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Nummer 248

Fernruf 179

Montag den 22. Oktober 1928

Fernruf 179

63. Jahrgang

Ser Kamps um das Erdöl

Seit der Beendigung des Weltkriegs ist unter den ver­schiedenen Staaten, besonders England, Frankreich und den Vereinigten Staaten, ein teils offener, teils mehr versteck­ter Kampf entbrannt. Mit der Ausbreitung der Diesel­motors in den Schiffen, Flugzeugen und industriellen An­lagen ist Erdöl und das aus ihm gewonnene Benzin die überragende Triebkraft in Wirtschaft und Kriegführung ge. worden. In diesem Kampf ist Frankreich stark von Eng, land und Amerika in den Hintergrund gedrängt worden, da die Politik der letzteren Staaten es verstand, die ganze Aufmerksamkeit Frankreichs, das anfänglich in Mossul als starker Oelmitbewerber Englands auftrat, fast ganz auf die deutsche Grenze und auf seine Bündnispolitik gegen Deutsch­land abzulenken. England selbst hat, auch in seinen Kolo­nien und Dominien, nur wenig Erdöl. Dagegen fördern die Bereinigten Staaten allein 70,47 v. H. der Welterzeugung. Die übrigen Erdölmengen fallen der Erzeugungsmenge nach auf Mexiko, Rußland, Persien, Mesopotamien (Mossul), Niederländisch-Indien und Rumänien. Auch Venezuela, Peru und Kolumbien sindErdölländsr" geworden. Wenn die Ausbeutung der Quellen !m jetzigen Ausmaß (etwa 165 Milliarden Liter jährlich) anhält, so wird schätzungsweise der Weltoorrat an Erdöl in etwa 70 Jahren erschöpft sein, und Mwr zuerst in den Vereinigten Staaten. Daher auch das Welt-Wettlaufen der Amerikaner um das Erdöl.

Die größtenOelfirmen" sind die englische Royal Dutch Shell-Gesellschaft, an der auch holländisches Kapital stark beteiligt ist, und die 24,5 v. H. der heute be­kannten Erdölvorkommen beherrscht, und die von I. Rocke- feller gegründete amerikanische Standard Oil Co. mit 45,5 v. H. Insgesamt beherrscht das Angelsachsentum ein­schließlich einiger in die Konzerne nicht eingeschlossenen Quellen mehr als 94 v. H. der Erdölerzeugung der ganzen Welt. Die Feindschaft Englands gegen Sowjetrußland ist in der Hauptsache darauf zurückzuführen, daß die Sowjet­regierung 1920 die reichen Quellen von Baku am Kaukasus als Statseigentum erklärte und sie somit der fremden Aus. beutung entzog. Sie bilden die Haupteinnahmequelle des heutigen Rußlands. Der Versuch der amerikanischen und der englisch-holländischen Gesellschaft, Rußland durch Preis­unterbietung mürbe zu machen, hatte wenig Erfolg, wenn auch die Russen mit Verlust verkaufen mußten. Im Jahr 1927 traf Rußland mit der Standard Oil Co. ein Abkom- iwch dem diese 200 000 Tonnen Rohöl abnimmt.

Aber auch selbst entfaltet die Sowjetunion eine außer­ordentlich rührige Erdölpolitik, die sich immer wieder mit englischen Interessen überschneidet. Nachdem sie schon im Jahr 1926 mit Frankreich, Italien, Griechenland im Rah­men anderweitiger Verträge bestimmte Lieferungsverpflich­tungen übernommen hatte, griff sie gegen Ausgang des vorigen Jahrs unmittelbar in die britisch-ägyptische Spannung ein. Sie ließ nämlich durch ihren Geschäftsträger in Angora an die ägyptische Regierung ein dahin gehendes Angebot ergehen, daß sie ägyptische Baumwolle gegen russisches Erdöl einzutauschen bereit wäre. Weiter hat sie einen am 1. Januar 1928 in Kraft getretenen russisch-spanischen Erdölvertrag abgeschlossen, der für die Engländer sehr unangenehme Folgen haben muß. Bisher war Rußland auf dem spanischen Markt jährlich nur mit etwa 80 000 Tonnen des spanischen Oeleinfuhrbedarfs vertreten. Der Rest, etwa 800 000 Tonnen, wurde von eng­lischen MO amerikanischen Gruppen geliefert. Nach dem spanisch-Wssischen Vertrag aber liefert nunmehr Rußland eine Jahresmenge von 520 000 Tonnen, während die Eng­länder sich um den Rest mit den Amerikanern auseinander­setzen müssen, von denen sie ohnehin mit dem russischen Oel schon auf den vstasiatischen Märkten stark bedrängt werden. Die Belieferung des spanischen Marktes durch Rußland ist ür die Konkurrenz insbesondere dadurch ein Schlag, a.z ie künftig nicht mehr auf dem freien Markt mit dem russi- chen Oel in Wettbewerb treten kann; denn die spanische Regierung beabsichtigt die Einführung eines staatlichen Erdölmonopols. In letzter Zeit ging durch die bri­tische Presse nun sogar die aufsehenerregende Meldung, daß die Russen es fertig gebracht haben, sich mit ihrem Oel in England selbst, und zwar in Birmingham, festzusetzen.

Am peinlichsten aber ist den Briten unzweifelhaft das Vordringen des russischen Oels unter amerikanischer Flagge imFernenOsten. DerErdölfrieden" ist wieder gestört, seit die Standard Oil Co. sich nicht an das 1924 mit den Engländern getroffene Abkommen bezüglich des russischen Erdöls gebunden hält. Die Shellgruppe hatte sich zur Zeit der rein theoretischen Abmachungen über die Teilung der russischen Erdölindustrie dadurch gegen die Uebermacht des Standard-Konzerns gesichert, daß sie diesem wichtige Be­teiligungen an der Erdölerzeugung Venezuelas abtrat, was ihr heute angesichts der ungeheuren Zukunft dieses Oellands bitter leid ist. Denn die Hoffnungen auf die russische Erzeu­gung wurde zunichte, die dafür zugestandenen Konzessionen aber sind nicht rückgängig zu machen. Deterding, der Leiter der Royal Dutch Shell Co., ist persönlich nach Neuyork ^ gereist und hat mündlich und schriftlich vergebens darauf hingewiesen, daß die Amerikaner mitgestohlener Ware" Handel treiben. Er mutz es sich gefallen, lassen, daß., das

Tagesspiegel

Der englische Schahfekretär Churchill ist, ichdem er noch eine zweite längere Aussprache mit Parker Gilbert gehabt hatte, von Paris nach London zurückgererst. DieInfor­mation" berichtet» Churchill sei von seiner Unterredung mit Poincaröbefriedigt". Die Sachverständigenkommission für die Enkschädigungssrage solle am 15. Dezember zusammen- kreten. Havas berichtet dagegen, es sei noch kein Zeitpunkt bestimmt; es sei auch wenig wahrscheinlich, daß Amerika sich an der kommissionsarbeit beteiligen werde.

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In dem österreichischen Bundesvoranschlag für das Rech­nungsjahr 1929 sind die Einnahmen mit 1 777.6 und die Ausgaben mit 1742 Millionen Schilling veranschlagt. Für Investitionen ist ein Beitrag von 216 Trillionen Schilling vorgesehen.

Der Generalstreik in Lodz zusamt,.ungebrochen. Di« Arbeiter in Lodz (Polen) kehren in steigender Zahl zur Arbeit zurück, ohne sich um die Beschlüsse des Strelkaus- schusses zu kümmern. Auch in der Textilindustrie haben viele Arbeiter die Arbeit wieder ausgenommen.

*

Der Minister des Aeußern der chinesischen Regierung ha! eine Note an die Mächte gerichtet, worin er den sofortigen Verzicht aus die Fremdenvorrechte verlangt.

russische Oel in das der Royal Dutch <syen, vezw. lyren Tochtergesellschaften, bisher allein zustehends Absatzgebiet Ostindiens und sogar Persiens (!) einbricht. Es wird ihnen wenig helfen, daß sie den Amerikanern mit einer rück­sichtslosen Preissenkung begegnen, von der es unwahrscheinlich ist, ob sie sie ebensolange aushalten können wie die Standard Oil Co. Hervorragende Sachkenner be­rechnen, daß die Shell diese Preisherabsetzung ein Jahr lang durchgeführt mit einem Verlust von 5214 Millionen RM. bezahlen müßte. Die Standard-Gesellschaft hat sofort mit einem Konkurrenzpreis geantwortet, der zwar ebenfalls Verluste bedeutet, aber im gleichen Zeitraum nur 16 Mill. RM. ergeben würde, da sie die Naphthaerzeugnisse vom russischen Syndikat zu sehr günstigen Bedingungen beliebt.

Der sich freuende Dritte ist in diesem Fall die Sowjet­union, die durch die Verbindung mit der Standard Co. befähigt war, ihre Erdölausfuhr in kurzer Zeit um 20 v. H. zu steigern. Wie man sieht, ist in dem Kampf um das Erdöl, der anfänglich mehr raum- und machtpolitische Beweggründe hatte, nunmehr der wirtschaftliche, kapitalistische Kampf in den Vordergrund getreten.

Ergänzend sei noch die Verteilung der Erdöl- Vorräte erwähnt. Von dem Weltvorrat besitzen Süd­amerika 21,5, Nordamerika 16,3, Rußland-Asien 13,5, Mexiko 10,5, die übrige Welt 38,2 v. H.

Schlichkungsresorm

Die Besprechungen über das Schlichtungswesen am 16. Oktober unter dem Vorsitz des Reichsarbeitsministers W if- sell zwischen den Organisationen der Arbeitgeber und deü Gewerkschaften haben kein Ergebnis gehabt. Nach dem Schlußwort des Ministers stellt es sich nämlich so dar/daß die Aussprachen keinen Anlaß zu einer gesetzlichen Reform des Schlichtungswesens zutage gefördert habe. Der Minister er­klärte sich zwar grundsätzlich bereit, etwaige Anträge der Beteiligten auf Gesetzesänderungen entgegenzunehmen und zu prüfen, hielt sich aber auf Grund der Besprechung für be­rechtigt, das Hauptgewicht einer Reform auf eine zweck­mäßige Handhabung der bestehenden Vorschriften zu legen, wobei der vielfach geäußerten Kritik am Schlichtungs­verfahren nach Möglichkeit Rechnung getragen werden solle. Die Frage liegt nahe, wie der Minister zu dem Eindruck gelangen konnte, daß die Aussprache vom 16. Oktober die Notwendigkeit einer grundlegenden Aenderung des Schlich­tungswesens nicht erwiesen habe. Die öffentliche Auseinan­dersetzung über das Schlichtungswesen hat schon lange kri­tische Einwendungen gegen das bisherige Verfahren gezeitigt.

Von Arbeitgeberseite ist nachträglich festgestellt worden, daß die Auffassung, als ob auch sie mit einer entsprechenden Anweisung des Ministers an die unterstellten Schlichtungs­organe sich zufrieden geben wolle, auf einem Irrtum beruhe; nach wie vor halte sie gesetzgeberische Maßnahmen zur Ab­änderung der Schlichtungsverordnung für erforderlich. Die Frage einer Reform des heutigen Schlichtungswesens sei durch die Besprechung am 16. Oktober nicht als erledigt an­zusehen. Auch der Arbeitsminister und die Gewerkschaften weisen weitere Besprechungen nicht von der Hand. Halb­amtlich ist gesagt worden, daß die Besprechung zu besseren Ergebnissen nicht habe führen können, da seitens der Par­teien keine bestimmten Abänderungsvorschläge gestellt wor­den seien. Wenn dem in der Tat so wäre, dürste man sich allerdings über den recht unbefriedigenden Ausgang der Verhandlungen nicht wundern. Gewiß mag es zweckmäßig

sein, sich erst einmal im kleineren Rahmen über Einzelheiten einer Reform zu unterhalten; aber es hätte auch, und gerade in dieser ersten grundsätzlichen Aussprache Anlaß genommen werden müssen, die bestimmten Forderungen der Wirtschaft zur Schlichtungsreform in aller Deutlichkeit vorzutragen.

Daß das Ganze nur eine lückenhafte Aussprache vor, zeigt nach dem amtlichen Bericht die Beschränkung der Erörterun­gen seitens der Gewerkschaften und der Arbeitgeber auf die Frage der Verbindlichkeitserklärung. Gewiß bildet diese in ihrer vorzugsweise ausgeübten Praxis die Hauptbelastung unseres amtlichen Schiedswesens, die zuerst einer Abänderung bedarf. Die Möglichkeit, daß. der Staat von Amts wegen die Produktionsbedingungen nach der Seite der sozialen und Lohnbelastung einfach dekretiert, muß be­seitigt oder zum mindesten dahin eingeschränkt werden, daß nur außergewöhnliche Fälle, wo ein wirklich öffentliches Interesse vorliegt, ein solches Eingreifen zulassen dürfen.

Ganz unerträglich ist der jetzige Zustand da, wo eine staatliche Kontrolle über die Preisbildung besteht, die den kontrollierten Industrien nur ungern die erforderliche Elastizität einräumt, um den von Staatswegen auferlersten Lohnerhöhungen in derPreisbestimmungRechnung zu tragen. Die Beispiele aus der Kohlen- und Eisenindustrie erbringen ja lehrreiche Erfahrungen. Deswegen muß verlangt werden, daß bei der Vorbereitung und Abfassung der hier etwa ir Frage kommenden Lohnschiedssvrüche außer dem Reichs­arbeitsministerium auch das Reichswirtschaftsministerium be­teiligt wird, das hernach über die notwendigen Preis­erhöhungen zu befinden hat. Eine Gefetzesabänderunq, die das Schlichtungswesen aus einem Hemmsckub und Fsinl wieder zu einem Förderer der Wirtschaft macht, erscheint als die wichtigste Ausgabe. ,

Neueste Nachrichten

Aus dem Reichstag

Berlin, 21. Okt. 3m Reichstag krak gestern vsrmittag der deutschnational? Parteivorstand zusam­men, um in einer Borerörterung zu den Führerfragen Stel­lung zu nehmen. Die Zentrumsmeldung, daß Graf W e - starp seinen Rücktritt vom Amt des Parteivorsitzenden erklären wolle, ist unrichtig. Die Frage des Parket- Vorstands und des Fraktionsvorsihes ist noch nicht geklärt.

Der Skeuerausschuß der Mirtschastspartei tagte gleichzeitig im Reichstag unter Vorsitz des sächsischen Fi­nanzministers Weber, um Richtlinien für Refvrm- vorschläge der Partei zum Steuerwesen zu be­raten. An diesen Besprechungen nahmen auch Vertreter der Spihenverbände der Mittelskandsoereinigungen keil. Die Richtlinien sollen die Grundlage für einen Initiativ­antrag der Wirtschaftspartei im Reichstag bilden.

Marx legt den Parteivorsih nieder

Berlin. 21. Okt. Wie in der Deutschnationalen Volks­partei, besteht auch im Zentrum eine Führerfrage. Die Westdeutsche Arbeiterzeitung", die der Zentrumsabgeord- nete Jobs in München-Gladbach seit 25 Jahren leitet, berich­tet, daß Dr. M a rx den Parteivorsitz niederlegen, und daß der Reichsparteitag in Düsseldorf einen neuen Vorsitzende» zu wählen haben werde.

Dr. Marx ist mit seiner Forderung, daß das Zentrum gegenüber dem sozialistischen Kabinett Müller Zurückhaltung üben und eine engere Regierungskoalition vermeiden solle, in der Partei nicht durchgedrungen. Für die Nachfolge kommen in Betracht der frühere Reichsarbeitsminister Dr. Brauns und die Abgeordneten Stegerwald, Esser und Ioos.

Rußlands Gläubiger und die Reichsregierung

Berlin, 21. Okt. Zu den Meldungen über die Beteiligung deutscher Banken an einer internationalen Vereinigung der Gläubiger Rußlands wird von zuständiger Seite mitgeteilt, daß die amtlichen deutschen Stellen den von den Banken in dieser Richtung gefaßten Beschlüssen völlig fern stehen. Die Reichsregierung hat die an den russischen Vorkriegsanleihen interessierten deutschen Kreise bis in die letzte Zeit nach­drücklich darauf hingewiesen, daß eine etwaige amtliche Wie­deraufnahme der Frage dieser Vorkriegsschulden nur nach Maßgabe der klaren Bestimmungen des Vertrags von Ra­pallo in Betracht kommen könne. Selbstverständlich kann nicht die Rede davon sein, daß ein privates Vorgehen deut­scher Banken, das von amtlicher Seite nicht verhindert wer­den kann, irgend etwas mit der Einstellung der Reichs­regierung zu dem Verträge von Rapallo oder zu den all­gemeinen politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland zu tun hätte. ;

Zum Konkordat in Preußen

Berlin, 21. Okt. Nach den Meldungen über das geplante Konkordat Preußens verlangt die Kurie, daß die seitherige Wahl der Bischöfe durch die Domkapitel Wegfällen und die Bischöfe durch den Papst ernannt werden sollen, wobei den Kapiteln nur etwa, wie in Bayern, das Vorschlagsrecht ver- Aus kirchlichen Kreisen wird dem gegenüber darauf