Wrlleniberg
Beilegung des Konflikts zwischen Zentrum und Bürgerpartei
SllMgari. 19. Februar.
Von parteiamtlicher Seite erhält das «Deutsche Volksblatt' folgende Mitteilung: Die Auseinandersetzungen zwischen der Zentrumspartei und der Deutschnationalen Volkspartei, Landesverband Württemberg, die sich an den Aufruf des Evangelischen Ausschusses der Deutschnationalen Volkspartei vom 31. Januar d. 3. knüpften, haben zu einer Lösung der entstandenen Schwierigkeiten geführt, dis den Weiterbe st and der bisherigen Regie- rungskoalition zwischen den beiden Parteien ermöglicht.
Stuttgart. 19 Februar.
Der Gemeinderat r-sn Münster stimmt für Eingemeindung. In der gestrigen Sitzung des Gemeinderats wurde dem vorliegenden Eingemeindungsvertragsentwurf einstimmig zugestimmt, nachdem schon bei der Urabstimmung eine überragende Mehrheit für die Eingemeindung festzustellen war.
Rechnungsergebnis des Stadkhaushalks im Planjahr 1929.
Das Rechnungsergebnis des Stadthaushalts im Planjahr 1929 ist folgendes: Einnahmen 138 790 987,35 RM., Ausgaben 136 346 213,63 RM.. somit Ueberschuß 2 444 743,72 Reichsmark im ordentlichen Haushalt. Das Bürgermeisteramt stellt an den Gemeinderat den Antrag, den zur Ausgleichung des ordentlichen Haushalts 1929 nicht erforderlichen Betrag von 2 444 743,72 RM. zu verwenden: 1. zur Abdeckung der verausgabten Kosten für Hochwasserschutz Cannstatt 152 221 RM., für Strotzen- und Dolenbauten 1 066 734,71 RM., für Neckarverbesserung — Teilbetrag — 600 000 RM.: 2. den Rest mit rund 625 000 RM.. zur't-il- weisen Deckung des Fehlbetrags im Rechnungsjahr 1930. Anker den Rücklagen für bestimmte Gemeindebedürfnisse sind nach dem Stand vom 31. Marz 1930 u. a. aufgeführt: AB 000 RM. für das Volksfest, 100 000 RM. für das Stadtjubiläum, 115 057 für Vervollständigung des Glockenspiels auf dem Rathausturm durch ein Bewegungsspiel. Der Ber- mögensstand der Stadtgemeinde ist folgender: Es betrug die Dumme des Vermögens 298 681 882 RM.. der Verbindlichkeiten und Rücklagen 127 114 292 RM. Somit verblieb am 31. März 1930 ein reines Vermögen von 171 567 5S0 RM. Im Vorjahr betrug dasselbe 171 183 643 RM., somit Zu- nähme von 383 946 RM.
Deutsches Luftfahrk-Museum. Die Geschäftsstelle des am 8. Juli v. I. gegründeten Deutschen Luftfahrtmuseums hat den Ehrenausschußmitgliedern einen Bericht über die Entwicklung der Vorarbeiten für den Ausbau des Deutschen Luftfahrtmuseums in Stuttgart oorgelegt Das Reichsverkehrsministerium überließ dem Museum das dem Reich gehörende, bisher von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Adlershos verwaltete Fiugzeugmaterial, aus dem die wertvollen Stücke für das Stuttgarter Museum ausgewählt wurden. Diese Sammlung, die u. a. 37 Flugzeuge. 106 Motoren und zahlreiche Konstruktions-Einzelteile, auch sonstiges Gerätematerial aller Art enthält, bildet neben den Bestanden des „Zeppelin-Museums" in Friedrichshofen den nach Wert und Umfang gleich bedeutungsvollen Grundstock für den Ausbau des Museums. Das gesamte Adlershoser Material wurde in 23 Eisenbahnwagen zunächst nach Böblingen verbracht, wo es in einer voll der Reichsbahndirektion Stuttgart gemieteten großen Halle untergebracht ist und eingehend gesichtet, geordnet und mit Unterstützung der Luftverkehr Württemberg AG. aufgefrischt und hergerichtet wird Es wird wahrscheinlich schon im Frühjahr der öffentlichen Besichtigung zugänglich gemacht werden können. Von der Verbringung des seitherigen Zeppelin-Museums in Friedrichshafen nach Stuttgart wird zunächst noch abgesehen.
9S000 Mark unterschlagen, x-n einer selten raffinierten Weise mißbrauchte der 50 Jahre alte, schon 30 Jahre bei einer Stuttgarter Brauerei angestellte verheiratete Buchhalter Karl Setz von Stuttgart das von seiner Firma in ihn gefetzte Vertrauen, indem er bereits bezahlte Rechnungen abänderte und diese durch einen Bekannten, den 42 Jahre alten verheirateten Tankstellenwart Jakob Schenkel noäz- mals kassieren ließ. Dadurch verschaffte er sich im Verlaus der letzten 10 Jahre eine Nebeneinnahme von rund 96 000 Mark. Da der ungetreue Buchhalter weder Notlage noch sonst irgend eine Entschuldigung für seinen Fehltritt Vorbringen und auch über den Verbleib des Gelbes keinen Aufschluß geben konnte, verurteilte ihn das Erweiterte Schöffen» «ericht Stuttgart zu 3 Jabren Gefängnis und 3 Jcckren Ebr.
verlüst. Der Angeklagte Schenkel rrhiels wegen DechUe eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten.
Meineid. Das 22 3. a. ledige Dienstmädchen Anna Fischer von Hepsisau OA. Kirchheim wurde vom Schwurgericht Stuttgart in einem Alimentenprozeß wegen Meineids zu 1 Jahr Zuchthaus und 2 Zähren Ehrverlust verurteilt.
Nationalsozialisten und Reichswehr. Das Wehrkreiskommando V hat der Süddeutschen Arbeiter-Zeitung eine Berichtigung gesandt, wonach die Behauptung des Blattes, Reichswehrsoldaten und Angehörige der Funkerkapelle hätten in Nazinuiform an einem Werbemarsch der Nationalsozialisten in Cannstatt teilgenommen, unwahr ist.
Landw. Mache. Am Samstag, 28. Februar, vormittags 9.30 Uhr, wird Ministerialrat Dl. Walther vom ReickM- ernährungsministerium im Bürgermuseum in Stuttgart über den Zollschutz für bäuerliche Veredelungswirtschaft sprechen.
Die Hauptversammlung des Landesverbands der Landw. Hausfrauenvereine in Württmberg und Ho-Henzollern findet am 27. Februar, vorm. 9.30 Uhr im großen Saal des Stodtgartens statt. Als Redner wurden gewonnen: Dr. K r ä u t l e-Berlin (D. Landw.-Rat), Frhr. v. Hol tz-Alfdorf und Schulleiter Gaed e-Bad Voll.
Krankheitsstatistik. In der 6. Jahreswoche vom 1. bis 7. Februar wurden in Württemberg folgende Fälle von gemeingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten amtlich gemeldet: Diphtherie 30 (tödlich —); Kindbettfieber 1 (—); Tuberkulose der Lunge und des Kehlkopfs, sowie onderer Organe 5 (39): Scharlach 26 (—-); Spinale Kinderlähmung 1 (—).
Aus dem Lande
Asperg OA. Ludwigsburg, 19. Febr. Ueberfall auf Arbeitswillige. In der hiesigen Filiale der Eisen- und Stahlgießerei M. Streicher-Cannstatt wird schon seit längerer Zeit gestreikt. Hin und wieder ist es nun zwischen den streikenden und den im Betrieb verbliebenen oder wieder eingetretenen Arbeitern zu tätlichen Auseinandersetzungen gekommen. So wurden auch Montag früh zwei zum Betrieb gehende Arbeiter durch drei Männer aus dem Hinterhalt überfallen. Zur Abwehr wurde von einem Ueberfallenen ein Schuß abgegeben. Verletzt wurde niemand.
Backnang, 19. Februar. Gemeinderat und Bürgermeister. Im Gemeinderat machte Bürgermeister Dr. Nienhardt davon Mitteilung, daß er sich um den Posten des Oberbürgermeisters in Ludwigsburg beworben habe. Bewogen habe ihn der größere Wirkungskreis in Ludwigsburg, die Möglichkeit ausschließlichen Schaffens :m Gebie* der Tätigkeit, die ihm am nächsten liege, der praktische: Verwaltung.
Giiwnd, 19. Febr. 9 0. Geburtstag. In seltener Rüstigkeit vollendete am 18. Februar ihr 90. Lebensjahr Frau Hofrat Dr. Schädel in Gmünd, Tochter des verstorbenen Oberforstineisters von Baur-Breitenfeld in Ell- wangen.
Hall, 19. Febr. Vermißt. Am 1. Februar hat sich die 28 I. a. ledige Haustochter Else Brehm aus ihrer elterlichen Wohnung entfernt und ist bis heute nicht mehr zurückgekehrt.
Tübingen, 19. Febr. Asta-Wahlen. Die Wahlen zum Allgemeinen Studenten-Ausschuß für das Sommersemester 1931 nahmen einen außerordentlich ruhigen Verlauf. Die Wahlbeteiligung mit 27 Proz. war außerordentlich gering. Am stärksten war die Wahlbeteiligung bei den kath. Theologen mit 80 Proz. Die beiden alten Kartelle stehen sich ungefähr gleich gegenüber (etwa 13 bis 15 Sitze), dazwischengeschoben hat sich das 3. Kartell der Nationalsozialisten mit etwa 4 Sitzen. Weitere politische Vertreter kamen auf die korporationsstudentischen oder fachschasilichen Vorschläge in den Asta.
Verbot des Platzbelegens im Universitätsneubau. Das akademische Rektoramt teilt den in Frage kommenden Stellen mit, daß in den Hörsälen des neuen Universitätsgebäudes das Belegen von Plätzen durch Anheften von Karten oder auf andere Weise nicht mehr gestattet werde.
Jsny, 19. Febr. T ö d l i ch e r U n f a l l. Da der Landwirt Rudhart aus dem benachbarten bayerischen Grenzort Gschwend von Jsny, wo er abends zeitig abgefahren, war, ungewöhnlich lange nicht nach Hause kam, wurde nach ihm gefahndet und sein Leichnam am Weg liegend gefunden. Die Pferde, die erst spät allein nach Haus kamen, scheinen ihm durchgegangen zu sein. Rudhart wurde von Kisten und Ballen, die auf ihn fielen, erdrückt.
Roktenburg. 19. Februar. Ein Todesopfer. Ein schwerer Zusammenstoß eines Motorradfahrers mit einein von einer Beerdigung heimkehrenden Fuhrwerk am letzten Sonntag hat nun ein Todesopfer gekostet. Der 25 I. a. Chauffeur Julius Ulm er, Sohn des Oberwachimeisters a. D. Ulmer hier, erlag gestern vormittag in der Tübinger Klinik seinen schweren Verletzungen.
Rechbergknusen. OA. Göppingen, 19. Februar. Verbrüht. Die 14 Monate alte Manager Familie Albert Baumann verbrühte sich beim Abendkaffeetrinken mit heißem Kaffee so stark, daß sie am andern Tag starb.
Mm, 19. Febr. 280bis300Eier legt die Henne im Jahr. Hier wird vor der Kleinen Strafkammer gegen 5 Angeklagte verhandelt, die einen großen Vertrieb von Hühnerfutter in den Ortschaften der näheren und weiteren Umgebung durchführten. Ein Teil der Angeklagten wird beschuldigt, die vorgeschriebene Anmeldung des Futtermittels beim zuständigen Reichsamt unterlassen oder dem Futtermittel als Mischsutter nicht die richtige Bezeichnung gegeben zu haben. Weiter sind sie beschuldigt, durch falsche Angaben über den Wert und die Lieferungsbedingungen die Käufer betrogen zu haben. Die Hühner legen jährlich bis zu 300 Eier, wenn ihnen täglich ein Eßlöffel von dem Kraft- ststter beigemischk wird. Das Hühnersutter wurde in 51 Pfundsäckchen verkauft, und in allen Ortschaften sollten Verkaufsstellen errichtet werden. Zn der Verhandlung waren 2 Sachverständige geladen, als chemischer Sachverständiger Dr. Lacour-Hohenheim und als kaufmännischer Sachverständiger Kaufmann Baader-Alm. Beide Sachverständigen sinh her Meinung, daß der Preis für das Hühnerfutter zu hoch ,fet im Hinblick auf die Erfolge. Bei der Vormittagsverhand- iung saßen zwei Angeklagte auf der Anklagebank. Liner wurde wegen falscher Bezeichnung des Futtermittels zu 50 jReichsmark Geldstrafe verurteilt, der andere wurde frei- gesprochen. Bon der Anklage wegen Betrugs wurden sie freigesprochen. Die Verhandlung gegen die übrigen drei Angeklagten geht weiter, da noch Zeugen geladen sind.
Gehaltskürzung. Am Montag haben zwischen den Angestelltenverbänden und dem Arbeitgeberverband des württ. Handels, Bszirksgruppe Alm, Verhandlungen vor dem Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses Alm stattgefun- den. Das Ergebnis der stundenlangen Verhandlungen isst Die Gehälter werden mit Wirkung vom 1. Februar ab gekürzt. In den Gruppen bis 179 RM. um 4 Proz., darüber hinaus um 5 Proz. Gehälter unter 125 RM. sind von der Kürzung ausgenommen. Im Manteltarif werden ebenfalls verschiedene Aenderungen durchgeführt.
Gegen die Gottloseninternationale. Der Abgeordnete Dr. Hölscher (BP.) schreibt im „Illmer Tagblatt': Weite Kreise der Bevölkerung erwarten, daß di« württ. Regierung und der württ. Landtag dafür sorgen, daß Württemberg von der Hetze der bolschewistischen Gottlosen- internationaie verschont bleibt und daß das württ. Staats- Ministerium auch mit allem Nachdruck bei der Reichsregi«- rung vorstellig wird, um ein Einschreiten der Reichsregierung herbeizuführen.
In ein Schaufenster gestürzt. Gestern abend stürzte ein Betrunkener in der Schwilmengasse in ein Schaufenster. Die Polizei mußte ihn im Kraftwagen nach Haufe bringen.
Blaubenren, 19. Februar. Für Erhaltung des Oberamts. Der Bezirks-Gewerbeverein Blaubeuren ist an den Landtag mit einer dringenden Bitte um Belastung des Amtsgerichts Blaubeuren, sowie des Oberamts rmd' Finanzamts herangetreten.
Ehingen a. D., 19. Febr. 5000 RM. Belohnung für Entdecker des Brandstifters. Di« Sraats- anwaltschaft Alm setzt 5000 RM. für die Ergreifung der Täter aus, die in letzter Zeit die verschiedenen Brände in hiesiger Stadt gelegt haben.
Aulendorf OA. Waldsee, IS. Febr. Die Pachtung der Domäne Bären weiter aufgegeben. Wie verlautet, wird die Pachtung der Domäne Bärenweiler bei Aulendorf vom Verband oberschwäbischer Fleckviehzuchtvereine in Ulm aufgegeben, weil der Hof nach Einführung einer größeren Zahl von Zuchtviehmärkten und -Verstei- gerungen seinen ursprünglichen Zweck als Aufzuchtstaffon nicht mehr erfüllt. Früher konnte der Zuchtverband gut- veranlagte Jungfarren im Alter von 3—10 Monaten zu Aufzuchtzwecken kaufen. Heute sind nur noch geringere, sog. Hänidlerfarren verkäuflich.
Von der bayerischen Grenze, 19. Febr. Brand. — Tödlicher Unfall. — Eisenbahnjubiläum. In Dillingen ist das Wohnhaus und die Scheuer der Witwe Engel, wahrscheinlich infolge Brandstiftung, a>bgebrannt. Die eng angebauten Nachbarhäuser waren in orc-ßer Gefahr. — Im Bahnhof Markt Schwaben ist ein 37 I. a. verheirateter Diplomlondwirt aus München, der vermutlich das Anhalten
Sie Mutter
Roman von Lola Stein.
11. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
„Aber, Ruth?"
„Habe ich vielleicht nicht recht? Magst du die Kleine denn wenigstens, Schätzt?"
„Natürlich. Gefällt sie dir nicht, Ruth?"
„Natürlich ist das gar nicht, finde ich. Ob sie mir gefällt? Eine hübsche Puppe, weiter nichts."
„Du bist im Irrtum. Sie ist eine ganz aparte und bewußte Persönlichkeit, die kleine Uschi, so jung sie ist."
„Desto schlimmer für dich. Udo scheint sehr verliebt zu sein?"
„Das ist er, weiß Gott!" Unwillkürlich hatte Ellen geseufzt.
„Siehst du, nun läßt du wenigstens die Verstellung beiseite. Sei doch nicht töricht, Ellen, mir gegenüber kannst du dich doch zeigen, wie du bist. Sprich dich aus. Ich sehe dir an, daß du dich nicht glücklich fühlst."
„Das hast du mir wirklch angesehen?"
„Ja, du warst sonst immer strahlend immer froh. Wie auch die Zeiten waren. Jetzt bist du verdüstert, beinahe — vergrämt."
Ich muß mich besser in der Gewalt haben, dachte Ellen. Laut sagte sie: „Ich bin alt geworden, Ruth, das ist eben alles. Man sieht mir endlich meine Jahre an."
„O nein, alt siehst du nicht aus. Versorgt. Mit einem Wort: unglücklich. Und daran trägt diese dumme Heirat die Schuld. Nun erzähle doch endlich, laß dich nicht so drängen. Woher kennt ihr diese Uschi? Wie ist alles gekommen?"
Und Ellen sprach. Es tat doch gut, sich einer mitfühlenden Frauenseele gegenüber zu erleichtern. Denn mitfühlend war die Carini. Sie liebte Ellen, sie liebte Udo, soweit diese flatterhafte, kokette, oberflächliche Frau lieben konnte.
Sie hörte sehr aufmerksam zu, als Ellen schilderte, wie Uschi zuerst in ihr Haus gekommen war, wie sie unter der Ehe gelitten und immer noch litt- Wie sie förmlich geflohen war, ohne zu wissen, ob sie zurückkommen würde in dies ihr so sehr geliebte Heim. Und wie Udo sie dann zurückgerufen hatte, weil er sie brauchte.
„Siehst du," sagte die Künstlerin. „Er kann ja gar nicht ohne dich sein. Er braucht dich, wie du ihn zum Leben brauchst."
„So ist es nicht," meinte Ellen sinnend. „Er braucht mich — ja. Weil er eine unpraktische Frau hat, weil er Behaglichkeit, Sorgfalt, Gemütlichkeit entbehrte. Darum entbehrte er auch mich. Seelisch hat er mich nicht mehr nötig: zu seinem Dasein, zu seinem Glück bin ich ihm nicht notwendig. Ruth, das weiß ich sehr genau. Denn alles ist nach meiner Rückkehr geblieben, wie es vorher war. Ich führe die Wirtschaft, ich arbeite und mühe mich, ich trage sogar die meisten Sorgen allein. Wie ich Udo nie gern mit materiellen Dingen behelligte, so mag ich es auch jetzt nicht. Aber zuweilen wird mir das alles zuviel. Denn jetzt sind wir ja nicht nur zwei, ein neuer Mensch steht zwischen uns. und alle diese unendliche Mühe und Sorge, die heute eine Wirtschaft mit sehr knappen Mitteln bringt für Uschi mitzutragen, die das alles nicht anerkennt, es kaum ahnt, wird mir sehr schwer."
„So tue es nicht," rief die energische Frau. „Verlange: daß diese kleine Person auch arbeitet, sich auch sorgt:"
„Was gewönne ich dadurch? Daß ich Udo auch auf diesem, dem letzten Gebiet, entbehrlich werde!"
„Denkst du so? Ach, Ellen, wie klein schätzest du dich plötzlich ein. Das alles sind Hirngespinste, Lächerlichkeiten."
„Nein, Ruth, so ist es nicht. Ich bin eben klüger geworden. Ich habe die Erfahrung gemacht, die unzählige Mütter vor mir schon machten. Sobald die Liebe, die Liebe zum andern Geschlecht in eines Menschen Leben tritt, sind ihm Vater und Mutter nicht mehr die Hauptsache. Es ist immer dasselbe. Es soll wohl so sein und nicht anders. Wir Mütter müssen resignieren. Das ist unser Los. Wir ziehen die Kinder groß unter unendlicher Mühe, um sie anderen, uns fremden Menschen zu überlassen. Ich weiß das alles sehr wohl. Ich weiß, daß Uschi im Recht ist und nicht ich. Aber obwohl ich es weih, kann ich mich noch nicht beschei-
„Und brauchst es auch nicht. Wie kann man das Leben, ie kann man solche Dinge so tragisch nehmen? Warte nu !, nur ein kleines Weilchen noch. Kein Mann bleckt so, ie er im ersten Ehejahre ist, auch Udo nicht. Er wird e- achen aus seinem Liebesrausch, er wird dich plötzlich w ^ r sehen, Ellen, und wird begreifen, was er an dir hat.
„Ich gehöre nicht in diese Ehe, Ruth, nicht zwischen diese iden jungen Menschen, da ich selbst noch Ansprüche ans cken, Ansprüche an Udo stelle. Ich suhle es sehr wohl, ch habe nicht die Kraft, zu gehen."
„Du bist exaltiert, Ellen. Ich finde das alles nicht so
agisch."
„Weil es dich nicht betrifft. Und weil du überhaupt alle inge nicht tragisch nimmst."
„Nein, da hast du recht. Für mich sind die Männer um : die Ehe nicht tragisch. Aber vielleicht wäre ich dann noch