise und Spannen zur ausschließlichen Befugnis den Zusammenschlüssen übertragen wird; ä) ihnen ein maßgeblicher Einfluß auf die Erteilung der Milchhandelserlaubnis zugestanden wird.
Die Regierungsstellen werden gebeten, den Angriffen g-gen das Milchgesetz, insbesondere aeqen dessen ? 38, wirksam entoeqen- zutreten. (gez.) Frhr. v. Kanne (gez.) Dr. Fehr.
Ermächtigungsgesetz für den Kirchenpräsidenten
ep. Stuttgart, 28. Mai. Durch vorläufiges kirchliches Gesetz vom 15. d. M. ist der Kirchenpräsident im Hinblick auf die derzeitgen außerordentlichen Verhältnisse zur einheitlichen Führung und geschlossenen Vertretung der evcmg. Landeskirche ermächtigt worden, dieihm erforderlich erscheinenden Maßnahmen in eigener Zuständigkeit zu treffen; er ist dabei an eine Beschlußfassung der verfassungsmäßigen Organe der Landeskirche nicht gebunden. Diese Ermächtigung soll sofort in Kraft und spätestens am 1. April 1934 außer Wirkung treten.
Iahresfest der Diakonissen
ep. Stuttgart. 28. Mai. Wie alljährlich feierte die Cv. Diakonissenanstalt Stuttgart ihr Iahresfest am Himmel- fahrtstag. Bei dem Nachmittagsgottesdienst in der Stiftskirche hielt der Vorsteher des Diakonissenhauses Nonnenweier, Pfarrer Bender, dis Festpredigt. Nach einer Ansprache von Prälat Schrenk wurden 37 Schwestern eingesegnet.
Der 78. Jahresbericht konnte darauf Hinweisen, daß die nationale Erhebung auch im Diakonissenhwuse dankbaren Widerhall und lebendige Anteilnahme der Schwestern findet. Die Gesamtzahl der Schwestern ist von 1546 auf 1581 gestiegen durch 79 Eintritte, denen 26 Todesfälle und 18 sonstige Abgänge gegenüberstanden. Alle arbeitsfähigen Schwestern waren das ganze Jahr voll beschäftigt. Neuer Zuwachs ist angesichts der vielen Aufgaben dringend erwünscht.
Der Dienst der Diakonissen kam 126 028 Pfleglingen zugut. Er wurde. ausgeübt in 47 Krankenhäusern, 200 Gemeinden, 9 Bürgerspitälern, 7 Heimen für Alte und Gebrechliche, 5 Fürsorgeheimen, 7 Krippen, 1 Kinderheim und auf 21 sonstigen Arbeitsfeldern (Nähschulen, Stadtmission, Blaukreuzarbeit usw.). Neu übernommen wurden 3 Gemeindepflegen, die Mitternachtsmisfion in Stuttgart, die Blaukreuzarbeit in Freudenstadt und eine Nähschule in Heilbronn Im Wilhelm- und Paulinenhospital wurden 2241 Kranke in 55 314 Tagen verpflegt. Die Nähschule im Marthahaus besuchten 210 Schülerinnen.
In das Berichtsjahr fällt die Erstellung des Anbaus am Wilhelmhospital und der vollständige Umbau der dortigen Operationsräume. Im Bau befindet sich ein weiteres Feisr- abendh-aus. Infolge solch umfassender Bauarbeiten ist die Schuldenlast auf rund 600 000 Mark gestiegen. Den Einnahmen mit 1 328 000 Mark, einschließlich der Liebesgaben und freiwilligen Beiträgen von 125 000 Mark, stehen Ausgaben von 1 375 000 Mark gegenüber.
Der Kriegerbundestag
Hall, 28. Mai. Der Württ. Kriegerbundestag in Hall ' nahm einen glänzenden Verlaus. Vorläufig sei des Berichts über das Geschäftsjahr 1930/32 Erwähnung getan. Major a. D. Bürger betonte die Bestrebungen des Bunds zur Sammlung aller national gesinnten Kreise in einer deutsch r
gesinnten Front, sowie die Leistungen des Bunds auf sozia- L
lsm Gebiet und auf dem der Jugendertüchtigung. Die Zahl I
der Vereine ist um 18 angestiegen und beträgt 1675. Die f
Zahl der Mitglieder ist etwas zurückgegangen, doch vereinigt '
der Bund in sich immer noch mehr als 150 000 Kameraden- i
Nach dem Rechenschaftsbericht des Bundesschatzmeisters, Verwaltungsdirektor Fortunat, ist das Bundesvermögen in den letzten drei Jahren von 423 600 auf 385 600 Mk, zurückgegangen. Die Erholungsheime haben einen Wert von 205 000 Mb. Für Unterstühungs- und Wohifahrtszwecke wurden ausgegeben 434 711 Mk. bei 401817 Mk. Ein- i
nahmen aus den Bundesbeiträgen. Seit der Gründung des j.
Bunds im Jahr 1877 hat dieser — ungerechnet die In- >
flationsjahre — rund 2,9 Will. Mk. für solche Zwecke aus- -
gegeben, wozu noch rund 6,9 Mill. Mk. aus den Kassen der !
Kriegervereine kommen, eine Leistung, wie sie keine andere Organisation ausweist. Daß der Bund bei solchen Bestrebungen zur Umsatz- und sogar noch zur Gewerbesteuer heran- - gezogen wird, müsse unverständlich erscheinen.
6«pzrrizkt dzi dlartin ksucUt^valiZsr. Halle (8aale)
LS. ikxtfktzung. Nachdruck verbo»n.
„Gestatten Sie, Frau von Vandro? Guten Morgen! Das freut mich, daß Sie sich ein wenig Erholung gönnen vom Krankendienst!" Er kniete vor ihr, zog den gelockerten Riemen fester. „Je mehr man ihn mit Liebe ausübt, je mehr strengt er an."
„Georg dringt darauf, daß ich jeden Morgen ausgehe, ' sonst käme ich nicht", erklärte Wera nach befangenem Gruß hastig, als müsse sie sich entschuldigen. „Er steht meistens erst gegen elf auf, die Nächte sind oft unruhig, da braucht er die paar Stunden Schlaf." Sie sprach, ohne den Mann, der sich wieder erhoben und neben ihr stand, anzusehen, sondern schaute auf das Schneehäufchen auf dem Nebensitz, das sie mit der bloßen Hand flachpreßte.
„Aber natürlich, er soll doch gesund werden — und Sie nicht krank!" Steinherr hatte die Arme in die Seiten gestemmt und blinzelte zwischen zusammengekniffenen Lidern in die weiße Helle. Scharf hob sich die bronzene Farbe seiner Haut von dem weißen Sweater ab, den er, warm von der Bewegung, am Halse geöffnet hatte.
Die Frau spürte seine Nähe mit schmerzhafter Deutlichkeit. Gliedgebunden sah sie, den Blick auf ihre mechanisch im Schnee wühlende Hand gesenkt, fortstrebend, ohne fort zu können. Steinherr war es, der den seltsamen Bann brach.
„Wollen wir nicht ein wenig zusammen laufen, Frau von Vandro? Die Sonne scheint so schön, und die Zeit vergeht ungenützt für Sie." Er streckte ihr die Hände hin, aber ^is schnellte hoch, ohne sie zu berühren, und glitt davon mit
einem kleinen vogelhellen Schrei, den ihr die Erregung aus- , gepreßt. Der Mann aber nahm es als ein Jauchzen und ^ jagte der Fliehenden nach, bis er sie eingeholt hatte, die . pfeilgeschwind dahinflog, als jage sie eine Gefahr. Magnus , Steinherr hielt sich kurz hinter ihr, freute sich der ungestüm vorwärts drängenden Kraft des schlanken, seingliedrigen Frauenkörpers, der sich beim sausenden Lauf leicht vorbeugte — und griff schnell zu, als Wera von Vandro plötzlich ins Stolpern geriet. Ein Schwächeanfall hatte sie übermannt, j
„Sie haben sich zuviel zugemutet, und ich Narr lieh es geschehen — bitte stützen Sie sich fest auf mich, lassen Sie die Füße gleiten, so-" !
Mit geschlossenen Augen lehnte sie sich gegen seine Schulter, spürte seinen Arm um ihre Hüften. Ganz nahe war sein Gesicht dem ihren. Da er es nun über sie neigte, streifte der Hauch seines Atems ihre Wange. Sie erschauerte leicht.
„Frieren Sie?" fragte er besorgt.
Stumm verneinte sie, ohne die Lider zu öffnen. Willenlos müde bis zur Erschöpfung, ließ sie sich führen und halten von der Macht, der sie nicht hatte entfliehen können.
„Jetzt sind wir am Eingang", tröstete seine Stimme. „Hier, setzen Sie sich!"
Behutsam ließ er sie auf eine der dort stehenden Bänke gleiten, kniete nieder und schnallte erst ihr, dann sich selbst die Schlittschuhe ab. Stand dann ruhig wartend neben ihr, die wieder mit klaren, aber seltsam müden Blick vor sich hinsah, bis sie sich erhob.
„Können Sie allein gehen?" Er wollte sie stützen, aber sie dankte, fast schroff in ihrer Abweisung, trotzdem ihre Glieder noch vor Schwäche zitterten. Wortlos gingen sie nebeneinander den schmalen Pfad zum Sanatorium hinauf, und jeder achtete sorgsam darauf, daß er den anderen nicht berühre.
Am Eingangstor verhielt Steinherr den Schritt und sah seine Begleiterin prüfend an. Die Farbe war in das blasse Antlitz zurückgekehrt.
„Ist Ihnen wieder besser, Frau Wera?" Er wußte nicht, daß er sie beim Vornamen genannt; wohl aber hörte es die Frau.
„Ganz wohl, danke!" erwiderte sie leise und lächelte. Aber ihre Haltung hatte sich gesteift, ein trotziger Zug lag um den feinen Mund, den der Mann sich nicht zu deuten vermochte. Wehrte sich ihr Stolz schon wieder gegen seine Hilfe? Sie machte es ihm nicht leicht, ihr Freund zu sein...
„Ja, Lieber, es war herrlich", erzählte Wera, den Gatten begrüßend, der sie zu sich herunterzog und zärtlich seine Wange gegen ihre weiche, lustfrische legte. Wurde das Wera- lein nicht schöner mit jedem Tag, wollte er wissen, als Steinherr dazukam, und freute sich spitzbübisch ihres Erglühens, als der ernsthaft bejahte.
„Geht nur wieder zusammen aufs Eis!" befahl er heiter. „Genießt Sonne und Schnee, solange sie euch beschert sind!" Und Wera nickte ihm gehorsam zu.
Aber der folgende Morgen fand sie im Hause. Und am nächsten Tage war der Mann schon wieder abgereist, der ihrer Seele solche Unrast schuf.
Neunundzmanzigstes Kapitel.
Es war in der Frühe des dritten Weihnachtsfeiertages, daß Magnus Steinherr ein Telegramm erhielt:
„Georg schwer erkrankt, verlangt nach Ihnen. Wera von Vandro."
Der alte Diener, der den unterdrückten Laut der Bestürzung hörte, faßte sich ein Herz und trat näher.
„Ob mir der gnädige Herr die Frage wohl verzeihen würde: Geht es Herrn Doktor schlecht?" Aengstlich forschte er in den Zügen des Mannes, der sich schon wieder gefaßt hatte und ihn überrascht ansah. Ach so, richtig, der Alte kannte Vandro ja seit seiner Kinderzeit und war beseligt gewesen über den Besuch des Ehepaares, hatte dem Kranken jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Er nickte.
Fortsetzung folgt. .