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Nummer 2S4

Fernruf 178

Samstag, den 14. Dezember 1929

Fernruf 17S

84. Jahrgang.

Deutscher Reichstag

Das Finanzprogramm

' Berlin. 13. Dezember.

Reichskanzler Müller (fortfahrend): Alle Rufe nach Ent­lastungen der Wirtschaft und Verringerung der Steuerlasten der minderbemittelten Volksgenossen sind zwecklos, wenn nicht der Ausgleich des Haushalts voll gesichert ist. So wird es für 1930 notwendig werden, für die wertschaf­fend« Arbeitslosenfürsorge höhere Beträge einzu­setzen, die Krisenfürsorge den tatsächlichen Ausgaben entsprechend zu erhöhen, das Landwirtschaftliche No t p r o g r a m m" auf den seinerzeit in Aussicht ge­nommenen Stand zu bringen. Eine stärkere und dauernde Ausgabensenkung wird nur möglich sein durch eine zweck­mäßigere Verwaltungsorganisation. Die Reichsregierung hofft, daß die Steuerreform eine Entlastung, wenigstens schon der Abgabenverwaltungen von Reich, Länder und Ge­meinden wenn auch noch nicht für 1930 Ausgaben­minderungen bringen wird. Für das Haushaltsjahr 1930 werden aus dem Poung-Plan noch 350 Millionen zur Ent­lastung aller Teile der Wirtschaft zur Verfügung stehen.

Zur Erleichterung der deutschen Wirtschaft glaubt die Reichsregierung außer diesen 350 Millionen einen weiteren Betrag von rund 400 Millionen zu benötigen. Dieser Be­trag soll durch die Erhöhung der Biersteuer um 180 ' Millionen und der Tabaksteuer um 220 Millionen er­zielt werden. Unter Hinzurechnung dieser beiden neuen Steuererhöhungen stehen somit zur Entlastung der Wirt­schaft 760 Millionen zur Verfügung. Die Reform soll vor allem die erforderliche K a p i t a l n e u b i l d u n g fördern. Die Einkommenssteuerreform . wird besonders der minder­bemittelten Bevölkerung zugute kommen. Bei der Ver­mögenssteuer sollen alle Vermögen bis zu 20 000 -K steuer­frei gestellt werden. Die Zuckersteuer soll völlig be­seitigt werden.

Es ist vorgesehen, die G e w e r b e ste u e r um 20 Pro­zent und die Grundsteuer um 10 Prozent zu senken, denen weitere Senkungen nach Jnkrafttreien des Steuervereinheit­lichungsgesetzes folgen sollen. Die Aufbringungslast für die Industrie-Schuldverschreibungen soll im Lauf von einigen Jahren durch allmählichen Abbau ganz auf­gehoben werden. Ebenso sollen di« Rentenbankzin­sen aufgehoben werden. Rechnet man schließlich noch die Senkung der Gesellschaftssteuer und der Wertpapiersteuer um die Hälfte und der Börsenumsatzsteuer um ein Drittel hinzu, so umfaßt das Steuersenkungsvrogramm 915 Millio­nen für 1830. Da hiervon die Streichung der Rentenbank­zinsen mit 85 Millionen und ein Teil der Senkung der In­dustriebelastungen mit 80 Millionen nicht zu Lasten des Reichs gehen, ist dieses gesamte Steuersenkungsprogramm mit jenen 750 Millionen durchzuführen.

Weiter ist nach der einstimmigen Auffassung der Reichs­regierung der Einbau eines beweglichen Faktors in das Gemeindesteuersystem, durch den unter Berücksich­tigung sozialer Notwendigkeiten alle Gemeindebürger zu den Lasten der Gemeinden herangezogen werden, ein dringen­des Gebot dieser Finanzreform. Es ist bekannt, daß einige solcher Vorschläge von einem Teil des hohen Hauses (der Sozialdemokratie) scharf abgelehm und von einem anderen Teil ebenso stark gefordert werden und un ekehrt. Wie der bewegliche Faktor endgültig gestaltet werden soll, wird da- - her-noch Gegenstand sorgfältiger Prüfung sein.

'Durch die Novelle zum Arbeitslosenversiche- rungsgesetz ist es nicht möglich gewesen, den jährlichen Fehlbetrag bei der Reichsanstalt auch nur zum größten Teil zu decken. Der durch die Reform erzielten Ersparnis von rund 100 Millionen steht ein weiterer jährlicher Fehlbetrag von etwa 180 Millionen gegenüber. Die Reichsregierung hat einmütig beschlossen, im Zusammenhang mit der Finanzreform eine Erhöhung der Beiträge um ein halbes Prozent vorzuschlagen. Die neue Regelung soll vorläufig bis 31. März 1930 gelten.

Am wichtigsten ist die Behebung der Schwierigkeiten beim Massenbedarf. Ende Dezember müssen wir mit einem Kassendefizit von 1700 Millionen rechnen. Diesem Defizit stehen nur Mittel im Betrag von 1370 Millionen gegen­über, die sich aus Reichsschatzwechseln, Betriebskredit der Reichsbank, ein Auslandskredit von 210 Millionen, Kre­diten der Reichsbahn und der Reichspost und Schatzanwei­sungen bei Banken und beim Generalagenten zusammen­setzen Die Reichskasse benötigt also zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen Ultimo Dezember einen Kredit von 330 Millionen. Wir können unmöglich eine solche Kassenbelastung von Monat zu Monat durchschleppen.

Neben dem allgemeinen Finanzprogramm ist eine Son- dermaßnabm« dringend nvtwendia. nämlich die Inkraft-

lagessviegel

Die letzten Engländer find mn Donnerstag aus Wies­baden abgezogen. Das ganze bisher von den Engländern besetzte Gebiet der zweiten Zone wurde von der Rheinland- kommission dem französischen Oberbefehl unterstellt. Am 13. Dezember 1918 zogen die Franzosen in Wiesbaden ein. Die Bevölkerung hatte unter ihnen, namentlich in der Son­derbündlerzeit, schwer zu leiden. Es wurde etwas besser, als die Engländer 1926 die Franzosen ablösten.

Der bisherige päpstliche Nuntius Pacelli ist am Donners­tag abend von Berlin abqereisl. Zum Abschied waren auf dem Bahnhof Vertreter der Reichsregierung und eine un­geheure Menge der katholischen Gemeinde anwesend. Bei der Durchfahrt durch München wurde der Nuntius auf dem Bahnhof lebhaft begrüßt.

In der klagefache des Stahlhelms gegen den preußischen Innenminister Grzefynski wegen des Stahlhelmverboks im Industriegebiet hat der Verwaltungsbezirksausschuß kür Ber­lin die Klage abgewiefen. Der Werk des Streitobjekts wurde auf 10 000 Mark festgesetzt und der Stahlhelm zur Tragung der Kosten verurteilt.

Der neue ikailenische Botschafter Orfini Daroni ist in Ber- lin emgekroffen.

setzung der Beitragserhöhung für'die Arbeitslosenversiche­rung und der Tabaksteuererhöhung schon am 1. Januar 1930. Durch dieses Sofort-Programm fließen der Reichs­kasse 360 Millionen jährlich zu.

Anfangs Januar soll die Schlußkonferenz im Haag zusammentreten. Sollte die Reichsreglerung nicht im Besitz einer klaren Vertrauenserklärung des Reichstags sein, so wäre der Zusammentritt der Schluß­konferenz ernstlich in Frage gestellt, wenn nicht in kürzester Frist die Reichsregierung neu gebildet wäre.

Wenn auch über Einzelheiten des Finanzprogramms noch zu reden sein wird, so muß die Regierung doch verlangen, daß sich die Mehrhel t des Reichstags zu den dargelegten Grundsätzen ihres Finanz­reformprogramms bekennt. (Beifall bei den Regierungsparteien, Schmährufe der Kommunisten. Natio­nalsozialistische Rufe:Treten Sie ab, Herr Müller!")

Verhandlungen mit Dr. Schacht

Nach der Vollsitzung des Reichstags traten die Führer der Regierungsfraktionen zu einer Besprechung mit den Reichsministern zusammen. Sie brachte noch kein Ergebnis >. no wurde abgebrochen, als Reichsbankpräsident Dr. Schacht im Reichstag erschien und nun längere Zeit Etz dem Reichskanzler, Curtius, Moldenhauer und Hilferding ' verhandelte. Dr. Schacht bemängelte in dem Finanzpro­gramm vor allem, daß der Ertrag der erhöhten Tabak­steuer von der Regierung auf 220 Millionen Mark ver­anschlagt werde, während nach seiner Schätzung etwa 156 Millionen mehr anfkommen werden. Auch der Ertrag der Biersteuererhöhung mit 180 Millionen sei von der Regierung zuhoch eingeschätzt. Da diese Steuererhöhungen als Sicherheit für eine Amerika-Anleihe von 420 Millionen Mark zur Deckung des Reichskassenfehlbetrags von 330 Millionen dienen sollen, für die er (Dr. Schacht) die Verhandlungen zu führen habe, könne er in Anbetracht der ungenügenden Sicherheit die Verantwortung der Neu­yorker Bank DillonRead u. Co. gegenüber nicht über­nehmen. Auch diese Besprechung hatte kein endgültiges Er­gebnis. Anschließend fand nochmals eine Besprechung der Minister mit den Fraktionsführern statt, die bis Mitternacht dauerte, aber ebenfalls ergebnislos blieben. Die Regierungs­fraktionen traten sodann am Freitag vormittag wieder zu Sonderberatungen zusammen.

Nach demVorwärts" soll Dr. Schacht im Verlauf der Verhandlung seine Bedenken bezüglich der Amerika-Anleihe des Reichs gemildert haben. Eingehend wurden noch die finanziellen Schwierigkeiten der Stadt Berlin besprochen, die am 15. Dezember hoheWechsel- schulden einlösen muß und dazu eine Anleihe aufnehmen will.

Um die Vertrauenserklärung

Berlin, 13. Dez. Der Reichskanzler verhandelte heute vormittag wieder zwei Stunden mit den fünf Fraktions­führern, diesmal hauptsächlich über den Wortlaut der V e r- trauenserklärung. Es wurde die Frage aufgewor­fen, ob Mit der glatten Formel:Die Regierung hat das Vertrauen des Reichstags", deren Annahme mit überwie­gender Mehrheit zweifelhaft erscheint, nicht die allgemei­nere Formel gewählt werden könne:Der Reichstag habe das Vertrauen zur Regierung und erwartet, daß sie das Finanzvroaramm durchfübr t." Dr. Zapf

(Deutsche Bolkspartei) lehnte diese Fassung unbedingt ab. So blieb auch diese Besprechung ohne Ergebnis.

Wie verlautet, wollen nun die Regierungsparteien in der Sitzung des Reichstags jede für sich eine Erklärung abgeben.

Der Eindruck der Regierungserklärung

Berlin, 13. Dez. Das Urteil der Blätter über die Regie­rungserklärung besagt zusammenfassend, daß sie unbe­friedigend sei und einigermaßen enttäuscht habe. Nur die demokratischen und Zentrumsblätter stimmen der Erklärung teils voll» teils mit gewissem Vorbehalt zu. Die volksparteilicheDeutsche Allg. Ztg." lehnt die Erklärung am schroffsten ab:Die RegierungMüller-Hilfer- d in g ist am Ende ihrer Weisheit. Soll mit ihr nicht auch das Deutsche Reich Bankerott machen, dann muß sie gestürzt werden." Die Annahme des Finanz­programms sei unmöglich, solang enicht sämt­liche Regierungsparteien samt der Regie­rung sich bindend verpflichten, das ganze Programm restlos in kürzester Fri st durch­zuführen. Denn sonst würde man wieder sehr wahr­scheinlich die Erfahrung machen müssen, daß zwar die Wirtschaft durch neue Steuern, wie die Beitrags­erhöhung zur Arbeitslosenversicherung und durch Erhöhung der Steuern auf Tabak und Bier aufs neue stark b e» lastet werde, daß aber dann von der Steuer entlastung keine Rede- mehr sei. Es sei hiefür bezeichnend, daß die Regierung die Belastung sofort vornehmen wolle, datz sie aber für die Entlastung eine Frist von fünf Jahren verlange und sie jedenfallserst später" durchführen zu können behaupte. Diese Aufgabe könne man nur einer Re­gierung übertragen, zu der man das Vertrauen haben könne, daß sie das Programm auch als Ganzes und un­durchlöchert durchführe. Ebenso verhalte es sich mit der Kopfsteuerfürdie Gemeinden, die die Regie­rung einmütig als notwendig erkläre, die sie aber wegen des Widerstands der Sozialdemokratie bereitszurück- . gestellt" habe.

DerVorwärts" schreibt, die Aufrichtigkeit der Rede Müllers habe zweifellos großen Eindruck gemacht, besonders die Betonung der Gefahren, die sich aus der Ablehnung des Sofortprogramms (Steuererhöhung usw.) und dem Sturz dieser Regierung ergeben würden.

Diedeutsche Tageszeitung" sagt: Die Reichsregierung stelle jetzt die Regierungsparteien vor das Ultimatum: Vogel friß oder stirb. Alls Einsichtigen haben seit Monaten auf das Ende mit Schrecken hingewiesen. Schon vor der 1. Haager Konferenz hätte iE s-^on ans außen­politischen Gründen, eine verehrliche Volksvertretung ver­nünftigerweise der Regierung gegenüber für eine vorherige Ordnung der deutschen Finanzen einsetzen müs­sen. Aber es wurde fortgewurstelt, bis sich endlich die ganze Wirtschaft auf die Hinterbeine stellte und der Reichsbani Präsident mit der Faust auf den Tisch schlug

Neue Nachrlchke«

Der neue weltliche Vizepräsident des evangelischen Oberkirchenrats

Berlin, Ist. Dez. Zum weltlichen Vizepräsidenten des evangelischen Oberkirchenrats der altpreußischen Landes­kirche als Nachfolger des verstorbenen O. Dr. Du«5e wurde vom Kirchensenoe Geh. Konststorialrat L> Hundt gewählt. Der neue Vizepräsident gehört der obersten Kir­chenbehörde seit dein Jahr 1908 an, seit 1916 als Mitglied, seit 1928 als Dirigent. In seinen Händen liegtz das Finanz- referät,

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Die Abstimmungskorrekluren gegen das Kabinett Tardieu

Paris, 13. Dez. Wie dieRepublique", das Blatt Da- kadiers, seststellt, sollen nachträgliche Abstimmungsberichti­gungen von mehreren im Verlauf der Hausst ltberatung vorgenommenen Abstimmungen eine neue Niederlage der Regierung ergeben haben. Bei einer die Wiedereinstellung von Eisenbahnern stressenden Abstimmung sei das ur­sprüngliche Stimmverhältnis 305 gegen 262 durch nachträg­liche Berichtigungen auf 289 gegen 290, also eine Stimme Minderheit, zusammengeichmolzen. Die Regierung hatte bei dieser Abstimmung die Vertrauenss. age gestellt.

Der englische Kohlengesehenkwurf

London, 13. Dez. Handelsminister Graham hat im Unterhaus den Entwurf eines Kohlengesehes ein- nebrockck. Danach soll eine Koblenverkauksoraani-

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