Zur internationalen Lage.

Lloyd George über die Besetzungsfrage

anliitzlich der Friedensverhandlunge«.

London, 8. Febr. In einer Erk'ärung in demDaily Chronicle" stellt Lloyd Georg« in Abrede, demNewyork World" die angebliche Unterredung gegeben zu haben. Es sei lache, ch, das von Wilson und Elemenceau während seine- sichert von Paris geschlossene Abkommen über die - l tärische Besetzung des Rheinlands und über die amerikanischen Garantien für die Sicherheit der französi­schen Grenze gegen deutsche Angriffe als Geheimabkommen darzustellen. Wilson habe vollkommen loyal gehandelt. Lloyd George erklärt, daß er. bevor er irgend etwas von der angeblichen Unterredung gehört habe, dem Auswär­tigen Amt mitgeteilt habe, daß er in der Veröffentlichung der Schriftstücke über die Pariser Konferenz nichts Nach­teiliges sehe.

Macdonald entschuldigt sich Sei Poincarö.

London. 7. Febr. Die Havasagentur meldet, datz Mac­donald heute einen Brief an PoincarL geschrieben habe, in dem er sein Bedauern über den durch Lloyd George her- vorger.is men Zwischenfall, für den er nicht verantwortlich sei, ausdrückt.

Die deutschen Brennftoffliefernnge« nach Frankreich im Januar.

Esse«, 7. Febr. Die Lieferungen deutscher Brennstoff« nach Frankreich und Luxemburg beliefen sich nach der Deutschen Bergwerkszeitung" auf folgende Mengen: Koh. len 102 400, Koks 115 800, Braunkohlenbriketts 31 500, zusammen 249 800 Tonnen Brennstoffe in der zweiten Dekade des Januar, während in der ersten Dekade 209 100 Tonnen geliefert worden sind.

Die deutsche Eold«otenbank soll i«s Ausland verlegt werde«.

Berlin, 7. Febr. Wie dieB. Z." meldet, ist Mac Kenna heute Vormittag nach London abgereist. Er hinter- lätzt bei zahlreichen Vertretern der Regierung und der Bankwelt, die er im Laufe der Enquete seines Komitees gesprochen hat. den Eindruck, das er ein außerordentlich weitgehendes Verständnis für di« Schwierigkeiten der deutschen Verhältnisse besitzt. Die übrigen Mitglieder sei­nes Ausschusses werden voraussichtlich morgen abreisen. Was das von dem Komitee Dawes entworfene Projekt an­belange, so wolle es den Sitz der künftigen deutschen Eold- notenbank ins neutrale Ausland verlegt wissen, z. B. nach dem Haag oder in die Schweiz, und die Anlehnung an die Reichsbank vermieden sehen. In allen übrigen Hauprpunk- ten, z. B. der Frage der Kapitalbeschaffung, der Verzin­sung und der Reichsbeteilignng, scheine auf beiden Seiten ziemlich weitgehende Uebereinstimmung zu bestehen.

Sozialistisch« Demonstrationen vor der sranz. Kammer.

Paris, 7. Febr. Der Allgemeine Arbeiterverband und der Verband der Gewerkschaften den Sein« hatten ihre Anhänger aufgefordert, heute Abend vor der Kamnrer zu einer Kundgebung gegen die Teuerung, gegen die 7 Mil­liarden Steuern und gegen die Ermächtigungsgesetze zu erscheinen. Die Polizei hatte umfangreiche Sicherheitsmaß­nahmen getroffen. Demonstrantengruppen, die sich nach und nach einfanden, wurden rasch zerstreut. Zwischenfälle ereigneten sich nicht. Einige Personen, die sich gewe'gcrt hatten, weiterzugehen, wurden verhaftet. Um 7.30 Uhr wurde der Sicherheitsdienst zurückgezogen.

,°> Das Auge des Buddha.

Roman von Friedrich Jacobien.

Judica stand am Fenster und sah zwischen den Felsen, die - über der Baracke lagerten, eine weihe Rauchwolke hervor­quellen: sie hörte auch den Knall und schrie unwillkürlich auf dann atmete sie tief und prehte die Hand an das Herz.

Luis Sanchez war nicht getroffen.

Ob die Kugel ihm überhaupt gegolten hatte, blieb ungewiß: jedenfalls stutzte er nur einen Augenblick, sah sich nach allen Seiten um, schüttelte den Kopf und setzte dann ebenso gelassen wie vorhin seinen Weg fort. Er verschwand im Eingang der Baracke, schlag die Tür hinter sich, und der Platz lag ebenso ein­sam und verlassen da, wie er es vor wenigen Sekunden ge­wesen war.

Dennoch mußte etwas geschehen sein, was die Sachlage voll­ständig veränderte.

Judica zweifelte keine Sekunde daran, daß jener Schuß von Hannibal herrührte: sie wußte ebenso genau, daß der Neger nur eine einzige Kugel im Rohr hatte, denn di« Patronentasche hing an der Wand und seine Büchse war einläufig; er war daher augenblicklich waffenlos seinen beiden Gegnern ausge- liesert und hatte nur die Wahl, entweder in das Blockhaus zu- rückzukehrcn oder die Flucht zu ergreifen.

Das erste war sicherer Tod, denn man konnte ihn von der Baracke aus einfach niederschiehen; an eine Flucht glaubte Ju­dica nicht, man hätte ebenso gut einer Bulldogge zumuten kön­nen, den angegriffenen Herrn in Stich zn lassen. Uebrigens lag

Der nanevifch-russtsHe Vertrag «nterzetchuet.

Rom, 8. Febr. Der italienisch-russische Vertrag ist ge­stern Abend unterzeichnet worden. Die italienische Regie- rung schritt zugleich zur Ernennung eines Botschafters in Moskau. Infolgedessen sind die politischen Beziehungen zwischen beiden Nationen vom gestrigen Tag« an endgültig hergestellt und geregelt.

Deutschland.

Widerstand im Reichstag gegen die 3. Steuernotveroronung

Berli«, 7. Febr. Zn den heutigen Beratungen der Reichsratsausschiisse über die dritte Steuernotverordnung nahm den Blättern zufolge di« Regelung des Steuer- ertrages zwischen dem Reiche, den Ländern und den Ge­meinden den breitesten Raum ein und rief lebhafte Mei­nungsverschiedenheiten hervor. Es wurden zahlreiche Ab­änderungsanträge eingereicht. Wie die Blätter weiter hören, haben sich auch bei dev Parteien des Reichstags die Widerstände gegen den Entwurf der dritten Steuernotoer­ordnung vergrößert. Außer den Sozialdemokraten und den Demokraten sollen jetzt auch die Deutschnationalen und die Kommunisten entschlossen sein, die Verordnung spätestens nach dem Wiederzusammentritt des Reichstags zu Fall zu bringen.

Ein Antrag auf Volksbegehren des Bundes Deutscher Mietervereine.

Berlin, 6. Febr. Der Bund deutscher Mietervereine hat einen Antrag auf Volksbegehren für drei Gesetzentwürfe beim Reichsminister des Innern eingereicht. Die drei Ge­setzentwürfe behandeln die Regelung der Wohn- und Bodenwirtschaft unter dem Kennwort:Gegen die Eold- mieten für den Wohnungsneubau und kein« Auf- Wertung."

Sturmflut in Hamburg.

Hamburg, 6. Febr. Infolge eines heftigen Nordwest, sturmes, der gestern Nachmittag einsetzte und am späten Abend eine Stärke bis über 25 Sekundenmeter erreichte, trat in der vergangenen Nacht Sturmflut ein. Die Lan­dungsanlagen bei Neumühlen wurden von dem Wasser überflutet, sodaß die Dampfer nicht mehr anlegen kann, ten. Am St. Paulifischmarkt und in den Vorsätzen drang das Wasser über di« Ufermauern und überflutete die Straßenbahnschienen. In den Vorsätzen stand das Wasser fast bis an dem Viadukt der Hochbahn. Die Kellervewohncr hatten unter den eindringenden Wassern schwer zu leiden. Durch die Ebbe floß das Wasser nach der unteren Elbe ab.

Hamburg, 7. Febr. Nach etwa siebenwöchigcr Dauer kann der Eisgang auf der Unterelbe nunmehr als beendet betrachtet werden. In Hamburg war der Stromlauf der Elbe heute fast eisfrei. Dagegen haben sich bei der letzten Sturmflut die Eismassen in verschiedene Hamburger Höfen hineingeschoben, sodaß die Schiffe dort noch Schwierigkeiten finden.

Aus Stadt und Land.

Cal«, den 8. Februar 1924.

Ein Antrag des Bauernbunds um Abgabe von Laubstreu.

Die Abgg. Körner u. Gen. haben im Landtag den Antrag eingebracht, das Staatsministerium zu ersuchen, für eine weitere und freigebige Abgabe von Laubstreu Vorsorge zu treffen, da es gegenwärtig vielen kleinen Landwirten nicht mehr möglich ist, Ersatzmittel für das fehlende Sreumaterial beschaffen zu können.

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Hlrsa«. 8. Febr. Auf ein selten schöne» Fest darf di« Ge. meinde Hirsau zurückblicken. Nachdem am 24. Januar die längst bestellten, aber von den Franzosen zurückgehaltenen Kirchen- glocken von Bochum eingetroffen waren, wurden sie am Frei­tag von dem Kirchengemeinderat. dem Gemeinderat und den Schulkindern unter großer Beteiligung der übrigen Einwohner, schaft auf tannenbekränztem Wagen zum Glockenrurm geführt. Die Schüler hatten auf dem Bahnhof und am Glockenturm ein Lied gesungen und erhielten zu ihrer großen Freude eine Fest­bretzel. Abends um 7 Uhr versammelte sich die ganze Gemeinde abermals an dem efeuübersponnenen Glockenturm, wo die eigent- liche Begrüßung der Ankömmlinge stattfand. Eg wurden An- sprachen gehalten von den Herren Pfarrer Baßler Schultheiß Maulbetsch und Kirchenpfleger Koch' Die Feier war umrahmt von Chören des Liederkranzcs und des Singchors, die Begleitung zu den gemeinsam gesungenen Lie­dern hatte der Posaunenchor Ottenbronn übernommen Am vergangenen Sonntag, den 3. Februar, fand in der Kirche die feierliche Einweihung statt. Ein Orgelooripiel und der Vor­trag des gewaltigen Kreuzerschen Chores:Das ist der Tag des Herrn" durch den Liederkranz leitete di« Feier ein. Nach einem kurzen liturgischen Gottesdienst und einem Weihegebet öffneten sich die Kirchentüren, und dann klang erst die klein«, dann die mittlere Glocke herüber, denen sich zuletzt zu mächtigem, har­monischem Dretklang die große zugesellte. Ueberaus stimmungs­voll schwebten die Klänge durch unser Kirchlein, und manche Träne stahl sich bei dem solange schmerzlich vermißten Geläut« und bei dem Gedanken an so schwer durchlebte Zeiten und an so manches liebe Heimgegangene über die Wangen Und plötzlich drang durch das Geläute der mächtige Chor von Beethoven: Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", vorgetragen von dem Singchor. Darauf hiell der Ortsgeistliche, Herr Pfarrer Baßler, die tief empfundene Festpredigt, anknüpfend an die Worte, die als Inschrift an unfern Glocken stehen:Seid früh- lich in Hoffnung, geduldig in Trüb'al. Haltet an am Gebet." Er gab der Freude darüber Ausdruck, daß wir nun wieder im Besitz eines vollen Geläutes seien, knüpfte daran die ernst« Mahnung, daß die Eemeindeglieder dem Ruf der Glocken fleißig Folge leisten möchten, und daß wir, eingedenk der Inschriften, aus dieser Zeit der Trübsal hoffend hinüberschauen möchten in eine lichtere, bessere Zukunft. Nun ergriff Herr Delan Zel­ler das Wort und richtete ergreifende Worte an die Gemeinde. Zunächst überbrachte er die herzlichsten Glückwünsche der Ober­kirchenbehörde. Sodann wies er darauf hin, wie schon in grauer Vorzeit von Hirsau aus der Klang eines Elöckleins durch das stille Tal hinauf zu den dunklen Höhen des Schwarzwaldes ge- schallt habe; wie von den Kirchen genossen aufs neue wieder große Opfer verlangt werden, die aber gering seien im Vergleich zu denen, die die gebracht hätten, deren Namen im Kirchen­fenster eingegraben seien; wie die Glocke in ihrem Werdegang aus der Tiefe zur Höhe so recht ein Bild des menschlichen Lebens und des Ringens des menschlichen Geistes sei. Er schloß mit dem Wunsche, di« neuen Glocken möchten uns recht gesegnete Festtage im Lauf des Jahres einläuten, sie möchten uns aber auch Trost zurufen aus der Höhe, wenn wir einen müden Wan­derer auf seinem letzten Wege begleiten. Möchten uns die Hir- sauer Glocken bald den endgültigen Frieden für unser so schwer darniederliegendes Volk einläuten dürfen! Auch an Vieser Stell« gebührt noch herzlicher Dank dem Liederkranz und dem Singchor, die durch ihre erhebenden Vorträge die Feier verschönt haben. Unter ihrem tüchtigen Leiter, Oberlehrer Bader, entwickeln sich die beiden Chöre zur Freude der Be­völkerung, die ihren Darbietungen stets großes Intresse ent­gegenbringt.

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die eigentliche Gefahr nur in der Person des Russen. Sanchez hatte zwar bewiesen, daß er bereit war, einen Nebenbuhler den Bestien zu überliefern, aber Judica brauchte ihn nicht mehr zu fürchten, und vielleicht erstand ihr sogar in dem früheren Ver­ehrer ein Schutz gegen Iwan, der sich lediglich von Habsucht leiten ließ. Es hatte zwar einstmals eine Stunde gegeben, wo dieser Halbbarbar in slawischer Unterwürfigkeit den Fuß der Herrin küßte, aber Judica fühlte, daß heute seine Faust ihr ebenso bereitwillig den Edelstein von der Brust reißen würde.

Und vielleicht das Herz aus der Brust dazu.

Während sie noch überlegte und unwillkürlich das Gewehr ihres Gatten in die Hand nahm, trat ein neues Ereignis ein.

Aus dem Gebüsch des Waldes löste sich die Gestalt einer jungen Frau und schritt auf das Haus zu; Judica erkannte so­fort Lottchens Gesicht, denn Ulrich hatte ihr damals im Mün­chener Ratskeller ein Bild seiner Braut gezeigt, und die Züge des jungen Mädchens waren unauslöschlich in ihrer Erinnerung haften geblieben.

Bei der geringen Entfernung zwischen der Farm und dem Blockhaus konnte ein nachbarlicher Besuch nicht auffallen, aber die Zeit war so ungünstig wie möglich gewählt, und obwohl Judica die Nähe eines Menschen herbeiwünschte, so überwo« doch bei ihr das Gefühl der Verantwortung und der Sorge.

Sie trat an das Fenster uns machte eine heftig« abwehrende Bewegung die andere sah es auch und zögerte einige Sekun­den; dann ging sie entschlossen vorwärts, erreichte das Haus und stand plötzlich der gegenüber, die sie als Feindin und Stö­renfried ihres eigene» Glück» betrachtet«.

Und sie begann sofort ohne Gruß' mit einer Frage.

Kennen Sie mich, Frau Perry?"

Ich kenne Sie," sagte Judica hastig,warum haben Sie sich nicht warnen lassen, nun ist es zu spät!"

Die junge Frau schüttelte den Kopf.

Ich sah Ihre Handbewegung, und ich begreife sie. Aber einmal müssen wir miteinander reden, besser heute als morgen. Sind wir allein? "

Ja," entgegnete Judica tonlos,mein Mann ist nach Sichern, um Hilfe zu holen."

Die junge Frau beachtete nicht diese rätselhaften Worte, son­dern sie blickte starr vor sich hin und faltete die Hände:

Frau Perry, ich habe eine einzige Bitte an Sie zu richten dann will ich wieder gehen und niemals Ihren Weg kreu­zen. Mein Mann"

Das Wort erstarb ihr auf den Lippen, denn Judica, die mit dem Gesicht nach dem Fenster stand und anscheinend gar nicht zuhörte, stieß einen Schrei des Entsetzens aus:

Mein Himmel, so sehen Sie doch! Wie grauenhaft I

Als Judica ganz plötzlich und unerwartet Lei ihrem Gatten eintraf, war in Hannibals Hirn irgend etwas in Unordnung geraten. Bis zu dem Eintritt dieses Ereignisses halte er sich alles ganz hübsch und logisch zurechtgelegt: da drüben in der Baracke befanden sich zwei Gegner, die es auf einen Ueberfall abgesehen hatten, und in dem Blockhaus saßen zwei Männer, di< auf diesen Ueberfall gerüstet waren.

Gut all right.

tFortsetzuna folgt.)