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Nummer 304

Fernruf 179

Freitag den 28. Dezember 1928

Ser Krieg um ter Schleiers Millen

Mt dem Gürtel, mit dem Schleier reißt der schöne Wahn entzwei". Und einschöner Wahn" war es vielleicht auch, als Aman Ullah im Februar d. I. nach Berlin kam, Europa durchreiste und einen ganzen Bündel von Reformplänen mit nach Hause nahm. Damals schon hatten Kenner des Islam und es gibt keine Religion, die fana­tischer wäre, als die des arabischen Propheten gezweifelt, ob es diesem Manne trotz aller seiner Aufrichtigkeit und Vaterlandsliebe gelingen werde, seine westeuropäischen Re­formen in der Heimat auch wirklich durchzusetzen.

Denn die Afghanen (6 bis 10 Millionen), eine Mischung von Ariern und Semiten mit mongolischem Ein­schlag, ein recht kriegerisches und intelligentes Volk, sind durchweg Mohammedaner, und zwar sunnitscher Kon- fession. Bekanntlich spaltet sich der Islam in zwei große Konfessionen, die schlecht miteinander stehen. Cs sind die Schiiten und die Sunniten. Letztere erkennen neben dem Koran, der Bibel der Mohammedaner, als gleichwertig die Sunna (Herkommen, Gewohnheitsgesetz) an, eine Tra­dition, die etwa dem Talmud der Juden entspricht. Schon wegen ihrer größeren Zahl erheben sie den Anspruch, die wahre Kirche des Islam zu bilden. Mit Leidenschaft halten sie auf die Beachtung der geheiligten Sitten und Gebräuche der Vorfahren, also auch auf Beibehaltung der Vielehe und namentlich der Verschleierung der Frauen.

Aman Ullah aber ist ein Reformer. Er folgte im Februar 1919 seinem ermordeten Vater Habib Ullah Khan in der Regierung und hat sich in den bald 10 Jahren seiner Regierung alseiner der bedeutendsten Köpfe des Orients" erwiesen. Im Jahr 1921 schloß ex Verträge mit Sowsetrußland, der Türkei und Persien. Hienach erkann­ten sich diese vier Staaten gegenseitig an und versprachen sich für den Kriegsfall Hilfe. Mit Hilfe e'ner tüchtigen Militärmission baute er sein Heerwesen (8 Jnf.-Divisionen und 2 Kavalleriebriaaden) auf, gab 1923 dem Land eine Verfassung, modernisierte das Steuerwesen, regelte die Schulpflicht, wie er überhaupt Schulen und Krankenhäuser in großer Zahl einrichtete, legte Bewässtrungs- und Kraft­anlagen an und ließ Pläne für die Schaffung eines Eisen­bahnnetzes in dem bis jetzt eisenbahnlosen, trotz seiner großen Ausdehnung dünn bevölkerten Land fertiaen. Das waren lauter sehr bedeutsame Reformen, die Afghanistan in die Reihe der zivilisierten Völker emporzuheben geeignet sind. Selbstverständlich ging es bei der Durchführung dieser Re­formen schon damals nicht ohne Aufstände ab.

Daß diese in verstärktem Maße einsetzen werden, war vorauszusehen, sobald Aman Ullah sich dar"'-; machte, wei­tere europäische Einrichtunosn einzifführen Und so ist es nun auch gekommen. Wohl läßt sich bei ven kaum nach­prüfbaren Nachrichten sehr schwer zwischen Svreu und Weizen scheiden. Aber sovi"l scheint jetzt schon seffzustshen, daß die gegenwärtigen Aufstände sich nicht bloß an der Grenze und im Gebirge (namentlich in Dschelalabad) allspie­len, Indern daß schon die Hauptstadt Kabul von dem un­heimlichen Strudel erfaßt ist. Ob.es wahr ist, daß bereits der König und die Königin aus der Hauptstadt flüchten mußten, läßt sich heute nicht untersuchen. Tatsache ist, daß die Verbindung Kabuls mit der Außenwelt zeitweise unter- brock>sn wurde.

Wie nun auch die augenblickliche Lage' in Wahrheit aus- sehen mag, gleichviel, es wäre ein Unglück, wenn Aman Ullah in diesem Kulturkampf denn es handelt sich um die wirtschaftliche und geistige Hebung eines zukunftsreichen 'Landes erliegen würde. Noch sind in Afghanistan, das etwas größer als Deutschland ist, erst etwa 9O0OOO Hektar bebaut. Von d?n reichen Minerolsckötzen (Gold, Silber, Kupfer, Eisenerzen, Blei, Zink und Kohlen) ist bis jetzt herz­lich wenig gefördert.

Wir Deutsche selbst haben ein lsbhastes Interesse an einer aedeihlichen Entwicklung des nun im blutigen Bürger­in d Religionskrieg sich wälzenden Landes. Hatte doch bei Anlaß des Berliner Besuchs Aman Ullahs der afghanische Gesandte, Minister Achmed Ali Kban, erklärt:Das Königreich Afghanistan habe mit den Deutschen, die es als Techniker, Wissenschaftler oder Aerztezur Mit­arbeit an seinem Wiederaufbau herangezogen habe, die allerbesten Erfahrungen gemacht."

Ein guter Kenner Afghanistans schreibt:

Die Nachricht, daß das afghanische Königspaar in ein Fort bei Kabul geflüchtet sei, daß Kabuler Forts von den Aufständischen genommen und beseht oder von Flugzeugen der Aufständischen beschossen worden seien, ist schon des­halb unzutreffend, weil Kabul über keinerlei Forts, auch in noch so primitivem Sinne, verfügt. Eine von einigen Lehm­mauern geschützte Kanone auf einem Berg bei Kabul und die Trümmer der 1879 von den Engländern zerstörten alten Königsburg Bala Hissar werden kamst auf diese Bezeich­nung Anspruch erheben können, denn ihre Lebmmauern bieten selbst gegen Maschinengewehrfeuer keinerlei Schutz. Uebcr andere Befestigungen verfügt Kabul nicht.

Cs erscheint im übrigen zeitlich kaum möglich, daß die aufständischen Bergstämme vyn Dschellglabad und Nimlg

ramssmeael

Der italienische Anlerskaaksfekrettir für Auswärtiges Grandi, der sofort nach der Anterredung mit Dr. Skrese- mann in Lugano zu Unterhandlungen mit kemal Pascha nach Angora abgereist «vor, ist van dort nach Vom zurück- gekehrt und hat Mussolini Bericht erstattet.

aus schon Kabul erreicht hätten, auch verfügen sie zweife»- 'os nicht über Flugzeuge, wie eine Teheraner Meldung be­sagte. Zwischen dem lokalen Aufstand in Kabul selbst und den Aufständischen in Dschellalabad besteht, räumlich we­nigstens, noch kaum irgendeine Gefechtsverbindung.

Neueste Nachrichten

Stresemann über die Räumung

Berlin, 27. Dez. In einem Gespräch mit dem Vertreter derBaltimore Sun" äußerte sich Dr. Stresemann, bei dem begründeten Rechtsanspruch Deutschlands auf Räumung handle es sich nickt um juristische Darlegun­gen, sondern um eine vernünftige und ehrliche Auslegung des Artikels 431 des Versailler Vertrages. Es gehe nicht an, die hier vorgesehene Räumung von der Bezahlung der ganzen Reparatiansschuld ab­hängig zu machen, wie es kürzlich Chamberlain im Unter­haus getan habe. Dies sei auch nicht immer der Stand­punkt der englischen Regierung gewesen. Deutschland habe im Dawesvertrag Pfänder gegeben, für die es nach dem Versailler Vertrag gar nicht verpflichtet gewesen wäre. Die seinerzeitige gemeinsame Erklärung Wilsons, Lloyd Georges und Clemenceaus über die Räumung, falls Deutschland vor 1933Beweise seines guten Willens und ausreichende Sicherheiten" gebe, bestätigen den Standpunkt Deutsch­lands. Niemand werde bestreiten können, daß Deutschland beides gegeben habe. Auf die Dauer können die deutschen juristischen Beweisgründe nicht ohne Wirkung bleiben, und er (Stresemann) glaube erwarten zu dürfen, daß sie zusammen mit den nicht weniger starken politischen und moralischen Gründen die Besetzung deutschen Gebiets endlich beseitigen werden.

Tschitscherin in Deutschland

Berlin, 27. Dez. Der russische Volkskommissar für Aus­wärtiges, Tschitscherin, der gegenwärtig noch ln Deutschland weilt, wird in den nächsten Tagen nach Ruß­land zurückkehren. Bis jetzt hak er noch nicht de» Wunsch geäußert, Dr. Stresemann seine Aufwartung zu machen.

Tariffrisde bei der Reichsbahn

Berlin, 27. Dez. In den letzten Tagen haben beim Eisen­bahnereinheilsverband Verhandlungen darüber stattgefun­den, ob das bis zum 31. Dezember lausende Lohnabkommen gekündigt werden solle. Nach langen Erwägungen kam man zu der Leber,zeugung, daß aus taktischen Gründen eine Kün­digung des Abkommens zur Zeit nicht empfehlenswert sei und daß der Vorstand des Verbands erst später entsprechende Schritte unternehmen solle.

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Rettung, nichtSelbstmord"

Wien, 27. Dez. Der frühere österreichische Bundeskanzler Karl Renner führt in einem Zeitungsartikel u. a. aus: Der französische Außenminister BriandHot in einer Rede in der französischen Kammer mit Beziehung auf den A n - schluß Oesterreichs an Deutschland kürzlich gesagt, das Selbstbestimmungsrecht der Völker bzw. Oesterreichs dürst unter keinen Umständen so ausgelegt werden, als habe ein Volk das Recht, Selbstmord zu verüben. Das würden Frank­reich und der Völkerbund nicht dulden. Man hat, erwidert Renner, dem Restösterreich die Souveränität mit einer pa- piernen Krone gegeben. Die österreichische Industrie ist auf ein Wirtschaftsgebiet von 50 Millionen Menschen eingestellt sie arbeitet für 6ls Millionen. Verbunden mit Deutsch­land. mit seinem Markt von 62 Millionen, würde oin großer Teil der österreichischen Arbeiter Arbeit haben, jetzt müssen sie vegetieren. Oesterreich braucht auch Zufuhr non Lebens­mitteln, aber Ungarn hat man von ihm losgetrennt. Der Anschluß wäre nichtSelbstmord", sondern ist die einzige Rettung für Oesterreich.

Zur Lage in Afghanistan

Paris, 27. Dez. Die afghanische Gesandtschaft in Paris gibt bekannt, daß nach einem gestern aus Kabul elngetrof- fenen Telegramm der aufständische Stamm Khooguani sich unterworfen habe. Der treugebliebene Stamm Mebmend habe gemeinsam mit den Regierungstruppen die Aufstän­dischen aus der Gegend von Djellalabad vertrieben. Die Aufstandsbewegung scheine nachzulassen.

. Reuter meldet, eiy großes Test Aufftündjschen hohe

Fernruf 179 63. Jahrgang

sich wegen des ungewöhnlich strengen Winters zurückgezogen. König Aman Ullah werde dadurch die Möglichkeit erhatten, mit den verschiedenen Mittelpunkten der Ruhestörungen nach­einander fertig zu werden.

Britische Militärflugzeuge haben die Familien deutfchrr, italienischer, türkischer, indischer und persischer Angestellten der afghanischen Regierung nach Peschawar (Indien) ge­bracht.

Plötzliche Rückkehr Hoovers

Washington, 27. Dez. Der künftige Präsident Hoovcr hat seine Reise in Südamerika plötzlich abgebrochen und ist auf dem KriegsschiffUtah" nach Hampton zurückgekehrt. Als Grund wird in den Blättern angegeben, daß Hoover sich von Parker Gilbert, der in den ersten Januartogen in Amerika eintreffen wird, über die finanzielle Lage Deutschlands und die Ziele der bevorstehenden Sach» verständigenkonferenz Bericht erstatten lassen wolle. Er werde auch die beiden amerikanischen Sachverstän­digen selbst auswählen, obgleich seine Amtszeit noch nicht zu laufen beginnt.

Württemberg

Stuttgart, 27. Dezember.

t Professoren der Musik. Der Staatspräsident hat den hauptamtlichen Lehrer der Württ. Hochschule für Musik Her­mann Roth, Dr. phil. Hugo Holle und Walter Reh- berg für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Lehrkörper der Württ. Hochschule für Musik die DienstbezeichnungPro­fessor der Musik" verliehen

Todesfall. Medizinaldirektor Dr. von Rembold, Chef­arzt des Marienhospitals in Stuttgart, ist im Aller von 73 Jahren gestorben. Der geschätzte Arzt und Bakterien- ssorscher wurde am 8. Februar 1855 in Leutkirch geboren.

Die Polizeistunde ist in Groß-Stuttgart an Silvester für Wirtschaften auf 2 Uhr verlängert worden. Schießen usw. ft'l bestraft werden. Schulpflichtige Jugend darf sich von 9 Uhr abends an auf öffentlichen Straßen nicht mehr auf­kalten. Die Bestimmungen sind recht gut, sind aber noch niemals eingehalten worden.

^ Das Weihnachtsgeschäft. Wie man aus Geschäftskreisen Hort, hat das Weihnachtsgeschäft in Stuttgart den Erwar­tungen nicht entsprochen, obgleich die Ladengeschäfte in Warenlager, Auslagen und Dekoration alles cmfgeboten haben, was möglich war. Am besten scheinen die Waren­häuser abgeschnitten zu haben, auch die Lebensmittelgeschäfte sind im ganzen zufrieden, während die Geschäfte mit feinen und teuren Artikeln unter dem herrschenden Geldmangel zu leiden hatten. Die Geschäfte für Saisonartikel und Sport hatten fast durchweg befriedigenden Absatz.

Vom Tage. Abends wurden dem seit 30 Jahren auf dem Westbahnhof angestellten Binder von Sindslfingen beide Beine abgefahren. Der Verunglückte wurde sofort in das Katharinenhospital übergeführt.

Stuttgart, 27. Dez. Ernennung. Der Staatspräsident hat dem Rektor Klingan der evang. Volksschule in Lorch, OA. Welzheim, die Stelle des Rektors an der Wilhelms­schule in Untertürkheim übertragen. Rektor Kling ist seit Mai d. I. Landtagsabgeordneter und Führer des Christlichen Volksdienstes.

Weihnachksgaben für das Personal der Sluttgarker Stra­ßenbahnen. Die Evangelische Diakonissenanstalt Stuttgart und ihre Schwesterstation Eßlingen sowie das Mutterhaus der Olgaschwestern haben der Vermattung der Stuttgarter Straßenbahnen zusammen 2033 Paar handgestrickter Socken als Weihnachtsgabe für das Personal übergeben. Au dem gleichen Zweck ist von dem Kath. Schwesternoerein Stuttgart ein Betrag von 600 RM., von der Brauerei Leicht für die Unterstützungskasse der Stuttgarter Straßenbahnen 200 RM. und für die der städt. Filderbahn 100 RM. der Verwaltung übergeben worden. Die Krankenschwestern haben bekanntlich auf der Straßenbahn freie Fahrt.

Was über Weihnachten passiert ist. Der über die Ereig­nisse der Weihnachtsfeiertage herausgegebene Polizeibericht meldet drei Selbstmordversuche. Im Schwalbenweg trank ein 19 I. alter Chemigraph Kupfervitriol. Er wurde nach dem Katharinenhospital übergeführt. Ein 20 I, a. Stu­dent sprang am Weihnachtsmorgen von d«r König-Knrls- brücke in den Neckar, wurde aber von einem Vorübergehen­den wieder an Land gebracht. In einem Haus der Wächterstraße machte ein 32 I a. Mann durch Einatmen von Gas einen Selbstmordversuch. Andere kamen dazu und verhinderten sein Vorhaben. Er wurde nach dem Kathari- nenhospital verbracht. Durch die Christbäume gab es in einem Haus der Olgastraße und in einem Haus der Wieder­holdstraße am Weihnachtsvorabend Vorhängbrände mit un­bedeutendem Schaden. Auch bei zwei weiteren Z'mmer- bränden in der Blumenstraße und in der Werastr-.iße war der Schaden gering. Auf den Rodelbahnen gab es in vier Fällen Knochenbrüche. Die Betroffenen, ein 27 I. a. Schreiner, ein 25 I. a. Kaufmann, eine 20 I. a. Studsnt'.rf