Nr. 272

Amt«- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Lalw.

V8. Jahrgang.

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Dienstag, dg» 2V. November 192S.

ugtzprei«: Hn der Siadt mit Lrägerlohn 8VM0V0V Mt. wöchentlich. Postvezuglprei» «OWOOOOOOÄk. ohne Bestellgeld. Schluß der Anzeigenannahme 8 Uhr vormittag«.

Neueste Nachrichten.

Nach Berliner vliittermcidungen sollen günstige Aussichten be­stehen, von amerikanischen, englischen »nd holländischen Fi- nan gruppe« eine Anleihe zu erhalten zwecks Stabilisierung der deutschen Währung u. Besch s' -rg von Lebensmitteln. Man wird gut tun, nicht allzu große Hossnuag auf diese Aussichten zu setzen.

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Im Reichstagsausschuß für auswärtia« Angelegenheiten wurde gestern Mer die Ruhr- und Rheinfrag« beraten. Man war sich darüber einig, daß weder das Rheinland noch das Ruhr­gebiet jbmals im Stiche gelassen werden könnt », und daß man danach trachten müsse, endlich doch zu einer erträglichen Vereinbarung mit Frankreich zu kommen. Wenn allerdings die französisch« Berschleppungspolitik so fortgeht, so wird alles Bestreben deutscherseits ohne Erfolg bleiben.

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Poinearss letzte Rede war vomMatin* so gedeutet worden, als soll« auch da» Ruhrgebiet bis zur vollständigen Ableistung der Reparationen besetzt gehalten werden. Havas erklärt nun berichtigend*, daß das Rnhrgebiet natürlich nicht gemeint set, daß man letztere« aber erst nach Bereinbarnnge« mit Frankreich und Belgien räumen werde.

Die Botschafterkonferenz ist anscheinend auf dem Weg« zu einem Kompromiß über die Frage» der Militärkontrolle »nd der Einreise de« »hemaligen Kronprinzen nach Deutschland.

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Die Sozialdemokraten beabsichtige« einen Mißtrauensantrag gegen das Kabinett Stresemaun.

Der KlWs «m Rohr und Rhein.

Die Ruhr» «nd Nheinsrage

vor dem Auswärtigen Ausschuß.

Berlin, 19. Nov. Das Hauptinteresse des heutigen Tages konzentrierte sich auf die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses, die der Beratung über die rheinisch-westfälische Frage gewidmet war. Die Sitzung erhielt eine besondere Note dadurch, daß außer den Reicbsausschußmitgliedern auch die Reichstagsabge­ordneten aus den besetzten Gebieten hinzugezogen waren. Von der Reichsregierung waren mit dem ReickskiOizler der Innen­minister Dr. Jarres, der Minister für di« besetzten Gebiete, Fuchs, der Finanzminister Dr. Luther, der Verkehrsminister Oeser und dann als Vertreter des Wiederaufbauministeriums Staatssekretär Müller erschienen. Der Reichsrat war durch zahl­reiche Vertreter der einzelnen Länder vertreten, darunter auch dem preußischen Ministerpräsidenten Braun, dem bayerischen Ge­sandten Dr. v. Preger, dem sächsischen Gesandten Dr. Eradnauer, dem württembergischen Gesandten Hildenbrandt, dem Vertreter Badens Dr. Riehe und a. Auch viele Vertreter der einzelnen Reichsministerien, u. a. der Staatssekretär Frhr. v. Maltzahn vom Auswärtigen Amt, nahmen an den Beratungen teil. Nach einem eingehenden Referat des Reichskanzlers über die Stel­lungnahme des Kabinettes zur Rhein- und Ruhrfrage ent­wickelte sich eine längere Aussprache, die sich bis in die Nach­mittagsstunden hinzog und bei der sich Vertreter aller Parteien beteiligten. Wie wir erfahren, kam allgemein zum Ausdruck, daß dir rheinisch-westfälische Frage angesichts der irngehcnren Not­lage dieser Gebiete einer schnellen Lösung entgegengeführt wer­den müsse und daß man weiter versuchen müsse, mit Frankreich r» einer Verständigung zu kommen. Zn der Debatte wurde dar­gelegt, ob es nicht angebracht sei, die besetzten Gebiete, di« ja be­kanntlich vor dem Krieg in steuerlicher Beziehung ein Ueber- fchutzgcbiet darstellten, durch eine Neuorganisation ihrer Ver­waltung in den Stand zu setzen, die Lasten für di« soziale Für­sorge selbst zu tragen. Irgendwelche Beschlüsse wurden jedoch nicht gefaßt; der Reichskanzler wird vielmehr heute abend eine weiter« Besprechung mit den Vertretern der besetzten Gebiete haben.

Ausländische Kredite flir Deutschland?

Berlin, 20. Okt. lleber die in Aussicht stehenden Kre» hite,fiir Deutschland weiß die .Mosfische Zeitung" noch mit- -uteilen, daß es sich um Kredite aus Amerika, England und

Holland handle. Hervorragende Bankfirmen aus diesen drei Ländern wollen sich an der Errichtung der Eoldnoten- bank, die die endgültige Lösung des deutschen Währungs- > Problems bilden soll, mit Krediten in der Eesamthöhe von 1400 Millionen Goldmark beteiligen. Auf den amerikani schen Kredit soll ein Betrag von 170 Millionen Dollar, also etwa die Hälfte des Gesamtbetrages, entfallen. M-: es heißt, soll die Paraphierung des Vertrags in den nach sten Tagen erfolgen.

Berlin, 19. Nov. lleber die Gewährung ausländischer Kredite, über die der Reichskanzler gestern vor dem Zcn- tralvorstand der Deutschen Volspartei und heute im Aus­wärtigen Ausschuß Andeutungen machte, wie dasVerl. Tageblatt" folgende Einzelheiten Mitteilen können: Zwi­schen den deutschen maßgebenden Stellen und einer ameri­kanischen Gruppe werden seit längerer Zeit Verhandlun­gen über einen Währungs- und Nahrungsmittelkredit ge­führt. Für den Währungskredit allein soll ein Betrag von 1 Milliarde Dollars in Betracht kommen. Die Aussichten für das Zustandekommen des Abschlußes sollen, dem Blatt zufolge, nicht ungünstig sein. Die ausländischen Geldgeber machten zur Voraussetzung, daß eine Stabilisierung der po­litischen Verhältnisse in Deutschland eintritt und daß Deutschland vor Experimenten des Rechts- und Linksradi­kalismus bewahrt bleibe. Als Garant des Kredits soll die Gesamtheit oer deutschen Grundbesitzerverbände fungieren. Die Ernährungskredite sollen so gestaltet werden, daß sie erst nach sechs bis neun Monaten abgesetzt zu werden brauche».

Die amsrikanischeHilfsbereitschaft".

London, 19. Nov. Der Neyworker Berichterstatter des Daily Expreß" meldet, daß Handclssekretär Hoover eine Hilfsaktion zur Unterstützung Deutschlands und zur Ueber- windung der französischen Aushungerungspolitik durch Vorschüsse an die deutsche Negierung und Kredite in Höhe von 345 000 000 Dollar zum Ankauf von Lebensmitteln in Amerika vorschlage. Der Washingtoner Mitarbeiter des Newyork Herold" schreibt: Coolidge sei iibe^sugt, daß die amerikanische Hilfe für Deutschland notwendig fei. Die eigentliche Frage sei die Ausgestaltung dieser Hilfe und wie lange Deutschland es aushalten könne, bevor es die amerikanische Hilfe dringend gebrauche. Man muß sagen, über die amerikanischeHumanität" gebt nichts. Man will also untersuchen, wie lange das deutsche Volk hungern kann, bis esdringend" notwendig ist, dag man es unterstützt.

Französische Auslegung der letzten Rede Poincares.

Das Rnhrgebiet als Erpressungsmittel.

Parks, iS. Nov. Der gestrigen Rede Poincarös gibt der Matin" eine Auslegung, die gerade im Augenblick der ernst­haftesten Diskussion zwischen London und Paris nicht verfehlen wird, sowohl in London, als auch in Washington ungeheuren Eindruck zu machen. Bei der Betrachtung über die bevorstehende Entscheidung in der Botschafterkonferenz schreibt das Blatt: Me dem auch sei, die französische Regierung hat eine Sicherheits­maßnahme getroffen, deren ganze Bedeutung man unterstreichen muß. Sie hat sich entschlossen, das Ruhrgebiet nur zu räumen, wenn alle in Versailles Unterzeichneten Klauseln ausgeführt und Frankreich solide gegen Angriffsabsichten gesichert ist. Bis jetzt waren unsere Truppen nur im Ruhrgebiet auf Grund von Sanktionen angesichts der Reparationsverfehlungen. Bis jetzt war es klar, daß wir das Ruhrgebiet nur nach Maßgabe der deutschen Zahlungen räumen werden. Poincarö aber hat gestern erklärt, daß wir jetzt aus anderen Gründen dort bleiben: Wegen unserer Sicherheit. Es handelt sich jetzt nicht um Reparationen, sondern von jetzt ab »erde» wir das Rnhrgebiet nur daun ver­lassen, wem, die Entwaffnung Deutschlands w f das Maß zurück» geführt wird, da» drr Versailler Vertrag vorsteht, »nd wir un­sere Militärlontrolle jederzeit «nd in jedem Ort «insetze« kön­nen, um uns davon z» überzeuge«, daß Deutschland seine militä­rischen Verpflichtungen erfüllt. Man kann sich nicht wundern, daß wir den Versuch machen. Hand u> lege« auf die Haupt­

rüstungszentren, der deutschen Bergwerke und Metallindustrie, solange, bis Deutschland aufhört, unsere Zukunft durch Ver­letzung seiner Verpflichtungen zu bedrohen.

SineBerichtigung" zu PornearLs letzter Rede.

Paris, 19. Nov. Die Havosagentur veröffentlicht fol­gende offiziöse Note: Gewisse Blätter scheinen den Sinn oer Worte, die der französische Ministerpräsident gestern in seiner Rede in Neuilly ausgesprochen hat. nicht verstan­den zu haben. Er hat erklärt: Wir sind im übrigen ent­schlossen, die auf Grund des Friedensvertrags besetzten Ge­biete nicht e» raumen, sofern nicht alle in Versailles Unter­zeichneten Klauseln vollkommen erfüllt find. Diese Worte bezogen sich auf die besetzten Gebiete am linken Rheinufer und auf die Brückenköpfe. Es versteht sich von selbst, daß sie sich nicht auf das Ruhrgebiet beziehen könne«, über das kein Entschluß getroffen werden kann, ohne ein vorheriges Uebereinkommen zwischen Frankreich und Belgien. Die­ser Satz ist gerade so vieldeutig wie die anfängliche Dar­legung.

Am Freitag Empfang der deutschen Vertreter vor der Reparationskommiffro».

Paris, 19. Nov. Die Vertreter der deutschen Regierung werden am Freitag dieser Woche die in der Note vom 24. Ok­tober in Aussicht gestellten Erklärungen über die deutsch« Fi­nanz« «nd Währungslage abgeben.

Die französische Hetze gegen Deutschland.

Paris, 18. Nov. Auf dem gestrigen Bankett des Re. publikanischen Komitees für Handel, Industrie und Land- Wirtschaft hielt der Vorsitzende des Komitees, Senator Chaumet, eine Rede, im wesentlichen innerpolitischen Inhaltes, die jedoch vielerlei Anspielungen auf die außen­politische Lage enthielt. Französischerseits habe man, so sagte der Redner, imnler Zugeständnisse gemacht und die Möglichkeit einer Verständigung geradezu erschöpft. Seit fünf Jahren bringe jeder Monat, jede Woche, jeder Tag neue Verstöße Deutschlands gegen seine feierlichen Ver­pflichtungen. Die Illoyalität Deutschlands sei erwiesen und sie fei unüberwindlich. Wenn Deutschland gegen das Unternehmen der bayrischen Nationalisten sei. so nur des- halb, weil es dieses augenblicklich für verfrüht halte. Ge- neral von Seeckt, derselbe, der das furchtbare (!) Rüstungs­werk der Reichswehr geschaffen habe, ein Werk, von dem das aufgelöste Deutschland zusammengehalten aber auch be­herrscht werde, warte nur auf seine Stunde. Er brauche nach seiner Meinung etwa 10 Jahre, um die ungeheure MaWne aktionsfähig zu machen, von der er den Sieg er- hoffe. In Frankreich sehe man das. Werde man es auch geschehen lasten? Frankreichs Alliierte, namentlich seine englischen und amerikanischen Freunde, bemerkten die Ge­fahr nicht so deutlich, wie die Franzosen. Wenn Frankreich sich erhalten wolle, so fei es gezwungen, seine Politik wei­ter zu verfolgen. Der Senator hielt es auch für notwen­dig. Deutschland vor einer falschen Vorstellung von den kommenden Wahlen im Jahre 1924 zu warnen. Deutsch, land. so erklärte er, schmeichle sich, daß das allgemeine Wahlrecht, von den Machenschaften der inneren Politik auf Abwege geführt, den Ministerpräsidenten desavouie­ren und den geschickten und klar blickenden Piloten, der Frankreich schon durch so viele Klippen hindurchgeführt habe, vom Regierungssteuer wegtrciben könne. Wir für unfern Teil, erklärt der Redner, sind unbeugsam.

Verdeutsche Gewerkschaftsbund der besetzt. Gebiete über di« Fiele Frankreich».

Köln, 19. Nov. Die in den letzten Tagen abgehaltene Ver­sammlung sämtlicher führender Persönlichkeiten des deutschen Srwerlschastsbnndes (christliche Gewerkschaften) der besetzten Gebiete hat nach eingehender Beratung der gegenwärtigen po­litischen Lage einstimmig folgende Entschließung angenommen: 1. Zn Anbetracht der wirtschaftlichen Zerrüttung und der dadurch heroorgerufenen Notstände und Gefahren erklärt der Deutsch«