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Nummer 62
Fernvus LTV
Mittwoch den IS. März 1S33
Fernruf 47S
68. Jahrgang.
Polens Vorgehen
vom MlkeMndsmt als vertragswidrig sestgeftellt
Genf, 14. Marz. Der Völkerbundsrat beschäftigte sich heute vormittag in öffentlicher Sitzung mit dem Vorstoß Polens gegen Danzig auf der Westerplatte. Die kurze Verhandlung endete damit, daß Polens Vorgehen, wie bereits in so vielen Fällen, vom Rat als vertragswidrig festgestellt wurde. Der polnische Außenminister Dr. Beck g«b eine Erklärung ab, daß Polen die Truppenverstärkungen auf der Westerplatte sofort zurückziehen werde (?).
Die Danziger Regierung hatte sich am 15. Februar gezwungen gesehen, infolge der Uebergriffe der Polen die Ordnungsbefugnisse im Danziger Hafen wieder in die eigene Han-d zu nehmen. Auf den Antrag Polens, in diesem Vorgehen Danzigs eine „action directe" zu erblicken, ist der Rat heute nicht eingegangen, sondern hat auf den Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, die endgültige Regelung dem ordentlichen Verfahren vor dem Hafenausschuß zu übertragen. Sowohl Danzig wie Polen erklärten sich mit diesem Vorschläge, d. h. eine „Vertragsverletzung", einverstanden.
In Völkerbundskreisen erwartet man, daß nach der e i n- mütigen Verurteilung des Vorstoßes Polens auf der Westerplatte die polnische Regierung noch im Lauf des heutigen Tags die Verstärkungen von der Westerplatte zurückzieht. Der Präsident der Freien Stadt Danzig, Dr. Ziehm, ist entschlossen, solange in Genf zu bleiben, bis die polnische Regierung den heutigen Beschluß des Völkerbundsrates ausgefiihrt hat. Sollte irgendeine Verzögerung in der Ausführung des Beschlusses emtreten, so wird der Völkerbundsrat alsbald wieder mit der Angelegenheit be- faßt werden. *
Polen errichtet Feldbefestigungen!
Genf, 14. März. Die Danziger Abordnung hat heute dem Völkerbundkonmnlssar Rosting mitgeteilt, daß die polnische Besatzung auf der Westerplatte dazu überaegangen sei, Befestigungsanlagen und Stacheldrahtverhaue zu errichten und Maschinengewehrübungen abzuhalten, eine Tätigkeit also, die mit der Aufgabe der Besatzung, der Bewachung der Munitionssendungen, nicht vereinbar sei.
Sievert über seine AvWe
München, 14. März. Der Staatskommissar für da» bayerische Finanzwesen, Oberbürgermeister Siebert- Lindau, gewährte dem Mitarbeiter des „Völkischen Beobachters" eine längere Unterredung, in der der Staats- kommissar u. a. ausführte, die Größe und Sauberkeit der deutschen nationalen Revolution zeigt sich auch in finanzieller Hinsicht. Sämtliche Staatskommissare verwalten ihre Aemter vollkommen ehrenamtlich. Die sachlichen Ausgaben ihrer Amtsführung fallen überhaupt nicht ins Gewicht. Er Hube im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen im Finanzministerium verfügt, daß die Mittel für die Entlohnung der Hilfspolizei, die aus den Wehrformationen der NSDAP, und des Stahlhelms gebildet wird, bereitgestellt werden. Auch hier falle die geringe Inanspruchnahme dieser Mittel auf.
Wegen der Entwickelung der Verhältnisse sei es natürlich ausgeschlossen, in Kürze den Haushaltsplan für das am 1. April beginnende neue Rechnungsjahr vorzulegen, so daß durch das Gesamlministerium, also gegebenenfalls durch die kommissarische Regierung, ein vorläufiger haus- HMsplan zu beschließen sein werde, wobei dann auch das Recht der vorläufigen Skeueranordnung im bisherigen Umfang durch das Gesamtministerium^stegeben sein würde. In dem neuen Haushaltsplan müßten nach Möglichkeit Mittel für die Arbeitsbeschaffung bereitgestellt werden. Als Staatskommissar habe er deshalb verfügt, daß die endgültige Abwickelung der aufgelegten 40-Millionen-Anleihe, die bekanntlich beträchtlich überzeichnet wurde, zurückgestellt werde und der neuen Skaaksregierung Vorbehalten bleibe. Weiterhin müsse in dem neuen Haushaltsplan der Ausgleich gesucht werden. Bei nur wenig zu kürzenden Ausgaben werde hierbei der Emnahmerückgana weiterhin große Sorgen bereiten. Deshalb müsse nach seiner Meinung von denen, die noch Opfer bringen können, diese auch gefordert werden. Die Anleiheverhältnisse nötigen auch zu einer Umwandlung kurz- und mittelfristiger Staatsschulden und zur Verminderung der noch immer das gerechtfertigte Maß erheblich über, steigenden Zinsen.
Trotz schwieriger Finanzlage müsse aber danach getrachtet wenden, die Belastung der Wirtschaft zu mindern, besonders wichtig sei die Frage der Durchführung innerer Reformen, um Einsparungen zu erzielen. Das Heer der Arbeitslosen dürfe nicht vermehrt werden. Eine Besserung der Verhältnisse werde kommen, wenn Ruh« und Stetigkeit eingekehrt seien und sich mit der Lebenskraft des bayerischen Volk- auch der Lebenswille betätige.
lagesspiegei
halbamtlich wird erklärt, daß an den Gerüchten. Staatspräsident Dr. Bolz habe einen Nervenzusammenbruch erlitten oder sei in die Schweiz geflüchtet, kein wahres Wort ist.
Die Reichsregierung wird demnächst eine scharfe Verordnung „gegen Tierquälerei aller Art" erlassen. Dazu dürfte das allgemeine Schächtverbot gehören.
Der Datsche Beamkenbund erklärt in einer Kundgebung, er stelle sich, getreu seiner Reberlieferung, der am 36. Januar 1933 vom Herrn Reichspräsidenten berufenen und durch die Wahl vom 5. März bestätigten Regierung des nationalen Aufbaus willig und mit voller Hingabe zur Verfügung und werde sie durch treue Pflichterfüllung uneigennützig unter- stützen. Der Deutsche Beamtenbund danke der Reichsregierung dafür, daß sie unmißverständlich alle eigenmächtigen und ungesetzlichen Eingriffe in den Gang der öffentlichen Verwaltung unterdrückt habe, um Recht und Ordnung zu sichern.
Die Zahl der Neunkirchener Todesopfer hak sich auf 63 erhöht, nachdem zwei weitere Verletzte inzwischen gestorben sinh.
Zn Berlinchen (Neumark) hat eine Gruppe Kommunisten ihre eigene Fahne aus dem Marktplatz verbrannt. Der an- wesende Skahlhelmführer gab in einer Ansprache der Freude Ausdruck, daß die verführten Leute den kommunistischen Irrsinn eingesehen haben und wieder in die Gemeinschaft deutscher Menschen ausgenommen werden wollen. Daraus wurde gemeinsam das Deutschlandlied und das Horst-Wessel- Lied gesungen.
Verzögerte Rückkehr des Kanzlers
nach Berlin
Berlin, 14. März. Entgegen seiner ursprünglichen Absicht ist Reichskanzler Hitler heute vormittag noch nicht wieder in Berlin eingetroffen. Er wird vielmehr erst heute abend, vielleicht aber auch erst für den morgigen Mittwoch vormittag zurückerwartet. Eine Kabinettssitzung ist im Augenblick noch nicht angesetzt.
Die Verzögerung wird durch die schwierigen Verhandlungen über die Regierungsbildung in Bayern, Württemberg und Baden verursacht. Die Verhandlungen mit dem Vertreter der Bayerischen Volkspartei, Staatsrat Schösser, und dem Vertreter der NSDAP., Abg. Dr. Butt- mann haben sich verzögert. Wie verlautet, fordert die NSDAP, außer dem Ministerpräsidentenposten das Innen- und das Justizministerium, so daß der Bayerischen Volksparrei das Finanz- und das K u l t- ministerium bliebe. Auch um eine Kleine Verfassungsreform soll es sich handeln. Wahrscheinlich verlangt die NSDAP, auch ein Ermächtigungsgesetz.
Sicherstellung des Rechnungshofs in Karlsruhe
Karlsruhe, 14. März. Wie der „Führer" erfährt, hat Polizeipräsident Ludin die sofortige Besetzung des badischen Rechnungshofs durch die Polizei verfügt. Ls handelt sich nach dem Blatt darum, eine große Anzahl von Ahlen sicherznMlen, die sich für die aus Grund des kommenden Antikorruptionsgesehes zu erwartenden Prozesse von großer Wichtigkeit sind.
Die Zahl der in Karlsruhe in Schutzhaft genommenen Personen hat sich inzwischen auf 17 erhöht, darunter befindet sich der ehemalige Matrose Heinrich K s» m p p, der in den Äovembertagen 1918 die Schießerei vor dem Schloß veranlaßt hatte.
Kürzung der badischen Ministergehälter
Die Gehaltsbezüge der badischen Minister
Karlsruhe, 14. März. Der kommissarische Finanzminister Köhler hat verordnet, daß das Gehalt der badischen Minister einschließlich der Aufwandsentschädigung auf jährlich 12 00Ü Reichsmark herabgesetzt wird. Das Aufwandsgeld des Staatspräsidenten fällt weg.
Auf die kommissarischen Minister in Baden ist diese Verordnung insofern ohne Einfluß, als diese ehrenamtlich und ohne irgendwelche Bezüge arbeiten.
Maßnahmen der Regierung
Das Verbot der gesamten sozialdemokratischen Presse in Preußen, das am 15. März ab- läuft, wurde um 14 Tage verlängert.
Der FraktionsWrer der Nationalsozialisten im Berliner
Stadtparlament, Chefredakteur und Landtagsabgeordneter Dr. Julius Lippert, ist zum Kommissar zur besonderen Verwendung beim Oberbürgermeister der Stadt Berlin, Dr. Sahm, ernannt worden. Der Oberbürgermeister wird also unter Kontrolle gestellt.
Die am Montag früh erfolgte Schließung des Kölner Eörreshauses ist aufgehoben worden. Die drei im Görreshaus-Verlag erscheinenden Tageszeitungen „Kölnische Volkszeitung", „Kölner Lokalanzeiger" und „Kölner Tageblatt" konnten am Dienstag wieder erscheinen.
Der Oberamtsgehilfe Müller, der iin Preußischen Landtag Dienst tat, ist mit sofortiger Wirkung durch den Landtagspräsidenten des Amts enthoben worden. Präsident Kerrl sah sich zu diesem Vorgehen veranlaßt, weil Müller folgende Aeußerung getan habe: „Es wäre ihm eher glaubhaft gewesen, daß im Reichstag -der Brand durch Kurzschluß entstanden wäre. So aber sei er der Ansicht, daß die Nationalsozialisten sich den holländischen Zimmerer haben kommen lassen, um den Reichstag in Brand stecken zu lassen."
In Witten (Ruhr) wurde durch Stahlhelmhilfspoiizei ein kommunistischer Kurier in dem Augenblick verhaftet, als er mit wichtigen Nachrichten zu seinen Auftraggebern nach Essen fahren wollte. Das Material ist zum größten Teil in Geheimschrift abgesaßt. Der Verhaftete war im Besitz gefälschter Ausweise einer SS-Formation und hatte eine vollständige SS-Unfform.
In Bayern sind am 13. März 17 Vo>-stäride von Bezirksämtern beurlaubt worden. Sämtliche sozialdemokratischen Druckschriften wurden bis 21. März verboten.
InMünchen wurden der Hauptschristleiter der „Münchener Neuesten Nachrichten", Fritz Büchner, und der Leiter des innerpolitischen Teiles des Blattes. Dr. Freiherr Erwin von Aretin, in Schutzhast genommen.
In der Nacht zum Sonntag sind in Annab erg im sächsischen Erzgebirge 145 Kommunisten festgenommen worden, von denen sechs in Hast behalten wurden. Im Zuio: -- meichang mit diesen Verhaftungen sind drei Stangen Nobn- rit und zwei Pfund Dynamit beschlagnahmt worden. Wie verlautet, sollen die Kommunisten Anschläge aufwichtige Betriebe und Jndustriegebäude geplant haben-
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Der Landtag bleibt
Stuttgart, 14. März.
Die Entscheidung über die Gestaltung der württembergi- schen Regierung ist getroffen, und zwar in einer Weise, die im Land zweifellos große Befriedigung Hervorrufen und mancherlei Befürchtung zerstreuen wird. Wenn der Landtag am Mittwoch nachmittag Zusammentritt, um den Staatspräsidenten und den Landkagspräsidenten zu wählen, wie das ursprünglich schon am letzten Samstag geschehen sollte, so bedeutet dies, daß die nach München zu den Verhandlungen mit Reichskanzler Adolf Hitler entsandten Vertreter der Nat.-Soz. Partei einen anerkennenswerten Erfolg erzielt haben, indem der Boden der Verfassung nicht verlassen und die Regierungsbildung nicht durch Diktat, sondern aus legalem Weg vorgenommen wird. Der Reichskommissar bleibt also Württemberg erspart und dem Landtag sein Recht erhalten. Seiner Ausschaltung hätte man bei aller Anerkennung der Tatsache, daß ungewöhnliche Verhältnisse auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordern können, doch in weiten Kreisen der Bevölkerung wenig Verständnis entgegengebracht. Die Ausschaltung des Landtags wäre einer empfindlichen Einschränkung der Volksrechte gleichaekom- men, und in Württemberg ist der Kampf um die Volkr- rechte so alt wie das politische Leben seiner Bürger. Daß sonach der Weg beschritten wird, der von vornhere n auf Grund der zwischen den Rechtsparteien, aber auch mit dem Zentrum getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden sollte, kann deshalb nur begrüßt werden.
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des NeiMlizeikk.-iffarr
Stuttgart, 14. März.
Auf Grund der 88 1 und 2 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Febr. 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 83) hat der Herr Polizeikommissar für das Land Württemberg folgendes angeordnet:
1. Das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" und di« „Eiserne Front" sowie sämtliche Vereinigungen, die für dis Belange dieser beiden Organisationen eintreten, werden mit sofortiger Wirkung aufgelöst und verboten. Das Vermögen dieser Vereinigungen ist beschlagnahmt und bis zum 18. März 1933 beim zuständigen Oberamt, in Stuttgart beim Polizeipräsidium abzuliefern.
2. Das Tragen von Uniformen sowie das Tragen und Führen pon Abzeichen jeder Art. die di« Zuaeböriakeit zu
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