Smiths sandte an Hoover ein Glückwunschtelegramm.
Auch das Parlament wird einige Veränderung zeigen. Die Demokraten haben im Senat mindestens 2 und im Abgeordnetenhaus- (Repräsentanten-)Haus mindestens 10 Sitze verloren. Bis jetzt sind im Abgeordnetenhaus die Wahlen von 220 Republikanern, 161 Demokraten, 1 Farmer und 1 Sozialdemokrat bekannt, 49 Mandate stehen noch aus.
Auf Grund des Wahlsiegs der Republikaner wird Senator Charles Curds Vizepräsident werden. Obwohl noch nicht alle Ergebnisse vorliegen, ist es wahrscheinlich, daß Franklin Roofe oelt Gouverneur des Staats Neu- yvrk werden wird.
Württemberg
Stuttgart, 7. November.
Kunstgewerbliche Vorträge des Landesgewerbemuseums. Das Landesgewerbemuseum veranstaltet auf Wunsch gewerblicher Vereinigungen Vorträge über kunstgewerbliche Fragen. Im Anschluß an solche Vorträge können kunstgewerbliche Gegenstände nach ihrem kunsthistorischen und ästhetischen Wert besprochen und die Besitzer oder Erzeuger unentgeltlich beraten werden. Es können auch Beamte des Landesgewerbemuseums zu Erläuterungsabenden entsandt werden. — Zum Vorlesen und Vorführen in Versammlungen gewerblicher Vereinigungen stehen folgende Vortrüge mit Lichtbildern unentgeltlich zur Verfügung: „Die Entwicklung der Schrift", von Hofrat Petzendorfer; „Symmetrie und Gleichgewicht", von Professor Dr. Pazaurek; „Kunst und Luxus", „Schönheit und Handwerk", „Das neuzeitliche Kunstgewerbe in Württemberg", „Möbelschmuck", von Dr. H. H. Josten: „Modernes Spielzeug", von Dr. Max Schefold. — Anträge auf solche Veranstaltungen sind an die Direktion des Landesgewerbemuseums, kunstgewerbliche Abteilung, Stuttgart, Kanzleistraße 19, zu richten.
Stuttgart, 7. Nov. Zur Ernennung des Ministerialdirektors im Kultministerium. Da in einem Teil der Presse unrichtige Nachrichten über die Vorgänge gebracht werden, die der Ernennung des Ministerial- rats Meyding zum Ministerialdirektor im Kulkministerium vorangingen, so hat Kultminister Dr. Bazille an dis Schriftleituna des Schwab- Merkur folgende Berichtigung übersandt: .In Ihrer Nummer 519 vom 5. Npvember 1923 bringen Sie unter der Aeberschrift «Der Nachfolger von Präsident Dr. von Bälz" die Behauptung, daß Herr Ministerialrat Dr. Beißwänger ursprünglich zum Ministerialdirektor im Kultministerium ausersehen gewesen sei und daß eine Gegenbewegung gegen diese Absicht den Herrn Staatspräsidenten Dr. Bolz in seinem Widerstand gestärkt habe, so daß schließlich auch der Kultminister sich selber habe überwinden müssen. Beide Behauptungen sind unrichtig. Da, wie in den beteiligten Kreisen bekannt ist, nie die Absicht bestand, den Herrn Ministerialrat Dr. Beiß- wänger zum Ministerialdirektor im Kultministerium zu ernennen, so gab es in dieser Frage auch keine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Herrn Staatspräsidenten und dem Kultminister.'
künstlerischer Erfolg. Bei dem vom Verband Pfläzischer Industrieller veranstalteten Preisausschreiben für Verdienstmedaillen, die langgediente Angestellte und Arbeiter erhalten sollen, erhielt Professor Lörcher - Stuttgart die Hälfte des für den 2. und 3. Preis zur Verfügung stehenden Geldbetrags für den von ihm eingereichten Entwurf.
Versuchsballone. Vom 12. bis 17. November steigen an vielen Orten Europas (auch in Deutschland) zu wissenschaftlichen Zwecken unbenannte Versuchsballon auf. Der Finder eines solchen wird gebeten, ihn samt dem daran befindlichen Selbstschreibegeröt sorgfältig zu behandeln und nach der am Ballon oder am Gerät befindlichen Anleitung zu verfahren. In der Regel zahlt die den Ballon absendende meteorologische Anstalt dem Finder eine angemessene Belohnung. Die Ballone sind mit dem leicht brennbaren Wasserstoff gefüllt, daher ist Vorsicht geboten. In Zweifelsfällen wende man sich an die nächste Ortspolizeibehörde oder an die Württ. Landeswetterwarte in Stuttgart.
Aus dem Lande
Oehringen, 7. Nov. Ein Alt-Veteran. Heute feierte der Veteran von 1870/71, Mühleisen, seinen 80. Geburtstag in erfreulicher Rüstigkeit.
Ehlingen a. 17., 7. Nov. Erhöhung der Kranke n k a s s e n b e i t r ä g e. In der gestrigen Ausschuß- sitzung der Allgemeinen Ortskrankenkasse wurde dem Antrag des Vorstandes, den Beitragssatz von 6,5 auf 7,5 Prozent zu erhöhen, zugestimmt. Anwesend waren 16 Arbeitgeber- und 35 Arbeitnehmervertreter. Mit 33 von insgesamt 51 Vertreterstimmen gelangte dieser Antrag zur Annahme. Die Arbeitgeber übten Stimmenthaltung.
Heuchlingen OA. Aalen, 7. Nov. Hohes Alter. Gottlieb Bihr in Holzlauten beging den 97. Geburtslag. Er ist geistig und körperlich noch sehr rüstig.
Oberbalzheim OA. Laupheim, 7. Nov. Brückenbau. Die Gemeinderäte von Oberbalzheim, Sinningen und Jller- eichen-Altenstadt hielten im „Rößle" in Altenstadt a. d. Iller eine öffentliche Sitzung betr. Brückenbau über die Iller ab. Man beschloß, eins leichtere Brücke in Angriff nehmen zu lassen. Die Kosten tragen zu 40 v. H. die Gemeinden Sinningen und Oberbalzheim: ebenso die Kosten der Zufahrts- wsge auf württ, Seite. 60 v. H. übernehmen Altenstadt- Jllereichen (mit Zufahrtsstraßen auf bayerischer Seite).
Oberkochen OA. Aalen, 7. Nov. Autounglück. In der Kurve bei der Kreuzmühle überschlug sich das Auto der Fabrikanten Grupp von hier und fuhr die Böschung hinunter. Von den Insassen wurden zwei Herren aus Mögg- lingen verletzt.
Reresheim. 7. Nov. Familienforschung. Oberlehrer Schmid hat in den letzten Jahren sämtliche Stammbäume der Neresheimer Bevölkerung von 1664 bis in die neueste Zeit in einem umfangreichen handschriftlichen Buch angelegt (9306 Geburten, 7511 Todesfälle, 1620 Eheschließungen). In einem Vortrag zeigte er das Ergebnis seiner Forschungen auf. Die Berufe der meisten Familien sind festgelegt, sowie Herkunft, Geburt, Tod, Eltern. Seil 1664 sind es 1233 verschiedene Familiennamen. Interessant ist das Ergebnis der großen Arbeit über Sterblichkeit, Kindersterblichkeit, Kriegszeiken, gefallene Feinde, unbekannte Gestorbene; Zuzug Fremder nach dem 30jährigen Krieg aus Steiermark, Kärnten, Tirol, über Verkehrsentwicklung und dabei gemachter Fehler. Es ist eine dankenswerte Leistung und geeignet, den Heimatsinn zu stärken.
Dettingen a. d. Erms, 7. Nov. Diebstahl. In der Nacht aus Montag wurde an einer Benzmaschine, die bei dem Weberei- und Kraftwerkneubau der Firma G- M. Eisenlohr hier als Zugmaschine in Betrieb genommen werden soll, der Magnet weggeschnitten und entwendet. Der Täter konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Durch den frechen Diebstahl ist die Maschine vorläufig betriebsunsiihig.
Tübingen, 7. Nov. Akademische Preisverteilung. Im Festsaal der Universität fand die akademische Preisverteilung statt. Nachdem der Kanzler der Universität, Professor Dr. v. Rümelin, einen Vortrag über „Gleichheit vor dem Gesetz" gehalten hatte, fand die Verteilung der von den Fakultäten zuerkannten Preise statt. Die Preise der evangelisch-theoogischeu Fakultät haben erhalten cnd. theol. Lothar Schmidt und stud. theol. Ernst Käseman. Die Preispredigt erhielt Vikar Helmut Goes in Dornheim. Der Preis der katholisch-theologischen Fakultät fiel Josef Saniert aus Ehingen zu. Die philosophische Fakultät gab ihren Preis stud. phil. Otto Herzig aus Rottenburg. Die naturwissenschaftliche Fakultät gab ihn cand. math. Otto Trinkner aus Wildbad und Dr. Otto Weyer.
Freudenstadt, 7. November. Iagdseltenheit. In Besenfeld wurde bei einer durch die Jagdgesellschaft veranstalteten Treibjagd ein sogenannter Perückenbock erlegt. Dieser hatte an Stelle des Gehörns eine zusammengewachsene wulstige Masse auf, die wie ein Bast aussieht und nicht abgeworfen wird.
Schwarzenberg OA. Neuenbürg, 7. Nov. Ein Wohnhaus, drei Scheunen abgebrannt. Gestern morgen gegen 3.45 Uhr brach in einem Zimmer im oberen Stock des Anwesens des Landwirts Jakob Maisenbach e r Feuer aus, das so rasch um sich griff, daß binnen kurzer Zeit das Wohnhaus und drei weitere in unmittelbarer Nähe befindliche Scheunen brannten. Bis auf den Grund abgebrannt sind: Wohnhaus und Scheuer des Landwirts Jakob Maisenbacher und je eine Scheuer des Landwirts David Bert sch und des Gemeindepflegers Jakob Kraft. Der Schaden ist sehr groß, da die Scheuern mit Ernte- und Heuvorräten vollgefüllt waren und di« Geschädigten nur mangelhaft versichert sein sollen. Die Brandursache ist bis jetzt unbekannt.
Das Urteil zu dem Autounglück in der Nenkorstraße.
Gestern nachmittag wurde das Urteil in der Strafsache gegen den Kaufmann Wilhelm Clauß von Stuttgart und Direktor Karl Willich von Ulm wegen fahrlässiger Tötung — es wurden bekanntlich 2 Personen, Mutter und Kind, getötet und 5 Personen teilweise schwer verletzt — verkündet. Beide Angeklagten wurden der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Clauß erhielt 2 Monate Gefängnis oder 600Ü Mark Geldstrafe, Willich erhielt 1 Monat Gefängnis oder 3000 Mark Geldstrafe.
Brenz OA. Heidenheim, 7. Nov. 80. Geburtstag. Am Donnerstag feiert Zimmermeister Johann Leonhard Zimmermann, Veteran von 1870/71, seinen 80. Geburtstag. Er ist ein Handwerker von altem Schrot und Korn und arbeitet noch täglich in der Werkstatt seines Sohns, trotzdem es ihm bei einem Unfall fast die Hand kostete und sich die Beschwerden des Alters bei ihm bemerkbar machen.
Böchingen OA. Brenz, 7. Nov. Unglück im Stall. Jakob Meck, „Seehof", hatte das Unglück, daß zwei schöne Pferde auf einmal eingingen.
Laupheim, 7. Nov. Eröffnung der Landwirtschaftsschule. Am Montag wurde die nach mancherlei Schwierigkeiten als Notbehelf fertiggestellte Landwirtschaftsschule ihrer Bestimmung übergeben.
Mengen OA. Saulgau, 7. Nov. Todessturz. Vorgestern abend wollte der 84 I. a. Paul Wilhelm auf dem Ziegelberg von der Bühne seines Hauses Holz holen. Dabei stürzte der im allgemeinen noch rüstige Mann auf der Treppe so unglücklich, daß er schwere Verletzungen am Kopf erlitt, an deren Folgen er in der Nacht verschied.
Waldsee, 7. Növ. Tödlicher Sturz. Als gestern morgen die 24 I. a. Agathe Pfänder von Ziegelach zu einer Beerdigung nach Haisterkirch fahren wollte, stürzte sie an der Haisterkircher Steige vom Fahrrad und war auf der Stelle tot.
Leulkirch, 7. Nov. Ein Achtziger-Kleeblatt. Drei hiesige Altersgenossen konnten in diesen Tagen in ihr 80. Lebensjahr eintreten, Karl I o s e r, Schutzmann a. D., Privatier Josef Gut und Leonhard Ehe, Flurfchütz a. D. Alle drei sind noch sehr rüstig. Es ist ein interessanter Zufall, daß diese drei Altersgenossen seinerzeit am gleichen Nachmittag des zweiten Novembersonntags 1849 in der hiesigen Martinskirche getauft worden sind.
Wngen i. A.« 7. Nov. M i n i st e r b e su ch. Reichsernährungsminister Dietrich und Staatsrat Rau besichtigten gestern die Milchwirtschaftliche Lehr- und Forschungsanstalt und einige andere milchwirtschaftliche Betriebe. Die Lehranstalt hat einen Aeichszuschuß von 100 000 Mark bekommen, den sie wohl brauchen kann. Von Wangen fuhren die Herren nach Ravensburg, besichtigten dort das Lagerhaus der Schwäbischen Ob st zentrale und folgten sodann einer Einladung des Präsidenten Adorno von der Landwirtschaftskammer auf dessen Gut Kaltenberg zu einer kurzen Besichtigung. In Tettnang wurde das Lagerhaus der Kaufstslle der landwirtschaftlichen Genossenschaften besichtigt. Dann ging die Fahrt nach Friedrichshofen zum Besuch der Meierei der Zeppelinwohlfahrt GmbH, lim 5.30 Uhr reiste der Aeichsernährungs- minister nach Berlin zurück.
Vom bayerischen Allgäu, 7. Nov. Zinkerzfunde am Breitachdurchbruch. — Schneegestöber. Sprengungen am Breitachdurchbruch brachten Erze zutage, die sich als Zinkblende und Notzinkerz entpuppten. D^ Erze weisen auch starken Schwefelgehalt auf. Man nimmt an, daß sich eine Erzader von der Breitach bis Tiefenbach erstreckt, die sich bis zum Illertal durchzieht und den Mineralquellen in Tiefenbach und Au b?i Fischen ihren wertvollen Gehalt verleiht. ' Es handelt sich nun darum, ob das Zinkvorkommen abbauwürdig ist. — In den Allgäuer Bergen setzte bereits am Samstag heftiges Schneegestöber ein, so daß der Schnee schon am Nachmittag his zur Seealpe herunterging. Während es am Sonntag im Tal regnete, hielt der Schneefall in den Bergen an.
Kigrnarrngen, 7. Nov. Straßenbaugesetz. Der Gemeindeausschuß des preußischen Landtags hat den Entwurf des Straßenbaugesetzes für die Hohenzollernschen Lande unverändert angenommen. Danach werden die Gemeinden von den ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Wegebaulasten befreit. Die öffentlichen Wege werden neu eingeteilt.
Ntte Schuld
19
Roman von R. Kohlrausch.
Copyright Hy Greiner L Co., Berlin NW 6.
(Nachdruck verboten.)
Ter Schlosser zuckte nur mit den Achseln, ohne zu sprechen, doch hatte Brennerts ruhiger Ton sichtlich Ein« fkuß aus ihn, seine Augen fingen an, milder zu blicken. Ueber seine Personalien gab er ohne Zögern Auskunft, auch seine Papiere zeigten sich in Ordnung.
„Ich sehe/' sagte der Kommissar. „Sie arbeiten schon seit sechs Jahren in der Kunstschlosserei von Mathias. DaS ist ein gutes Zeichen für Sie."
„Ich wechsle nicht gern. Wo es mir erträglich geht, bleibe ich."
„Tas ist verständig, das gefällt mir. Und Sie werden dort auch nicht schlecht bezahlt, nicht wahr?"
Wildführ sab erstaunt aus den gemütlichen Kommissar: sein Gesicht erhellte sich immer mehr und wurde dadurch immer hübscher. Vrennert sägte sich, daß Marie Stuben- führ keinen schlechten Geschmack habe. Vorläufig begann er ein Gespräch über Lohnverhältnisse im allgemeinen und über die von Wildführ zu leistenden Arbeiten im besonderen. Der wurde zutraulich und lebendig und begleitete die Auseinandersetzung über seine Handwerks- seriigkett mit malenden Gesten.
Brenncrt lächelte teilnehmend und sagte mitten tn die technischen Erörterungen hinein:
„Wildführ und Stubenföhr, - es ist eigentlich komisch, wie der Name von Ihrer Braut an Ihren eigenen au, kltngt. Als wenn Sie für einander bestimmt «Lre»."
„Das glaube ich auch- Herr Kommissar. Und nicht nur wegen der Namen."
„Ihre Braut ist ein hübsches Mädel; ich habe sie heim ersten Zeugenverhör gesehen."
..Ein Prachtinädel ist es Hübsch und gescheit und tüchtig, — tüchtig im Hause, das kann ich Ihnen sagen."
„Das freut mich für Sie. Aber wo Sie eine so nette Braut haben, da wundert eS mich eigentlich, daß ein Mann wie Sie mit so zweifelhaften Leuten Freundschaft hält, wie dieser Neustätter und Höger eS doch sind."
„Freundschaft? Ich — mit diesen beiden? Wer hat
Mr das anardichtet?" ,
Der Zorn brannte wieder in seinen Augen, und er zog seine Stirnhaut so zusammen, daß es war, als wenn seine Haare sich sträubten.
„Ein leidenschaftlicher Kerl, aber nichts Verstecktes und Berechnetes," dachte Brennert bei sich, um dann zu sagen: ,Ha, Sie haben doch vor zwölf Tagen im „Goldenen Löwen" ziemlich lange mit ihnen zusammen gesessen."
Wildführ lachte laut aus.
„Also darum! Na, das kann ich dem Herrn Kommissar ganz genau sagen, warum sie sich damals an mich herangemacht haben. Bier habe ich ihnen zahlen sollen, das war die ganze Geschichte. Und weil ich doch einmal mit ihnen zusammen gearbeitet hatte — lange hat es bet denen ja freilich nicht gedauert, — und weil ich gerade meinen Wochenlohn in der Tasche hatte und sah, daß die beiden durstig und hungrig waren, da habe ich ihnen den Gefallen getan. Aber Freundschaft mit solchen Bummel- lanten, — das gibt es nicht bei mir, Herr Kommissar."
„Ich kann wieder nur sagen: das freut mich für Sie. Und so erklärt sich Ihr Zusammensein ja ganz einfach. Aber nun sagen Sie mir auch, — Sie haben sich doch an dem Abend, als die Schauspielerin ermordet wurde, um halb neun Uhr mit Ihrer Braut vor dem Hause getroffen."
,Za, das ist richtig."
„Wie lange haben Sie dort ungefähr auf Ihre Braut gewartet?"
„So zehn Minuten etwa sind es gewesen. Ich war um ein Viertel nach acht schon zur Stelle — mir hat es pressiert wegen einer Versammlung — und außerdem, wenn man verliebt ist, — Sie werden wohl selber wissen, Herr Kommissar —"
„Gewiß, gewiß. Also zehn Minuten haben Sie ge- wartet. Hat sich in dieser Zeit einer der beiden, von denen wir eben gesprochen haben, dort sehen lassen?"
„Neustätter oder Höger? Nein, keine Spur."
„Ist Ihnen denn sonst nicht irgendetwas ausgefallen?"
„Nein, Herr Kommissar, — nein, — nicht, daß ich wüßte."
Brennert hob den Kops und warf einen scharfen Blick aus den Zeugen, ohne jedoch das künstliche, bebagliche Lächeln an seinem Mund etnzubüßen.
„Mein lieber Wtldsühr, Sie sind für Heimlichkeiten offenbar nicht gemacht. Auf Ihrem ehrlichen Gesicht liest
man alles, was in Ihnen vorgeht. Sie haben dort etwas gesehen, — reden Sie nur frei heraus."
Wildführ schloß und öffnete ein paarmal seine kräftt- gen Schlosserfäuste. Dann sprach er mit plötzlichem Ent- schloß:
,Ha, Herr Kommissar, weil ich nun doch einmal hier bin und mit der Polizei zu tun gekriegt habe, was noch nie der Fall gewesen ist, solange ich lebe, und was niir — nichts für ungut — in der Seele zuwider ist, will ich es Ihnen sagen. Besonders auch, weil Sie so gemütlich und nett zu mir gewesen sind, Herr Kommissar. Jawohl, ich habe dort etwas gesehen."
„Sprechen Sie, sagen Sie es mir ganz genau."
„Um halb neun ist meine Braut ins Haus gegangen, und ich habe mich auf den Weg gemacht in meine Versammlung. Aber ich bin keine zehn Schritte fort gewesen von der Haustür, da fällt mir ein, daß wir ja gar nicht verabredet haben, wann wir uns Wiedersehen wollen — weil alles doch so eilig war an dem Abend. Ich kehre also um und Pfeife so einen bestimmten Pfiff, den wir verabredet haben. Gleich danach wird auch die Haustür aufgemacht, und ich denke schon, Marie hat mich noch auf dev Treppe gehört und ist umgekehrt. Aber nein, — sie war es nicht. Es war ein Herr, der aus dem Hause kam.'
„Wie sah er aus?"
„Vom Gesicht habe ich nicht viel gesehen, weil er den Hut in die Stirn gedrückt hatte und seinen Kragen vom Pelz in die Höhe geklappt. Aber so viel sah ich, daß er eine bräunliche Gesichtsfarbe hatte."
„Wie benahm er sich? War er unruhig oder ängstlich?"
„Daß ich nicht wüßte. Biel umhergeschaut hat er nicht, sondern vor sich hin auf den Boden. Und er hat sich auch nicht weiter aufgehalten, sondern ist gleich fort« gegangen." , ^
„Ging er schnell? Und nach welcher Sette hin?"
„Er ging ziemlich rasch die Kurfürstenstraße hinunter, nach dem Wall zu."
„Nach jener Seite? Nicht nach den Anlagen hin und tn die Stadt hinein?"
Wtldführ schüttelte den Kopf. „Nein, dorthin ist er nicht gegangen.Er ging nach der Vorstadtsette hin."
„Wissen Sie das ganz genau?"
(Fortsetzung folgt.)