Herz des ganzen deutschen Volks flog mit Ihnen, besonders während der Stunden der Ungewißheit und der gefahrvollen Stunden der Stürme. Aber mit Ihnen, Herr Dr. Eckener, und Ihren Kameraden waren wir unverzagt in der Ueber- zeugung, daß Ihr Flug glücken werde. Unser Vaterland sieht in diesem neuen Luftschiff und in seiner glänzenden Führung über Meere und Kontinente eine deutsche Lei- stung, auf die es stolz ist im Bewußtsein seines Arbeitswillens und im Vertrauen auf seine Zukunft. Ich bin gewiß, im Namen des ganzen deutschen Volkes zu sprechen, wenn ich allen, die mit Kopf, Herz und Hand an der Schaffung dieses Luftschiffs mitgewirkt haben und allen, die es sicher durch Sturm und Gefahr geleitet haben, tiefempfundenen Dank und Anerkennung ausspreche. Mit diesem Dank verbinde ich den Wunsch nach weiteren Erfolgen in der völkerverbindenden Arbeit des Luftschiffbaus. Mögen Ihnen, meine Herren, und dem deutschen Lustschiffbau weitere Erfolge beschielten sein.
Dr. Eckener erwiderte u. a.: Hochzuverehrender Herr Reichspräsident! Ich bitte, zugleich im Namen der Besatzung meinen herzlichen und ehrerbietigen Dank sagen zu dürfen für die Begrüßungsworte, die Sie auszusprechen die Güte hatten. Das Gefühl, das uns stets begleitet hat, war das Gefühl, aus dem richtigen Weg zu sein. Wir haben stets die feste Ueberzeugung gehabt, daß das Luftschiff das geeignet st e Luftverkehrsmittel über den Ozean ist. Unsere drei Fahrten über das Atlantische Meer haben uns in dieser Ueberzeuguna bestärkt. Die Rückfahrt von Amerika hat uns gezeigt, daß die Leistungsfähigkeit unseres Luftschiffes doch noch ein wenig zu wünschen übrig läßt, aber wir wissen, wie dies zu bessern ist. Und wir legen hier vor Ihnen, hochverehrter Herr Reichspräsident, das Gelöbnis ab, daß wir alle unsere Kräfte einsetzen wollen, das uns überkommene Erbe im Sinn des Grafen Zeppelin zu verwalten. Wir bitten Sie, Herr Reichsprädent, unseren Bestrebungen auch fernerhin ein freundliches Interesse erhalten zu wollen.
Im Anschluß daran stellte Dr. Eckener die Mitglieder der Besatzung, zunächst den Erbauer, Chefkonstrukteur Dr. Dürr, dem Reichspräsidenten vor, der mit jedem einzelnen einige Wahrte wechselte. Besonders herzlich begrüßte der Reichspräsident auch die amerikanischen Marineoffiziere. Als Reichspräsident v. Hindenburg und Dr. Eckener darauf auf den Balkon des Saals traten, brach die harrende Menge in ungeheuren Jubel aus. Nach kurzer, zwangloser Unterhaltung dankte Reichspräsident v. Hindenburg Dr. Eckener und der Luftschiffbesatzung für ihren Besuch und wünschte ihnen weiter beste Erfolge für ihre Arbeit. Kurz vor 1 Uhr nachmittags war der Empfang beendet.
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«Graf Zeppelin" soll in der Nacht zum Dienstag, etwa nach 3 Uhr, fertig zur Abfahrt nach dem Osten sein, falls die Witterungsverhältnisse es gestatten. — Der Andrang der Menschenmassen am Montag nachmittag auf dem Flugplatz war ungeheuer. Abends erstrahlte das Flugzeug in der Beleuchtung von Scheinwerfern.
Auf der Rückfahrt von Berlin nach Friedrichshafen sollen etwa lO Fahrgäste ausgenommen werden. Der Fahrpreis beträgt 1000 Mark für die Person.
Hallenspende der Stadt Asch
Die Bevölkerung der deutschböhmischen Stadt Asch hat als Beitrag zur Erbauung einer neuen Zeppelin-Halle nach Friedrichshafen drahtlich die Summe von 26 000 tschechoslowakischen Kronen (etwa 3270 Mark) überwiesen. — Als der erste „Zeppelin" verunglückte, da war Asch die erste Gemeinde aus dem ganzen deutschen Siedlungsgebiet, das dem Grafen Zeppelin einige taufend Goldkronen zur Fortführung seines Werks zur Verfügung stellte.
Mrilemberg
Stuttgart. 5. November.
Zum Stuttgarter Lichtfest. Anläßlich des Lichtstes vom 10. bis 12, November wird die Neichsbahndirektion, um den zu erwartenden verstärkten Verkehr von auswärts zu bewältigen, den Zugsverkehr durch Vorzüge, die bis Schorndorf (Stuttgart ab 22.30), Göppingen (22,05 ev, Geislingen). Bietigheim (22.32) und Reutlingen (22,35) geführt werden,
verstärken. Am Sonntag werden noch besondere Verwai- kungszüge eingelegt. Zur Benützung der Züge berechtigen auch die Sonntagsfahrkarten.
Stuttgart. 5. Nov. Don der Technischen Hochschule. Der an der Technischen Hochschule in Hannover erledigte Lehrstuhl der praktischen Mathematik ist dem Privatdozenten Dr. rer. nat. Erwin Fues an der Technischen Hochschule in Stuttgart angeboten worden.
Stuttgart, 5. Nov. Neue Schulbauten. Da sämtliche Cannstatter Schulen schon seit langer Zeit unter drückender Raumnot leiden, hat die Stadtverwaltung die Absicht- ein neues Schulgebäude im Ebitz zwischen der Künftigen Max Eyth-Straße und der Remsbahn bis Frühjahr 1930 zu erstellen. Die Baukosten sind auf etwa 1 Million Mark veranschlagt. In der Ebitz-Schule soll vor allein die Realschule ein neues Heim bekommen, die bis jetzt im Haus des Gymnasiums und Realgymnasiums untergebracht ist. Einen Teil der durch den Auszug der Realschule freiwerdenden Räume soll das Gymnasium und Realgymnasium bekommen. Auch Untertürkheim soll ein neues Schulgebäude bekommen, und zwar im Gewand Flohberg. Das Gebäude ist für die Kinder der Siedlungen Luginsland und Wallmer bestimmt und soll bis 1932 fertig sein. Außerdem ist vorgesehen, an der Lindenschule bis zum Jahr 1930 mit einem Kostenaufwand von 500 000 Mark einen Anbau zu errichten und die Turnhalle zu erweitern.
Lebensmüde. 5m Hofraum eines Hauses der Prag- skraße versuchte ein 36 5. a. Mann in selbstmörderischer Absicht sich mit einer Schere die Pulsader der linken Hand zu öffnen. Er brachte sich eine bedeutende Verletzung bei und wurde in das Krankenhaus Feuerbach verbracht.
*
Vom Tage. Beim Aussteigen aus einem fahrenden ^Straßenbahnwagen wurde am Sonntag abend ein in Ober- türkheim wohnender Oöjähriger Schlosser tödlich verletzt.
Aus dem Lande
Steinenbronn OA. Stuttgart, 5. November. Unter- schlagung im Amte. Der frühere Schultheißenamtsverweser Knauß ist wegen Unterschlagung von 1600 verhaftet worden.
Eßlingen a. N., 5. Nov. SchweresAutounglück. — 1 T o t e r. Sonntag nachmittag stieß in der Neckarstraße ein mit vier Personen besetzter Kraftwagen aus Stuttgart mit einem hiesigen Personenkraftwagen zusammen. Hierbei wurden die Insassen des auswärtigen Kraftwagens aus dem Wagen geschleudert, wobei der 74 Jahre alte verh. Weingärtner Fritz Krämer aus Stuttgart-Wangen so unglücklich auffiel, daß er kurze Zeit darauf verstarb. Der Führer und ein weiterer Insasse wurden leicht verletzt, während dos Fahrzeug schwer beschädigt wurde. Die Insassen des hiesigen Personenkraftwagens blieben unverletzt, auch ihr Fahrzeug wurde nicht so schwer beschädigt.
Stellen OA. Brackenheim, 4. Nov. Entlassung des O r t s v o r st e h e r s. Die hiesige Ortsvorsteherstelle ist zur Neubesetzung ausgeschrieben. Die Wahl findet am Samstag, den 24. November statt Auf 31. August 1927 ist nach
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einer Revision durch das Oberamt Brackenheim der frühere Ortsvorsteher zurückgetreten. Hernach hat er seinen Rücktritt rückgängig machen wollen, hat sich krank gemeldet, und ist viele Monate in Erholung gewesen. Nun ist durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit Wirkung vom 1. September sein Rücktritt als zu Recht bestehend verfügt worden. Dadurch geht er aller Gehalts- und Pensionsansprüche seit jenem Termin verlustig.
Heilbronn, S. Nov. Der U h re n d i e b st a h l. Die Einbrecher, die in der Nacht auf 11. Oktober in dem Uhrenhaus Hohner in Heilbronn 106 Uhren im Wert von etwa 4500 gestohlen haben, sind in Stuttgart, Eglosheim bei Ludwigsburg und in Niefern bei Pforzheim ermittelt und verhaftet worden.
Oberrot OA. Gaildorf, 4. Nov. Diamantene Hochzeit. Am lehten Sonntag konnten unter großer Anteilnahme der Gemeinde die 85- und 80jährigen Ehegatten Gottlieb Müller und Thusnelde geb U n g e r, in voller geistiger und körperlicher Frische die diamantene Hochzeit feiern.
hall, 5. Nov. Brandstiftung. Der 29 I. a. verh. Zimmermann Georg Hofmann von Haselhof, Gde. Leukershausen OA. Crailsheim, wurde vom Schwurgericht zu der Zuchthausstrafe von 2 Jahren 6 Monaten, abzüglich 2 Monate Untersuchungshaft, sowie zur Tragung der Kosten verurteilt. Hofmann hatte am 18. August d. I. das dem Fabrikarbeiter Georg Hartmann in Haselhof gehörige, aus Wohnhaus, Scheuer und Stallung bestehende Gebäude vorsätzlich in Brand gesteckt, wodurch das ganze Gebäude eingeäschert wurde.
Rödten OA. Ellwangen, 5. Nov. Wasserleitung. Bei der geringsten Trockenheit versagen die hiesigen Brunnen und die Einwohner müssen Wasser für sich und ihr Vieh herbeiführen. Die Teilgemeinde hat daher eine Quelle vom hiesigen Müller angekauft und will nun eine Wasserleitung bauen. Die Kosten werden sich aus etwa 23 000 Mark stellen. Um nicht in zu große Schulden zu kommen, werden sämtliche Grabarbeiten und Fuhrlöhne von den Einwohnern der Teilgemeinde übernommen und deren Kosten ihnen an der Steuer gutgeschrieben.
Reutlingen, 4. Nov. FürErhaltung der Volkstrachten. Der Südd. Gauverband der Gebirgs- und Volkstrachtenvereine, Sitz Stuttgart, hielt hier in der „Harmonie" seine diesjährige Herbst-Generalversammlung ab. Neu ausgenommen wurden Volkstrachten-Verein Villingen- Schwarzrvald-Baar und der Gebirgstrachtenverein Zug- spihler-Obertürkheim. Das nächstjährige Gaufest findet in Eßlingen, eine der nächsten Generalversammlungen in Villingen statt.
Horb a. N., 4. Nov. Sturm mitdagel. Nach ungewöhnlich starkem Wetterleuchten ging Freitag abend nach 9 Uhr über unsere Markung ein kurzer, heftiger Sturm, der mit Hagelschlag verbunden war.
Zimmern u. Bg. OA. Rottweil, 5. Nov. Ein diebischer Rabe. Letzten Sommer wurde hier von einem jungen Burschen ein junger Nabe gefangen und großgezogen. Er stellte sich, nachdem er ausgewachsen, regelmäßig zum Fressen ein- Als die Bewohner unlängst in der Kirche waren, janv er oen HausMutzel, trug ihn fort in einen Steinhaufen und deckte ihn mit Laub zu) auch ein auf einer Kommode liegendes Portemonnaie holte er samt Anhalt zum Fenster heraus und versteckte es weitab in einem Holzhaufen. Merkwürdig ist, daß sich der Rabe bei seinen Stammesgenossen nicht mehr sehen lassen darf, da sie ihn in Scharen verfolgen und ihm den Garaus machen würden.
Ehingen a. D., 5. Nov. Schwerer Einbruch. In der Nacht auf Samstag drangen Einbrecher in den Bahnhofskiosk, der Frau Häußler Witwe gehörig, ein und stahlen Waren im Wert von über 400 Zt. Anscheinend hak man es mit berufsmäßigen Einbrechern zu tun.
Eichstetten OA. Saulgau, 5. Nov. Brand. In der Nacht auf Freitag sind die zusammengebauten und mit Strohdach bedeckten Wohn- und Oekonomiegebäude des Landwirts Peter Nesch abgebrannt. Das lebende Inventar konnte gerettet werden, während das häusliche und landwirtschaftliche Mobiliar restlos verbrannte.
Ravensburg. 5. Nov. Tödlicher Sturz. Am Sonntag nacht stürzte der einzige Sohn Hugo des Gastwirts R i e d e s s e r zur Ratsstube am Viehmarkt aus dem Fenster des 2. Stockwerks auf die Straße. Der Tod trat sofort ein
Alte Schuld.
Roman von R. Kohlrausch.
Copyright by Greiner L Lo., Berlin NW 6.
17 (Nachdruck verboten.W
„Wildführ — jawoll, jetzt besinne ick mir. De^r Hab' ick riss sehr anständige Art kennenjelernt — dazumal Hab' tck nämlich jearbettet."
„Könnte stimmen. Ich will Ihnen auch sagen, wo eS gewesen Ist. In der Kunstschlosseret von Mathias hier tn der Hochstraße."
„Nee, wie der Herr Kriminal jeschett sind!"
„Sie haben es dort natürlich auch wieder nur vierzehn Tage aiisgehalten. Wildführ arbeitet aber noch tn der Kunstschlojseret."
„Darüber kann tck nu nischt sagen."
„Das ist ja sehr merkwürdig, Neustätter. Worüber haben Sie sich denn mit ihm so lebhaft unterhalten vor zehn Lagen tn der Gastwirtschaft zum „Goldenen Löwen", wo Sie mit Wildführ und Ihrem Freunde Höger dem langen Höger — über eine Stunde beisammen saßen?"
„Na, nu schlag' aber eener lang htnl Det jrenzt ja an Iedantenübertragung."
„Möchten Sie mir vielleicht Mitteilen, worüber Sie damals im „Goldenen Löwen" so lebhaft unterhandelt haben?"
„Ja, det ts schon lange her. Ick jloobe, wir haben über Politik jeredet. Wildsühr, der hat's nämlich mit die Politik. Er jetzt ooch in Versammlungen und hält Reden."
„Ist richtig. Aber Sie haben es nicht mit der Politik — wie Sie sich ausdrücken. Sie haben Interesse für ganz andere Dinge."
„Ja, vor die Klassiker." . , -
„Es wäre gut, wenn Sie sich darauf beschränkten. Aber mit Einbrüchen, Taschendtebstählen und ähnlichen Sachen haben sich die Klassiker meines Wissens nicht ab-
„Der Herr Kriminal kennen woll die „Räuber" von Friedrich Schiller nich?" ,
Bcennert mußte lächeln. Aber mitten aus dem Lächeln heraus tat er wieder eine seiner überraschenden Fragen: ..Und jetzt erzählen Sie mir einmal wahrheitsgemäß.
wo Sie den Ring der Schauspielerin Kunewka gelassen haben."
„n Ring? Von 'm Ring weeß tck nu aber ooch jar nischt."
„Besinnen Sie sich nur. Vielleicht stärkt es ihr Gedächtnis, wenn ich Ihnen andeute, daß die Polizei be- reitS über alles unterrichtet ist und Ihnen jemand gegen- überstellen könnte, der den Ring tn Ihren Händen ge- sehen hat. Was würden Sie dazu sagen?"
„Ick würde sagen, Herr Kriminal: Es liebt die Welt, det Strahlende zu schwärzen un det Erhabene tn'n Dreck zu ziehn."
„Werden Sie nicht frech, Reustütter."
„Nee, aber wahrhaftiger Iott, von 'in Ring >veeß ick nu wirklich janz un ,ar nischt. Dadrufs kann ick Ihnen mein Ehrenwort jeden."
„Das würde mir nicht allzu viel Eindruck machen. Aber wenn Sie die Aussage verweigern, müssen wir eben -sehen, aus anderem Wege zum Ziele zu kommen. Leugnen Sie vielleicht auch, am Nachmittage des 19. Februar mit Ihrem Freunde Höger vor der Wohnungstür der Schauspielerin Kunewka gewesen zu fein?"
„Nee, Herr Kriminal. Warum sollte ick denn ooch so 'ne unschuldige Sache leugnen?"
„Unschuldig?"
„Na, natierlich. Det war die reene Kunstbejeisterung, weshalb wir den Besuch bet die arme Person jemacht haben."
„Nun hören Sie aber auf!"
„Nee, nee! Det war wirklich so. Wenn tck 'mal jrade Ield habe, dann jeh' tck doch jerne noch 'mal ins Theater. Un so vor drei Wochen ungefähr, da hatt' tck ihr spielen sehen, die Amalia in die „Räuber". Iötter- weib, Herr Kriminal. Um die is det ewig schade. Un da Hab ' ick denn zu meinem Freunde Höger gesagt: „Du, Höger, die müssen wir 'mal in die Nähe sehen. Wir machen uns 'n Ulk und jehen zu ihr un sagen, wir wären Arbeeter — wat wir ja stellenweise ooch sind — un hätten wat nachzusehen an die Wasserleitung." Na, gesagt, jetan. Un zu Iesichte haben wir ihr ja wirklich noch jekrtegt, aber wenn wir gewußt hätten" —
„Hören Sie auf, Neustätter. Diese Rederei hat keinen Zweck. Ueberlegen Sie sich die Sache noch einmal. In
der Untersuchungshast haben Sie ja gute Muße dazu. Nach einiger Zeit wollen wir dann wieder einmal miteinander sprechen."
Brennert gab dem Polizisten einen Wink, Neustätter abzuführen, der sich nicht versagen konnte, beim Hinausgehen dem Kommissar noch eine kleine Lektion im Schiller zu geben, indem er ihm zurtef: „Herr Kriminal, det is bei mir janz wie bei Martechen Stuart — ooch ick kann sagen, ick bin besser als mein Ruf."
Brennert war allein. Sein Gesicht verfinsterte sich.. Er schaute vor sich hin und blätterte in den Akten, doch ohne wirklich zu lesen. Trub und grau tag das leere Zimmer um ihn her.
Nach einiger Zeit erst drückte er auf eine Klingel. Ein Polizist kam herein, und Brennert sagte:
„Lassen Sie den Höger jetzt eintreten."
Gleich daraus betrat ein ungewöhnlich langer und magerer Mensch das Büro, vom Polizisten gefolgt. Aber die lange Figur des Freundes vom Schiller-Hans war zusammengekrümmt und er preßte die rechte, flache Hand fest auf die Magengegend. Sein gelblich-bleiches, bartloses und noch nicht altes Gesicht, über dem aber doch eine blanke Glatze ohne Haarabgrenzung emporstieg, verzog sich tn der Mundpartte häufig wie vor Schmerz.
Brennert achtete daraus vorläufig ebensowenig wie ans die heisere, klägliche Stimme, die aus seine Fragen über die Personalien leisen Bescheid gab. Als er aber dann eine seiner Kunstpausen eintreten ließ, fing Höger an zu jammern und sagte:
„Ach, wenn tck bitten dürfte, Herr Kriminal, lassen Sie mir nich so lange stehen. Mir is heute >anz hnnds- fött'sch zumute. Meine Magenschmerzen, wv ick häufig dran leide, sind heute jradezu dotl."
„Magenschmerzen? Ja, mein lieber Höger, die lommen vom Lebenswandel."
„Ach nee, nee, det ist immer man bloß die llfsreiiing Wenn ick mir uffreje, sind se da — wie beim Bäcker die Semmeln."
„Wenn Sie wirklich Schmerzen haben, dann wird es wohl am besten sein, Sie gehen bald wieder und legen sich aufs Bett."
„Ach ja, Herr Kriminal, darum möchte tck ooch je- beten „haben/' . . -