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Nummer 1V3
Fernruf 4M
Mittwoch, den 4. Mai 1832
Fernruf 479
67. Jahrgang.
Segnender Christus
Lin Himmelfahrksbild
Während andere Weltanschauungen und Religionen manchmal mühsam nach Symbolen suchen müssen, die ihren Angehörigen weltanschauliche Ziele und Gaben versinnbildlichen, ist das Christentum dieser Mühe von seinen Urformen an enthoben gewesen. Das hat seinen Grund lediglich in der lebenswahren und menschenverständüchen Gestalt des Christus gewordenen Menschen- und Gottessohns Jesus, der von seinen Zeitgenossen an schlechthin alle Menschen, die mit ihm zu tun bekamen, zu einem geistigen Aufschauen gezwungen hat, dessen Eindruck so gewaltig war, daß bereits in den Zeiten des Urchristentums der Drang nach bildlicher Darstellung des geistig Erlebten sich erfolgreich betätigte.
Aus der Fülle der Bilder, die heute dem Blick des geschichtlich interessierten Christen offenliegen, ragt das des gekreuzigten .Heilands über alle anderen hinaus und ist ein Unterpfand für die Tatsache, daß der göttliche Erlösungs- gedanke dem menschlichen Sehnen in seiner Tiefe gerecht wurde und bei den Besten aller Zeiten danckbar Annahme fand. Aber weder Gott noch die Menschheit sind bei diesem Gedanken, seiner Verwirkichnng und symbolischen Darstellung stehengeblieben, sondern haben vom Kreuz und Kreuzestod den Weg in ein Gebiet angetreten, in dem menschliche Vernunft und natürliche Gesetze keine brauchbaren Weiser sind. Als erste Meilensteine auf diesem Weg standen für die junge Christenheit der ersten nachchristlichen Jahrhunderte die Totenauserstehung und Himmelfahrt Christi, Ereignisse, an denen die Vernunft erlosch, der Glaube aber entflammte. Und dieser erwies seine Ueberlegenheit über jene in dem klassischen neutestamentlichen Zeugnis von der Himmelfahrt Wristi: „Er führte sie hinaus und segnete ste. Und es ge- Mch, da er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr gen Himmel." In der Stunde aber, in der dies Zeugnis in Worte gefaßt wurde, entbrannte der Kampf zwischen Glauben und Wissen, der heute noch tobt und über dem auch heute noch der segnende Christus steht.
Cs verdient Beachtung, daß das Bild des segnenden Christus mehr weltferne, erbauliche Züge aufweist, während das des Gekreuzigten die innerweltliche Tat Gottes kennzeichnet, und den Menschen über die fromme Erbauung hinaus gleichfalls zur Tat treibt. Deswegen stand auch das tatbereite Urchristentum vorwiegend unter dem Zeichen des Kreuzes und erst spätere Geschlechter, die zu todbereiter Tat nicht mehr Gelegenheit hatten, ergänzten das Symbol des sterbenden Christus durch das des segnenden oder ersetzten es sogar dadurch. So schön und erhaben die Züge des segnenden Christus sind, und so eindringlich gerade der die auferstehende Gottesnatur pflegende Mensch den Segen seines Herrn und Meisters für seine Arbeit begehrt, und am Tage der Himmelfahrt Christi besonders dafür empfänglich' ist, so not- wendig ist es, sich darüber Klarheit zu verschaffen, daß nur der berechtigt ist, sich vom himmlischen Christus segnen zu lassen, der des irdischen Christus Leid- und Todesweg in seiner tiefsten Bedeutung für sich selbst seelisch erfaßt hat. An dieser Klarheit jedoch mangelt es dein Geschlecht unserer Tage, und deswegen vermag ihm der segnende Christus nicht viel mehr zu sein als das bewundernswürdige Werk eines frommen Künstlers, das man im Strudel des Lebens nur zu leicht vergißt, während der Sinn dieses Christus nur von seiner Himmelfahrt her zu begreifen ist. Sie allein ist der Menschheit das Unterpfand für die Erhebung Jesu in den Stand göttlicher Vollkommenheit, durch die der Vater dem Sohn die Macht und das Recht gab, zu segnen oder zu verdammen.
Derartige Dokumente Gottes haben nicht den Zweck, der Stunde flüchtiger Erbauung zu dienen, sondern wollen ein ganzes Menschenleben hindurch, Jahr um Jahr, in ernster Arbeit durchdacht und, je länger je tiefer, verstanden werden. Der Mensch der Gegenwart jedoch geht den umgekehrten Weg und beansprucht objektive Segensfolgen auch da, wo «r die notwendige subjektive geistige Mitarbeit und willige Gefolgschaft dem Segenspender verweigert, hier eine Aen- berung herbeizuführen, ist die dringendste Arbeit der modernen Bekenner des Christentums, wenn sie ihr Bekenntnis nicht ödester Verflachung und seine Symbole offenem hohn preisgeben wollen.
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Wenn sich in unseren Tagen so manche Bubenhand an den.Bildern des leidenden, sterbenden, siegenden und segnenden Christus vergreift, so liegt das schuldhafte Verhalten nicht ausschließlich auf seiten der Gottesschänder. Mitschuldig ist vielmehr das große Heer der Namenschristen, denen es sowohl zum Bekennen wie zum Verleugnen Jesu Christi an geistiger Schwungkraft und Entschlossenheit fehlt. Daß diese Zahl der Gleichgültigen gerade den größten Anreiz zur Verächtlichmachung einer Gestalt, wie es die des seit seiner Himmelsfahrt erhöhten Christus ist, bieten, bedenken die Menschen am allerwenigsten, die für das beständige Anwachsen dieser Zahl in erster Linie verantwortlich sind. Sie aus ihrer Lauheit aufzurütteln, ist eine Aufgabe, die uns neuerlich gerade durch den Kampf um die Symbole des Christentums gestellt wird. Eins seiner gemütvollsten, das W ILbriltllI. hMpf dringend Me- He-
Ivsspiegel
Das Luftschiff «Graf Zeppelin" hat um Mitternacht auf Mittwoch die Kapverdischen Inseln überflogen. Das Schiff hak gute Fahrt. An Bord ist alles wohl.
In einer Besprechung der Geschäftsführer der Fraktionen des preußischen Landtags wurde die Verteilung der Slrbeiksräume und der Plätze im Sitzungssaal besprochen und von der Mehrheit den Nationalsozialisten auf ihre Forderung der Platz aus der äußersten Rechten eingcräumt. so daß die Deukschnationalen, die bisher auf der äußersten Rechten faßen, nunmehr fast in die Mitte kämen. Der Vertreter der Deukschnationalen erhob gegen diese Verkeilung Einspruch.
Die Stadt Essen hak aus Mangel an Kassenmitteln die Arbeitslosensürsorge bis auf weiteres eingestellt.
Im Luftfahrkausschuß der Abrüstungskonferenz begründete Ministerialdirektor Brandenburg den deutschen Antrag auf Abschaffung der gesamten Militärluftfahrt. Der Amerikaner Senator Swanson behauptete, im Weltkrieg hätten sich die Flugzeuge als die beste Abwehrwaffe gegen Tauchboote erwiesen, was Führ. v. Rheiubabcn durch den Nachweis widerlegte, daß den deutschen Tauchbooten durch Flugzeuge nur geringer Schaden zugefügt worden sei.
Aus Paris wird gemeldet, Tardieu beabsichtige, am 12 Mai nach Genf zu reisen.
Für die französischen Stichwahlen am 8. Mai haben die Radikalen und die Sozialisten in vielen Wahlbezirken Wahlbündnisse durch Verzicht auf die eigene Kandidatur abgeschlossen.
Auf dem Jahresbankett der Londoner Handelskammer forderte der britische Handelsminister Runciman, die Natio nen sollten „sofort die schlechte Politik der letzten 12 Jahre verlassen und alle Kriegsschulden und Tribute streichen".
Nach einer Meldung der japanischen Telrgraphenagen- kur Nengo aus Chardin sollen Mitglieder einer russischen Jugendorganisation kommunistischer Richtung versucht haben, die Kathedrale von Chardin in die Luft zu sprengen. Der Anschlag wurde jedoch so rechtzeitig entdeckt, daß er verhindert werden konnte.
Wie die französische Agentur Indo Pacisique aus Schanghai berichtet, soll die Maffenstillsiandskonferenz verschoben worden sein, da die japanische Abordnung auf Weisungen ihrer Regierung über den Bergleichsvorschlag wegen der südlich des Sukschau-Flusses liegenden chinesischen Trnppen warte.
genwartsverstandnisses, das sich zu den gleichen höhen erhebt, in denen der Geist der ersten christlichen Zeugen atmetet. Dahin zu wirken, ist modernes himmelfahrtswerk.
HWziNMe siir Spareinlagen
Beschlüsse des Zenlralen Kreditausschusses
Der Zentrale Kreditausschuß Hai in seiner Sitzung vom 3. Mai in Berlin Beschlüsse über eine Aenderung des am 9. Januar 1932 beschlossenen Abkommens über die Festsetzung von Höchstzinssätzen für hereingenommene Gelder gefaßt.
„Normale Spareinlagen" sind Einlagen auf Konten, die unter Ausfertigung eines Sparbuchs angelegt werden, der Geldanlage, aber nicht dem Zweck des Zahlungsverkehrs dienen und über die deshalb nur unter Vorlage des Sparbuchs verfügt werden darf. Die Zinssätze wurden wie folgt festgesetzt:
für normale Spareinlagen höchstens 4 v. h.
für täglich fällige Gelder in provisionsfreier Rechnung höchstens 2 v. h.
in prooisionspf wichtiger Rechnung
höchstens „ . ^ 2^v.h.
für Kündigungsgelder, sofern die Kündigungsfrist oder feste Laufzeit mindestens 1 Monat und weniger als 3 Monate beträgt, höchstens 4X v. H. sofern die Kündigungsfrist oder feste Laufzeit mindestens 3 Monate und weniger als 6 Monate beträgt, höchstens 4)4 v. h.
sofern die Kündigungsfrist oder feste Laufzeit mindestens 6 Monate und höchstens 364 Tage beträgt, höchstens 5 v. H.
für feste Gelder, sofern sie für einen Zeitraum von mindestens 31 und höchstens 61 Tagen hereingenommen sind, höchstens 5l v. h.
unter dem am Tag der hereinnahm« geltenden Reichsbankdiskontsatz oder höchstens 5t v. h. unter dem jeweiligen Reichsbankdiskontsatz, sofern sie für einen Zeitraum von mindestens 62 und höchstens 91 Tagen hereingenommen M. höchstens U».L,
unter dem am Tag der Hereinnahme gelten! ^
oder höchstens ^ v. h.
unter dem jeweiligen Reichsbankdiskontsatz, sofern sie für einen Zeitraum von mindestens 92 und höchstens 864 Tagen hereingenommen sind, höchstens den am Tag der hereinnahm» geltenden oder den jeweiligen Reichsbankdiskontsatz.
Diese Zinssätze treten am 3. Mai 1932 in Geltung.
Reue Nachrichten
Brüning beim Reichspräsidenten
Berlin. 3. Mai. Der Herr Reichspräsident empfing heut» den Reichskanzler Dr. Brüning zum Vortrag über die innerpolitische Lage und die gegenwärtigen Kabinettsberatungen.
Czermak beim Reichspräsidenten
Berlin, 3. Mai. Der Herr Reichspräsident empfing heut« den zur Zeit in Berlin weilenden österreichischen Bundesminister für Unterricht, Dr. Czermak, der von dem Berliner österreichischen Gesandten begleitet war.
Schmierigkeiten im Reichskabinett
Berlin. 3. Mai. In politischen Kreisen erwartet man neue Entwicklungen in der Reichsregierung. Es wird darauf hingewiesen, daß di« Schwierigkeiten wegen des über, eilten SA.-Verbots durch den Reichsinnenminister Grüner und dessen einseitige Stellungnahme für das Reichsbanner seine Stellung erschüttert haben, denn diese Schwierigkeiten bestehen nach wie vor und der Reichspräsident soll mit der Haltung Gröners keineswegs einverstanden sein. Zu einer Aenderung der politischen Verhältnisse können auch andere unvorhergesehene Zwischenfälle Anlaß geben. So soll sich der Reichswirffchastsminister Dr. Warmbold neuerdings sehr entschieden gegen das Experiment der „Arbeitsbeschaffung durch Notverordnung" des Reichsarbeitsministers Stegerwald gewandt haben. Diese Pläne seien undurchführbar. Diese Art „produktive Arbeitslosenhilfe" sei um einBielfaches teurer als die unterstützende, und wenn überhaupt etwas erreicht werden sollte, müßten dafür so ungeheure Sumnien aufgebracht werden, wie sie das deutsche Volk unter den gegebenen Verhältnissen niemals leisten könne. Schon die mit Steuerfreiheit usw. bevorzugte Reichs b ah nanleihe sei kaum zur hälft» bezahlt und viele ziehen ihre Zeichnungen zurück, weil sie die Einzahlungen nicht leisten können. Wie sollte es möglich sein, den dreifachen Betrag für eine Prämienanleihe zu beschaffen. In und außerhalb des Kabinetts, im Reich und in Preußen sei die politische Atmosphäre also mit nicht geringen Spannungen geladen. Unentschieden sei zunächst nur noch die Frage, von welcher Stelle aus der Anstoß zur Lösung ausgehen werde.
Rücktritt des Neichswirtschaftsminisiers
Berlin, 3. Mai. Wie verlautet, hat Reichswirtschasts- minister Pros. Dr. Warmbold sein Rücktritts - ge such eingereicht. Der Rücktritt ist auf scharfe Gegen- sätzlichkeit zu den Plänen des Reichsarbeitsministers, besonders gegen die 40-Stunden-Woche und die Prämienanleihe für Arbeitsbeschaffung, zurückzuführen. .An der heutigen Kabinettssitzung hat Warmbold nicht mehr teil- genommen.
Neuer deutscher Schritt in Litauen
Berlin» 3. Mai. Der deutsche Gesandte in Kownci hat gestern den litauischen Außenminister Zaunius noch einmal auf die Borgänge aufmerksam gemacht, die einen V «r> stoß gegen das Memelstatut beideuten und ab- gestcllt werden müssen. Bereits bei den Wahlen für den memelländischen Landtag im Jahr 1930 hat ein ähnliches Verhalten zu einer Beschwerde beim Völkerbund geführt. Zaunius hatte seinerzeit namens der litauischen Regierung eindeutige Zusicherungen für eine unbeeinflußte Abstimmung und Wahlpropaganda gegeben. Damals wurden die bereits rein großlitauisch zusammengesetzten Wahlkreiskonimissionen und Wahlvorstände entsprechend dem Stärkeverhättnis der Parteien umgebildet, so daß auch die deutschen Parteien auf Grund einer überwiegenden Mehrheit genügende Vertretung bekamen.
Im übrigen scheinen die verschiedenen Schritte Deutschlands wie auch die der Signatarmächte insofern einen gewissen Erfolg gehabt zu haben, als in den letzten Tagen keine Ausschreitungen gegen die Wahlpropaganda der Memeldeutschen vorgekommen sein sollen. Es wird aber berichtet, daß von unbekannter litauischer S'ste 50 000 gefälschte Stimmzettel der memelläuv.schen Volkspartei an die Wähler verschickt worden sind, um dadurch offenbar das Wahlergebnis im litauischen Sinn zu beein-, flussen. . " .