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Stuttgart, 31. Januar.
Wohlfahrtseinrichkungen des Württ. Beamtenbundes.
Die Beamtenspitzenorganisationen der deutschen Beamtenschaft haben, um ihren Mitgliedern eine Abtretungsstelle im Sinn des Beamtenheimstättengesetzes zu schaffen, die Bau- strargelder der Beamten zu sammeln und diesen unkündbare Darlehen zu gewähren, eine Veamtenbausparkasse gegründet. Teilnahmeberechtigt sind alle deutschen Beamten und Ruhestandsbeamten, die einer deutschen Beamten- oder Ruhestandsbeamtenvereinigung angehören. Gegen spekulative Verwertung muß während der Dauer der Darlehens- gewährung eine Sicherungshypothek eingetragen werden. Der Württ. Beamtenbund hat außerdem ein Institut zur Vermittlung von Krediten ins Leben gerufen: die Darlehens- und Wirtschaftskasse, genannt Dawika. Teilnehmer sind die Mitglieder der dem Württ. Beamtenbund angeschlossenen Fachorganisationen.
Stuttgart» 31. Jan. Die Eingemeindungs- frage. In seiner heutigen Etatsrede berichtete Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager die geplante Verlegung der Technischen Hochschule in den Rosensteinpark, wofür das nördlich davon gelegene Gelände (Villa Moser usw.) zu einem Stadtpark umgewandelt werden soll. Die Verlegung der Hochschule würde einen Aufwand von 20 bezw. 15 Millionen (nach Verkauf der bisherigen Gebäude) verursachen. Außerdem wurde von der Eingemeindung von Zuffenhausen und Fellbach gesprochen.
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In der Rotebühlstraße fand ein Zusammenstoß zwischen einem Lastkraftwagen und einem Straßenbahnzug statt. Ein Fahrgast des letzteren erlitt durch Glassplitter an beiden Händen und am Kopf Schnittwunden. Die Fahrzeuge wurden beschädigt.
Durch einen Defekt an der Gaszuleitung im Keller zog sich gestern abend eine im Erdgeschoß eines Hauses der Steinstraße wohnende vierköpfige Familie eine leichte Gasvergiftung zu. Die entstandene Gefahr wurde vom Städt. Gaswerk behoben.
Erfolg eines Stuttgarter Ingenieurs bei einem internationalen Wettbewerb. Bei dem großen internationalen Wettbewerb über den Ausbau des Seehafens von Barcelona, an dem sich auch deutsche und ausländische Firmen und Ingenieure beteiligen, hat der Regierungsbaumeister Fritz Baumann vom Stuttgarter Städt. Tiefbauamt einen Preis errungen.
Der Lnuetacher Alügelalkar. Der Flügelaltar aus der Kirche zu Ennetach bei Sigmaringen von Jörg Stöcker (15. Jahrhundert), um dessen Ankauf aus den Beständen der Fürstlich Hohenzollernschen Sammlung in Sigmaringen sich die württembergische Regierung bemüht hatte, ist als Leihgabe S. H. des Fürsten von Hohenzollern der hiesigen Galerie für einige Zeit überlassen worden und im Museum der bildenden Künste, Neckarstrahe, ausgestellt, lieber den Erwerb einiger anderer Kunstwerke aus den Beständen der früheren Fürstlich Hohenzollernschen Sammlung in Sigmaringen für die Stuttgarter Gemäldegalerie sind Verhandlungen noch am Gang.
Ein Rohling. Aus Rache wegen seiner Entlassung bei einer Stuttgarter Lederwarenfabrik verübte der 21 I. a. Hilfsarbeiter August Leichenauer aus Zürich auf einen Meister, in dem er den Urheber seiner Entlassung sah, einen Anschlag, indem er sich nach seiner Entlassung heimlich in die Garderobe der Fabrik einschlich und dem Meister, als dieser die Garderobe betrat, mit einer Bierflasche einen wuchtigen Schlag versetzte und dann noch mehrere Messerstiche beibrachte. Desgleichen wurde der zu Hilfe eilende Hausmeister durch Messerstiche nicht unerheblich verletzt. Das Schöffengericht ließ es bei einer Gefängnisstrafe von 10 Monaten bewenden.
Aus dem Lande
Waiblingen. 31. Jan. Anfechtung der Stadtvorst a n d s w a h l. Die Wahl von Rechnungsrat Wendel- Heilbronn zum Stadtvorstand ist angefochten worden.
Eingegangene Zeitung. Das seit Oktober 1928 hsraus- gegebene „Neue Waiblinger Tagblatt" hat mit dem 31. Januar sein Erscheinen eingestellt.
Ludwigsburg, 30. Jan. Vom Heilbad Hoheneck. Es war beabsichtigt, im Bad Hoheneck einen Dohrversuch zu machen, um die Wassermenge zu vermehren. Ein Sachver
ständiger hat nun aber festgestellt, daß es genüge, die alte Quellfassung abzudichten, um das nötige Wasser zu bekommen. Es ist geplant 20—30 Badekabinen einzubauen und auch neue Gesellschafts- und Unterkunstsräume zu erstellen.
Ludwigsburg, 30. Jan. Neubau der Gemeinschaft der Freunde. Die Gemeinschaft der Freunde plant hier die Erstellung eines vierstöckigen Baus. Die Stadt hat der Gesellschaft einen Platz an der Hohenzollern- straße vor der Einmündung in die Stuttgarter Straße besorgt. Für den Neubau, der in den nächsten Wochen begonnen wird, hat die „Gemeinschaft der Freunde" einen Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich neben drei auswärtigen auch drei hiesige Architekten beteiligen.
Allmersbach, 31. Jan. Geflügelzuchtanstalt. Durch Grundstückstausch ist Schreiner Wilhelm Erhardt- Stuttgart in den Besitz eines umfangreichen Geländes gekommen, auf dem nun eine moderne Geflügelzuchtanstalt errichtet wird. Schon ist ein großes Hühnsrhaus erstellt, in dem sich über 150 schöne amerikanische Leghorn-Hühner tummeln. Wie man hört, werden im Lauf der nächsten Monate noch mehrere hundert Tiere eintreffen. Eine größere Seidenraupenanlage soll ebenfalls angelegt werden.
Crailsheim. 31. Jan. Inden Ruhestand. In diesen Tagen verläßi der seitherige Vorstand des Forstamt» Roßfeld, Oberforstmeister DIebold, nach 21jährigem verdienstvollem Wirken die Stadt, um in Tübingen seinen Lebensabend zu verbringen.
Besigheim, 81. Jan. EinfrivolerSchütze. Diens- ag vormittag wurde einem am Enzwehr hier malenden Stuttgarter Künstler von einem Hause des jenseitigen Ufers sin nahezu vollendetes Bild mit einer Aimmerslinte durch- chossen, und zwar in Kopfhöhe, sodaß es nur ein glücklicher Zufall ist, daß der an dem Bilde arbeitende Maler unverletzt lieb; der Täter, der bestimmt in voller Absicht handelte, mnte noch nicht festgestellt werden.
Heilbronn, 31. Jan. Bestrafter Schwindler, as Amtsgericht verurteilte den Schiffer Hermann Siegle us Bückingen wegen zweier Betrügereien zu 11L Jahren Gefängnis. Siegle hatte sich in Dürrenzimmern wo er "00 Mark Kaution erschwindelte, als den Assistenten eines esigen Rechtsanwalts ausgegeben. In einem anderen Fall Ute er sich in Bückingen als den Besitzer zweier Schiffe be- nchnet und 100 Mark erschwindelt.
Beemekau OA. Münsingen, 31. Jan. Weidmanns Heil. Ehrysostomus Kley, Schultheißen Sohn, erlegte in seinem Jagdgebiet Kolmeskreuz einen über 2 Zentner schweren Keiler.
Herrenberg, 31. Jan. 700 Jahre Stadt Herrenberg. Für die Abhaltung einer 700-Jahrfeier der Stadt Herrenberg wurde der 21. Juli d. I. bestimmt. Vorgesehen ist ein Festabend am Vortag, gemeinschaftlicher Kirchgang, offizielle Feier vor geladenen Gästen, öffentliche Feier auf dem Marktplatz, Festesten, historischer Festzug, Festspiel („Der arme Konrad"), Festbeleuchtung des Marktplatzes, der Stiftskirche und des Dekanats, als Abschluß ein Festball. Eine Besprechung mit Herren des Landesamts für Denkmalpflege ergab die Möglichkeit der Einrichtung einer kunsthistorischen Ausstellung.
Hausen OA. Rottweil, 31. Jan. Unvorsichtiger Schütze. Ein junges Mädchen wurde von einem jungen Burschen aus Unvorsichtigkeit mit einem Flobertgewehr ins Auge geschossen. Das Auge dürfte verloren sein.
Saulgau, 31. Jan. SchwererUnfall. Gestern vormittag kam beim Rangieren Oberweichenwärter Frick zu Fall. Ein Wagen fuhr ihm über den linken Arm und drückte ihn ab.
Auiendorf, 31. Januar. Der Oberschwäbische Zweigverein für vaterländische Naturkunde hielt seine Haupt- und Jahresversammlung unter sebr zahlreicher Beteiligung von Mitgliedern und Gästen
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in Aulendorf ab. OberreÄlehrer Dr. De rtsch-Ravensburg hielt einen Vortrag mit Lichtbildern über „Blüten- staubuntersuchungen am Federfee". Diese Untersuchungen über die Pollenanalyse ergänzte der zweite Referent Prof. Dr. S ch w e ii k e l - Stuttgart vom württ. Landesamt für Denkmalspflege durch Behandlung des Themas: „Welche Folgerungen ergeben sich aus den Mooruntersuchungen für die Besiedlung unseres Landes in der Nacheiszeit?" Der Vorsitzende erließ schon jetzt die Einladung zur Sommer- Exkursion in die Tettnanger Gegend unter botanischem Einschlag und zur Teilnahme an der Veranstaltung des Hauptvereins in Blaubeuren.
Lindau, 31. Jan. Gut abgelaufen. Beim Nach- schiiren des Ofenfeuers gerieten die Kleider der Postbetriebsassistentin Bischinger in Brand, und auch das Haupthaar begann bereits zu brennen. Ein zufällig zur Post kommender Kriegsbeschädigter erstickte rasch die Flammen und rettete das arg gefährdete Mädchen.
Was der Landmann vom Februar sagt. Für den Monat Februar gibt es eine recht erhebliche Zahl von Bauernregeln, die das Wetter im Februar mit den Hoffnungen bzw. für die kommenden Monate in Verbindung setzen. So heißt es: Wenn der Hornung warm uns macht, friert's im Mai noch gern bei Nacht. Liegt im Hornung dis Katz im Freien, muß sie sicher im März wieder hinein. — Schmilzt im Februar die Butter, so gibt das Frühjahr spätes Futter. — Viel Regen im Februar: viel Regen das ganze Jahr. — Wenn im Hornung die Mücken spielen, wird der März den Winter fühlen. — Wenn im Februar spielen die Mücken, gibts im Schafstall große Lücken. — Petri Stnhlfeier kalt, wird 10 Tage alt. — Wenn im Februar Mücken geigen, müssen sie im Märzen schweigen. — Klar Februar, gutes Roggenjahr.
ep. Unter besonderem Schuh. Die Problematik der Ehe- und Nachwuchsfragen gehören nachgerade zum Tagesgespräch. Es sei daher einmal daran erinnert, was in der Reichsverfassung Art. 119 steht: „Die Ehe steht als Grund läge des Familienlebens in der Erhaltung und Vermehrung der Nation unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Die Reinerhaltung, Gesundung und sozta'r Förderung der Familie ist Aufgabe des Staats und der Gem-mden. Kinderreiche Familien haben Anspruch auf au«gleickende Fürsorge. Die Mutterschaft hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des Staats".
Lokales.
Wilddad, den 1. Februar 1929.
Der Schützenverein veranstaltet am Samstag seinen alljährlichen Familienabend im Kühlen Brunnen. Der Beginn ist auf V-8 Uhr angesetzt, nicht wie in der bereits erschienenen Anzeige auf 8'/, Uhr.
Wettrodeln. Zu dem am Sonntag nachmittag 2 30 Uhr angesetzten Rodelrenne« sind wohl mehrere Nennungen abgegeben worden. Doch reicht die Zahl zur Durchführung der Veranstaltung noch nicht aus und werden daher alle diejenigen Rodelfreunde, die die Absicht haben daran teilzunehmen, dringend gebeten, den Meldetermin einzuhalten, wenn das Rennen zu stände kommen soll. Meldeschluß heute Freitag abend.
Ein Lebensbild von Siadtpfarrer v. Federlin
Ansprache, gehalten an der Trauerfeier durch Herrn Pfarrer O s ch m a n n - Stuttgart.
Es ist Sonntag, Erscheinungsfest. Ein Kranker — er ist nur leicht erkrankt — liegt zu Bett. Am stillen Nachmittag sitzt die Gattin bei ihm und liest ihm eine Predigt vor. „Sprich lauter!" bittet er. Als sie das Gebet liest und ihn anschaut, steht sie seine Züge verändert, ein letzter. Atemzug — er ist gestorben. Leise kam in Stille der Bote Gottes, der ihn heimholte. So ist am 6. Januar Stadtpfarrer l). Federlin gestorben.
Wenn der Tod so kommt, dann erleben wir aufs neue, wie erschütternd das Sterben ist. Eben ist er noch bei uns, mit dem wir verbunden waren; sein Leben und das unsere waren neben- und ineinander. Auf einmal sind wir auseinander, ist er so weit von uns, ganz weit. So weit,
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17. Fortsetzung.
Langsam gingen sie die menschenleere Promenade hinunter. Da sagte Magdo plötzlich ernst und unruhig werdend:
„Das alles ist eine Qual für mich ... Ich gehe nicht wieder nach Hause. Man behandelt mich dort wie ein Schulmädchen . . . Aber ich weiß auch nicht, was mit mir werden soll . . Sie stockte, errötete, begann dann aber von neuem: „Reisen Sie zu meiner Mutter . . . Vielleicht nützt das etwas."
Andrees Gesicht leuchtete auf:
„Nichts Lieberes will ich tun, Magdalena! Das ist das richtige Wort." Er blieb stehen, riß ihre Hände an sich und küßte sie hingegeben, wie damals im Briesenschen Bark.
„Ich reise heute abend noch," sagte er dann, „bin morgen früh in Berlin, habe den Tag zur nötigsten Arbeit, sammle mich und fahre übermorgen zu Ihrer Mutter. Einverstanden? . . . Schreiben Sie gar nichts nach Hause. Ihre Mutter und ich werden uns schon verständigen, wenn wir uns Auge in Auge gegenüber stehen."
Magda lächelte ihn an. Ein Gefühl kam Plötzlich über sie, daß es so wirklich am besten sein würde. Ja, die Mutter würde nachgeben und dann hätte aller Streit ein Ende. Tie hatte dann den Platz, den sie so heiß ersehnte ...
„Wo ist Lidy? Ich muß nun zu ihr," sagte Magda befangen.
„Sie erwartet Sie im Kurgarten, und ich werde Sie hinbringen . . . Da, diesen Weg wollen wir gehen."
Sie bogen in einen schmalen Pfad, der kaum drei Menschen nebeneinander Platz gestattete. Der feine rote Kies hatte einen warmen Ton; die hellgrünen Zweige und die dunklen Tannen machten den Weg schweigsam und heimlich.
Mit glücklichem, heißdurchbebtem Herzen schritt Andrer neben Magda. Als er sicher war, daß kein Mensch ihn beobachtete sagte er leise und innig, indem er stehen blieb:
„Mcgda, . . . seitdem ich Sie kenne, weiß ich erst, wozu und warum ich lebe. Vertrauen Sie mir. Alles sollen Sir aus mein«, HSndrn rmvfanstü ^. Ni. ML?
lich werden an meiner Seite . . . glücklich und beneidenswert wie selten ein Weib, das verspreche ich Ihnen . .
Zum ersten Mal reichte Magda ihm freiwillig ihre Hände. Sie hob das Gesicht. Da trat Andrer ganz dicht an sie heran, seine Lippen bebten nach ihren Küssen, doch er beherrschte sich und berührte ihren Mund nicht.
„Nehmen Sie das als ein Gelübde, Magda," sagte er nur, „und vertrauen Sie mir ganz und gar." Er küßt« ihre Hände, und dann setzten sie den Weg fort.
Xlll.
. . . »och die Moral der Großstadt verträgt sie nicht!"
Berufliche Pflichten hatten Andres einen Tag länger in Berlin festgehalten: als er endlich frei war, konnte er sich nicht entschließen, mit dir Eisenbahn zu reisen. Er ließ sein Auto reisefertig machen, und von seines Herzens Fieber getrieben, fuhr er in schnellster Fahrt zu Magdas Mutter.
Der Herbst begann die Natur zu färben, und die Spuren seiner Verwandlung zeigten sich an den Bäumen und auf den Feldern: in der ganzen Natur. Auch die Luft war lebloser als im Sommer. Melancholische, müde Nebelschleier zeigten sich leicht: die Sonne allein, die wie ein mildes Lächeln in einem schönen Altersgesicht war, verklärte das abgeerntete Land und den sterbenden Schmuck der Bäume.
Andrees Herz nahm das alles auf wie eine Art Heiligkeit, wie eins köstliche beseligend: Schönheit. Nicht waren es klare Gedanken, die ihn erfüllten, aber zum ersten Male in seinem Leben empfand er in sich Feiertag. Diese Gefühle, die ihn ergriffen und in Bann schlugen, kamen aus seiner Liebe. In seinem Gemüt sprangen plötzlich Quellen, die er nie gekannt hatte.
Als er auf dem Gute ankam, war es später Nachmittag. Frau Elisabeth befand sich mit Eva zusammen im Garten. Die Ankunft des Autos hatten beide nicht gehört.
Andrer wurde in das Besuchszimmer geführt, und Berka erhielt seine Karte mit der Weisung, daß er Frau am Ende allein zu sprechen wünsche.
Wie eine unerträgliche Folter erschien ihm die Zeit des Wartens. Sein Herz klopfte zum zerspringen, und mancher, das Zweifel in ihm erweckte, fiel ihm plötzlich ein.
Da öffnete sich die Tür, und Frau Elisabeth stand vor ihm. Streng war ihr Gesicht, sie kam Andres ganz fremd vor. So ganz anders hatte er Magdas Mutter in Erinnerung. Er blickte prüfend und suchend in ihr Gesicht. Doch da es sich gar nicht milderte, vielmehr noch finsterer abweisender wurde, legte sich mehr und mehr de« TefühlS« stronr in stinem Innern.
Gemessen nahm er auf ihre Aufforderung hin Platz. Mit gehaltener, beherrschter Stimme brachte er seine Werbung vor. Dan» schwieg er, und eine Pause entstand. Frau Elisabeth sah in ihren Schoß.
Es war so still zwischen den beiden geworden, daß man das Summen einzelner Fliegen hörte, aber auch das war wie tot. Drückend und dick erschien Andres die Luft de» Zimmers.
„Ihr Antrag ehrt mich," sagt« Frau am Ende endlich langsam und noch immer mit demselben strengen Gesicht, „aber ich muß Ihnen dennoch als Magdas Mutter meine Einwilligung versagen."
And.ees Lippen wurden weiß und seine Augen dunkel.
„Darf ich d e Gründe der Abweisung erfahren?"
„Verzeihen Sie" — kalt und ruhig kam es aus Frau Elisabeths Mund — „aber es sind zu viele Gründe vorhanden, als daß ich Sie Ihnen alle vorzählen könnte. .Lassen Sie sich daran genug sein, daß ich diese Heirat
meiner Tochter aus Prinzip — niemals — gestatten — werde."
Andcees Liebe flammte auf, zugleich aber auch Zorn gegen Frau am Ende. Sein Gesicht entfärbte sich, und
nicht mehr so ganz beherrscht sagte er:
„Gnädige Frau, ich kann mich mit Ihrer Erklärung nicht zufrieden geben. Ihre Tochter liebt mich wieder. Ich stehe mit ihrem Einverständnis vor Ihnen. Sie können keine Gründe haben, um unserem Glück im Wege zu sein- Sprechen Sie wenigstens offen! Wenn Sie mir nicht vertrauen, verlangen Sie Garantien, ich bin bereit, sie tm weitesten Maße zu geben . . . Ich bin dazu imstande.
„Nein, nein . . ." Frau Elisabeth hob die Hände.
„Ich kann Ihnen meine Tochter nicht geben. Kein Großstadt- menscy wird sie je bekommen. Streiten und rechten Sie
nicht mit mir . . . Meine Töchter sollen lieber unverheiratet bleiben, als daß ich sie der Großstadt und ihre» Genüssen ausliefere . . . Das — ist mein — letztes — Wort!"
Andrees Herz klopfte heftig, diese Härte hatte er nicht erwarbt. Schärfer, als er wollte, erwiderte er nach einigen Sekunden eisiger Ruhe:
„Sie vergessen, gnädige Frau, daß Ihr Fräulein Tochter großjährig ist und heiraten darf, wen sie will . .
Hochaufgereckt stand Frau Elisabeth plötzlich. Gelblich- weiß war ihr Gesicht, und ihre Augen sahen Andre« so unnatürlich groß an. daß dieser ganz betroffen wurde. ..
(Fortsetzung folgt.)