der Worteeines Ministers"'undeines Regierungsrats" angenommen.

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Dem Geschäftsordnungsausschuß wurde ein Antrag der Rechten überwiesen, wonach der Geschäftsordnungsausschuß beauftragt wird, für die Berichterstattung über Anträge betreffend die Aufhebung der Immunität der Abgeord­neten Grundsätze aufzustellen, nach denen aus den Akten eines schwebenden Gerichtsverfahrens nur der einwand­frei fest ge st eilte Tatbestand mitgeteilt werden darf und in der Vollversammlung alle Mitteilungen unter­bleiben, die geeignet sind, ein Mitglied des Landtags bloß­zustellen, zu verdächtigen oder verächtlich zu machen.

Der Bauernbund hält Kultminister Bazille die Treue. In

einem Nachwort zu den Landtagsverhandlungen schreibt die Schwäbische Tageszeitung", das Organ des Bauernbunds: Wir weisen die Zumutung zurück, uns das Wohlwollen einer kleinen Gruppe durch Preisgabe unserer Führer oder unse­rer Grundsätze zu erkaufen. Will man uns ausschalten, so werden wir das zu tragen wissen. Wir waren von 1919 bis 1924 in der Opposition und kehren in sie zurück, wenn der Landtag so entscheidet. Eine für uns angenehme Stellung ist es nicht, wenn unser führender Mann nur durch die Enthaltungsstimmen des Christlichen Volksdienstes im Amt bleiben muß. Wir rechnen das Opfer, das Bazille seiner Fraktion bringt, außerordentlich hoch an und sind ihm dank­bar für die Treue, die er uns hält. Und nun heißt es: Treue um Treue. Wir wissen, die Treue steht in der Politik nicht sehr hoch im Kurs. Aber als eine Fraktion, die die christliche Weltanschauung hoch hält, wollen wir beweisen, daß es auch im politischen Leben noch Treue und Glauben gibt.

Württ. Landeslhealer. Generalintendant Ke hm hat das SchauspielTrojaner" von Curt Corrinth für die Württ. Landestheater zur Erstaufführung erworben. Das Werk, das in Berlin zurzeit täglmi vor ausverkauftem Haus ge­spielt wird, dürfte noch im Laufe dieser Spielzeit auf dem Spielplan erscheinen.

Tödlicher Anglücksfall. Der württ. Forstassessor Wolf- Dietrich Frhr. v. Gemmingen-Guttenberg-Für- feld, der älteste Sohn des Kriegskommandeurs des Grena­dier-Regiments Königin Olga, Oberst a. D. Max Freiherr v. Gemmingen, ist während eines Aufenthalts im Harz töd­lich verunglückt.

Stuttgart, 24. April. Dienstregelung am 1. Mai 19 2 9. Am 1. Mai ist der Dienst bei den Skaaksämkern und in den staatlichen Betrieben wie an Werktagen auszuüben. Beamte, Angestellte und Arbeiter, die an diesem Tag dem Dienst oder der Arbeit fernbleiben wollen, haben rechtzeitig bei ihrem Vorgesetzten um Dienstbefreiung nachzusuchen. Solchen Anträgen ist zu entsprechen, soweit die notwendige Fortführung der Geschäfte nicht in Frage gestellt wird. Die bewilligte Freizeit ist bei Beamten und Angestellten auf den Erholungsurlaub anzurechnen. Das gleiche kann auf Wunsch bei Arbeitern geschehen. Wird von diesen nicht um An­rechnung auf den Erholungsurlaub nachgesucht, so wird für die versäumte Arbeitszeit kein Lohn gewährt.

Vom Landtag. Der Finanzausschuß hat mit 10 gegen 6 Stimmen einen Antrag Hieber (Dem.) angenommen, die württ. Gesandtschaft in München als «künftig wegfallend' zu bezeichnen.

Weiterhin wurde ein Antrag Heymann u. Gen.: Die Kosten der unständig beschäftigten, aber zur Erledigung der laufenden Arbeiten dauernd benötigten Hilfskräfte aus die­sem Titel auszuscheiden und besonders aufzuführen mit 8 gegen 5 Stimmen angenommen. Bei Kap. 14 (Bezirks- verwaltung) begründete ein sozialdemokratischer Red­ner einen Antrag betr. die Zusammenlegung von Oberamks- bezirken. Minister Bolz gab Aufschluß über die Zahl der höheren Beamten bei den Oberämtern.

Der sozialdemokratische Antrag auf Vorlegung des Ent­wurfs einer Neueinteilung der Oberamtsbezirke, in dem auf die Veränderungen in den Wirtschafts- und Verkehrs­verhältnissen des Landes entsprechend Rücksicht genommen wird und die Gesamtzahl der Oberamtsbezirke zum Zweck der Steigerung der Leistungsfähigkeit der einzelnen Bezirke eine wesentliche Verminderung erfährt, wurde mit 10 gegen 4 Stimmen des Bauernbunds bei 2 Enthaltungen (1 Ztr. und 1 Ehr. V.D.) angenommen. Der weitere sozialdemo­kratische Antrag, die Zuständigkeit der Behörden in Staats­angehörigkeitsfragen in dem Sinne zu ordnen, daß die großen und die mittleren Städte zur selbständigen Aus­stellung von Papieren, die die Staatsangehörigkeit betreffen, ermächtigt werden, wurde mit 10 Stimmen bei 6 Enthal­tungen angenommen.

Einstellung von Beamten für den gehobenen mittleren bautechnischen Dienst der Reichsbahn. Wie wir hören, können bei der Reicksbabndirektion Stuttaart 13 Absol­

venten der Württ. Höheren Lauschule Stuttgart (Bau- meister) als Dienstanfänger für den gehobenen mittleren bautechnischen Dienst eingestellt werden. Die Bewerber sollen in der Regel das 28. Lebensjahr nicht überschritten haben und müssen die für den Eisenbahndienst vorgeschrie­bene körperliche Tauglichkeit, vor allem ausreichendes Seh- und Hörvermögen, besitzen. Gesuche, belegt mit Lebenslauf, sämtlichen Zeugnissen aus Schule und Praxis und einem Leumundszeugnis sind an die Reichsbahndirektion zu richten. Nähere Auskunft erteilt das' Personalbüro der Reichsbahndirektion (Zimmer 268).

Prüfung für Lehrerinnen an Frauenarbeilsschulen. Die

im März 1929 abgehaltene Abschlußprüfung an den Aus­bildungskehrgängen an der Frauenarbeitsschule Stuttgart haben bestanden in der Fachrichtung für Wäschenähen und Sticken 11, in der Fachrichtung für Kleidernähen 9 und in der Fachrichtung für Sticken und Zeichnen 1 Prüfling.

Krankheitsstatistik. In der 13. Iahreswoche vom 7. bis 13. April wurden in Württemberg folgende Fälle von gemeingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten amtlich gemeldet: Diphtherie 26 (tödlich 2), Genickstarre 1 (45), Kindbettfieber 2 (1), Tuberkulose der Lunge und des Kehlkopfs, sowie anderer Organe 12 (41); Scharlach 0 (1), Paratyphus 2 (0).

Ausstellung für Ernährungs- und Körperpflege. Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden beabsichtigt unter Mit­wirkung staatlicher und städtischer Stellen usw. vom 5. bis 27. Oktober d. I. in den Ausstellungshallen auf dem Ge­werbehallenplatz in Stuttgart eine Ausstellung für Er­nährung und Körperpflege durchzuführen. In einer vor­bereitenden Besprechung berichtete der wissenschaftliche Direktor des Hygienemuseums, Dr. Vogel, an Hand von Mchtbildern über den Inhalt und den Zweck der Ausstel­lung. Daß unsere Ernährungsweise nicht in Ordnung ist, Zeige der hohe Stand und die Zunahme einer Reihe i n - rkerer Krankheiten, deren Ursache mindestens zum großen Teil in einer verkehrten Ernährung zu suchen ist. Die Erfahrungen während der Hungerblockade in Deutschland und in Dänemark haben dies besonders deut­lich gemacht, denn in dieser Zeit sank die Zahl zumal der Männer, die an solchen Schäden erkrankten und starben, ganz erheblich. Aufgabe der Ernährungsreform ist es, einen Ausgleich zu schaffen, zwischen den Nahrungsmitteln, die reich an Nährstoffen, insbesondere Eiweiß sind und denen, die reich sind an Mineral st offen und Vitaminen. Die stärkere Berücksichtigung der pflanzlichen Nahrungsmittel braucht nicht zum Vegetarismus zu führen, obwohl diesem ein wertvoller Kern innewohnt. Ein vorläufiger Gliederungsplan sieht eine vierteilige Ausstel­lung vor: 1. Ausstellung des Hygiene-MuseumsDie rich­tige Ernährung", 2. wirtschaftliche Abteilung, Ernährungs- Mittel, deren Erzeugung, Verarbeitung und Vertrieb, S. Er­ziehung und Unterricht, Literatur, 4. Körperpflege und Er­holung, Sport und Ernährung, ferner eine Sonderschau von Wochenendhäusern. Alkohol in jeder Form soll zum Aus­schank nicht zugelassen werden.

Antreue im Amt. Der frühere Amtsverweser von Stei- nenbronn, der 37 Jahre alte verheiratete Schultheiß Gott­hilf Knauß von Münster wurde vom erweiterten Schöffen­gericht in Stuttgart wegen Verfehlungen im Amt zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem der Staatsanwalt 2 Jahre 3 Monate Zuchthaus und 5 Jahre Ehrverlust be­antragt hatte. Der Verurteilte hatte in den Jahren 1927 und 1928 insgesamt etwa 2500 -4t veruntreut, indem er Sportelgelder für sich behielt und sich vom Gemeindepfleger Geld geben ließ, auf das er keinen Anspruch hatte. Dadurch kamen auch kleinere Verfehlungen ans Tageslicht, die er sich vor Jahren in Schwaikheim als Ortsvorsteher zu­schulden kommen ließ. Der wegen Beihilfe Mitangeklagte Gemeindepfleger wurde freigesprochen, da das Gericht Be­denken hatte, ob er sich der Tragweite seines Handelns bewußt war.

Die Kommunisten auf dem Rathaus. Von den kommu­nistischen Gemeinderatsmitgliedern Baur, Schwab, Müller und Müllerschön wurde verlangt, daß sie dem aus der Partei ausgeschlossenen Gemeinderat Mößner in Zukunft die Gefolgschaft versagen. Wie der Schwäb. Merkur hört, haben sie die von ihnen verlangte Erklärung nicht ab- aeaeben. sondern auf dem Stuttaarter Ratbaus willen

Vis rckonilsn Mäntel

ru bringen

lassen, daß sie eine neue kommunistische RathaüsfräMon bilden. Die ursprüngliche kommunistische Fraktion besteht nur noch aus den Gemeinderäten Schreiber, Groß und Frau Malter. Der vierte, der 1928 gewählte GR. Afons Wicker, befindet sich schon lange in Moskau; er hat das Rathaus noch nie betreten und ist auch nicht vereidigt morde,r.

Vom Tage. An einem Neubau in der Königstraße stürzte am Mittwoch vormittag ein Bauarbeiter aus Deger­loch infolge Ausgleitens so unglücklich vom dritten Stock in die Tiefe, daß er schwer verletzt in das Katharinenhospital eingeliefert werden muhte.

Aus dem Lande

Lauffen a. N., 24. April. Selbstmord. Die seit einigen Wochen vermißte Vauerntochter Emma Nenn ich wurde als Leiche aus dem Neckar gezogen.

Heilbronn, 24. April. Gedenktafelweihe. Für das 2. Ball. Res.-Jnf.-Regt. 121, das 1914 hier aufgestellt wurde, wird am Sonntag, den 28. April an der Friedens­kirche ein Denkmal feierlich enthüllt werden.

Sontheim OA. Heilbronn, 24. April. Baugelände­kauf. Die Gemeinde hat 3 Hektar 58 Ar Bauland um 75 000 Mark, wovon 40 000 Mark bar bezahlt werden, auf­gekauft. Dadurch ist für die Gemeinde ein Gelände von etwa 160 Wohngebäuden verfügbar.

Derdingen OA. Maulbronn, 24. April. Ein Kind verbrannt. Während die Mutter ihren Feldgeschäftsn nachging, blieb die noch nicht 3 I. a. Jda Häfner schlafend allein zu Haus. Als das Kind früher als sonst erwachte, griff es nach den auf dem Nachttisch liegenden Streichhölzern und zündelte, wodurch die Kleider Feuer fingen, so daß das Kind verbrannte, ehe die Nachbarn, die mit Hilfe einer Leiter durchs Fenster drangen, Hilfe bringen konnten.

Bad Mergentheim. 24. April. Für den Bahn bau Osterburken Merchingen Assam st adt Mergentheim. In einer in Tauberbischofsheim statt­gehabten Versammlung der Bürgermeister des Bezirks Tauberbischofsheim wurde einstimmig folgende Entschlie­ßung gefaßt:Die Bürgermeister des badischen Amtsbezirks Tauberbischofsheim machen auf den unhaltbaren Zustand der unausgebauten Bahnlinie TauberbischofsheimWall­dürn eindringlich aufmerksam und richten an die zustän­digen Stellen die dringende Bitte, für den raschesten Aus­bau des Zwischenstücks KönigheimHarbheim der Bahnlinie TauberbischofsheimWalldürn mit allen Mitteln hinzu­wirken. Die Denkschrift der unmittelbar beteiligten Gemein­den in dieser Angelegenheit vom 1. 3. 1928 wird nachdrück­lich unterstützt. Den gleichen Antrag stellt die Versammlung der Bürgermeister hinsichtlich beschleunigter Ausführung des Bahnbaues Osterburken Merchingen Assamstadt Mergentheim."

Dettingen a. Erms, 24. April. Den Bru st korbein­gedrückt. Der 28 Jahre alte Sohn Paul des Stern­wirts Wagner befand sich mit zwei voWeladenen Holz­wagen auf dem Heimweg. Auf der Staatsstraße von Urach her scheuten die jungen Pferde wegen eines Lastkraft­wagens. Bei dem Versuch, die Tiere zum Stehen zu bringen, kam Wagner unter den Wagen, wodurch ihm der Brustkorb eingedrückt wurde, so daß der Tod sofort eintrct.

Ankertürkheim, 24. Avril. Die Betriebsrat», wähl bei Daimler-Benz. Gestern fand bei Daim­ler-Benz im Werk Untertürkheim unter lebhafter Beteili­gung die Betriebsratswahl statt. Diesmal hatten die Christ­lichen und Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaften einen gemein­samen Wahlvorschlag gegen die Freien Gewerkschaften ein­gereicht. Abgegeben wurden 2900 Stimmen. Davon er­hielten die Freien Gewerkschaften 2378 Stimmen und 11 Sitze, die Christlichen und Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaft

ten 428 Stimmen und 2 Sitz«. Ungültig waren etwa 100 Stimmzettel.

Hochberg OA. Waiblingen, 24. April. Ein Kirch­turm-Kletterer. Am letzten Sonntag vormittag sahen die Kirchenbesucher einen dunklen Gegenstand am Kirch­turm hängen. Erst als er sich nachmittags durch den starken Wind loslöste und als Herrenhut zur Erde fiel, entdeckte man den nächtlichen Frevel eines Kirchturm-Kletterers, der auch Beschädigungen des Blitzableiters und der Turm- bedachung verursacht hat. Von dem verwegenen Kletterer hat man noch keine Spur.

Geislingen a. St.. 24. April. Hinterziehung von Biersteuer. Wegen Hinterziehung von Biersteuer wur­den Bierbrauereibesitzer K. von hier sowie dessen früherer Buchhalter St. vom Schöffengericht Göppingen zu Geld­strafen in Höhe von rund 16 000 -K und 4000 -K verurteilt. Außerdem mutz die hinterzogene Steuer in Höhe von über 21 MN -A nackbezaklt werden. Nackdem bereits aeaen den

Lamra bei de« Iiseuueeu tm Schwavzwald

Au«Schillers Heimatjahren" von Hermann Kurz

FUr Zeitungsdruck bearbeitet

Urheberrechtsschutz Verlag der Deutschen Glocke Ulm a. Tt XIII.

Etn kalter Strichregen, schneidend, wie in diesem Früh­ling noch keiner gefallen war, nötigte den Wanderer, auf halbem Wege einzukehren. Er tat es ungern, denn er hatte das Haus des geistlichen Freundes noch vor Schla­fenszeit zu erreichen gehofft; nun mußte er sich mit der Herberge begnügen, die ihm jedoch in ihrer altersgrauen Schindelbedeckung gar behaglich entgegensah. Er trat in ein warmes Zimmer und wurde an einen runden Tisch nahe beim Ofen gewiesen, hinter welchem bereits ein an­derer East in schwarzem, fadenscheinigem Rock vor einem Gläschen Branntwein saß. Heinrich sah ihn an und sah ihn wieder an, bis er endlich einen halben Univerfttätsbe- kannten in ihm entdeckte, der, vormals ein lustigerFuchs", seiner dürftigen Kleidung und seinem abgemagerten Aus­sehen nach zu schließen nicht in die besten Umstände geraten war. Auf Befragen antwortete er, er sei inzwischen Vika- rius bei einem benachbarten Spezialsuperintendenten gewor­den und habe, in Aufträgen an einen Pfarrer verschickt, sich vor dem Unwetter hier hereingeflüchtet.

Der wohlbeleibte Wirt ließ ohne viel Umstände ein Esten auftragen. Sein junger Tifchgenoffe, welchem man gleichfalls einen Teller hinstellte, wurde feuerrot und rückte ein wenig weg, obgleich er nicht umhin konnte, dem unge­heuren Schweinsbraien einen vielfagenden Blick zuzuwer- sen. Unser Freund, der den Grund dieses Benehmens leicht erriet, legte ihm alsbald vor, und die arme Haut, in wel­cher Eßlust und Verlegenheit miteinander kämpften, ließ sich poch einigem verNäniten Miaern uötiaen,

In wenigen Minuten war der Braten, von welchem Heinrich ein dünnes Stückchen für sich abgeschnitten hatte, ans der Reihe der sichtbaren Gegenstände verschwunden. Dankbarkeit und Scham wechselten in dem Angesicht seines Gastes, der die Welt jetzt mit wackereren Augen anzusehen schien als vorher.So gut ist mir's lange nicht gegangen," jagte er ausseufzend, nachdem er dem Braten eine Herz- ftärkung nachgesendet hatte.

Sein neuer Schützling wollte eben Näheres erfragen, als die Tür heftig aufgerissen wurde, so daß der arme Bikarius zusammenfuhr und verstummte. Ein großer Hund fuhr herein und hinter ihm ein Mann, dessen Klei­dung mit seinem Gesicht in einem seltsamen Widerspruch stand; denn diesem nach war er ein echter und unleugbarer Zigeuner, trug aber Soldatenuniform, und zwar württem- bergische. Ihm folgte ein Weib mit einem Korbe voll Por­zellan, das sie alsbald den Wirtsleuten anzubieten und anzupreisen begann. Gesicht und Aussprache bewiesen un­verkennbar, daß sie derselben wandernden Nation ange­hörte wie ihr Begleiter. Dieser forderte einen Schnaps, den er stehend mit einem Zuge trank; dann setzte er sich barsch zu den beiden anderen Gästen und stopfte sich eine Pfeife.

Heinrich konnte sich kaum enthalten, ihm bemerklich zu machen, daß noch etliche leere Tische in der Stube seien. Er begnügte sich jedoch mit einem unwilligen Blicke, den er ihm zuwarf, und setzte die abgebrochene Unterredung lateinisch fort. Dies schien den dritten Ankömmling tief zu beleidigen. Er hörte eine Weile sehr aufmerksam zu, dann schüttelte er den Kopf, sprang auf, ging klirrend im Zimmer auf und ab und brummte allerlei von Land­streichern und Gaunersprache. Die Wirtsleuts stimmten ihm flüsternd bei, welche ebenfalls durch das Benehmen der beiden Fremden vor den Kopf gestoßen waren. Denn in solchen Landherbergen ist es Sitte, daß die geheimsten Angelegenheiten der Familien und Einzelnen von den Be­teiligten öffentlich verhandelt werden, und so gehört es gewissermaßen zu den Rechten des Wirtes, um die Geheim­

Nun waren diese beiden nicht miteinander gekommen und hatten auch anfangs fremd miteinander getan; auf einmal aber sah man sie vertraulich zusammen reden, und während die Wirtsleute an einem andern Tisch den Nacht­imbiß einnahmen, hatten sie leise und immer leiser ge­sprochen und sich zuletzt gar einer unbekannten Sprache be­dient. Grund genug zum Mißfallen und zu unangeneh­men Vermutungen, um so mehr, als Gesicht und Kleidung des einen bejammernswert aussahen, der andre aber außer seinem Rock, dessen Glanz im Regen verdorben war, auch nicht viel Imponierendes aufzuweisen hatte. Man nickte zusammen, bestätigte sich gegenseitig im Murren und Brummen, und scheele Blicke flogen nach den Fremdlin­gen hin.

Diese hatten inzwischen ahnungslos sortgesprochen, bis Heinrich das braune Weib an seiner Seite bemerkte. Sie, war unhörbar herbeigeschlichen und rückte ihm immer näher, die begehrlich funkelnden Augen bald auf ihn, bald, auf das große Glas mit Heidelbeergeist gerichtet, das man- ihm in Ermangelung des Weines hingestellt hatte. In ihren hübschen Zügen war etwas von Entbehrung zn. lesen, und ohne sich zu besinnen, bot er ihr freundlich dasj volle Glas. Sie leerte es mit gierigen Zügen; ehe er'Si verhindern konnte, hatte sie sich seiner Hand bemächtigt! und bedeckte sie nach der leidenschaftlichen Weise ihres Stammes mit heftigen Küsten. Da klatschte eine Ohrfeige,' das Weib fuhr schreiend empor, und ihr rauher Begleiter stand vor ihnen.Wart, ich will dir betteln! Ich will dir. schmusen!" schrie er und erhob die schwere Hand von neuem.! Heinrich wollte einspringen, aber er hielt ihn mit der Lin­ken ab, mit der Rechten gab er dem Weib einen Schlag auf den Mund, daß das Blut danach floß, und schleuderte sie in eine Ecke. !

Und Er, sag' ich, was braucht Er da einen heimlichen Handel mit meinem Weib anzuspinnen?"

Ich habe nichts angespoum-n," versetzte Heinrich,ich Hab' ihr aus meinem Eiusc icinkcn gegeben, weil ich'« übrig