Nr. 1
Amts-
und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Lalw.
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Mittwoch, de« 2. Januar 1924.
B»z«-«preie: -n der Stadt mtt Lriigerlayn LlL-MiUiarden Mk. «öchenUrch v>s»d«zug»pr«1t Ä» Milliarden Mk. ohne Bestellgeld. — Lchluh der Anzeigenannahme 8 Uhr »vrmnmgt.
Neueste Nachrichten.
Wi; aus Paris gemeldet wird, ist mit der Antwort Frankreichs und Belgiens auf den deutschen Vorschlag der Einleitung von direkten Verhandlungen über die Wiederherstellung der Rechte Deutschlands im Rheinland und Auhrgrbiet heute oder morgen zu rechnen. Ls wird sich dann zeigen müssen, inmirweft die Erklärungen de« Präsidenten der französischen Republik, datz Frankreich „mit ganzer Seele sür den Frieden" sei, wird« einmal Heuchelei gewesen sind.'
Den Anfang mit dem vorgeblichen guten Wille« will man an- sch inend mit dem dlbba« der Besatzuugskräfte im RuhrgeSiet machen, auch einen separatistischen RaubgeseUrn, der den Leid» raub zu plump betrieben hatte, hat man verhafte» lasse«.
Der Reichspräsident, der Reichskanzler und der Reichsouhen- ministe» haben ans Anlaß des Beginns des treuen Jahres Erklärungen über die Lage Deutschlands »nd unsere Zukunst abgegeben.
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Rech einer Darstellung des statistischen Vandesamt« ist nach den seitherigen Feststellungen mit einem Bevölkerungsrückgang in Württemberg im letzten Jahre z» rechnen.
Jas MW Neujahr.
Neujahrsempfang beim Reichspräsidenten.
Berlin, 1. Jan. Beim Reichspräsidenten fand am heutigen Reujahrstag der übliche Empfang des diplomatischen Korps statt, an dem sich die Botschafter, die Gesandten und die Geschäftsträger sämtlicher in Deutschland vertretenen fremden Mächte eingefunden hatten und bei dem auch der Reichskanzler zugegen war. Als Doyen des diplomatischen Korps hielt der apostolische Nuntius, Monsignore Pacelli, eine Ansprache, in der es u. a heißt: Herr Reichspräsident! Das soeben verflossene Jahr ist nicht ohne schwere Schmerzen und Leidey^jür die Menschheit dahingegangen. Aber besonders an diese den man gewöhnlich mit Freuden und Fröhlichkeit feiert, sich unsere Blicke mit einer umso innigeren Teilnahme ach wisse unglückliche Klassen des Volkes, in dessen Mitte wir lieben. Das sind die werktägigen Stände ebenso wie die Geistesarbeit«, das ist der Mittelstand, das sind Kranke. Greise, Frauen und Kinder, denen oft das Allernötigste zum Leben fehlt. Wir sprechen den edlen Menschen unseren Beifall aus, die sich bemühen,-^' ein so erschütterndes Elend zu lindern, und wir wünschen glühend, daß alle Nationen sich gesunder und ruhiger Wohlfahrt erfreuen mögen, die auf Gerechtigkeit, auf friedlicher Arbeit >"'d auf brüderlicher Liebe beruht, — Reichspräsident Ebert erwiderte darauf mit folgenden Worten: Herr Nuntius! Meine Herren! Es ist mir eine ganz besondere Freude, wieder aus Ihrem Munde die Glückwünsche entgegenzunehmen, die Sie mir und dem deutschen Volke aus Anlatz des heutigen Tages im Namen des diplomatischen Korps auszusprechen die Güte hatten.
Es ist bei Beginn dieses neuen Jahres der sehnliche Wunsch des deutschen Volkes, in seinem harten und dauernden Ringen um sein Leben und seine Zukunst, das auch ihm bald das hohe Gut ruhiger Arbeit und friedlichen Lebens im Kreise der Völler be- schieden sein möge. Mit der Hoffnung, datz der von Ihnen jo warmherzig gewünschte Geist der wahren Menschlichkeit im neuen Jahre sich weiter ausbreiten und immer tiefere Wurzel fassen möge, verbinde ich, Herr Nuntius, meine Herren, die Bitte, Ihren Staalsoberhäuptern. Regierungen und Völkern meine herzlichsten und aufrichtigsten Wünsche für rin glückliches und friedliches neues Jahr zu übermitteln. — Der Reichspräsident begrüßte alsdann die diplomatischen Verirrter und tauschte in Einzclgesprächen mit ihnen Rrujahrswünsch« au».
Im Anschluß daran empfing der Reichspräsident den Reichs» lonzler, die Reichsminister «nd di« Etaatssekre- t L r r. Der Reichskanzler hielt hierbei folgende Ansprache: Herr Reichspräsident! Namen» der hier versammelten Minister !«»d Staatssekretär d« Reiche, -ab» ich die Ehr«, de» Herr,
Reichspräsidenten die herzlichsten Glückwünsche zum neuen Jahre zu entbieten Dunkel liegt das Jahr 1923 hinter uns. Aber die edlen Eigenschaften des deutschen Dolles, die in der Zeit der Not besonders hell zutage treten, lassen uns die Hoffnung schöpfen, datz es uns trotz aller «ntgegenstehenden Hindernisse möglich sein wird, das deutsch« Volk und Vaterland einer besseren Zukunft entgegenzuführen. Eine Regierung, die fest in sich vereint und entschlossen für das gemeiniame Ziel, das deutsche Vaterland zu retten, ihre Kraft und ihre Anstrengungen einsetzt, wird in einmütigem Zusammenwirken mit Ihnen, Herr Reichspräsident, eine Gewähr dafür bieten, datz das Jahr 1924 ein erfolgreiches sein wird für den Wiederaufstieg unseres Volkes und Reiches. — Der Reichspräsident erwiderte darauf: Die Glückwünsche, die Eie mir zum Neujahr auszusprechen so freundlich waren, erwidere ich aufs herzlichste. Mit lebhafter Genugtuung nehme ich Ihre von großem vaterländischen Pflichtgefühl getragen« Versicherung der selbstlosen und verantwortungsbewußten Arbeit im Dienste des deutschen Volkes entgegen. Die Reichsregierung mußte zu tief einschneidenden Maßnahmen greifen, zn Maßnahmen, die den Einzelnen schwer treffen, aber doch notwendig find, um die Lebcnsmöglichkeit des Landes zu erhalten. Bei allen Anstrengungen des Reiches ist dem schlimmsten Elend nur zu steuern, wenn jeder Einzelne nach besten Kräften mithilft. Mit Befriedigung kann man feststellen, daß bei uns und im Ausland« sich viele menschenfreundliche Herzen und Hände zeigen, ober noch find viele unter uns, di« unberührt von der Not des Volkes abseits stehen. An sie richtet sich unier dringender Appell zur Menscheupflicht. Auch die Zukunft wird von un« allen ch--!ei^rdern. w mn wir unsere
nationale Existenz erhalten und sichern wollen. Zur Erreichung dieses Zieles Ist mehr denn je gerade heute der Wille des ganzen deutschen Volkes zur Zusammengehörig keüt notwendig. Nicht in dem Widerstreit der Interessen und Ideen, nicht in dem täglichen Betonen der bestehenden Gegensätze liegt der Weg zur Zukunft unseres Volke«, sondern in dem Hervorheben des Gemeinschaftlichen und in dem Willen zur Volkszusammengehörigkeit. die unser aller Schicksalsgemeinschaft ist Daß dieses Ziel und die'er Geist der Sammluna das deutsche Volk im neuen Jahre mehr als bisher leiten möge, ist mein herzlichster Wunsch am heutigen Tage. Hierzu nach besten Kräften beizntragen, ist die aufrichtig« Bitte, die ich an Sie, meine Herren, richte.
Hiernach empfing der Reichspräsident den Retchstags- prälidenten und dessen Vizepräsidenten Dr Richer, die ihm die Glückwünsche des Reichstages übermittelten und die Hoffnung aussprachen, daß das neue Jahr durch eine Erleichterung der außenvolitischen Lage und durch eine innere Sanierung dem deutschen Volk segensreich werden möge Der Reichspräsident erwiderte die Wünsche mit Worten des Dankes und gab der Erwartung Ausdruck, daß der Reichstag, dessen Tätigkeit durch die dringende Not der finanziellen Lage zur Zeit etwas in den Hintergrund getreten fei. bald wieder in seine vollen Rechte und seine ganze Arbeit eingesetzt werde. Darauf sprach eine Abordnung des Reichsrates dem Reichspräsidenten die Glückwünsche des Reichsrates aus. Hierauf übermittelten die Vertreter der Heeres- und der Marineleitung dem Reichspräsidenten die Wünsche des Reichsheeres und der Reichsmarin« zum neuen Jahre. ^-p
Erklärunge» de» deutschen Reichskanzler» und des Reichs,
. . außenminifter».
Berlin, 81. Dez. Die „Germania" veröffentlicht das Geleitwort des Reichskanzlers zum neuen Jahre, in dem es heißt: Die deutsche Regierung hat zu End« des Jahres 1923 den Weg der Verständigung beschriften, sie wird ihn auch im Jahre 1924 weiter gehen, ungeachtet der Hindernisse, die sich Ihr entgegekistellen. Obwohl aus tausend Wunden blutend, hat das deutsche Volk noch nicht den Mut verloren. Es hofft immer noch, weil es selbst schafft und Werte erzeugt, in die freie Arbeit eintreten zu können in der Reihe aller Nationen, die bestrebt find, di, Wunde» des Krieges und der Nachkriegszeit zu heilen. Wir sind dankbar ftir jedes Zeichen von Wohlwollen, dankbar auch sür jede willige Hilfsbereitschaft der Welt, fei sie wirtschaftlich oder politisch gedacht. Deutschland hat den Willen zur Mitarbeit und wird ihn durch die Tat beweisen, wenn seine Hände von den Fesseln befreit sein werden, die es heut« noch an der Mitarbeit in der Reihe aller Nationen behindern. — Di« »Zeit" enthält einen Ausblick in da» neu« Jahr, in dem Reichs» minister de» Aeußer». Dr. Stresemann, ». «. jag»; U, hi«
Stelle der Scheinblüte der deutschen Wirtschaft, die das Ausland im-mer zu einer wirklich großen Prosperität stempeln wollte, ist heute die völlig deutsche Armut getreten. Es ist klar, daß wir Leistungen nach außen in dieser Situation nicht zu übernehmen vermögen. Es ist weiter klar, daß wir einer internationalen Anleihe bedürfen, die uns die Möglichkeit gibt, für unsere Lebensmittelversorgung das Nöiige herbeizusrl,-affen, unsere Währung zu stabilisieren, unserer Industrie die notwendigen Rohstoffe zu- zusühren, um so den Grund zu legen für eine zukünftige wirkliche deutsche Wirtschaftsprosperität. Dazu ist nötig eine Zeit ruhiger Entwicklung, dir Sicherheit der Grenzen, die Wiederherstellung der deutschen Souveränität, kurz die Geltendmachung der Rechte aus dem Versailler Vertrag seitens Deutschlands und ihre Anerkennung durch die Eignatarstaaten des Vertrages. Deutschland ohne Rhein und Ruhr ist nicht das Deutschland, da- überhaupt Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag zu übernehmen vermöchte.
Die französische Kolonie in Berlin wünscht Derständiguug.
Paris, i. Jan. Havas berichtet aus Berlin: Ein Vertreter der sranzöfischea Kolonie drückte bei dem heutigen Empfang in der französischen Botschaft den Wunsch aus, daß das geplante Abkommen zwischen Frankreich und Deutschland möglich gemacht werde. Die französische Kolo- nie bringe den Wunsch zum Ausdruck, das Jahr 1924 möge eine politische Entspannung bringen, die für die französischen Geschäftsleute in Deutschland die Grundlage des Erfolges sei, damit sie ihre Ausgaben im Interesse der sran» zösischen Industrie und des französischen Handels durchführen könnten. — Der Botschafter versicherte die Franzosen in Berlin der wachsamen Aufmerksamkeit, die die französische Negierung der Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und Deutschland widme und erklärte: Möge das Jahr 1924 allen denen, die die Aufgabe haben, den Frieden wiederherzustellen, jenen Klar- blick und jene Herrschaft über sich selbst und jenen Glau- den und jenes feine Gefühl für die Erfüllung internationaler Verpflichtungen geben, die allein in der Lage sind, ein dauerhaftes Gebäude sür die nötige Solidarität aufzurichten.
Neujahrsempfang in Paris.
Parks, 1. Jan. Bei dem heutigen Neujahre.mpfang des diplomatischen Korps im Elysee erklärte der Doyen, der päpstliche Nuntius, Monsignore Eeretti. in einer An- spräche, die jeden beunruhigenden tragischen Ereignisse, die den Verlauf des vergangenen Jahres gekennzeichnet hätten, brauche man nur in die Erinnerung zu rufen. Trotz- dem sei es möglich gewesen, den Frieden zu erhalten. Angesichts der Gefahren habe sich die menschliche Solidarität stärker 'erwiesen als alle Egoismen. — Der Präsident -er Republik sagte in seiner Erwiderung, die Beharrlichkeit der französischen Politik, die mit unerschütterlicher Mäßigung (!) durchgeführt worden sei, habe schließlich doch Früchte getragen. Es scheine, daß man das Herannahen der endgültigen Gesundung und des endlichen Friedens begrüßen dürfe. Frankreich, dessen Genie dem Haß und der Zwietracht so fern stehe, wünsche von ganzer Seele Frieden und Entspannung. — Wahrlich, die jrapzöstsche Heuchelei stinkt zum Himmel.
Die belgische Politik.
Brüssel, 1 . Jan. Bei dem Neujahrsempfang im königlichen Schloß sagte der König in Erwiderung auf eine An- spräche des Präsidenten der Deputiertenkammer, die Regelung der Reparationsfrage sei für die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts Belgien» unerläßliche Die Berechtigung der Reparationen sei wie von der ganzen Welt so auch von Deutschland anerkannt worden. — Dem Präsidenten de» Senat» erwiderte der König aus dessen Ansprache, die Haltung Belgien» sei durch sein« palitisch» und geographisch» Lag« bestimmt «nd ziele darauf «b. die bestehende» KrenMhafte» «usrechtznerhalte».