Heute noch hört man oft, daß, „wenn tn der Christnacht der Wind vom Aufgang der Sonne her weht, es Bieh- sterben bedeutet, vom Niedergang, große Herren sterben, von Mitternacht ein gut Jahr und vom Mittag böse Krankheiten" zu erwarten sind.-
lieber die zwölf heiligen Nächte weiß der Berichterstatter zu melden, daß das Wetter der einzelnen Monate des folgenden Jahrs ähnlich dem der Nächte und Tage ist, die dem Christabend folgen. „Die 12 Tage von dem Christtag an gerechnet werden folgendermaßen observiert:
Wenn die Sonne am ersten heiligen Hlmsttag scheint, so bedeutet es ein glückliches und freudenreiches Jahr.
Am 2ten Christtag Theuerung und Geldmangel.
Am 3ten Christtag Uneinigkeit unter den Geistlichen
Am 4ten Krankheit unter den jungen Kindern.
Am 5ten gut Obst, und Winterfrucht.
Am 6ten Ueberfluß von Baum- und Feldfrüchten.
Am 7ten gute Viehweide, aber wenig Korn und Wein
Am 8ten viel Fische und Vögel.
Am 9ten den Kauflauten glückliche Handlung.
Am lOten schwere und gefährliche Wetter.
Am Ilten große Nebel und Pestilenz.
Am 12ten Krieg und Blutvergießen.
Zwölsnächle-Vrauch
Rudolf Kopfs- Urach
Je ursprünglicher und einfacher der Mensch vor Zr'lm gewesen ist. umso unmittelbarer wußte er sich von den ew-gen Mächten abhängig die sein Dasein bedingen d. h. umso irommer war er. Am spürbarsten ist diese Abhängigkeit für den Menschen der Vorzeit da, wo es um >em leibliches Dasein geht, am meisten an die Wurzeln sei ies Da seins greifend in den Zeiten, da das Jahr alt wi"d Wie wenn sich die Kraft des Lichts nicht mehr erneuerte, wenn es die Finsternis gewönne, wenn die Eisriesen über da- Leben der Erde Herr würden, es für immer in Frsse n zu schlagen?
Schon lange, ehe unsere Vorfahren von den tebens- erhaltenden und lebenszerstörenden Mächten peri'ön ch dachten und redeten, suchten sie in der Natur nach MVeln. sich den Glauben an die lebenserhaltenden Kräfte zu stärken. Man fand auch noch mitten in Eis und Schnee grünes, nicht erstorbenes Leben: die Stechpalme die Mistel, und den Tannenzweig. Brachte man diese ins Haus und hing sie in einer Ecke an die Hauswand, sö zogen dadurch Lebensgeister in das Haus herein, die das Schlimmste überwinden halfen. Dem guten Geist, der sich in der grünenden Pflanze offenbart, kann der Mensch ober auch durch bewußtes Tun nachhelfen: wenn man einen Lindenoder Kirschenzweig in Wasser stellt, schlägt er auch im Eismond aus. Heute ist dieser Brauch auf den Barbaratag, den 4 . Dezember, festgelegt: der blühende Zweig heißt „Barbarazweig".
Daß die Winterstürme nicht bloß Eis und Schnee bringen, sondert* auch wieder Wärme und bessere Zeiten wußte man seit Nrväter-Zeiten. Der Sturm ist also Ent- scheidungskampf, Kt ihm ringen gute und böse Geister um den Sieg. Man kennt ihre Namen, man kann ihnen zeigen, daß man ihren Kampf mitkämpft, mit ihnen stürmt. In den drei letzten Donnerstagnächten vor Wintersommerwende ist Donar besonders kräftig auf der Fahrt: wer guten Willens ist, fährt mit und unterstützt des Gottes Macht, daß alle Menschen sie spüren. „Fahrnächte" heißt man noch heute diese Nächte im Kocher- und Remstal und di« Jugend rennt in diesen Nächten im Sturm durch den Ort, wirft Erbsen gegen die Fenster oder klopft an die Scheiben. Und zum Zeichen, daß solches Tun den Mächten des Lebens zu gut kommt und für die Zukunft Segen-schafft, -->,?« n an in Aalen dazu:
„Gut's Johr. gut's Johr,
Daß'» Kora gut grotet bis z' Johrl"
Und wenn Wotan, in den zwölf Nächten nach Winter- sonnenwend mit den Sturmunholden durch die Luft fährt, da gibt es für den Menschen, der des Gottes Nähe spürt, nur ein Doppeltes: entweder er „unterwirft" sich dem Gott und legt sich vor ihm lautlos auf den Boden oder — noch besser — er setzt sich aufs Rotz, reitet mit und verstärkt sb des Gottes Sieges- und Segensfahrt. Man heißt es heute Steffesreiten. Tut man das, so kommt Wotan leibhaftig im struppigen Bart, mit klingenden Schellen behängen und bringt denen, die kindlich an ihn glauben und gehorsam sind, Gutes: die Nuß vor allem, die den Lebenskeim an sich trägt, so daß die Beschenkten den Segen des Lebens „leibhaftig und gegenwärtig" essen können oder das Früchtebrot, das Lebenskeime die Fülle birgt, oder das Festbrot, auf dem er selbst dahersprengend dargestellt ist, das „Sprengerle". Wo so Gottes Nähe spürbar ist, da wird die Zukunft hell. Lostage nennt man die zwölf Nächte, die auf Wintersonnenwend folgen. Man stellt in diesen Rächten zwölf Schüfselchen mit Salz vor das Fenster; jedes davon zeigt am Morgen, je nachdem das Salz feucht geworden oder nicht, ob der betreffende Monat im nächsten Jahr naß oder trocken wird. Und wieder kann der Mensch bewußt n it- schasfen, Leben für die Zukunft zu wecken. Wer den andern mit der grünenden Rute schlägt, „pfeffert", teilt ihm damit durch bloße Berührung von dem Leben mit, das in der Rute steckt, dies ist Gottesdienst und wird belohnt; die Pfeffwer bekommen von des Gottes Gaben. Heute ist der Braun) auf den 4. Tag der Zwölfnächte festgelegt.
So kann der Mensch sich in den Dienst der guten Geiste stellen um die lebensfeindlichen Mächte überwinden zu helfen. Man kennt aber auch Mittel, den bösen Abbruch zu tun; sie heißen: durchwachen und so der Macht der Finsternis trotzen, und wenn die bösen Geister kommen wollen, sie mit Lärm verscheuchen. „Durchsitz" und „Durchspinnächte' heißt darum die erste der Zwölfnächke. Auch ein Wort aus freundlichem Herzen, ein Wunsch „beruft" die guten Geister, stärkt ibre Macht und tut damit den bösen Abbruch: Lärmen und Wünschen sind heute auf den Jabreswechsel festgelegt.
Am Ende der Zwölfnäckte — man heißt den Tag den „Obersten", den Gipfel der Festzeit — ist man aber schon so erkeckt im Dienste der Mächte des Lichts, daß man den Stern sichtbar im Triumpb durch die Straßen trägt. Im Schwarzwald hak man noch heute stakt des Abbilds des Sterns von Bethlehem dabei die Fackel in der Hand. Ja, man ißt den Stern aus Mutschelteig leibhaftig in sich hinein als das heilige Brot des Tages und man weiht das Salz m Katholischen Gegenden an diesem Tag für das ganze kommende Jahr. —
.Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis', und w I r kennen heute eine reinere Lichtquelle als unsere Borfahren vor zwei- und dreikau s e n d Jahren. Aber schon ehe der Stern. vyst BefhleHem
unserer Heimat zu leuchten begonnen, hieß deutsch sein: Kämpfer sein für das Reich des Lichts, Kämpfer für alle luten Geister.
kleine Nachrichten aus aller Dell
Prinz zu LSwenstein -f. Im 71. Lebensjahr starb in Berlin Karl Prinz zu L ö w e n st e i n - W e r t he i m - Freudenberg. Der Prinz gehörte zu den Gründern des Nationalen Klubs in Berlin und ist seit 1919 ohne Unterbrechung im Präsidium erster stellvertretender Vorsitzender gewesen. Besonderes Interesse brachte er allen technischen Neuerungen und Erfindungen entgegen. Die Krebs- und Tuberkuldseforschungen verfolgte er aufs genaueste und war auch auf industriellem Gebiet ein Kenner aller Neuerungen und Verbesserungen. Seine nationale Arbeit vollzog sich fern der Oeffentlichkeit in der Stille.
Steigende Beliebtheit des englischen Kronprinzen. Jedes Unglück hat auch seine glückliche Seite. So hat die Krankheit des Königs Georg zur Folge gehabt, daß der Prinz von Wales, der in England wegen seiner üblichen „Mißerfolge" beim Reitsport — er ist schon oft vom Pferde gefallen — nicht besonders beliebt war, an Volkstümlichkeit bedeutend gewonnen hat. Dazu hat namentlich, was für die Engländer so bezeichnend ist, beigetragen, daß er die Reise von Uganda in Afrika an das Krankenlager des Königs in London, eine Strecke, die sonst 23 Tage beansprucht, in 954 Tagen zurückgelegt hat, obgleich der Prinz selbst zu der Eil- reise gewiß nichts dazu oder davon getan hät. Aber es schmeichelt dem Engländer, daß der Prinz durch diese Reise bewiesen hat, wie sehr die Entfernungen und damit schließlich auch die Folgen dieser Entfernungen im britischen Weltreich immer mehr überbrückt werden können.
Slraßenumbenennnng. Die Königgräher Straße in Berlin, seinerzeit nach dem entscheidenden Sieg der Preußen über die Oesterreicher so benannt, hat einen anderen Namen erhalten, um die unter den heutigen Verhältnissen nicht mehr zeitgemäße Erinnerung an den damals leider nicht vermeidbaren Bruderkrieg zu löschen. Die Straße sollte «Großdeutsche Straße' heißen, man hat aber nach dem Wunsch des Oesterreichisch-Deutschen Volksbunds den für die Masse deutlicheren Namen Oesterreichische Straße gewählt.
Die Brücke über den kleinen Belt. Zum Bau der Brücke über den Kleinen Belt wird noch gemeldet: Die Summe, die der Ingenieurfirma Monberg u. Thorson in Kopenhagen in Verbindung mit der Allerups Nye Maskin Fabrik in Odense und den deutschen Firmen Grün u. Bilfinger in Mannheim, Friedr. Krupp A--G. in Rheinhausen und Louis Eilers in Hannover übertragen wurde, beläuft sich im ganzen auf 2054 Millionen Kronen (23 Millionen Mark). Auf die vier Strompfeiler entfallen dabei 7,6 Millionen Kronen, auf den eisernen Oberbau bei einem Einheitspreis von 657 Kronen für die Tonne etwa 9,6 Millionen Kronen und die Anschlußbrückenfächer am Lande 1,7 Millionen Kronen, sowie auf die Zuschüsse der Staatsbahn (Zement usw.) etwa 2 Millionen Kronen. Der Bau wird im Frühjahr 1929 begonnen werden und soll im Frühjahr 1934 fertiggestellt sein.
Selbstmord einer Primanerin. In Berlin
hat sich die 18jähritze Oberprimanerin Hildegard^Wrör mit Gas vergiftet, weil sie nicht zum AbituststM zugelassen werden sollte.
Schweres Autounglück. — Zwei Tote. Ein mit drei Beamten des Arbeitsamts Würzburg besetzter Personenkraftwagen kreuzte an einem Uebergang die Bahnlinie Biberehren— Nöttingen, als ein Zug die Strecke passierte. Der Lokomotivführer bremste sofort, doch wurde das Auto vom Trittbrett der Lokomotive ersaßt und zur Seite geschleudert. Der Führer mar sofort tot. Der eine Insasse erlitt einen schweren Schädelbruch, dem er im Krankenhaus erlag. Der dritte Insasse wurde nur leichter verletzt.
Trauriges Schicksal eines Vaters. In Kassel mußte der 59ährige Zaupkwachtmeister Rau von der Kasseler Schutzpolizei seinen ei-enen 20jährigen Sohn, einen gefährlichen Bodenkammer-Einbrecher, fesinehmen. Der junge Rau war in liederliche Gesellschaft gekommen und hatte mit einigen Schulfreunden eine große Anzahl dreister Bodenkammer-Einbrüche durchgeführk. In der vorletzten Nacht gelang es dem eigenen Vater, einen der Haupteinbrecher dieser Bande zu verhaften und dabei seinen eigenen Sohn festzunehmen. Er legte ihm Handschellen an, die der junge Rau auf der Straße losriß. Der Sohn schlug auf den Vater ein und wollte ihn auf den Boden werfen, als dieser seinen Dienstrevolver zog und zwei Pistolenschüsse abgab, wovon der eine Schuß den jungen Rau in die Brust traf, so daß er sofort tödlich verletzt dem Krankenhaus zugesührt werden mußte.
Blei statt Silber. In einer Leipziger Bank versuchte ein junger Mann, für angebliche Silbergeldrollen im Betrag von 3000 Mark, die den Stempel einer Leipziger Firma mit dem Prüfungszeichen trugen, gegen Papiergeld umwechseln zu lassen. Als der Kassier vorsichtshalber sofort die Rollen öffnete, entfloh der Gauner, er wurde aber auf der Straße festgenommen. Die Rollen enthielten Bleistücke stakt Silbergeld.
Kalke im Süden. In ganz Oberikalien ist seit 21. Dez. strenge Kälte eingetreken. Die Temperatur sank auf 5, in Triest auf 7 Grad unter Null. In den Apenninen und in der Aemilia liegt hoher Schnee, bei Verona sind sogar zwei kleine See zugefroren. Auch in Spanien herrscht scharfe Kälte. In Katalonien werden 12 Grad unter Null gemessen.
Fleischmangel in Moskau. Nachdem die Brotnok In Moskau durch Heranschaffung von Getreide einigermaßen behoben ist, hat sich nun ein Fleischmangel eingestellt. Die wenigen Eisenbahnlinien waren durch die Beförderung des sibirischen Getreides so in Anspruch genommen, daß für den Transport von Schlachtvieh keine Maschinen mehr zur Verfügung standen. Auf der Station Semipalatinsk sollen 500, auf der Station Aul 300 Eisenbahnwagen Fleisch und Vieh eingeschlossen sein.
Ein Auto von einem Eifenbahnzug überfahren. Am Sonntag abend wurde auf der Strecke Augsburg—München an der Ueberfahrt der Münchener Staatsstraße der Kraftwagen des Fabrikbesitzers Dr. Hubert Martini aus Augsburg von einem Schnellzug erfaßt. Dr. Martini wurde getötet. Die Strecke war für einige Zeit gesperrt. Nach Aussage des Bruders des Verstorbenen, der in einem anderen Kraftwagen folgte, hat der Verunglückte vor der Schranke gehalten. Der Schrankenwärter habe aber die Schranke wieder etwas aufgehoben, um den Wagen noch durchzulassen. Dieser Aussage steht die Erklärung des Schrankenwärters entgegen.
Fabrikbrand. In Kirchenlamiß (Oberfranken) ist die Porzellanfabrik Winterlin fast ganz abgebrannt.
In Paderborn wurde die Möbelfabrik Stadler eingeäschert. Der Schaden betägt 154 Mill. Mark.
Entdeckung eines Tintoretto-Gemäldes. Ein in der Stadtbildausstellung in Graz ausgestelltes altes Gemälde aus der dortigen Stadtpfarrkirche wurde einwandfrei als ein Tinto- retto (Jacopo Robusti, gen. Tintoretto, d. h. Färberlein, geb. 1512 zu Venedig, gest. 1637) aus seiner letzten Zeit festgestellt Das Bild stellt eine Himmelfahrt Christ! von selten schöner Komposition in dem bei Tintoretto üblichen gelbvioletten Ton dar.
Der Hauptgewinn der großen spanischen Weihnachks- lotterie. im Betrag von 15 Millionen Peseten (10 Millionen Reichsmark) ist auf ein Los gefallen, das für Rechnung eines Pariser Kunden bei einer Madrider Bank gekauft worden war. Der 2. Hauptgewinn im Betrag von 10 Millionen Peseten ist an zahlreiche Mitglieder eines katholischen Vereins in Jgualada und der 3. Hauptgewinn von 5 Millionen in 15 Anteilen an eine Gesellschaft in Villa- fr a n c a del Panades an der spanisch-französischen Grenze gefallen.
Verfehlte Ark der Wohltätigkeit — oder Reklame? Die Ankündigung eines Grundstückmaklers in Neuyork, daß er in seinem Büro 700 000 Weihnachtsgaben verteile, verursachte einen Andrang von etwa 30 000 Kindern mit ihren Eltern. Der Straßenverkehr war eine ganze Zeit vollkommen unterbrochen Die Polizei mußte ihre Reserven aufbieten. Im Gedränge sind zahlreiche Personen verletzt worden.
Erdbeben. Durch ein Erdbeben mit nachfolgender Feuersbrunst soll die Stadt Cotta Bato an der Westküste der Phi» lippineninsel Mindanao vollständig zerstört worden sein.
Auf der Insel Jamaika wurde ein großer Teil der Stadt st. Anns Bar, durch eine Feuersbrunst zerstört.
Selbstmord eines Konkreadmirals? Das „Tempo" meldet aus Frankfurt a. M.: Der Kontreadmiral a. D. V aa r- rendrapp hatte ein Schlafmittel genommen und mußte bewußtlos ins Hospital eingeliefert werden, wo er starb. Vaarrendrapp soll seit seiner Pensionierung mit seiner Gattin in bedrängten Verhältnissen gelebt haben, so daß man Selbstmord annehmen müsse. Nach einer andern Nachricht, hat der Admiral wegen großer Schmerzen, die von einer Krankheit herrührten, eine zu große Menge Morphium genommen.
Berliner Weihnachlsbild. Im Norden Berlins überfiel eine Bande von mehreren hundert Burschen den Weih- uachtsmarkk und raubten 450 Christbäume. Einem Händler !m Nordwesten, der dabei blutig geschlagen wurde, wurden 60 Bäume geraubt. Die Polizei kam jedesmal zu spät.
Hohe Strafen für Sprilschmuggler. In einem Prozeß gegen 59 Spritschmuggler, darunter 6 Zollbeamte, sprach das Gericht in Hamburg Strafen von insgesamt 10 Jahren Gefängnis und 25 Millionen Mark Geldbußen aus.
El, Schiff ohne Bemannung. Der dänische Dampfer „Jberia" fand im Mittelmeer das italienische Segelschiff „Fortuna" mit einer Marmorladung aber ohne Bemannung. Der Dampfer schleppte das Schiff nach Salina. Von der Bemannung hat man noch keine Spur. ,
Warnkreuze der Reichsbahn. Die Deutsche Reichsbahngesellschaft läßt jetzt Warnkreuze mit rot- und weißgestrichenen Armen und mit Pfosten in dunkelgrauer Farbe an den Wegübergängen, die sich in Schienenhöhe der Geleisanlagen befinden, anbringen. Als Signal für einen mit Schranke versehenen Wegübergang ist ein einfaches Halb- kreuz, für einen eingeleisigen Uebergang ohne Schranke ein einfaches Voll kreuz und für einen Uebergang ohne Schranke mit mehreren Geleisen das doppelte Vollkreuz gewählt worden. Bei der Aufstellung der neuen Signale wird besonders darauf geachtet, daß sie auf eine große Entfernung erkenntlich sind. Nach Ansicht der Reichsbahnverwaltung liegt kein zwingendes Bedürfnis für eine eigene Beleuchtung der neuen Warnungszeichen vor, da sie bei richtiger Aufstellung und vorschriftsmäßiger Füh- rung der Kraftfahrzeuge frühzeitig genug vom Scheinwerferlicht der Kraftfahrzeuge bestrahlt würden.
Einheitliche Fürsorae für Eisenbahnerwaisen. Am 1. Jan. tritt die unter dem Namen Reichsbahnwaisenhort gegründete Stiftung der Deutschen'Reichsbahn in Kraft, die durch den Zusammenschluß der bisherigen Stiftungen eine einheitliche Fürsorge für Eisenbahnerwaisen bringen wird. Dieser Waifenbort erstreckt sich über den ganzen Bereich der Deutschen Reichsbahn. Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Stiftung, dem Vertreter der Reichsbahndirektion und der Beamtenschaft angehören, ist der Direktor der Deutschen Reichsbahngesellschaft, Staatssekretär a. D. Vogt, gewählt worden.
vermischter
Ein Schwabenstreich — in München. Auf der Freitreppe vor der Münchener Staatsbibliothek sind vier Sandsteinfiguren altgriechischer Denker aufgestellt, die von einem vorzüglichen Bildhauer der Schwanthaler Zeit stammen. Wenige Münchner Bürger wissen, wen sie darstellen, und der Münchner Volksmund hat sie die „vier heiligen Dreikönige" getauft. In Wahrheit stellen sie den Geschichtsschreiber Thukydides, den Dichter Homer, den Arzt Hippo- krates und den Philosophen Gristoteles dar. In den vier Jahrzehnten, da sie vor dem Eingang der Staatsbibliothek Wache stehen, haben aber der „Zahn der Zeit" und der Kohlenrauch an den Standbildern genagt; der Sandstein ist grauschwurz geworden und durch Verwitterung sind da und dort kleine Steinchen ausgebrochen. Die natürliche Patina war nicht nach dem Geschmack irgendeiner Behörde. Eines Tages wurden, ohne daß man sachverständige Künstler gehört hätte, die vier Dreikönige, vielleicht auf Rat eines Maurermeisters, mit einem modernen Sandstrahlgebläse abgeblasen. Der Erfolg dieser Radikalkur war verblüffend. Nach tagelanger Bearbeitung waren die Figuren zwar schneeweiß wie neu, der künstlerische W»rt aber war vernichtet. Der verwitterte Stein war gegen den ätzenden Sandregen wehrlos und gab die Patina und einen beträchtlichen Teil des Umfanges her und die Figuren zeigen jetzt die „schlanke Linie". Allgemeines Entsetzen und bei den Künstlern und Kunstverständigen Helle Entrüstung. Man bemühte sich darauf, die verlorene Patina mittels des Dr. Schmidtschen Enkaustikverfahrens durch einen grauen Färb- ton zu ersetzen. Aber die Kunstwerke als solche sind verloren, und nun besinnt man sich darauf, daß man ja eigentlich auch durch Münchner Künstler Nachbildungen von ihnen hätte Herstellen lassen können. Dazu ist es jetzt natürlich zu
WL. -