Nummer 196

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Fernruf 479

Montag den 24. August 1931

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Fernruf 479

66. Jahrgang.

Vas mutz geschehe«?

Uns sind sechs Monate Frist gesetzt, während deren wir zu beweisen haben, ob wir uns so weit selbst zu Helsen ver­mögen, daß es die Welt die Mühe wert findet, uns weiter zu helfen. Wie denkt man sich diese Selbsthilfe? In erster Lime durch Kürzung der Löhne und Gehälter?

Man sollte sich doch allmählich darüber klar werden, daß solche Einsparungen und Kürzungen eine Grenze haben. Diese Grenze wird da erreicht, wo jede weitere Einsparung und Kürzung sich auswirkt in einem weiteren Rückgang der Staatseinnahmen. Dagegen hilft dann keine Notverordnung mehr, sondern nur die Einsicht die aller­dings bedauerlich lange auf sich warten läßt, daß mit dem Rechenstift allein der inneren Krise nicht beizukommen ist. Es ist schon lange her, daß von regierender Stelle aus das große Wort gesprochen wurde: Die nächste Aufgabe der Staatspolitik müsse es sein, die Arbeitslosenin den Produktionsprozeß wieder einzufügen". Davon ist es still geworden in letzter Zeit, auffallend still. Hat die Regierung es-aufgegeben, hier etwas zu unternehmen, und will sie den Dingen ihren Lauf lassen? Dann werden wir uns heute schon daraus einrichten dürfen, nach Ablauf der sechs Monate ein neue s Diktat entgegenzunehmen oder unseren Bankrott zu erklären.

Auch wenn es unbequem ist, wird man sich so nach und nach mit der Anerkennung der Tatsache befreunden müssen, daß erzwungene Ersparnisse, die sich umgehend in eine Steigerung der Arbeitslosigkeit umsetzen, keine Reformen sind. Und Arbeitslosigkeit steigert sich auch dann, wenn sie in der günstigsten Jahreszeit nicht in nor­maler Weife zurückgeht! Gewiß haben wir überall auf­geblähte Verwaltungen, in der staatlichen so gut wie in der Privatwirtschaft. Aber wenn alles, was abgebaut wird, Wartegelder bezieht oder stempeln geht, das heißt so oder so aus dem allgemeinen Steuersäckel unterhalten werden muß was hat der Abbau dann für einen Sinn?

Ist es nicht Heller Wahnsinn, daß man um eines poli­tischen Dogmas willen im Sommer vier Millionen und im Winter vielleicht sieben Millionen Menschen zwingen will, lieber für eine Entlohnung unter Tarif nichts zu tun, als daß sie für eine Entlohnung unter Tarif arbeiten dürften? ks muß eine Verständigung erstrebt werden, aber nicht mit den alten und abgebrauchten Methoden des partei­politischen Kuhhandels, des Schachers um Ministersessel und um Fragen der Persvnalpolitik. Sie kann nur angebahnt werden dadurch, daß die Regierung kraft der Autorität, mit der sie regiert, die Reformen ins Werk setzt, ohne deren rechtzeitige Durchführung unser innenpolitisches Leben in immer gefährlicherer Weise erstarrt. Wer fatalistisch daran verzweifelt, daß das überhaupt möglich sei, sollte den Rund­funk ehestens dazu benutzen, das einmal offen und ehrlich stu bekennen. Die Zeit drängt nämlich! Wir müssen nach sechs Monaten mit einem Staatswillen auswarten können, der von einer einwandfreien Mehrheit der Volksgenossen getragen wird oder wir müssen vor aller Welt bekennen, daß wir unfähig sind, uns selbst zu regieren.

Sleueramneslie

Soviel man im Augenblick weiß, werden am 31. Augl Steuerpflichtige, die rechtswidrig Einkünfte und Vermöge in welcher Höhe auch immer, verschwiegen haben, amnestie fein, sofern sie den Finanzämtern die durch Notverordnui und Ausführungsbestimmungen vorgeschriebensn Angab rechtzeitig gemacht haben. Dies« Bestimmung des Gese gebers soll wohl das Eingeständnis des Steuersiskus b deuten, daß ganz wesentliche Einkünfte und Vermögen tr> und Buch- und Betriebsprüfungen nic ersaßt, sondern beiseitegeschasst und zu einem erheblich Tetb in das Ausland gebracht werden konnten. Man kar darüber streiten, ob man Kapital- und Steuerflucht wir samer durch Strafen mit vorausgeschickter Amnestie bekämp Ar indem man durch sparsamste Wirtschaftsführung d öffentlichen Hand die Veranlassung beseitigt, die das Kapit den unnatürlichen Weg von den Stellen des Mangels - die Stellen des Ueberflusses oder gar in die Schubfächer q trieben hat. Man kann jedoch nicht darüber streiten dl es ein Gebot der Billigkeit verletzt, wer Kapital- und Steuerflucht amnestiert werden, währei steuerpflichtige, bei denen aus nicht straffälligen Grllndl ^ceu- oder Nachveranlagungen erfolgen, die nachveranlaqtl fckwkr^. 3" fünf Jahren zurück in dieser äuße,

nachzahlen müssen und sich unerhörten Ve zahleri ^n gegenübersehen, wenn sie nicht pünktli

d?ß die größte Sorgfalt in steue

vver anoere Bestimmung uns« wird -llsÄn Steuergesetzgebung anders verstau! nanr^m Finanzämtern, und daß am Ende das '

behalt. Will man von Steuermoral reden r mb verantworten, daß man in diesen Fällen l Ksren Pfennig beitreiht, während man den rechtswtd

Tagesspiegel.

^ Das Reichskabinett hak eine Notverordnungzur Licherung des Haushalts" beschlossen, wodurch die Landes­regierungen ermächtigt werden, ihrerseits Verordnungen zum Ausgleich der Haushalte von Ländern und Gemeinden ohne Beiziehung der Landtage zu erlassen. Die Verord­nungen können von dem bestehenden Landesrecht abweichen. Es bezieht sich dies besonders auf die Herabsetzung der Personal- und anderer Ausgaben. Verpflichtungen aus Ver­trägen bleiben unberührt, soweit es sich nicht um Personal- ausgaben handelt. Das ganze Sanierungsprogramm der Reichsregierung soll spätestens am 1. Oktober in Kraft ge­setzt werden.

Die Auslandreisegebühr wird nach einem Beschluß des Neichskabinekks mit Wirkung von Mittwoch, 26. August» aufgehoben.

In den Verhandlungen über die Lohnsenkung der Ge- meindearbeiker wurde das Kompromiß getroffen, daß -je Löhne ab 27. August um 4 v. H. (stakt S v. H. gegenüber dem Stand der Reichslöhne) gesenkt werden sollen.

Die Beamkengehälker werden in Preußen im September wieder in Raken ausbezahlk.

Do X ist am Samstag in der Biscaya-Bai bei (Florida) ans das Wsser niedergegngen und wird am Mon­tag abend nach Neuyork starken.

Handelnden amnestiert und von Nachzahlungen freistellt? Wenn man schon unter das Vergangene einen Strich ma­chen will, dann erfordert das Recht, daß der Strich nicht nur denen zugute kommt, die rechtswidrig Einkünfte und Vermögen verschwiegen haben, sondern auch denen, die nachweislich nach bestem Wissen und Gewissen handelten. Will man sich dazu nicht entschließen, so erleidet das Rechts­empfinden einen Schaden, der mit den vom Fiskus aus der Amnestie erwarteten späteren Steuerfrüchten zu teuer be­zahlt ist. R. M.

Skeueramnestie bis Mitte September

Berlin, 23. August. Das Kabinett hat am Samstag in der Frage der Steueramnestie eine neue Verordnung ver­abschiedet unter dem TitelVerordnung über die steuer­liche Erfassung bisher nicht versteuerter Vermögen und über Steueramnestie". In dieser Verordnung ist eine Verlänge­rung der Termine für die Abgabe der Vermögenssteuer­erklärung und für die Steueramnestie bis Mitte September vorgesehen.

Neue Nachrichten

Deutschnationaler Antrag zur Reichsreform

Berlin, 23. August. Im Anschluß an ihre Forderung auf sofortige Einberufung des preußischen Landtags hat die deutfchnationale Landtagsfraktion folgenden Antrag ein­gebracht: Der preußische Finanzminister will den entschei­denden Anstoß zur Reichsreform dadurch geben, daß durch Notverordnung auf Grund des Artikels 48 der Reichsver­fassung der preußische Innenminister zugleich Reichsinnen­minister wird und der Reichsjustizminister die Betreuung der preußischen Justizverwaltung übernimmt. Gleichzeitig soll die preußische Steuerverwaltung auf das Reich über­gehen und der preußische Ministerpräsident Vizekanzler werden. Das Ziel ist die Beseitigung der fö­derativen Grundlage des Reichs und die Zerschlagung Preußens inneue Länder". Es ist anzunehmen, daß der Herr Ministerpräsident Braun mit diesen Plänen des Herrn Finanzministers einverstanden ist. Der Landtag wolle beschließen: Das Staatsministerium wird beauftragt, sich mit aller Entschiedenheit gegen die von dem Herrn Finanzminister aufgestellten Pläne zu wen­den und insbesondere zu verhindern, daß sie oder auch nur ein Teil von ihnen ohne Mitwirkung des Landtags durch Notverordnung verwirklicht werden.

Denkschrift der Grünen Front

Berlin, 23. August. Im Hinblick auf die Zuspitzung der Lage der Landwirtschaft und die wachsende Erregung in landwirtschaftlichen Kreisen haben die Führer der Grünen Front in eingehenden mehrtägigen Verhandlungen die zur Abwendung des größten Unheils erforderlichen Maßnahmen durchberaten und das Ergebnis ihrer Verhand­lungen dem Reichsminister für Ernährung und Landwirt­schaft in einer einaebenden Darlegung mit bestimmten For-

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derungen überreicht. Gleichzeitig wurde der Reichskanzler gebeten, zu einem möglichst nahen Zeitpunkt eine g r ö ß e r e Abordnung von Landwirten aus allen Teilen Deutschlands zu einer ausführlichen Aussprache zu emp­fangen.

Industriedenkschrift an Brüning Berlin. 23. August. Der Reichsverband der Industrie hat der Reichsregierung eine Denkschrift überreicht, in der die Wünsche der Industrie zur gegenwärtigen Wirtschaftslage zum Ausdruck gebracht werden. Eine Veröffentlichung ist nicht beabsichtigt, um eine Erörterung in der Oeffentlichkeit zu vermeiden. In der Hauptsache sotten die der Reichsregre- rung vorqefchlagenen Wünsche auf dem Gebiet der Steuer­politik, .der allgemeinen Wtrtjchasts- und der öffentlichen Fi­nanzen liegen.

Beratungen über die Bankfrage

Berlin, 23. August. Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers berieten am Samstag vormittag der Wirtschaftsausschuß des Reichskabinetts, der Reichsbankpräsident und Vertreter -er preußischen Regierung zusammen mit den Sachverstän­digen die gesamten Fragen des deutschen Bankwesens. Die Erörterungen hierüber werden Ende nächster Woche fort­gesetzt.

Um die Gemeindearboiterlöhne

Berlin, 23. August. Die Verhandlungen im Reichs- arbeitsminifterium über die Lohnsenkung für Gemeinde- arbeiter dauerten am Freitag bis tief in die Nacht. Die Arbeitervertreter lehnten nach wie vor den Vermittlungs­vorschlag Stegerwalds (Kürzung des Stundenlohns um 4 U, ab 1. Oktober) ab.

Wieder Kommunisten in Berlin festgenommen

Berlin, 22. August. Auf Grund polizeilicher Ermitt­lungen wurden am Samstag vormittag weitere 15 Kom­munisten zwangsgestellt, die im Verdacht stehen, an den Bluttaten der letzten Zeit beteiligt gewesen zu sein. Ins­gesamt sind jetzt 31 Verhaftungen erfolgt.

Die Reichsreform durch Notverordnung

München, 23. August. Das Hauptblatt der Bayerischen Volkspartei, derBayerische Kurier", schreibt zu den Plänen des preußischen Finanzministers Höpke r-A schoss, durch eine solcheReichsreform" würden die süddeutschen Staaten gegenüber Preußen ganz ins Hintertreffen ge­raten; die süddeutschen Staaten lehnen diese Vorschläge ab. Uebrigens sei der Reichskanzler und die Reichsregierung keinesfalls geneigt, die Reichsreform durch Notverordnung durchzuführen, er wolle die Frage, wenn sie einmal zur Er­örterung kommen sollte, nur in engem Einvernehmen mit den Ländern behandeln.

Held bei Hindenburg

München, 23. August. Der bayrische Ministerpräsident Dr. Held hat dem Reichspräsidenten v. Hindenburg in seinem Sommeraufenthalt Dietramszell einen Be­such abgestattet. Der Besuch ist ungewöhnlich, denn der Reichspräsident hat in Dietramszell noch nie einen Staats­besuch empfangen. Wie verlautet, hat Dr. Held sich über die Pläne Höpker-Aschosss bzw. die Absicht, sie durch Not­verordnung durchzuführen, mit dem Reichspräsidenten un­terhalten.

Neuwahlen in England

London. 23. August. Der Gewerkschaftsrat erklärte, er werde bezüglich der Sparvorschläge weder einer Herabset- zung der Arbeitslosenunterstützung noch einem Abbau der Gehälter und Löhne der im Staatsdienst stehenden Beam­ten und Arbeiter zustimmen. Da von den 286 Abgeordneten der Arbeiterpartei im Unterhaus 110 Gewerkschaftsbeamte sind, würde ein Bruch innerhalb der Arbeiterpartei unver­meidlich sein, falls die Regierung einen Abbau der Löhne und sozialen Lasten durchführen wollte. Die von den Ge­werkschaften vorgeschlagenen Einfuhrzölle werden von den Liberalen abgelehnt. Die Möglichkeit eines Rücktritts der Regierung wird ernsthaft besprochen. Jedenfalls ist die Mög­lichkeit von Neuwahlen erheblich näher gerückt. !

Karolyi beim Reichsverweser

Budapest, 23. August. Graf Karolyi hat seine Be­sprechungen mit den Parteiführern und den außerhalb der Parteien stehenden angesehenen Politikern zum größten Teil abgeschlossen. Am Samstag wurde er auf dem Som­mersitz Gödöllö vom Reichsverweser empfangen, dem er über das Ergebnis der Beratung Bericht erstattete. Wie verlautet, ist es nicht ausgeschlossen, daß Karolyi seine Be­trauung zurückgeben wird, in welchem Falle eine Beamten­regierung bestellt werden würde.

Bruch zwischen Kirche und Staat in Spanien?

Madrid, 23. August. Der frühere Fürstprimas, Kardinal. der sich jetzt in.FL 0 LkrM^aushältz erläßt, ellltzr