Die französisch-belgische Antwort bevorstehend.

Berlin, 31. Dez. Nach derB. Z." ist die Antwort Frankreichs und Belgiens auf die deutsche Weihnachtsdenk­schrift über einen modus vivendi im Ruhrgebiet nicht vor Mittwoch oder Donnerstag zu erwarten.

Die Frage der Herabsetzung der Besatzungskräste im Ruhrgebiet.

Paris. 1. Jan. DieEre Nouvelle" bringt als ein- zigeo Morgenblatt, die Besatzungskräfte im Ruhrgebiet würden binnen Kurzem so herabgesetzt werden, daß nur etwa ein Armeekorps dort verbleibe. Eine Befehlsstelle werde in Düsseldorf verbleiben und zwar über drei Divi­sionen. von denen eine in der Gegend von Düsseldorf selbst, die zweite in der von Essen und die dritte in der von Dort­mund untergebracht werde.

Belgisch« Krtegsgerichtsurteil« wegen angebliche« Sabotageakt«.

Aachen, SO. Dez. Das belgisch« Kriegsgericht fällte ge- stern nach mehrtägiger Verhandlung wegen angeblicher Sabotageakt« an Eisenkahnlinien, wobei Menschenleben jedoch nicht zu Schaden kamen, folgendes Urteil: Menzel aus Stolberg. gegen den der Anklagevertreter die Todes­strafe beantragt hatte, erhielt lebenslänglich« Zwangs- arbeit, Neuhaus au» Aachen 15 Zahre Zwangsarbeit, Schwager aus Aachen 1 Jahr Gefängnis, während Frön- gen aus Aachen freigesprochen wurde. Alle vier stehen im Ater von 1920 Jahren. Tine Anzahl weiterer Angeklag- ter, die fluchtig find, wurden in Abwesenheit verurteilt und zwar fünf zum Tode, die übrigen zu Zwangsarbeit von 1520 Jahren oder Gefängnis bis zu 15 Jahren.

Französisches Borgehen gegen separatistisch« Raubgeselle«.

Pari», zi. Dez. DerEclair" berichtet, daß am 11. Dezember, was bisher verschwiegen wurde, der bekannte Agitator und Vorsitzende der französischenRheinliga". Paul Höckel, durch die französische Polizei verhaftet wurde. Aus einer Erläuterung des Blattes geht hervor, dah Höckel mit Separatisten eine Geldsendung der Reichsbankstelle Frankfurt (Main) nach Wiesbaden abgefangen und den Raub in der Villa Dortens in Wiesbaden niedergelegt hatte. Hier wollte Höckel die Verteilung des Geldes unter die verschiedenen Befehlsstellen der Separatisten vorneh­men. Für diese Tat habe Höckel dem französischen Befehls­haber in Wiesbaden gegenüber die Verantwortung über- nommen, um Schwierigkeiten mit der deutschen Polizei zu vermeiden. Der französisch« Oberkommissar in Koblenz hat Instruktionen vom Quai d'Orsay verlangt, und dieser habe die Verhaftung Höckels gebilligt

Da» Rüstnngsfieber k» der Große« und Kleine« Entente.

London, 81. Dez. Der diplomatische Berichterstatter de» Daily Telegraph" schreibt, da« französisch-tschechische Dünd. nis sei weiterhin das in diplomatischen Kreisen am Mei- sten erörterte Thema. In London herrsche allgemeine lleberraschung darüber, daß die Staatsknnst Prags, die

4» Das Auge des Buddha.

Roman von Friedrich Zacobsr«.

Zwölftes Kapitel.

Judica war nun schon länger als Jahresfrist verheira­tet, und im Vergleich zu Lottchen konnte sie fast als eine erfahrene Frau gelten, zumal ihr« LebensMcksale beweg, ter und vielseitiger gewesen waren: aber ihren Gatten hatte sie immer noch nicht ergründet, obwohl der weib­lich« Instinkt die Rätsel der Ehe schneller zu lösen pflegt, als er den gröberen Sinnen dc» Mannes möglich ist.

John Perry glich bis zu einem gewissen Grad dem Juwel, das er als einzigen Schmuck und mit einer Hart näckigkeit trug, di« fast an Aberglauben grenzte: denn die Physik lehrt uns, daß Schwarz nicht eine eigentümliche Farbe, sondern vielmehr di« Abwesenheit alles Lichts und aller Farben bedeutet, und so konnte es Zeiten geben, in denen der Charakter dieses Mannes farblos und ohne jedes Gepräge zu sein schien. Dann aber wieder strahlte er ei» seltsames Feuer aus, und in diesen, allerdings seltenen Stunden, ahnte die junge Frau, daß sie selbst die Sonne sei, deren iEuflutz jene Veränderung Hervorrufen konnte.

Zn erster Linie empfand sie zu ihrem Gatten ein Ge­fühl der Dankbarkeit. Er hatte sie aus Verhältnissen ein- porgehoben, die nach dem Laus der Tagesmode nicht in die Höhe, sonder» nur in die Tiefe führen konnten, und er umgab sie mit einem Glanz, von dem der Zirkusflitter abstach wie böhmische« Glas gegen Edelstein. Aber er be­wies auch ein -rohes Vertrauen mit diesem Handeln. Denn die Tochter de» ungarischen Wachtmeisters und einer Zi­geunerin war au» dunkeln Verhältnissen heroorgegangen, «ährend John Perry auf eine Reih« stolzer Ahnen zurück- Hlickte: wen» nicht englisch-amerikanischer Spleen dabei i»

bisher viel Vorsicht und Mähigung gezeigt habe, sich in eine Allianz habe verwickeln lassen, die früher oder später fast unvermeidlich Europa wieder in zwei bewaffnete Lager teilen müsse. Die öffentliche Meinung Italiens sei wegen des zwischen Paris und Prag geplanten Paktes am meisten besorgt, weil sie der Ansicht sei, dah, wenn ein derartiger Pakt auch gegen Deutschland gerichtet sei, er doch die Konsolidierung der Kleinen Entente mit Unterstützung Griechenlands bedeute und der geplanten italienisch-russi­schen Verständigung im Wege stehen könnte. Das Ergebnis könnte fein, dah die Versöhnung zwischen Italien u. einigen seiner früheren Feinde, wie Ungarn und Bulgarien er­schwert würde und dah diese Versöhnung mit der letzten italienisch-spanischen Annäherung verbunden wäre. Jnzwi- chen seien weitere Symptome einer weiteren polnisch-italie. Nischen Annäherung vorhanden. Die italienische Firma Peronne verhandle mit dem polnischen Generalstab wegen des Baues großer Rüstungs- u. Munitionswerke in Polen.

Deutschland.

Der Reichsfinanzminkster über di« Währungspolitik mit der Rentenmarl.

Köln, 29. Dez. In einer eingehenden Unterredung mit dem Berliner Vertreter derKölnischen Zeitung" erklärte Reichsfinanzminister Dr. Luther u. a.. dah seit dem Tage, an welchem die Rentenbank mit der Ausgabe von Rentenmarkscheinen begonnen hat, den 15. November, Schatzanweisungen des Reiches nicht mehr diskontiert wer- den durften und nicht mehr diskontiert wurden und dah damit die Notenpresse für die Zwecke des Reiches bei der Reichsbank stillgelegt war. Die Steigerung des Noten­umlaufs der Reichsbank nach dem 15. November ist auf private Bedürfnisse zurückzuführen. Demgegenüber gingen die Echatzanweisungsbestände der Reichsbank von 189,8 Trillionen Mark am 15. November auf 96,9 Trillionen am 30. November zurück. Die Steigerung des Notenumlaufs hat nur insoweit mit den Bedürfnissen des Reichs etwas zu tun. als in den Ausweisen vom 23. November und 30. November noch nicht abgerechnete Rentenmarkverkäufe er­scheinen. welche die Reichsbank für Rechnung des Reiches aus dessen verzinslichen Krediten aussührte, wofür sie den Gegenwert in Notenform dem Reick)« bereits zuführen muhte, llebrigens verminderten sich die Schatzanweilungs- bestände inzwischen weiter erheblich und dürsten in Kürze ganz abgedeckt fein. "Akf^die Frage des Berichterstatters, ob sich durch die Wirksamkeit der Rentenbank eine neue Juflationsqueü« eröffne, antwortete der Minister vernei- «end. Auch die Frage, ob durch das Hinzutreten der Ren­tenmarkbeträge zu dem bisherigen Notenumlauf nicht die Gefahr einer inflationistischen Wirkung entstehe, verneinte der Minister, indem er hierzu ausführte, dah durch den Umtausch von Papiermark gegen Rentenbankscheine sich entsprechend der Umlauf an Papisrmark verringere. Aber selbst wenn das volle Kontingent in Umlauf käme und zu den gegenwärtig im Verkehr befindlichen Geldzeichen hin-

Spiel war, dann muhte es wohl ein Stück Liebe sein oder zum mindesten ein ausgeprägter Schönheitssinn, der das Kind der Puhta und des geharkten Sandes ganz unvermid- telt in das Millioneaoiertel der fünften Avenue zu New- york verpflanzte.

Für eine leidenschaftliche Liebe war der Altersunter­schied zwischen den beiden Ehegatten wohl etwas zu groß, aber Judica fühlte, datz ihre geistigen und körperlichen Eigenschaften sie vorzugsweise befähigten, durch Dick und Dünn der gute Kamerad dieses unermüdlichen Globetrot­ters zu werden Die jung« Frau besah Mut und Ausdauer, sie konnte zehn Stunden im Sattel fitzen und, wenn es Not tat. auch eine Büchse sichren: sie sehnte sich danach, zum mindesten der Z-ltgenosss ihres Mannes zu sein, und ge- rade hier versagte die Nachgiebigkeit Johns, der sonst wie alle Amerikaner seiner jungen Frau eine große Selbstän­digkeit lieh.

Er hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, die Hände über sie zu halten, von jenem ersten Augenblick, wie sie den Salto mortale über dis Hürde zu machen hatte und er ihre Fatme auf die Möglichkeit dieser Leistung hin untersuchte: schon auf der Ueberfahrt von England, wo die Trauung stattgesunden hatte, nach Newyork schon am Katzen­sprung stellte sich das heraus und bestimmte zugleich das Programm der Zukunst. Denn da war eine Mütze voll Wind herausgekommen und hatte die klein« Luxusjacht etwa» unsanft geschüttelt. John sah auf dem Verdeck an einer geschützten Stelle und rauchte seinen Navycut, und Judica wollte sich zu ihm gesellen: da nahm er die Pfeife quer und sagte aus dem linke» Mundwinkel:

Ich Litte dich Darling, geh in die Kabine,- du könntest hier oben seekrank werden."

Das werde ich unten viel eher. John!"

Well, aber bei Sturm gehöre» Ladys unter Deck."

zutrete, würde die Summe aller Zahlungsmittel in Gold umgerechnet gegenüber der Vorkriegsziffern nicht als groh »scheinen. Während gegenwärtig an Rentenbankscheinen, Reichsbanknoten, kleineren Eoldanleihestücken und Not­geld etwa 2400 Millionen Goldgeld im Verkehr seien, be- Uese sich der gesamte Zahlungsmittelumlauf 1923 in Deutschand auf 5.65 Milliarden. Man könne also keines- wegs von einer Uebsrsättigung des Verkehrs mit Zah­lungsmitteln sprechen. Für den zukünftigen Umlauf der Rentenmark und seine Beurteilung sei es wichtig zu wissen, dah für die Nentenmark Aufsaugungen und Anlagemög­lichkeiten geschaffen sind, die deflationistilch wirken mühten, und zwar seien das über 100 Nentenmark lautende Renten­briefe der Rentenbank. Nach einer Umwandlung in diese verlören die Rentenbankscheine ihren Charakter als Zah- lungsmittel. Ferner würde das Reich auf Rentenmark un. verzinsliche Schatzanweisungen ausgeben, die eine vorzüg­liche Anlage für Rentenmarkdepostten bilden. Schließlich erklärte der Minister, dah selbst im Falle iiuherst dringe«, der finanizeller Sorgen eine Jnflationspolitik unter seine, AmtstStigkeit ausgeschlossen sein werde, und dah nach sei­ner Ansicht kein Finanzminister des Deutschen Reiches die. sen Weg wieder beschreiten werde.

Die Frage der Aufhebung de» Ausnahmezustand» im Reich.

Berlin, 2. Jan. Wie derBerliner Lokalanzeiger" aus parlamentarischen Kreisen erfahren haben will, wird die Verordnung der Reichsregierung über die Abänderung des Ausnahmezustandes von links gerichteten Parteikreisen als nicht ausreichend angesehen. Vertreter der Sozial­demokratie hätten deshalb gestern mit Mitgliedern der bürgerlichen Koalitionsparteien Fühlung genommen, in­wieweit auf bürgerlicher Seite für eine restlose Beseiti­gung des Ausnahmezustandes Stimmung vorhanden sei. Die Sozialdemokraten seien für eine sofortige Einberufung des Reichstages eingetreten. Auf bürgerlicher Seite sei man indessen der Meinung, dah schon aus auhenpolitischen Gründen eine restlose Aufhebung des Ausnahmezustandes gegenwärtig kaum möglich sei.

Zu dem Bombenattenlat in Hannover.

Hannover, 31. Dez. Zu der vor einiger Zeit vor den Toren der Stadt erfolgten Sprengstoffe^ploflon und dem kurz darauf gegen das Regierungsgebäude verübten Vom- benattentat teilt das Polizeipräsidium mit: Die Bomben- attentate sind von Mitgliedern der Kommunistischen Par» tei ausgeführt worden. Die Zentralleitung in Berlin und die Bezirksleitung Hannover hatten Anweisung ergehen lassen, Sprengstoffs und Sprengkörper zu beschaffen und ein besonderes Kommando zu bilden, um die Bevölkerung, die Behörden und mißliebige Personen und Beamt« zu be- unruhigen. Es ist gelungen, einen Teil der Srengstoffe zu beschlagnahmen und eine Anzahl Personen festzunehmen, die als Mittäter in Frage kommen. Gestern abend ist ein Mann verhaftet worden, der im Besitz einer fertigen Bomb« war.

Fast wollte sie böse werden, aber es kam nur bis zu einem kurzen Lachen:

Ich bitte dich, John, unsereins hat doch kein« Nerven! Denke dir. es fehlt« nicht viel daran, so wäre ich Löwen­bändigerin geworden!"

Da nahm er die Pfeife au» de« Zähnen und machte ein englisches Gesicht:

Judica, wir wollen bei dieser Gelegenheit den ersten Paragraphen unseres Ehekontrakt» festsetzen. Was du ge­wesen bist, weih ich, und es kümmert mich nicht mehr: von jetzt ab bist du Frau Perry und damit eine amerikanische Lady. Ich will dir zehn Reitpferde halten und wenn du Lust hast, auch eine zahme Löwin, aber das Bändigen hat ein Ende, sonst fängt es an der unrichtigen Stelle wieder an, und das möchte ich unter allen Umständen vermeiden."

Sollte Judica eine Sklavin werden.

Nein, Tyrannei lag durchaus nicht in Johns Charak­ter, sie ist der Ausfluh einer kleinlichen Gesinnung, und dieser Mann mit der jestgemeihelten Stirn war in vielen Dingen großzügig angelegt. Bei dem Amerikaner ist das einmal so: die gerühmte Selbständigkeit seiner Frauenwelt beruht viel weniger darauf, dah di« «ntgegenstehenden Hindernisse beseitigt, als dah man ihr keine Gelegenheit gibt, Hindernisse zu finden: sie braucht sich keinen Platz mit den Ellenbogen zu schaffen, weil der Platz für sie offen gehalten wird vor einer Lady steht keiner aus, weil sich niemand in ihrer Gegenwart fetzt.

Man kan» in gewissem Sinne von einem Puppen« dasein sprechen, und gerade dagegen sträubte sich Judica, Natur, wenn sie auch das Puppenheim, zu dessen Hern» da» Schicksal sie auserkoreu hatte, recht gerne hinnahm.

(Fortsetzung folgt.)