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Nummer 3V4

Fernruf 17S

Samstag, den 28. Dezember 1929

Fernruf 17S

64. Jahrgang.

polnische Vochemundscha«

Weihnachten vorbei! Der Reichstag und der Reichs­rat haben Ferien gemacht. Die Gesetzgebung hat in letzter Stunde mit Schnellzugstempo gearbeitet. Man hatte das Gefühl, als ob unsere wackeren Reichsboten nicht mehr ganz bei der Sache, daß sie vielmehr im Geiste schon zu Hause bei Mutter und Weib und Kindern wären und daß sie kaum die Stunde erwarten könnten, in der der Zug sie aus dem Weihnachtstrubel der Weltstadt in die heimtliche Stille entführt.

Denn wohl selten hat der Reichstag in so kurzer Zeit, in nicht ganz vier Tagen, so viele Gesetze und dazu Gesetze von entscheidender Bedeutung verabschiedet, als in der letzten Woche, die Tabaksteuernovelle und die Beitrags­erhöhung für die Arbeitslosenversicherung, die Billigung der Vertrauenserklärung für die Regierung und die Annahme ihres Programms für die Finanzreform, die Revision von Industrie- und Agrarzöllen, namentlich von Roggen- und Futtergerstenzöllen, und nicht zuletzt die Ansammlung eines Tilgungsfonds.

Letzteres war eine ganz besonders schwierige Sache, und doch ging sie mit überraschender Leichtigkeit durch, ohne großen Widerspruch, ohne parteipolitische Kämpfe. Kein Wunder, denn die Reichskasse war in allergrößter Not. Sie hatte nicht einmal mehr das Geld zur Auszahlung der Beamtengehälter, und schon hatte Staatssekretär Dr. Popitzin Vertretung des Reichsfinanzministers" an die Finanzminister der Länder geschrieben, er könne zunächst nur die Hälfte der fälligen Steuerausschüttungen vornehmen.

Fatal, ganz fatal. Noch nie dagewesen. Um so fataler, als bas amerikanische Bankhaus Dillon u. Read, von dem anfänglich ein Pump von 400 iMllionen Mark versprochen worden war, plötzlich am letzten Donnerstag abtelephonierte. Wo jetzt Hilfe bekommen? Am Ende blieb nichts anderes übrig, als Dr. Schacht, dem kurz vorher Dr. Hilf er- ding einen recht ungehaltenen Brief auf sein Memoran­dum hin geschrieben hatte, um seine Vermittlung auzurufen. Der ließ sich dann auch erbitten, aber unter der Bedingung, daß der Reichstag, bevor die Weihnachtsglocken läuten, einen Tilgungsfonds zur Erledigung der schwebenden Schuld" im Betrag von 450 Millionen beschließe. Dieser Fonds soll aus Steuern und Einsparungen bei den Ausgaben gespeist werden.Dieser Weg," sagte der Reichskanzler,ist gewiß schwierig und dornenvoll. Cr wird aber von Regierung und Reichstag beschritten werden müssen, wenn wir zu einer endgültigen Sanierung der Reichssinanzen kommen wollen."

Und nun beschritk man den Weg. Wird man aber bei den Ausgabeneinsparen"? Das Volk glaubt nicht daran. Es hat schon dutzendmal erleben müssen, daß Aus­gaben ohne Deckung beschlossen wurden. Und wie steht es mit denSte u ersen ku n g e n"? Eine Fata Morgana, ein leeres Traumgebilde, an dessen Verwirklichung ebenfalls niemand mehr glaubt, weshalb auch der Reichskanzler weis­lich darüber schwieg. Das ganze Sanierimgsverfahren aber nannte ein Abgeordneter nicht mit Unrecht einHeft- pfsaste«'". D"s R»ich ze>at dasselbe der allgemeinen fi­nanziellen Zerfahrenbeit wie die Stadt Berlin, die sa nun ricksig unter Staats- oder Geschäftsaufsicht gestellt wurde. Dis Reichshauptstadt mit ibrem Selbstverwaltunas- recht, auf das sie immer so stolz pochte, genau von der Re­gierung bevorw'mdet. wie e« sonst nur kleinen armen Ge­meinden, etwa Erbach, passieren kann.

Nun also und darüber wollen wir froh sein sind wir abermals mit einem Pump glücklich über die Schwelle des neuen Jabres hinübergeknmmen. Dabei sind zwei unter die Räder gekommen: Staatssekretär Dr. Popitz und ein vaar Stunden nachher der Rsichsfinanzminister Dr. Hil- ferding, über den kurz zuvor der Deuischnaiionale Dr. Bang im Reichstag erklärte:Ein Mißtrauensvotum gegen den Reickssmanzminister haben wir nicht einqebrocht, weil unser Mißtrauen so groß ist, daß es durch die Form eines solchen gar nicht genügend zvm Ausdruck kommt." Die beiden sind nicht zu bedauern. Dis aber sind wahrlich nicht st zu beneiden, die ibr Erbe übernehmen nämlich der bis­herige Reichswirtschaftsminister Dr. Moldenhauer und sein bisheriger Ministerialdirektor Dr. Schösser.

Weihnachten! Dieses Fest der Christen sollte, so denkt man, allüberall, wo e^ Christen gibt, gefeiert werden. Das ist aber nicht so. Wenigstens ist es nicht überall erlaubt, deutsche Weihnachtslieder zu singen. Da gab's in Dir- schau (Neupolen) einen Lehrer Bartsch, der von der polnischen Regierung an die Warschauer Gemeinde­schule strafversetzt wurde. Warum? Die Staatspolizei meldete:Paul Iankowski hat mehrfach bei Zartsch, der sein Haus in deutschem Geiste führt, mit Frau und Kindern deutsch spricht, das Spielen deutscher Lieder auf dem Har­monium gehört, z. B,Ich halt' einen Kameraden" und

ragesiiiiegel

Das Reichskabinett hak am Freitag die Mitglieder der deutschen Abordnung für die zweite Haager Konferenz be­stimmt.

Der badische Skaatspräsidenk hak dem Papst zum Gol­denen Priesterjubiläum die Glückwünsche der badischen Skaalsregierung ausgesprochen.

Das Rückkriktsgesuch des amerikanischen Botschafters in Berlin, Jakob Gould Schur man, ist vom Präsidenten hoover bewilligt worden.

In der französischen Kammer wurde am Freitag die Politik Driands von den Abgeordneten Franklm-Bouilloa und Reibet aufs neue heftig angegriffen. Die Abgeordneten verlasen Artikel und Briefe von Marschall Fach vom Jahr 1S26, in denen Fach sich entschieden gegen die Räumung ausspricht.

Tardieu wird vor der Londoner Konferenz noch eine große außenpolitische Rede halten und noch einmal die Ver­trauensfrage stellen,damit alle Abgeordnete der Mehr- heitsparkeien in die Verantwortlichkeit verstrickt werden und der Regierung nicht in den Rücken fallen können".

Aus London wird gemeldet, daß Mac Donald an der Haager Konferenz nicht teilnehmen werde. Die japanische Abordnung unter Wakatsuki für die Flotlenkonserenz ist in London emgekroffen.

Am Weihnachtsabend sind Scharen russischer Bauern auf polnisches Gebiet geschlichen, um hier einen Weihnachksgot- lesdiensl abzuhallen, da die Sowjetregierung die Weihnachts­feier verboten hat.

Das Schatzamt in Washington gab bekannt, daß ISO Millionen Dollar zu viel Steuern bezahlt worden seien. Der ganze Bekragwerde zurückbezahlt. Zu viel gezahlte Steu­ern ein Meerwunder, ein doppeltes Wunder, wenn sie zurückgezahlt werden.

,.O Lannenvaum". Er Porte auch das Singen diese: Lieder in deutscher Svrache durch die ganze Familie, die Erwachsenen und die Kinder zusammen." So weit ist man also mit dem Deutschenhaß in Polen! Ein deutscbstämmiger Lehrer darf in seinem eigenen Haus nicht einmal das Lied O Tannenbaum", ein Lied, mit dem jedes Kind, noch be­vor es schreiben und lesen kann, das Weihnachtsfest begrüßt, singen lassen, und wenn er es dennoch tut, so wird er straf­versetzt. Und diesem Volk bieten deutsche Unterhändler Liebesgaben im Betrag von Milliarden an.

In Rußland freilich geht man noch e wn Schritt wei­ter. In der Nähe von Kiew gibt es ein Kloster, das 900 Jahre alt fein soll. Es. zählt zu den größten Heiligtümern des Reichs. Dasselbe wurde am letzten Sonntag auf Befehl der Ukranischen Regierung geschlossen, und ferne Räume wur­den einem kommunistischen Klub zur Verfügung gestellt. Oes weiteren wurde die Schließung sämtlicher Kirchen in Kiew beschlossen. Das Läuten der Kirchenglocken vor Weih­nachten ist streng verboten. Das Weihnochtsfest wird in ganz Rußland abgefchafft.

Und so etwas nennt sich denfreiesten Staat der Welt"! Cs gibt keinen verhängnisvolleren Fehler, als wenn Staaten-

lenker Religionen verfolgen und Märtyrer schaffen. Das ist der Punkt, wo der Mensch am empfindlichsten ist.

Nun liegt auch derGoldene Sonntag" hinter uns. Er hat unfern Geschäftsleuten, die so wie so schwer ringen, nicht das erwartete Gold gebracht, da und dort so­gar erheblich weniger als sein letzter Vorgänger. Unter sei­nem Lärm litt auch der Volksentscheid. Dennoch hat dieser durchschnittlich 37 Prozent mehr Stimmen als das Volksbegehren gewonnen. Die Regierung erklärt, daß der Versuch gescheitert sei. Es kommt aber darauf an, ob das vorgeschlageneFreiheitsgesetz" versa ssungsändernd ist? Die Younggegner sind anderer Ansicht. Wer aber soll darüber entscheiden? Regierung und Reichstag? Sicher nicht, denn das Gesetz ist ja gegen die Politik der gegen­wärtigen Regierung und Reichstagsmehrheit gerichtet.' Der Reichspräsident oder der Staatsgerichtshof? Auch darüber gehen die Ansichten der Juristen weit auseinander. Wer also? Auch ein Rätsel, das wir, wie so viele andere, ungelöst , ins neue Jahr hinüberschleppen müssen. 'iV. kl.

Briand verteidigt die Locarno-Politik

Paris, 27. Dez. Bei der Beratung des Haushalts des Außenministeriums in der Kammer führte gestern Abg. de Fels (Radikal) aus, Frankreich habe auf der Haager Konferenz sich große Vorteile gesichert. Die Triblllbank lei

geraoezu eine ideale Schöpfung. Die Fortdauer der lieber- wachung Deutschlands durch dieVersöhnungskommijsion" sei zu begrüßen. Frankreich sei jetzt die reichste und mäch­tigste Nation des Festlands. Abg. Reynaud (Rechte) wünschte, daß die deutsche Grenzeinternationalisiert" werde; das erst würde die Sicherheit Frankreichs vervoll­ständigen. Abg. Mandel (der frühere Sekretär Cle- menceaus und geborener Frankfurter) warf Vriand vor, er habe von Konferenz zu Konferenz die Rechte Frankreich» immer, mehr geopfert und Deutschland zu aut behandelt.

Abg. Herriot (Sozialradikal) trat für den Briand- schen Vorschlag eines europäischen Staate nbunds ein und wünschte, daß Frankreich im Völkerbund einen solchen Antrag einbringe. Abg. Dubais (Rechte) be­kämpft den Uoungplan, weil er noch zu günstig für Deutsch­land sei. Es sei unerhört, daß sogar schon mit der Räu­mung der dritten Zone begonnen > ocden sei. Lo­carno sei übrigens bekanntlich keine Stopfung Bricmds, sondern des früheren englischen Botschafters in Berlin, d'A bernon.

Ministerpräsident Tardieu erklärt, es sei unrich - t i g, daß mit der Räumung der dritten Zone begonnen worden sei. Auch die zweite Zone sei n u: etwas vorzeitiggeräumt worden, um den fianzö- fischen Truppen die Strapazen und Krank­heiten des deutschen Winters zu er garen.

Vriand bestätigt, daß sich in der d itter: me genau so viel Truppen befinden wie bisher, von ein . rRäu­mung" könne also nicht die Rede sein. Er hätte nicht geglaubt, daß seine Politik, die Frankr ich io große Vorteile gebracht habe, in der französischen Kammer auch noch angegriffen würde. Er sei einig mit PoincarS gewesen, wie er einig mit Tardieu sei. Er (Briand) habe mit Locarno'bis zum letzten Augenblick für die Sicherheit Polens gekämpft, und Deutschland Hobe feierlich versprechen müssen, eine Berich­tigung der Ostgrenzen niemals durch Waffengewalt herbeizuführen. Er sei es gewesen, der den Polen Oberschlesien verschafft habe. Die praktische Durchführung des Locarno-Gedankens sei das Werk der französischen Politik. Er (Briand) habe stets Sieger- Politik getrieben und gezeigt, daß Frankreich den Krieg gewonnen habe. Stets habe er auf strenge Einhaltung des Versailler Vertrags gehalten. Na­türlich sei dies nicht ohne Zwangsmaßnahmen mög­lich, auf die Dauer lasse sich aber ein 60-Millionen-Volk nicht unter Druck halten. An der Locarno-Politik halte er fest. Mit welcher andern wollte man sie er' tzen? Auch ohne die Rheinlandbesetzung gebe es Mög -leiten, auf Deutschland einen Druck auszuüben.

Die Rede wurde mit starkem Beifall ausgenommen. Ein Vertrauensantrag für die Regierung wurde mit 303 gegen 266 Stimmen angenommen.

Tardieu erklärte außerhalb der Sitzung, bevor die französische Abordnung zur zweiten Konferenz nach dem Haag gehe, wollte sie genau über die Ansicht des Parlaments unterrichtet sein. (Die Reichs­regierung hat dies vermieden.)

Französische Denkschrift zur Flottenkonferenz

Paris. 27. Dezember. Die Regierung veröffentlicht eine Denkschrift an die anderen an der Londoner Flottenkonfe­renz teilnehmenden Mächte (England,. Amerika, Italien, Japan). Die Flottenkonferenz müsse, so wird gesagt, den späteren Abschluß eines allgemeinen Abkommens über Einschränkung derSeerüstungen ermöglichen. Der Kellogg- vertrag regle nicht die Frage der gegenseitigen Hilfeleistung gegen den Angriff, er genüge daher nicht für dieSicherheit" der Nationen. Die Satzungen des Völkerbunds lieferten die Grundlage der Unterstützung eines ungerecht angegriffenen Staats. Ein vollständiges Flottenabkommen setze ein« Verständigung über di« Frei­heit der Meere und über Zusammenarbeit egen den Angreifer voraus. Die geographische age Frankreichs bedinge solche Vorbehalte. Die Ver­bindungswege im Mittelmeer seien für Frank­reich von nicht geringerer Bedeutung als für England, Frankreich wünsche daher auch ein Abkommen für das Mittelmeer.

Die Unabhängigkeitsbewegung in Indien

London, 27. Dez. Meldungen aus Indien über eine Verschärfung der Unabhängigkeitsbewe- gung werden in London mit Besorgnis ausgenommen. Der Vorsitzende des indischen Nationalkongresses, der in Lahor« Zusammentritt, soll entschlossen sein, dem Kongreß die Ab- lehnung der vom Äizekönig Lord Irwin vor einigen

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