Natürlich ich. Theodolinde hatte zuerst im Haus nach­gesehen, ob niemand für lins den Botengang tun könnte; aber des Festes wegen war jedermann früh ausgerückt und das Haus wie ausgestorben. Mama gab mir ihr Spitzen- tüchlein als Kopfbedeckung, dann zwängte ich mich in Lindes mir viel zu enge Schuhe, suchte die unbehandschuhten Hände in den Kleiderfalten zu verstecken und lief davon, indem ich mich dicht an die Mauern drängte, als könnten sie mich ver­stecken.Da begegnet Ihnen aber"

Ja freilich, Herr Assessor, da begegnet mir unser junger Hausarzt Sie wissen, der Sohn unseres alten Medizinal­rats, der seit einigen Jahren des Vaters Praxis über­nommen hat."

Sie werden rot"

Vermutlich. Ich tue aber nicht dergleichen, sondern drücke mich noch fester an die Mauer und sehe nicht mehr aus, bis er nach meiner Meinung vorüber sein muß, und eile vollends zum Schlosser. Da sind Gesellen und Lehrlinge alle fort, und der Meister, sagt Frau Meisterin, schläft heute ein bißchen länger, weil's vor Pfingsten gar so viel Arbeit gab. Doch verspricht sie, ihn zu wecken und zu schicken. Ich renne heim und begegne diesmal nicht dem Doktor, aber unserer Bäckersfrau, die mich ansieht, als ob ich ein Wesen von zweifelhaftem Ruf wäre. Dazu drücken mich die Schuhe aus allen Seiten und unter solchen Qualen Leibes und der Seele erreiche ich endlich wieder die heimischen Penaten, ach nein, unser Treppenhaus! Und da oben nun hocken zwei leidgebeugte Gestalten. Mama hält noch immer krampfhaft den Besen in der Hand, während Theodolindens unbeschuhte Füße mir hilflos entgegenbaumeln und meine abgefallenen Pantoffeln ein paar Stufen tiefer mich wehmütig, doch ein­ladend anüticken."

Du bringst keinen Schlosser?!" Es war ein Verzweif­lungsschrei.

Er kommt!, tröstete uns Cäcilie," fuhr Frau Obersorst- meister fort,aber wanner kam?! Ein Jahrhundert schien es uns, daß wir so dajahen, des Schlossers harrend, der nicht kommen wollte."

Wie die Einwohner von Hameln vor dem Berg, in dem ihre Kinder verschwanden."

Und da drinnen wußten wir, daß mittlerweile die Milch überbrodeln und womöglich das Töpfchen zugrunde gehen muhte schon drang ein verräterischer Geruch durch die Türfugen und durchs Schlüsselloch das konnte lieblich werden!

Endlich aber kam der Heißersehnte."

Wohl freudiger empfangen, als je ein Liebhaber emp­fangen wurde?"

Das können Sie sich denken! Aber wie's drinnen roch, das können Sie sich nicht denken!

Wenn nur der Assessor da wäre oder käme!" hatten wir zuerst ausgerusen. Jetzt aber sagten wir:Gut, daß wenigstens der heute nichr da ist." Den ganzen Tag brach­ten wir den kombinierten Milch- und Tiegelgeruch nicht aus der Küche und den Zimmern heraus. O, es war schrecklich!"

Ein wirkliches Abenteuer, gnädige Frau."

Nachdem der Assessor nun seine Reiseerlebnisse er­zählt hatte denn er war mit der Familie seiner freund­lichen Wirtin schon lange befreundet zog er sich in sein Zimmer zurück oder vielmehr aus den Balkon, um die in­zwischen eingeiaufenen Briefschaften draußen zu lesen. Der Balkon war ziemlich groß; er zog sich vor dem Zimmer des Assessors und me Salon der Obersorstmeisterin hm, von dem er auch einen Zugang hatte. Man halte sich gegenseitig darauf aufmerksam gemacht, daß man draußen verstehen könne, was in den beiden Zimmern gesprochen wurde. Heute schien man's vergessen zu haben. Der Assessor hörte, daß bald nachdem er zu lesen begonnen, drinnen bei der Frau Oberforstmeister Besuch war.

Ich komme, um mich zu beschweren, weil Sie mich neu­lich geschnitten haben, Fräulein Cäcilie," ließ eine klare, männliche Stimme sich hören, was dachten Sie denn eigent­lich?"Sie haben mich also erkannt."

Na und ob! Ohne Hut erkennt man die Leute doch besser, als wenn sie so ein turmhohes Ungetüm oder ein Wagenrad auf dem Kopfe haben, wie unsere modernen Damen es lieben. Und das dunkle blaue Kleidchen? Das hatten sie an, als ich Sie das erstemal kurierte. Wissen Sie nicht mehr? Ich weiß es noch rme heut."

Der Assessor packte seine Briefe zusammen und ging in sein Zimmer zurück. Aber auch dort hörte er die Stimmen noch eine Weile reden.

Und, nun mußten Sie doch wissen, daß ich Sie erkannte, und da hielten Sie mich für so kleinlich, daß Sie annahmen, ich könnte weniger von Ihnen halten, weil Sie nicht cnirnne il laut gekleidet waren ?"

Nicht ganz cornrrw il laut," stöhnte Cäcilie, wenn's das nur gewesen wäre! Aber ich sah ja schauderös aus, geradezu schauderös!"

Finde ich nicht. Das Spitzentüchlein stand Ihnen sogar recht gut"

Wie eine Großmutter muß ich drin ausgesehen haben! Und was mußten Sie überhaupt von mir denken, von diesem närrischen Aufzug?"

Wie eine nette, kleine Frau sahen Sie aus, und denken muhte ich, daß Sie eine solche werden sollten."

Von der weiteren Unterhaltung vernahm der Lauscher nichts mehr; aber noch am selben Abend wurde ihm eine Verlobung mitgeteilt, eine durchden Drücker" vermittelte Verlobung.

allein was lächerlich und verwundbar an uns ist. Sein Bruder heißt Charlie Chaplin.

Ob er wohl ahnt, aus welchen Quellen er schöpft? Ich glaube es kaum, dazu ist er zu sehr Artist.Haben Sie ge­lacht, haben Sie gut gelacht?" fragt er den Besucher. Und er hat recht. Grock ist kein Philosoph, er ist ein Clown. Aber was für ein herrlicher Clown! Nicht daß wir wissen, wie wir sind, daß wir uns lachend erkennen dürfen, befreit. Und er sorgt schon dafür, daß wir aus dem Lachen nicht herauskommen.

Grock verschmäht kein Mittel, auch das abgedroschenste nicht. Auch ihm springt der widerspenstige Fidelbogen ins Gesicht, auch er stolpert auf die eigenen Füße, oder der Klavierdeckel fällt ihm krachend auf die Finger. Aber wie er dieses Mißgeschick, das Tausenden von Exzentriks vor ihm genau so widerfahren, aufnimmt! Wie naiv, wie wahr­haft kindlich verwundert ist er über diese Schlechtigkeit der Welt und aller Dinge in ihr. Nie tut er das Nächstliegende, um all das Unheil abzuwehren, das über ihn hereinbricht. Wenn der Klavierstuhl so weit vom Flügel entfernt steht, daß er auch mit der größten Anstrenung die Tasten nicht erreichen kann, schiebt er nicht etwa den Stuhl heran, nein, er krempelt die Ärmel hoch und versucht mühsam, den Flügel von der Stelle zu bringen.

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Wir lachen bis zu Tränen, aber wir könnten ebenso gut vor Rührung heulen, so erschütternd, so menschlich ist er. Es macht ihm nicht nur Freude, gut Violine spielen zu können, er will auch mit dem Vogen jonglieren. Aber es mißglückt ihm. Immer wieder fällt der Bogen auf die Erde. Da geht er hinter einen Paravent und übt. Und siehe da, es klappt herrlich, man sieht, wie er den Bogen durch die Luft wirbelt, wie er ihn auffängt. Vergnügt kommt er an die Rampe: jetzt muß es gelingen. Aber es ist wie verhext. Jetzt, da er zeigen soll, was er kann, rutscht ihm selbstverständlich alles aus den Fingern. Also noch einmal zurück hinter die spanische Wand. Und wieder geht es wundervoll. Jetzt resigniert er aber schon. Das ganze Üben hat ja doch keinen Zweck. Miß-

Zum Gastspiel Grock am 13. Iuni im Stadt. Saalbau Pforzheim.

Ich habe eine Idee", erzählt ihm jemand, und ganz naiv fragt Grock zurück:Wo?"Natürlich hier, im Kopf." Oh, tut das sehr weh?"Aber nein, eine Idee tut doch nicht weh!" Da kommt es, voller Staunen über die Wunder dieser Welt, sein berühmtesNitööglich!"

Grock beherrscht ein Dutzend Instrumente meisterhaft. Doch das ist es nicht. Es gibt Clowns, die noch musikalischer, noch virtuoser sind. Er ist ein Exzentrik von besonderer Viel­seitigkeit aber all das machen andere Artisten ebensogut. Das Geheimnis seiner Wirkung liegt tiefer: Wir sind es selbst, die dieser lächelnde Melancholiker verkörpert, mit all den Verrenkungen unseres Herzens und unserer Glieder, mit

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mutig schlurft er in seinen riesigen Schuhen, die so selb­ständig sind, daß sie ihr eigenes Leben führen und nur noch mit Gewalt zur Raison gebracht werden können, nach vorn. Er ist ganz uninteressiert, er weiß ja, was kommen muß. Mißmutig fängt er zu jonglieren an und diesmal glückt es wirklich. Er aber hat nichts gemerkt. Er spielt schon weiter. Erst jetzt plötzlich fällt es ihm ein. Und ganz glücklich, wie ein Kind, streichelt er zur Belohnung den Fidelbogen.

Wie Chaplin ist Grock Textdichter, Schauspieler und Regisseur in einem. Was er sagt, hat die verblüffende, un­überwindliche Logik des Kindes. Er kann es nicht begreifen, daß wir mit unserem, ach so erwachsenen Verstand all das, was für ihn doch ganz selbstverständlich ist, so lächerlich finden.Waaaarum?" fragt er verwundert. Und wenn man es ihm erklärt, so schüttelt er still lächelnd den Kopf:Nitöööglich!" Er hat es doch nicht er­faßt: er denkt nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen. Und er hat das Herz eines Kindes.

Was für ein großer Schauspieler ist dieser Clown! Ganz leise, ganz sparsam denn er kommt auch ohne die Men­schen des Exzentriks aus deutet er mit einem leichten Herabziehen des Mundwinkels, mit einem Heben der Braue an, was in ihm vorgeht. Sein Alltagsgewand ist über­dimensional: ungeheuere schlappende Hosen mit riesigep Taschen, Ärmel, in denen man einen ganzen Zoo unter­bringen könnte. Dann muß er sich umziehen, Konzerte kann man doch nur im Frack geben. Dieser Frack nun, der ist einfach nicht zu beschreiben. Es ist nicht anders möglich, er kann ihn sich nur von einem Schlangenmenschen geliehen haben. Freudestrahlend erscheint er in seinem eleganten Aufzug. Doch nur zu schnell machen sich seine Mängel be­merkbar. Wo soll man nur mit den Händen hin? Die Ärmel reichen kaum bis zum Ellenbogen, da kann man beim besten Willen keine Hand mehr verschwinden lassen, Taschen gibts nicht, auch nicht in der Hose, und wenn es welche gäbe, sie wären doch unbenutzbar, so eng liegt der Stoff an. Nun steht er da, hilflos lächelnd, man sieht, wie ihm das Weinen im Halse steckt, was soll er auch anfangen, alle Glieder seines Körpers sind ihm plötzlich fremde Gegen­stände geworden. Man kann sie nirgends unterbringen, man kann nur noch mit einem Kopfsprung im brausenden Ge­lächter untertauchen.

Und bei alledem ist dieser törichte Weise ein Regisseur, vor dem sich ohne Spaß die meisten Bühnenleiter ver­stecken könnten. Jede Bewegung, jeder Effekt ist bis ins Letzte durchdacht und errechnet. Aber wir merken nichts davon, alles erfolgt ganz selbstverständlich, ganz unaufdring­lich, fast unbeabsichtigt.

Grock hat das Variete in eine Sphäre gehoben, in der uns wieder bewußt wird, daß das WortArtist" auch von Ars" stammen kann. Er ist in Wahrheit ein großer Künstler. B. Meisel.

Die Untersuchung über das Handwsit

lieber das Ergebnis der großen Untersuchung über die Lage des Handwerks im Reich wird u. a. berichtet: Die Untersuchung kommt zu der Feststellung, daß trotz aller Prophezeiungen das Handwerk keine Abnahme er­fahren hat; im Gegenteil, die mittleren Betriebe sind gegen früher verstärkt worden. Das Handwerk ist nach wie vor das eigentliche Gebiet des selbständigen Unternehmertums im Gewerbe, während die In­dustrie mehr und mehr in den Aktiengesellschaften, Kon­zernen usw. aufgeht. Von allen im Gewerbe tätigen Leh r-- lingen werden 80 v. H. !m Handwerk ausgebildet, dieses ist daher mit Recht als der Iungborn des gewerblichen Nachwuchses zu bezeichnen. Während aber früher das Handwerk die gesamte Erzeugung durchdrungen hat, ist > o jetzt auf insgesamt etwa 20 Hauptgewerbezweige zurück­gegangen. Das ist eine Folge der Nationalisierung. Am gesamten Umsatz der deutschen Erzeugung ist jedoch das Handwerk mit der beachtlichen Menge von 15 v. H. betulich.

Komm, Pfingsten!

Bring einen Hoffnungsglanz herbei den Herzen der Geringsten, und leg den verzäunten Himmel sret, komm, fröhliches, seliges Pfingsten! '

Schönaich-Carolath.

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