Schnellzugs auf offener Strecke, da sie auf eiserne Maste einer Starkstromleitung, die vom Sturm umgeweht waren, auffuhr. Zahlreiche Zugverspätungen entstanden dadurch, daß die Gleise von umgestürzten Bäumen und Telegraphen­stangen befreit werden mußten. ...

Besonders stark scheint der Sturm in Frankreich und namentlich an der französischen Westküste gewütet zu haben. In Dünkirchen sind zahlreiche Gebäude und nament­lich die Hafenanlagen stark beschädigt worden. Aehnliches wird aus Dieppe berichtet. In Boulogne am Meer wurden mehr als 20 Schiffe von ihren Ankerketten losgerissen. In Lorient ist ein Wasserflugzeug im Hafen gesunken. Mehrere Schlepper muhten auslaufen, um in Seenot befindlichen Schiffen zu Hilfe zu eilen. Mehrere Fischerboote sind ge­sunken. Aehnliche Berichte liegen aus Belgien vor.

Italien über die Curtius-Rede

Rom. 24. Noo. Die Antwort des Aeichsaußenministers Curtius an Tardieu wurde von der italienischen Presse ausführlich, aber zunächst ohne Eigenbemerkungen wieder­gegeben. Der halbamtliche .Trevere" schreibt nun: Seit der Revolution habe man nie eine so mutige Rede von einem verantwortlichen deutschen Staatsmann gehört. Tardieus Behauptungen seien klar und unzweideutig gewesen, aber ebenso klar nd unzweideutig sei diesmal die deutsche Ant­wort gewesen. Der Abgrund zwischen Frankreich und Deutschland habe sich gerade nach der Rheinlandräumung, die Deutschland viel zu teuer erkauft.habe, nach der kurzen Uebergangszeit von Locarno wieder aufgetan. Diese tiefe, aus alter Geschichte überlieferte Kluft werden auch die ver­einten Kräfte der Freimaurerei, des Judentums und der Sozialdemokratie niemals ausfüllen können. Curtius Rede unterscheide sich im Inhalt in keiner Weise vom Hitlerprogramm. Es müsse fest- gestellt werden, daß der Sieg des nationalen Gedankens in Deutschland bei den Reichstagswahlen in raschem Fort­schreiten begriffen sei und daß er das bisher ungewohnte mutigere Auftreten verschiedener deutscher Staatsmänner veranlaßt und gestützt habe. Wenn Deutschland über allen Parteihader hinaus in der auswärtigen Politik geschlossen sei, könne es nicht mehr in das Netz des Bersailler Ver­trags eingeschlossen werden. Lange vor Curtius habe das Mussolini erkannt, indem er Abrüstung und V er­trag s ä n d e r u n g als die einzigen Mittel bezeichnete. mit denen man einen neuen Krieg ersparen könne.

Anrechnung der deutschen Verluste?

Ein Versuchsballon

Washington. 24. Nov. Die Dezembernummer der repu­blikanischen MonatsschriftNational Republik" wendet sich gegen die Versuche einer Schuldenstreichung durch Amerika, damit die Verbündeten die deutschen Reparationsverpflich- tungsn erleichtern könnten, und schlägt dabei folgende völlig neue Note an: Wenn Amerika mit den Verbündeten in Teilhaberschaft wegen der Reparationen stehen und der alleinige Verlierer sein sollte, sobald Deutschland nicht mehr zahlen kann, dann sollten sicherlich die Gebietserwerbe der Verbündeten mit in die Masse geworfen werden. Welchen Wert hat Elsaß-Lothringen für Ma">kreich? Die Verbündeten verteilten als Kriegsbeute Ländereien hauptsächlich in Afrika von der Große Amerikas. Haben diese Gebiete irgendwelchen Geld wen, der bei der Schätzung der von den mit den Berbün deren kämpfenden Nationen zu tragenden Lasten berück- siääigt werden sollte?

D'eNational Republik" ist zwar nicht mehr das amtlich: Blatt der Republikaner, hat aber noch enge Beziehungen zu ihnen, so daß der Schluß naheliegt, hier werde ein Ver­suchsballon aufgelassen.

ileue Nachrichten

Kabinetlsberatung über die polnischen Wahlgewalltaten

Berlin, 24. Nov. Das Reichskabinett beschäftigt« sich in feiner heutigen Sitzung mit der in Oberschlesien durch die volnüchen Gewalttaten aeaen die deutsche Minderbeit in

Ves Weibes Waffen

Original-Roman von Llsbeth Borchart.

39. Fortsetzung Nachdruck verboten.

Sie war immer dieselbe geblieben, kühl, freundlich, gleichmäßig und zurückhaltend, nichts sprach für ein wär­meres Gefühl für ihn, wie sie es nach seiner Meinung auch nie für ihn gehegt hatte. Doch wie ihn diese Erkenntnis einst erkältete und der anderen in die Arme trieb, so schürte es jetzt die Flamme, die immer in seinem Herzen gelodert hatte und durch die die Leidenschaft für Mira nur erdrückt worden war. Es schien ihm jetzt fast unbegreiflich, daß es geschehen und daß er sich von dieser Flamme abwenden und eine neue nähren konnte. Jedenfalls war er in seiner Leiden­schaft blind gewesen und Irrwege gegangen. Ob Jutta ihm dieses Abirren je verzeihen konnte, und ob es möglich war, daß sie danach noch etwas für ihn empfinden lernen konnte? Er zweifelte daran, und diese Zweifel machten ihn mutlos. Er wagte nicht, offen um sie zu werben und seine Liebe zu ihr zu verraten. Sie hätte auch denken können, daß er sich 1 durch sie in den Besitz des verlorenen Erbes setzen wollte.

Seine Liebe und Leidenschaft für sie wuchs aber mit jedem Tage. Das Weib, um das er sich hatte das Leben nehmen wollen, war gestorben in seinem Herzen, und nur Jutta lebte darin. Sie schien ihm reifer, schöner und liebenswerter, aber auch ferner und schwerer erreichbar denn je. Schließlich wurde ihm dieses Verbergen und auf der Hut sein, daß ein unvorsichtiges Wort oder ein Blick ihr nichts verriete, zur Qual. Es rieb ihn auf, und er glaubte, nicht eher zum Ziel kommen zu können, bis er offen mit ihr über die Vergangen­heit und sein Verhältnis zu Mira gesprochen hätte.

So begann er eines Tages zaghaft, verlegen fast, von Mira zu sprechen. Er wollte ihr seine Gründe, die ihn zu Mira getrieben und die in ihrer, Juttas, Kälte ihren Ur­sprung hatten, schildern, er wollte ihr seine Demütigung eingestehen, zugleich aber seine Wandlung erklären, die in ihm nicht allein jeden Rest von Zuneigung für Mira ertötet hatte, sondern hell und llar die Liebe zu ihr, zu Jutta, die

Oberschlesien geschaffenen"Lage. Der deutsch« Generalkonsul in Kattowitz, der gleichzeitig Reichs- und Staatsvertreter ist, wurde beauftragt, an Ort und Stelle Erhebunge n über die blutigen Ausschreitungen der polnischen Aufständischen gegen die deutsche Minderheit anzustellen. Nach Eingang seines Berichts im Auswärtigen Amt, der spätestens Mitt­woch erwartet wird, wird die Reichsregierung prüfen, welche weiteren Schritte unternommen werden sollen. Auf Grund der Bestimmungen der Genfer Konventionen über Oberschlesien und der anderen Minderheitenverträge, die die Freiheit der Wahlhandlung für die Minderheit sichern, wird gegebenenfalls in Genf Beschwerde eingelegt und verlangt werden, daß die nächste Völkerbunds­tagung sich mit der Angelegenheit beschäftigen soll Un­abhängig von dieser Beschwerde läuft zur Zeit das Ver­fahren, das die deutsche Minderheit in Oberschlesien bei der Gemischten Kommission eingeleitet hat.

Die Unterdrückung der House-Dolumente

Berlin, 23. Nov. Die Unterdrückung der Aufzeichnungen des Oberst House, des Beraters des verstorbenen Präsi­denten Wilson, über seine Unterredungen mit den führend.» Staatsmännern der Kriegsverbandsländer im Jahr 1917, ft den geplanten Weltkriegsveröffentlichungen des Washing­toner Auswärtigen Amts, erregt dasgrößteAufsehen. Schon die bisher bekannt gewordenen privaten Aufzeichnun­gen des Oberst House habe die ganze Verlogenheit der Kriegs- und Friedenspolitik Englands, Frankreichs und Italiens auf deren Wunsch die weitere Veröffentlichung unterbleibt bewiesen. Bei den Akten des Washingtoner Amts sind sicherlich noch manche Berichte zu finden, die diese Verlogenheit in noch krasserem Licht zeigen. Die ameri­kanische Regierung macht sich also der Ge­schichtsfälschung schuldig, wenn sie auf Wunsch derer, die an der Verschleierung der Wahrheit ein Interesse haben, diese Berichte unterdrückt.

Verbot der Nationalsozialistischen Partei in Berlin?

Berlin, 24. Nov. Nach einer Blättermeldung beabsichtigt der preußische Innenminister Seoering das Verbot der Nationalsozialistischen Partei in Ber­lin wegen der verschiedenen Zusammenstöße, di« in letzter Zeit zwischen den Nationalsozialisten und Kommunisten und anderen politischen Gegnern stattfinden. Ein Verein, der auch nur stillschweigend dulde, daß zahlreiche Mitglieder dauerndstrafbare Handlungen" begehen, könne schon nach Z 1 des preußischen Vereinsgesetzes (nach dem ein Verein nur zu einem Zweck bestehen dürfe, der den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufe) verboten werden, ohne daß man das Republikschutzgesetz anzuwenden brauchte.

Das Berliner Polizeipräsidium erklärt die Zeitungsmel­dung für unrichtig. Das Verbot wäre auch ungesetzlich, eine groß« Partei ist kein Ortsverein.

Der preußische Kultusminister Grimme hat die Rek­toren der preußischen Universitäten und Technischen Hoch­schulen nach Berlin berufen. Es handelt sich um Besprechun­gen über ein schärferes Vorgehen gegen di«rMkalen" Studentenschaften.

Die Studentenschaft in Berlin will auf Anregung des Rektors Prof. Dr. Deißman« einen eigenen Ordnungsdienst einrichten.

In einer sozialdemokratischen Versammlung in Kiel, in der Minister Grimme gegen die Nationalsozialisten sprach, wurde nach seiner Rede Tränengas in den Saal ge­blasen, so daß die Versammlung abgebrochen werden mußte Der mutmaßliche Täter wurde in Schutzhaft genommen.

Tabakhändler beim Reichskanzler

Berlin, 24. Noo. Der Reichskanzler empfing heute Ver­treter des Vereins der Berliner Tabakwarenaroßhändler.

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schon immer in ihm gelebt, neu hatte erstehen lassen, und daran anknüpfend wollte er sie bitten, um ihre Liebe werben zu dürfen, da sie ihm die Erfüllung seines Lebens bedeutete.

Aber er kam nicht weit. Schon nach den ersten Worten unterbrach sie ihn:

Sprich nicht von dem Vergangenen, Dieter ich weiß ich verstehe dich auch ohne Worte."

Und bei sich dachte sie:Warum sagt er mir das jetzt? Wozu sollen wir Geschichten aufrühren, die für ihn und mich peinlich sind? Mag er die andere lieben oder hassen, was geht es mich an?"

Dabei fühlte sie Schmerz, Groll, Mitleid und Genug­tuung zu gleicher Zeit in sich aufsteigen, ein Zwiespalt, der sie bedrückte und dem sie nicht Nahrung geben wollte.

So kam Dieter um die Aussprach'e, von der er so viel gehofft hatte.

Sie sah nicht oder wollte nicht sehen, was in ihm oor- ging, und er fühlte sich bei dieser erneuten Abweisung am Ende seiner Kräfte. Früher als sonst brach er auf. Er war außerstande, noch länger die Qual zu ertragen. Der Zustand, in dem er sich befand, war unhaltbar geworden, und doch getraute er sich nicht, ihm mit einer offenen Frage, die sie ihm für immer rauben konnte, ein Ende zu machen.

Es war Anfang April.

Primel und Krokus streckten ihre Köpfchen aus dem nassen Erdreich hervor, Bäume und Sträucher zeigten dick angeschwellte Knospen, hin und wieder auch schon grüne Blättchen. Ein zarter, duftiger Schimmer lag darüber. Vor­frühling! Ein Ahnen und Hoffen, aber noch keine Erfüllung. Das ist die Zeit, die das Blut schneller durch die Adern treibt als der Saft in die Bäume schießt, das ist die Zeit der Wunder, der Triebe, die zum Lichte drängen.

Jutta befand sich in einer seltsamen, ihr bisher unbe­kannten, zerrissenen, nervösen Stimmung. Die Gutsgeschäfte und Arbeiten hatten voll eingesetzt, und es gab wieder zu tun vom frühen Morgen bis zum Abend. Sie fand nicht viel Zeit zum Nachdenken, und doch war etwas da, das ihr die Ruhe nahm.

Der Verein hatte ersucht, eine Preissenkung m her Zigaret- tenindustrie dadurch heröeizuführen, daß die bisherigen Preisschutzbestimmungen durch Verordnung aufgehoben werden.

Vorstandssitzung der Zentrumspartei

Berlin, 24. Nov. Der Reichsparteivorstand des Zentrum« sprach sich in seiner Sitzung am Samstag in Anwesenheit des Reichskanzlers für strenge Durchführung des Reform­programms aus. Mit der Bayerischen Bolkspartei soll darüber verhandelt werden. Zn einer Entschließung wurde gegen die Deutschenverfolgungen in Polen Ein­spruch erhoben: von Her Reichsregierung werde erwartet, daß sie Maßnahmen treffe, daß eine Wiedergutmachung der Schäden erreicht und die Deutschen in Polen in Zukunft geschützt werden.

Eine amerikanische Filmgesellschaft zieht ihren deutschfeindlichen Film zurück

Berlin. 24. Nov. Die amerikanische Filmgesellschaft Fox, die am 10. April d. I. von der Zulassung zur Bildbericht- erstaltung über die Wehrmacht wegen des deutschfeindlichen HetzfilmsDie vier Söhne" ausgeschlossen wurde, hat dem Reichswehrminister bindende Zusicherungen gegeben, daß der Film in kürzester Frist von dem gesamten Weltverleih zurückgezogen werde. Der Film wird nach Dezember 1930 noch in Argentinien, Australien und Italien, nach April 1931 nur noch in Argentinien gezeigt werden. Reichswehr­minister Grüner hat daraufhin die Ausschließung der Wo­chenschau Fax News von der Berichterstattung über die Wehrmacht aufgehoben. Nach der langen Deutschenhetze der Firma Fox wäre doch wohl ein dauernder Ausschluß mehr am Platz gewesen.

Sachsen gegen die Notsteuern

Dresden, 23. Nov. Der Rechtsausschuß des sächsischen Landtags hat die von der sächsischen Regierung während der Landtagsferien erlassene Notverordnung über die Einfüh­rung der Gemeinde-, Bier-, Bürger- und Getränkesteuer mit großer Mehrheit abgelehnt.

Der Verfassungsstreit um die Verwaltungsratsstellen der Reichsbahn

Leipzig. 24. Nov. Während des z. Zt. vor dem Staots- gerichtshof laufenden Bersassungsstreits um die Vermal, tungsratsstellen der Reichsbahn wies der württem- ber gische Vertreter, vberregierungsrat Dr. Schiller, daraus hin, daß der Eisenbahndirektionspräsident und der Landeseisenbahnrat keine genügende Vertretung der würt- tembergischen Verkehrsinteressen gewährleisten. Die Gesell­schaftssatzung der Reichsbahn lasse durchaus Raum für Sondervereinbarungen über die Besetzung der Verwaltungs- sitze. Die überwiegende Mehrzahl der Vorzugsaktien sei noch heute im Besitz des Reichs oder vom Reich unter Ver­bleib des Stimmrechts beim Reich weitergegeben worden. Damit sei die Gefahr widerlegt, daß das Reich die auf die Vorzugsaktien entfallenden vier Sitze verliere. Die Urtxüs« Verkündigung wurde auf Dienstag vormittag 10 Ahr fest­gesetzt. ' ^

Maßregelung in Thüringen

Weimar, 24. November. Minister Dr. F r i ck hat dem Oberbürgermeister Schuhmacher und dem Polizeidirek- tor Schüffler in Altenburg, beide Sozialdemokraten, letzterer führend im Reichsbanner tätig, die Polizei - gemalt für öffentliche Ruhe, Sicherheit und die Kriminal- >md politische Polizei entzogen, und diese Funktionen dem Polizeihauptmann Heuer in Sondershausen über­tragen. Die Maßregelung soll darauf zurückzuftthren sein, daß die Genannten entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Ministeriums Vorträge des Pazifisten Gerlach in Alien­burg genehmigt haben.

Gememderatswahlenim oldenbutgrschen Landesteil

Lübeck

Eutin, 24. Nov. In Gemeinderatswahlen der 19 Ge­meinden des oldenburgischen Landesteils Lübeck erhielter die bürgerlichen Parteien 87 Mandate gegen 106 bei den Wahlen von 1927, die Sozialdemokraten 77 gegen 85, die Kommunisten 6 gegen L. Die Nationalsozialisten,

Wolf Dietrich hatte sich vier Wochen nicht mehr sehen lassen. In der voraufgegangenen Zeit hatte er mindestens einmal in der Woche vorgesprochen, und sie hatte sich an seine Besuche so gewöhnt, daß sie ihr jetzt fehlten. Zuerst in den langen Winterabenden waren sie ihr eine Abwechs­lung in dem Einerlei der Tage gewesen. Sie hatte jemayd mit dem sie sich einmal aussprechen konnte, sei es über die Welt draußen, sei es über ein Buch. Später waren sie zu­sammen in den Wirtschafthof, in die Ställe gegangen sie zeigte ihm neue Erungenschaften oder holte auch manch­mal in Sachen der Pferdezucht seinen Rat ein. Darin war er ja zuständig. Sie verhandelten ganz sachlich über all diese Dinge, nie wurde etwas Persönliches zwischen ihnen be­rührt. Sie war so sicher und ruhig geworden in der An­nahme, er könne die erlebte Enttäuschung nicht verwinden, daß sie nicht merkte, welche Veränderung mit ihm vor sich gegangen war. Jetzt erst, nun er seine Besuche so unver­mittelt eingestellt hatte, wurde sie sich nicht allein bewußt, wie wert, fast unentbehrlich sie ihr geworden waren, son­dern sie grübelte und sann auch dem Grunde nach. Hatte er ihr irgend etwas übel genommen? Sie ging in Erinne­rung die letzten Male durch , fand aber nichts, womit sie ihn hätte kränken können. Und wenn es doch etwas gab, dessen sie sich nicht bewußt war, so brauchte er deshalb nicht fortzubleiben. Dann brachte eine offene Aussprache alles viel eher wieder zurecht als ein Grollen und Schweigen. Aber das letztere sah ihm so wenig ähnlich, daß sie auch dL- ran nicht zu glauben vermochte. Eine gewisse Unruhe be­mächtigte sich ihrer. Für ein aus Dienstangelegenheiten begründetes Fernbleiben fand sich keine stichhaltige An­nahme, denn das hätte er ihr schriftlich mitgetetlt. So fiel alles, was sie auch an Motiven ausmalte, in sich zusammen, und auf das Richtige kam sie nicht. Aber es störte ihre Ruhe und ihren Gleichmut. Mitten in der Arbeit ertappte sie sich auf der Frage:Wird er heute kommen und Auf­klärung bringen?" Und wenn er wieder nicht gekommen war, fühlte sie sich enttäuscht.

(Fortsetzung folgt.)