durchweinen Botschaft« erklären lassen, man soll« ein« Aufforde­rung an die deutsche Regierung richten, damit sie gestatte, daß die Militärlontrolle in dem Matze ihrer Autorität wieder aus­genommen werde. General Rollet und seine Kollegen würden Auftrag erhalten, in jedem besonderen Fall den guten oder schlechten Willen Deutschlands festzustellen. Aber die Downing Street weigere sich, irgendwelche Sankitonen in eine derartige Aufforderung einschreiben zu lasten. Jede interalliiert« Sank- tionsaiidrohung könne nach englischer Auffassung nur den Wirr­warr in Deutschland vergrößern. Andererseits bestreite die Dow­ning Street auf Grund des Friedensvertrag und der duch das frnazosische Ministerium im April 1920 unterschriebenen Erklä­rung Frankreichs das Recht, die Sonderaktion durchzufllhren. Angesichts dieser Lage hätte die französische Delegation mit Ju­les Lambon an ihrer Spitze den Standpunkt vertreten, datz eine neue Anstrengung genracht werden müsse, um einen Bruch zu verhindern. Die französische Negierung habe niemals die Ab­sicht gehabt, bei der augenblicklichen Lage neue militärische oder territoriale Sanktionen durchzuführen. Die augcnblicklcch besetz­ten Gebiete genügten sowohl als Reparationsinstrument als auch, weim es nötig sein sollte, als Sicherheitsinstrument. Was die wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen anbctrifst, die man durch alle Alliierten hätte zur Anwendung bringen wollen, so ergreife man sie ja, ohne Aufsehen zu erregen, jeden Tag in der Ausführung der Politik vom 11. Januar. Gewiß hätte man vorgezogen, wenn man die Alliierten hätte überzeugen können und wenn es gelungen wäre, ihre Zustimmung zur Ruhrpolitik zu gewinnen. Aber es wäre doch unnötig gewesen, sich aus etwas zu versteifen, was di« Alliierten nicht näher gebracht hätte, sondern sie noch mehr voneinander entkernen würde. Was den Kronprinzen anbetrifft, so liege seine Verzichtleistüng auf die Krone vom 1. Dezember 1918 vor und die deutsche Regierung Hab« auch erklären lasten, datz sie dem Exkaiser die Rückkehr auf deutsches Gebiet verweigere. Das sei eins neue Tatsache, von der man für den Augenblick Kenntnis zu nehmen habe.

Paris, 29. Nov. lktach einer Meldung aus Vrüstel Hai Mi­nister Theunis nach dem gestrigen Ministerrat Journalisten er­klärt, die belgisch« Regierung stimme dem Kompromiß der Bot­schafterkonferenz in der Angelegenheit de: Militärkontrolle und in der des Kronprinzen bei.

Belgische Anmaßung.

Brüssel, 21. Nov. In der Kammer äußerte sich gestern Außenminister Ja spar noch über die Ernennung der Sachverständigen und über die englisch-französtschen-ameri- kanischen Verhandlungen, wobei er auf die dauernden Be­mühungen Belgiens zur Aufrechterhaltung der westeuro­päischen Entente hinwies. Hinsichtlich der Kontrolle über die Entwaffnung Deutschlands sagte er, sie müsse und werde ausrecht erhalten werden. Wenn die Reparations­frage nicht Gegenstand eines Vergleiches für Belgien sein könne, so könne die Sicherheit des Landes ebensowenig Ge- genstand eines Vergleichs oder Zugeständnisses sein. Zu dem Leipziger Zwischenfall bemerkte Jaspar, er werde strenge Sanktionen verlangen. Hinsichtlich der Angelegen­heit Eraffs habe Belgien dem Deutschen Reich mitgeteilt, dag Belgien, wann die geschuldigte Summe nicht bis zum 25. Nov. gezahlt sei, es sich selbst in den besetzten Gebieten bezahlt machen werde. Die entsprechenden Befehle seien gegeben und würden ausgeführt werden. Am Schluß for­derte der Minister die Kammer auf, eine geschlossene Hal­tung einzunehmen. Anschließend sprach der Sozialist. Vandervelde, der erklärte: Wir stimmen mit der Regie­rung vollkommen darin überein, daß wir Reparationen er­halten müssen, aber wir sind anderer Meinung hinsichtlich der zur Erreichung dieses Zieles anzuwendenden Mittel.

Baldwin verteidigt feine Schutzzollpolitik.

London, 19. Nov. In einer Rede, die Baldwin in einer Mastenversammlung der Unionisten in der hiesigen Queenshall hielt, verbreitete er sich über die Arbeitslosensrage und seine zoll- politischen Vorschläge. Baldwin führte a»s, welche Aussichten auf die Wiederkehr nornialer Verhältnisse in Europa auch immer vor einem Jahr vorhanden gewesen seien, so bestehe jetzt keine Hoffnung, sie unmittelbar oder selbst in naher Zukunft zu er» leben. Großbritannien leide in Bezug auf seinen Handel mehr als irgend ein anderes Land. Frankreich und Belgien sind, so sagte Baldwin, sicherlich in der Lage, England gegenüber eine tatsächliche oder mögliche Konkurrenz von deutlicher Schärfe zu üben. Wir können nicht aus eine Neuregelung in Europa war» ten. Wir wüsten für uns selbst sorgen. Der Premierminister erklärte, er glaube, datz die von ihm vorgeschlagenen Maßregeln die Arbeitslosigkeit mildem würden und fuhr fort: Die Zeit ist gekommen, datz wir nicht länger fortsahren können, unbewaffnet zu Kämpfen. So wichtig der Außenhandel auch ist, wir müssen uns um den Binnenhandel bekümmern, den wir solange ver- nachlästigt haben.

Degoutt« gegen Stinne»?

Paris, 19. November. DerNew-Pork Herold" legt di« bis jetzt bekannt gewordene neue Verordnung des Generals Degoutte über die Entlassung von Arbeitern wie folgt aus: Etinnes und seine Genosse» müßten auf Gefängnisstrafen rechnen, falls sie der französischen und belgische» Forderung nicht nach- kommen und zu denselben Bedingungen wie Krupp und Wolfs Abmachungen treffen. Seit Wochen hätten die französischen und belgischen Sachverständigen nach einer Möglichkeit gesucht, auf die deutschen Großindustriellen einen Druck auszuüben;

Amtliche Bekanntmachung.

Auswanderung.

Am Donnerstag, dev 22. November, nachmittags von 36 Uhr, findet auf dem Oberamt Calw eine Auswanderer- Beratung durch den Vertreter des Deutschen Auslandsinstituts in Stuttgart statt, worauf die Ausivanderungslustigen hinge­wiesen werden.

Calw, den 20. November 1923.

Oberamt: Vögel, Amtmann.

aber Stinnes habe sich bis jetzt sorgfältig im gesetzlichen Rahmen gehalten. Die Nachricht, daß er beabsichtige, j,n Rnhrgebiet durch eine allgemeine Aussperrung eine Verständigung zu »er« hindern, habe General Degoutte veranlaßt, von Poincarä die Erlaubnis zu erbitten, Stinnes gegenüber dis zum äußersten vor- zugehen. Diese Erlaubnis sei ihm sofort erteilt worden und nach Ansicht gut nnterrichset?r" Kreise könne jetzt nur noch das Nachgebcn von Stinnes es verhindern, daß ec vor Ende dieser Woche verhaftet werde.

Degoutte verbietet Arbetterentlaffungen im besetzten Gebiet.

Esten, IN. Nov. General Degoutte erließ eine sofort in Kraft tretende Verordnung, wonach den über 5,00 Perso­nen beschäftigenden Unternehmen im besetzten Gebiet ver­boten wird, eine Eesamtentlaffung von Arbeitern und An­gestellten vorzunehmen. Auch eine teilweise Entlassung von Arbeitern' und Angestellten sei verboten, wenn sie die Folge eines Beschlusses der Arbeitgebervereinigung sei. Für Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen wer­den Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren und Geldstrafen bis zu 100 000 Eoldmark oder eine dieser Strafen ange- droht.

Blutige Kümpfe mit den Sonderbündlern im Siebengsbirge.

Köln, 20. Nov. Ueber die blutigen Kämpfe zwischen dem Selbstschutz des SiebengeLirges und Sonderbündlern berichtet die ..Kölnische Zeitung" noch, datz di« Zahl der dabei ge öteten SouderbLudker mit ISO nicht zu hoch angegeben sei. Die in Honnef untergebrachten Sonderbündler hatten durch Plünderun­gen und Geivalttaien die Erbitterung der Stadt- und Land- bevölkerurrg auss äußerst« gesteigert. Schon am vergangenen Dienstag wurden in Rheinbreitbach fünf Sonderbündler aus einem Kraftwagen herausgeholt und erschlagen. Im ganzen Siebeugebirge bildete sich inzwischen ein Selbstschutz, dem alle Parke>ex angeboren. Als in Hösel ein im Automobil angekom- mener Trupp Sonderbündler wieder plündern wollte, griff der Selbstschutz ein, von dessen Mitgliedern 1 Mann durch einen Schutz des Autoführers getötet wurde. Ueber das Schicksal dieser Sonderbündler ist nichts bekannt. Ein zweites Auto mit 30 Sonderbündlern, das dem ersten folgen wollte, kehrt« um, wurde aber von dem Honncfer Selbstschutz aufgehalten. Von 30 Mann wurden 23 erschlagen. Als am Freitag morgen etwa 200 Son­derbündler gegen den Selbstschutz Vorgehen wollten, kam es im Honncfer Stadtwald zu stundenlangen Kämpfen, in deren Ver­lauf 7V Sonderbündler getötet und 50 gefangen genommen wurden.

Der Geldkaub geht fort.

Esten, 20. Nov. Am 14. d. M. sind die Franzosen wiederum in die Druckerei' von W. Girardet eingedrungen und haben dort 200 Billionen Mark fortgcnommen.

Die Separatisten in der Pfalz.

Ludwigs-Hase«, 20. Nov. Vom Standpunkt der Negie­rung der Pfalz ist schließlich dem grenzenlosen Umsug der sogenannten wilden Börsen, die sich neuerdings aus den Straßen und Plätze» der Städte breit machten, entgegen­getreten worden.

Mannheim, 20. Nov. Wie wir von der alten Regierung der Pfalz hören, soll die Lage in der Pfalz unter der sepa­ratistischen Regierung die gleiche geblieben sein. Seitens der separatistischen Regierung der Pfalz wurde dem Be. zirksamt in Ludwigshafen angekündigt, datz in den näch­sten Tagen die Besetzung der Stadt Ludwigshafen durch die Separatisten erfolgen soll. In dem Schreiben an die Stadt wird betont, datz die Separatisten bei der Besetzung von Ludwigshafen keine feindselige Haltung annehmen werden und datz der Wunsch ausgedrückt wird, datz eine friedliche Zusammenarbeit zwischen den alten und den neuen Behörden erzielt werden soll. Wie wir weiter hö­ren, soll seitens der separatistischen Regierung zu Speyer neuerdings Anwerbung von Leuten stattfinden, welche ver­mutlich zu Polizeitruppen ausgebildet werden sollen. In Schifserstadt fand ein blutiger Kampf zwischen den Sepa- ratisten und der Bevölkerung statt, wobei letztere 2 Tote, die Separatisten mehrere Verwundete gehabt haben sollen. In Neustadt wurden 7 Bürger als Geiseln verhaftet, weil sie im Zusammenhang mit der Schlacht bei Hahnhof und Lambrechts, wobei 6 Separatisten getötet worden sein sol­len, stehen sollen. In Pirmasens sind Spahis eingetrosfen, wahrscheinlich als Vorboten der in den nächsten Tagen ein­ziehenden Separatisten. Sonst ist die Lage ruhig. Die von den Nachrichtenagenturen gebrachte.PieldunL.ü.ber die Ver­

haftung des Oberregierungsrats Jakobs bestätigt sich nicht. W Er befindet sich nach wie vor auf seinem Posten. I» Kaiserslautern wurde der Landgerichtspräsident Müller von den Separatisten verhaftet, weil er eine aus dem Landgerichtsgebäude gehißte Flagge der Separatisten ent- fernt haben soll. Es wird mit weiteren Ausweisungen von Beamten gerechnet.

Norwegische Hilfsaktion für notleidende Kinder in Deutschland.

Lhristiania, 19. Nov. Die Nachrichten der letzten Zeit über die katastrophal wachsende Not in Deutschland, haben der norwegischen Hilfsaktion einen neuen Antrieb gegeben. Beson- ders die Not der Kinder rührt alle Herzen. Unter Führung von aus ihrer charitatioen Tätigkeit rühmlichst bekannten Per- söülichke'iten wie Advokat Aageschon, Gutsbesitzer Ellcfringes, Fräulein Fanny Schnelle, hat sich ein norwegisches Zentral­komitee gebildet, dem sich im ganzen Lande zahlreiche Ausschüsse angeglicdert haben. Schulen und Vereine eröffnen Bazare. Künstlerische Kräfte ersten Ranges gaben vorgestern ein Konzert zugunsten der Kinder deutscher Professoren und Künstler im größten Saal der Sladt, t er sich bis auf den letzten Platz süllte. Die gesamte Presse wirbt in Ausrufen und veranstaltet selbst Sammlungen. AlleinAston Posten",Tidens Tegn" haben bisher 28 bezw. 23000 Krone» gesammelt. Für die Hilfsaktion lausen täglich etwa 10 000 Kronen ein. Daneben werden Na» turalspenden, wie Kakao, Mehl, Lebertran usw., gestiftet. Die erste Sendung übcrbringt Gutsbesitzer Elleffringes, der heute Christiaiiia verläßt.

Die amerikanische» Farmer für Lebensmittelhilfe an Deutschiand.

Berlin, 19. Nov. Nach derB. Z." werden die Führer der amerikanischen Farmerbewegung, die sich in den letz­ten Tagen in Berlin aushielten, heute Esten besuchen und von dort aus eine Eiselsahrt unternehmen, um sich über die landwirtschaftlichen Verhältnisse im gesamten Ruhr- gehiet zu unterrichten. Die Delegation habe erklärt, datz nach ihrer Meinung Deutschland mindestens dieselbe Hilfe gewährt werden müsse, wie man sie Japan, China, Indien und Rußland angedeihen ließ. Sie sei der Ueberzeugung, daß die öffentliche Meinung Amerikas die Washingtoner Negierung veranlassen werde, das Hilsswerk für Deutsch­land sofort in Angriff zu nehmen. Die amerikanischen Landwirte möchten eben in erster Linie ihren seit Jahren ausgespeicherten Weizen loswerden, deshalb legen sie sich so ins Zeug.

Vermischte Nachrichten.

Reichsbankpräfident Havenstein 's»

Berlin, 20. Nov. Wie die Reichsbank mitteilt, ist heute morgen der Präsident des Neichsbankdrrektoriums, Dr. von Havenstein, gestorben.

Berlin, 21. Nov. DerReichskanzler hat an die Witwe des verstorbenen Reichsbankprästdenten Havenstein im Na­men der Reichsregierung ein Beileidstelegramm gerichtet, in dem der hervorragenden Verdienste des Verstorbenen gedacht wird.

Die Frauen Bozen» für die deutsche Schule.

Cs wird derFrkf. Zig." berichtet: In einem langen Zuge erschienen am 3. November einige hundert Frauen in Bozen vor dem Gebäude der Nnterprafedtur, um für die Beseitigung des Negierungserlasses zu sprechen und zu bitten, der die deut­sche Sprache an den Volksschulen verbietet. Manche der Frauen, zusanimengekommen aus allen Ständen, trugen Kinder auf den Armen, viele sah man mit Einkaufskörben. Erregt und aufge­bracht empfing Untcrpräfekt Bolis die Deputation. Dieser ver­langte vor allem den Rückzug aller der Frauen, die an der Kundgebung teilgenommen hatten. Dies war aber nicht so leicht ausführbar. Inzwischen hatten sich auch einige faszistische Füh­rer eingebunden. Der UiiterprSfekt verwies sofort auf dle große Gefahr, welch« diese Kundgebung den Männern der Frauen bringen könne. Aber er hörte die Wünsche der Abordnung dennoch an. Frau Mumelter forderte nicht, sie bat im Namen der deutschen Mütter und der Kinder um die Abwendung der des Unheils, das die Einführung der italienischen Unterrichts- spracht an den Volksschulen bringen müsse. Diese Maßregel müsse Entfremdung zwischen Ellern und Kindern bringen. Wenn man, schloß Frau Mumelter, ln diesem Augenblick unser ganze» Bergvolk ausrufen wollte, käme es aus über 200000 Kehlen: Achtet unsere heiligsten Gefühle ... laßt uns die Muttersprache ... laßt uns die deutsche Schule ... Wir sind sriedliebend und untertänig, dürfen aber doch verlangen, datz man uns gerecht und mit etwas mehr Liebe entgegenkommt und nicht stets mit der Peitsche droht, denn wir leben im 20. Jahrhundert und sind keine Sklaven des alten Rom!" Dir mittige Sprecherin wurde vom Uiiterpräsekten wiederholt unterbrochen mit Bemerkungen, wie Ausgeschlossen! Undenkbar! Sie müssen Italiener sein! Der Beamte vertrat also das saszistische Regime pflichtgrlreu.