MmtsbloskunS Mn^eigevfünWrlöbsö ' »Z n - Sas^dbone Gn^fsL
Erscheint tiiglich, ausgenommen Ssnn- und Feiertags. Bezugspreis monstkH 1.30 RM. frei innerdeutschen Verkehr monatlich 1.66 RM. Einzelnummer 10 Pf.
Girokonto Nr. 50 bei
WNdbad. Bankkonio: Lnztakbank Hckberle L Eo., Wildbad; Pforzheimer Dewerbebank Filiale
Druck, Verlag und S christlei King: Theodor Sack, Wlldbad i. Sch«., Wllhelmstratze »S, Telipho» 17». — Wohnung: Villa Hnbertus
Nummer 142 F-rnruf 47L
Dienstag, den 21. Juni IS 32
Fernruf 479 67. Jahrgang.
Anfang oder Ende?
Die Lausanner Tributkonferenz hat sich gleich nach ihrem Beginn eine erste Dause gegönnt. Daß ihre Tat, die Befreiung der Verhandlungen von dem Alpdruck unmittelbar bevorstehender Fälligkeitstermine, nicht ungünstig war, hat Deutschland, hat auch die deutsche Öffentlichkeit anerkannt. Umso größer sind die Befürchtungen, die man schon jetzt für den Fortgang der Arbeiten haben muß.
Der französische Ministerpräsident Herriot, der gleich am ersten Konferenztage wieder nach Paris zurückfuhr, hat es verstanden, in der kurzen Zeit seiner Anwesenheit in Lausanne einen Giftstoff zurückzulassen, der wohl auch nach Ansicht der Franzosen ausreicht, ein paar Konferenzen sterben zu lassen. Herriot hat es für gut befunden, ohne Einzelaufzählung die Gesamtheit der ja hinreichend bekannten politischen Forderungen Frankreichs vor die Lösung der Tribut- und der Wirtschaftsfragen zu stellen. Darüber hinaus hat Herriot auch noch einen ersten Vorstoß in die Einzelheiten der Tributfrage, wie Frankreich sie sieht, gemacht, indem er den Anspruch Frankreichs auf weitere Zahlungen in die Andeutung von der weiteren Belastungsfähigkeit der deutschen Eisenbahnen hineinlegte.
Es ist kein Wort darüber zu verlieren, daß die schönste technische Verhandlungsbasis, die Herr o. Papen durch dis zunächst einmal festgelegte Zahlungsstundung erreicht hat, gar nichts nützt, wenn die sachliche Verhandlungsgrundlags scheinbar immer noch völlig fehlt. Papen steht genau wie alle früheren deutschen Unterhändler in Genf und Lausanne vor der Tatsache, daß Frankreich eigensinnig daran festhält, mit eingebildeten Tributansprüchen politische Geschäfte machen zu wollen — oder, denn das ist eine geistige Einheit, vor der Abrüstung die Sicherheit zu schaffen, also den Teufel durch Beelzebub und durch niemand anders austreiben zu lassen. Jetzt fragt es sich, ob Papen und Neurath, ebenso wie frühere deutsche Unterhändler, vor diesem festen Willen Frankreichs, vor diesem Willen zum Unmöglichen, zusammenbrechen und, wie allzu viele seiner Vorgänger, in die geheimnisvolle Stille eines entlegenen Frühstücksortes geht, um dort undurchsichtige Manöver zur Klärung der politischen Atmosphäre zu machen, oder ob sie den Mut und das' Geschick aufbringen, Frankreich bei seinem Versuch, das Pferd am Schwänze aufzuzäumen, allein zu lassen und zui isolieren. ?
^ Wenn gleichzeitig mit den Tributverhandlungen öfter-! reichische Wirtschaftsverhandlungen stattfinden und wenn! hierbei die Franzosen nunmehr ganz offen erklären, sich stimmten einer internationalen Hilfsanleihe für Oesterreichs nur zu, wenn Oesterreich für deren Laufzeit auf jeden An-! schlußgedanken verzichtete, dann erfordert die Lage eine ab-^ solut klare, eindeutige Sprache. Hier gibt es kein Verhandeln mehr. Hier gibt es nur die Notwendigkeit, eine Situation zu schaffen, in der alle Welt und vor allem Oesterreich weiß, warum die Deutschen einen solchen Vorschlag ablehnen — selbst auf das Risiko hin, daß dann aus der Anleihe gar nichts wird. In diesem Fall, wie in vielen anderen, ist die Frage nach der für alle Welt verständlichen Klärung und Anprangerung des Schuldigen von unerhörter Wichtigkeit.
! Papen hat es verstanden, durch sein Auftreten in Genf z. B. die englische Presse, die noch vor 14 Tagen sich in einem munteren Fangspiel mit der deutschen Linkspresse falsche oder verfälschte Histörchen über den „unmöglichen" Reichskanzler zuwarf, dazu zu zwängen, ihn rückhaltlos anzuerkennen. Dieser Stimmungsumschwung ist wichtig, aber er bedeutet nicht alles. Wir haben zu viel günstige Urteils über sogenannte verständige deutsche Politiker in der Presse, des Auslandes gefunden, um noch in den Irrtum zu verfallen, diese günstigen Urteile für praktische Zugeständnisse zu halten. Herr v. Papen muß sich darüber klar sein, daß die sogenannte günstige Atmosphäre in gewissen Fällen ein verderbliches Gift ist. Besonders in den Allgenblicken, wo an sich schon die Gefahr besteht, daß eine mit schwierigen Problemen vollbeladene Konferenz auf die lange Bank ge- Aoben und sozusagen als Dauertagung erklärt wird. Diese m/sahr besteht für die Tributkonferenz in ganz besonderem Schon melden sich die französischen Pressestimmen, Uw-k Meinung Ausdruck geben, daß mit der ersten Ent- Ichlietzung über den Zahlungsaufschub ja eigentlich die Ar- !>t der Lausanner Konferenz erschöpft sei. Und es liegt ^ckhruch nahe an dieser französifchen Linie, wenn die deutsche Linkspresse nach ihrer anfänglichen Verwunderung ,/Papens zahme Rede" jetzt erklärt, der Zahlungsaufschub bedeute ja schon das Ende der Reparationen, das natürlich nur Herrn Brüning zu verdanken sei, weil Papen an Brünings Stelle die „letzten hundert Meter" zurückgelegt habe.
' Das Ende der Reparationen ist nicht erst mit der Aufschubsentschließung von Lausanne gekommen gewesen. Das Ende der Reparationen war im vorigen Sommer da, als auch der erfüllungsbereiteste Finanzminister keinen roten Heller zum Zwecke einer Tributzahlung mehr aus den deutschen Kassen hätte klauben können. Das war ja das ÄLl! des yerggllgegen Iahrzehpts -deutscher Ersüllungs-
Tagesspiegel
° Die Aktion des sogenannten Eckener-Solf-Ausschusses kann als gescheitert gelten. Der Zerfall der bürgerlichen Mitte wird bei der kommenden Reichslagswahl zur vollendeten Tatsache werden.
Der Skaatsgerichtshof für das Deutsche Reich hat heute im Verfassungsskreit der Deukschnationalen Fraktion kies preußischen Landtages gegen das Land die preußische Spar- notverordnung vom 12. September 1931 im ganzen für gültig, jedoch gewisse beamkenrechlliche Vorschriften für verfassungswidrig erklärt.
Die Parteien des saarländischen Landesrates wenden sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die französischen Bestrebungen, die Rückgliederung des Saargebletes durch Verquickung mit der Reparationsfrage zu erschweren.
Der Reichsdeutsche Becker hak das Memelgebiet verlassen und ist nach Deutschland gefahren.
Der vorgesehene Besuch des deutschen Linienschiffes „Schlesien" und zweier Torpedoboote ln Danzig hak infolge polnischer Schikanen zu einem Notenwechsel zwischen Polen und Danzig geführt.
Der Vorsitzende des Gemischten Ausschusses des Völkerbundes hat die französische, englische, italienische und deutsche Regierung um sofortige Stellungnahme zu dem von ihm rmsgearbeiketen Wan einer Finanzhilfe für Oesterreich aufgefordert.
Der russische Außenkommissar Litwinow ist am Montag in Genf eingetroffen.
Die Lage in Chile ist noch durchaus ungeklärt. Blättermeldungen zufolge ist eine Gegenrevolution ausgebrochen. Die Nachricht wird von der augenblicklichen Regierung dementiert.
Politik, die erst aus der hatten Unmöglichkeit weiierer Erfüllung die Korsettstangen ziehen wollte. Zunächst für Brüning und jetzt in erhöhtem Maße für Papen aber handelt es sich doch um das, was nun von geistigen, sittlichen, politischen und wirtschaftlichen Werten noch in den Bankerotte der Erfüllungspolttik und den Vankerotts des Systems hineingeworfen werden soll. Frühere Regierungen haben weit über die schärfsten Bestimmungen aller Tvibutdiktate hinaus nicht nur über die Ueberschüsse der deutschen Arbeit und Wirtschaft in die Tributkasse stießen lassen, sie haben auch die Groschen dahin gehen lassen, die wir heute für Arbeit und Brot brauchten.
Es handelt sich gar nicht mehr um die Tribute allein. Herr v. Papen hat es angedeutet, und er muß wissen, daß Deutschland von ihm noch mehr als diese Andeutung erwartet: Es geht auch um die Herabsetzung der privaten Schuldverpflichtungen, die ja als indirekte Tributleistung von Deutschland ausgenommen worden sind und die mit der Veränderung des Goldstandards und aller Mrtschafkswerte sinnlos wurden. Anfang oder Ende? Wir stehen ganz am Anfang, am Anfang der Liquidation des Erbes von Scheidemann bis Brüning.
Die Landtagswahlen
in Hessen
Die bürgerlichen Miitelparteien aufgerieben
Das vorläufige Gesamtergebnis der Wahlen zum hessischen Landtag lautet:
Deukschn. Volksparkei Nationalsoz. Partei Not. Einheitsliste Dr. Leuchkgens Hessische Demokraten Zentrum SPD.
Soz. Arbeiterpartei komm. Partei .
11 267 ( 10 853 ) 1 ( 1 ).
328 313 (291 183 ) 32 ( 27 ). 25175 ( 68 208 ) 2 ( 5 ).
2 079 ( — ) 0 ( 0 ).
4 925 ( 4 613 ) 0 ( 0 ).
108 603 (112 444 ) 10 ( 10 ). 172 545 (168 101 ) 17 ( 15 ). 11 697 ( 23108 ) 1 ( 2 ).
82 111 (106 790 ) 7 ( 10 ).
Bei einer Wahlbeteiligung von nur rund 77 Prozent gegenüber 82,4 Prozent bei der vorjährigen Landtagswahl und von 86,2 Prozent bezw. 84,7 Prozent bei den beiden Prästdentschaftswahlgängen hat d>e hessische Landtagswahl in erster Linie den Nationalsozialisten Erfolgs gebracht. Der Anteil ihrer Stimmen stieg von 37,1 Prozent bei der Landiagswcchl des Jahres 1931 auf 44,0 Prozent der gültigen Stimmen und ihre Mandatszahl von bisher 27 auf 32. Auch wenn man die Neichspräsidentenwahl zum Vergleich beranzieht, zeigt sich ein Anwachsen der nationalsozialistischen Stimmen von 314 039 (38,3 Proz.) im zweiten Wahl- gang auf nunmehr 328 313.
Günstig haben beim Mahlkampf auch die Sozialdemo- krstkn Mei'chLjMli. Ihr StimniMZUM M betrög t etwa
4400, und die Zahl ihrer AbgeordtieM erhöht sich infolge der feststehenden Mandakszahl und der geringeren Wahlbeteiligung von 15 auf 17. Anteilmäßig fielen ihnen diesmal 23,1 Proz. der Stimmen zu gegen 21,4 Proz. bei der letzten Landtagswahl, während sie bei der Reichstagswahl von 1930 noch 28,9 Proz. der Wähler hinter sich hatten. Die Kommunisten haben starke Einbuße erlitten, von bisher 13,6 Prozent und 10 Mandaten sind sie auf 11,9 Proz. und 7 Mandate zurückgegangen. Da die mit der SAP. zusammengehende KPO. bet gleichfalls starkem Stimmen- vertust sich ihr bisheriges Mandat erhalten konnte, so haben die Linksparteien insgesamt jetzt 1 Sitz weniger als bisher (25 gegen 26). Einen leichten Stimmenrückgang von 3800 hat das Zentrum erfahren, der aber nur ungefähr der geringeren Wahlbeteiligung entspricht: relativ hat seine Stärke noch etwas zugenommen (14,6 Proz. gegen 14,3 Prozent) und seine Mandatszahl bleibt mit 10 unverändert.
Die Deukschnationalen haben mit absolut und relativ rd. 1t 006 Stimmen oder 1,5 Proz. ihre Skimmenzahl und ihren bisherigen Sitz behauptet. Bei der Reichstagswahl 1930 erreichten sie mit 11900 Stimmen oder 1,6 Proz. eine nur wenig höhere Stimmenzahl. Die hessischen Demokraten haben, allerdings' auf niedriger Basis, ihren Besitzstand gut behalten (4925 oder 0,7 Proz. gegen 4613 oder 0,6 Prozent bisher).
Das politisch bedeutsamste Ergebnis der hessischen Land- tagswahi ebenso wie der beiden vorangeganaenen Landtagswahlen in Mecklenburg und Oldenburg ist aber der fortschreitende Zerfall der bürgerlichen Mikkelparteien. Obwohl sie sich diesmal alle sechs von der Staatspartei biZ Zum Landvolk zu einer Nationalen Einheitsliste zusammen- oeschlossen hatten, konnten sie von ihren bisherigen, beim letzten Wahlkampf noch getrennt errungenen 5 Mandaten nur 2 retten. Ihre Stimmenzahl ging von 187112 oder 25,1 Proz. im 3ahre 1930 auf 68 208 oder 8,7 Proz. im Jahre 1931. auf jetzt 25 175 oder 3,4 Proz. der gültigen Stimmen zurück. - -
Radau am Sonntag
Kommunisten überfallen Nationalsozialisten
Die Zusammenstöße zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten, die am Scunsta-a nachmittag etnsetzten, als sich SA.-Lerne in Uniform auf der Straße sehen ließen, dauerten gestern den ganzen Tag über an. Die Angriffe gingen m der Hauptsache von den Kommunisten aus. In Barmen wurde bei einem Zusammenstoß ein Kommunist durch einen Messerstich verletzt. An einer anderen Stelle wurden zwei Nationalsozialisten überfallen und durch Schüsse eines Kommunisten schwer verletzt. Der Täter wurde erkannt, konnte aber entkommen. Im Stadtteil Barmen erhielt ein unbeteiligter Mann einen Halsschuß.
Gegen 12 Uhr wurden von unbekannten Tätem die Fenster der nationalsozialistischen Buchhandlung in Barmen eingeworfen. Am frühen Morgen nahm die Polizei in Barmen zwei Nationalsozialisten fest, als sie Passanten nach Waffen untersuchten.
Auch in Elberfeld kam es ln den Abendstunden und heute früh zu Zusammenstößen. Etwa 10 Personen wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Bei Reibereien wurden zwei. Polizeibeamte leicht verletzt. Am späten'Abend schlügen unbekannte Täter das Fenster eines nationalsozialistischen Notars ein und gaben einige scharfe Schüsse durch dis Tür ckb, die jedoch niemand verletzten.
i Au den Ausannnenstoßen in Köln gibt di« Polizei folgenden Bericht heraus: In den Morgenstunden des Sonntags bewegten sich auf ber Ringstraße ausfallend viel Angehörige der NSDAP, und des Stahlhelms in Uniform, dis wiederholt versuchten, sich zu kleineren verbotenen Kundgebungen zusammenzuschlietzen. Die gegen sie einschreitenden Polizeibeamten wurden wiederholt mit „Bluthunde", „Se. veringsknechts" usw. beschimpft. Wiederholt wurden die Beamten auch tätlich angegriffen und mit Steinen, sowie anderen Gegenständen beworfen. In der Abwehr dieser Angriffe mußten die Polizeibeamten wiederholt auch von der Schußwaffe Gebrauch machen.
Zu ernsteren Zusammenstößen kam es vor dem Parteihaus der NSDAP, in der Mittelstraße, wo aus die Polizeibeamten geschossen und aus dem Haus heraus mit Stühlens Bänken, Büro - Einrichtungs - Gegenständen usw. geworfen wurde. Auch hier mußte von dem Gummiknüppel und der Schußwaffe Gebrauch gemacht werden. Soweit bisher feftstcht, wurden durch die Schüsse der Polizeibeamten mehrere Personen verletzt. Auch einige Beamte erlitten durch die Nationalsozialisten mehr oder weniger schwere Verletzungen. In den Nachmittagsstunden mußten wiederholt Nationalsozialisten in Uniform vor kommunistischen Angriffen geschützt werden. ^
Ein kommunistischer Stoßtrupp feuerte in der vergangenen Nacht auf ein Lokal in Berlin-Treptow, in dem sich Nationalsozialisten zu einer Feier versammelt hatten,' 12—IS Schüsse ab, durch die vier Nationalsozialisten verletzt wurden. Der Polizei gelang es, zehn Personen kMuMdmen. vgn deyen eine Im - HM