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Nummer 152
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Montag d « 2. Juli ^28
Fernrui
63 Jahrgang
In ihrem wütenden Haß gegen die Deutschen und den Präsidenten Ealonder haben die Polen in Oberschlesien ein Geständnis abgelegt, das von höchstem Interesse ist und aller Welt zur Kenntnis gebracht werden muß. Der polnische West marken verein hat in Kattowitz eine Entschließung angenommen, in der die polnische Regierung dringend aufgefordert wird, neuerdings den Rücktritt Ealonders in Genf m rurlangen, weil dieser dmch seine bisherigen Entscheidungen die nationalen Gefühle der polnischen Btvölkerung verletzt yabe. Der Westmarkenverein hat die Dreistigkeit, dem noch hinzuzufügen, daß der Rücktritt Ealonders auch im Interesse der deutschen Minderheiten liegen würde.
Dann folgt in weiteren Entschließungen eine Aufforderung an die polnischen Parteien, die Streitigkeiten untereinander zu beseitigen und das Polentum in Oberschlesien auf gemeinsamer Front zu vereinigen, da es nur so imstande sei, sich zu behaupten. Von verschiedenen Rednern wurde lebhaft darüber Beschwerde geführt, daß sich in öffentlichen Aemtern, namentlich in den Gemeinden, noch viele Deutsche befänden, die eine Wiedervereinigung mit Deutschland an, strebten. Diese müßten durch gut polnisch gesinnte Beamte ersetzt werden, um der deutschen Bewegung das Rückgrat zu brechen. Ferner wurde besonders lebhaft darüber geklagt, daß die Gewerkschaften, die den weitaus größten Teil der gesamten Arbeiterschaft umfassen, durchweg deutsch gesinnt seien. Schließlich wurde noch die Tätigkeit der deutschen Presse aufs schärfste angegriffen und behauptet, daß sie vermöge ihres leider sehr großen Verbreitungsgebietes einen schädlichen Einfluß auf die Gesamtbevölterung ausübe, weshalb ihr ein Ende gemacht werden müsse.
Um die volle Bedeutung dieser polnischen Kundgebung in unserem alten Ostoberschlesien zu verstehen, muß man sich klar machen, was alles dann steckt Das ist einmal das Zugeständnis, daß noch immer trotz aller Polonisierungsbestre- bungen ein großer Teil der Beamtenschaft, namentlich im Gemeindedienst, aus Deutschen besteht. Das trifft vor allen Dingen dort zu, wo die Beamten mittelbar oder unmittelbar aus Volkswahl hervorgegangen sind, also ein Zeichen für den überwiegend deutschen Charakter der Bevölkerung. Wenn es bei der Rücksichtslosigkeit, mit der die Polen vorzugehen gewohnt sind, noch immer nicht gelungen ist. die Beamtenschaft ihren Wünschen gefügig zu machen, so ist das ein deutliches Zeichen dafür, wie die Dinge wirklich sind. Noch viel stärker wirkt das Zugeständnis, daß die Arbeiterschaft, also die weitaus größte Mehrheit der ortsansässigen und bodenständigen Bevölkerung, den brutschen G->me;?jchaften anqehört und sonnt deutsch ist. Und wenn zuletzt noch eingestanden wird, daß trotz aller Unterdrückungs- und Knebelungsversuche die deutsche Presse in Ostoberschlesien immer noch ihr Tätigkeitsfeld behauptet und ihren Einfluß ausübt, so kann kein verständiger Mensch außerhalb Polens noch einen Zweifel daran begen, daß eben die weitaus größte Mebrheit der Bevölkerung von Ostoberschlesien immer nach fest und treu zum Dsutsrbtum kalt. Das baben sa auch die Wahlen gerade in der letzten Zeit so deutlich bewiesen, wie man es sich schöner nicht wünschen konnte. Das hat sich ebenso bei den Anmeldungen von Kindern von den deutschen Schulen gezeigt, worin der b"ste Beweis für die Anbänqlichkeit der Bevölkerung an das Deutschtum und die Anerkennung der Ueberlegen- heit >>er deutschen Kultur über dis polnische liegt
D-rß mis all diesen Gründen die Bolen ibren Haß gegen das Deutschtum auch a"f den Präsidenten Ealander über- traoen der bestrebt ist. sein Amt mit Gerechtigkeit und Un- varteilichkeit zu verleben, muß und wird weiter dazu bei- traa-n. auch im Völkerbund die Erkenntnis der wirklichen Sachlage zu vertiefen.
Neueste Nachrichten
Severings politische Ziele
Berlin, 30. Juni. Die Vereinigung „Republikanische Presse" feierte am Freitag abend den Jahrestag ihrer Gründung. Erschienen waren u. a. Reichskanzler Müller, die Reichsminister S e o e r i n g, v. Guerard, Koch und d,ier- ding, die preußischen Minister Dr. Becker, Greczynski, Dr. Hirtsiefer, Reichssagspräsident Löbe, Landtagspräsident Bartels, die Staatssekretäre Dr. Pünder, Dr. Weismann, Dr. Drechk und der Reichspressechef, Ministerialdirektor Zechlin.
Der Vorsitzende der Vereinigung, Ministerialdirektor Dr. Spielker, bezeichnete es in seiner Begrüßungsansprache als glückliches Omen, daß der erste Geburtstag der Vereinigung „Republikanische Presse" zusammenfalle mit Geburt der neuen Rsichsregierung, die trotz kleiner Schönheitsfehler bei ihrer Gründung doch so aussehe, wie sie sich gerade die republikanische Presse immer gewünscht habe. Reichsinnenminister Severing führte hierauf u. a. pus, daß es gut wäre, den Irrungen und Wirrungen bei
der Regierungsbildung keine allzugrohe Bedeutung in der nächsten Zeit beizulegen: denn wir müssen die gemeinsame Kampffront behalten. Es ist auch deswegen besonders schwer, heute abend zu reden, weil man über die Fragen der Reichsreform und der Demokratisierung grundsätzlich sehr viel sagen und auch viel schreiben kann; wenn man aber versuchen wallte, über die ersten praktischen Schritte derartiger Reformen zu reden, dann würde sich in der Praxis bald ergeoen, daß die nächsten Tage diesen ersten Schritten Barrikaden ekrü' w würden. Deshalb rede ich über diese ersten Schritte zur Verwaltungsreform und zur Demokratisierung der Verwaltung lieber nicht. Sie dürfen überzeugt sein, daß dieses Schweigen nicht Untätigkeit und Passivität bedeuten soll. Ich ' 's Ihnen versprechen, daß ich versuchen werde, aus meinem Ministerium ein aktives Verfassungsministerium zu machen. Ministerialdirektor Spiecker hat davon gesprochen, daß er der neuen Regierung ein ebenso langes Leben wünsche, wie der Vereinigung „Republikanische Presse". Ich verzeichne diesen Wunsch mit Genugtuung und glaube im Sinne aller Mitglieder der Rsichsregierung zu sprechen, wenn ich hinzufüge, daß es unsere feste Absicht ist, recht lange in dieser Regierung am Leben zu bleiben.
Sitzung des Reichskabinetts am Sonntag
Das neue Reichskabinett hält seine zweite Kabinettssitzung am Sonntag ab. In der Sitzung wird die Besprechung des Regierungsprogramms und der Erklärung, die der Reichskanzler am Dienstag vor dem Reichstag abgeben wird, fortgesetzt werden.
Der Verrat an Schlageter
Berlin, 1. Juli. Im Meineidsprozeß Götze fällte das Schwurgericht folgendes Urteil: Der Angeklagte Alfred Götze wird wegen Meineides zu einer Zuchthausstrafe von 1 Jahr drei Monaten kostenpflichtig verurteilt. Der Angeklagte und Schneider haben zugegeben, daß sie sich den Franzosen gegenüber verpflichtet hätten, Hauenstein auszuliefern. Durch die Untersuchungshaft gelten 6 Monate der erkannten Strafe als verbüßt. Dem Verurteilten werden die bürgerlichen Ehrenrechte aus Dauer von 5 Jahren aberkannt. Der Staatsanwalt Haiti'6 Jahre Zuchthaus unter Zubilligung des 8 157 beantragt.
In der Urteilsbegründung wies der Vorsitzende zunächst auf die Schwierigkeit des Ruhrkampfes hin. Alps die Erklärungen der französischen Kriminalbeamten habe das Gericht kein Gewicht gelegt, weil es sich nicht habe feststellen lassen, ob sie der Wahrheit entsprachen. Es liege zwar der Verdacht vor, daß Schneider und Götze Schlageter verraten hätten, doch habe sich dieser Verdacht nicht so weit verdichtet, daß das Gericht einen Verrat als feststehend habe annehmen können. Einen Meineid babe der Angeklagte zweifellos geleistet.
Eine deutsche Erklärung zu den Strafanträgen Krylenkos
Berlin, 30. Juni. Zu der Meldung über die Strafanträge gegen die deutschen Angeklagten wird von maßgebender deutscher Seite mitgeteilt: „Das hier bekannte gegen Otto vorliegende Material kann eine solche Strafe unter keinen Unständen als gerechtfertigt erscheinen lassen. Es ist zu hoffen, daß das Sowjetgericht in maßvoller und besonnener Abwägung der vorliegenden Tatsachen zu einem anderen Schluß kommt, als der Herr Staatsanwalt Krylenko. Die deutsche öffentliche Meinung würde jedenfalls kein Verständnis dafür aus" bringen, wenn das Gericht dem Vorschlag des Staatsanwalts folgt."
Hochverraksverfahren gegen Ruth Fischer
Berlin, 30. Juni. Gegen Ruth Fischer, die wegen Ausschlusses aus der KVD. nicht wieder in den Reichstag gewählt worden war, ist vom Untersuchungsrichter des Reichsgerichts ein Strafverfahren wegen Hochverrats eingeleitet.
Das Geständnis des dänischen Spions Lembourn
Berlin, 30. Juni. Die Vernehmungen des dänischen Spions Lembourn haben, einer Korrespondenzmeldung zufolge, eine Wiederholung des Geständnisses Lembourn gebracht, das dieser bereits vor der Polizei abgelegt hakte. Er erklärte dabei, daß er zu seiner Tätigkeit als Spion in Deutschland von einem seiner Freunde' einem Oberleutnant im dänischen Nachrichtendienst veranlaßt worden sei. Dieser wollte Aufklärung über verschiedene Fragen des deutschen Heeres und der deutschen Landesverteidigung haben. Zur Durchführung dieser Aufgabe sei er, Lembourn, nach Berlin gereist, wo er mit der Stenotypistin Skegemann eine Freundschaft geschlossen hätte, um auf diesem Wege sein Ziel erreichen zu können.
Sitzung des großen Ausschusses des Reichskohlenrates
Berlin, 30. Juni. Der Reichskohlenverband und der große Ausschuß,des ReichskohlenratLs beschäftigten sich in
ihrer heutigen «Sitzung mit einem Antrag des mitteldeutschen und des ostelbischen Braunkohlensyndikats, die Preise für Hausbrandbriketts für die Monate Juli 1928 bis einschließlich März 1929 um 1 Mark je Tonne gegenüber der Preisfeststellung des Vorjahres zu erhöhen. Nach eingehenden Verhandlungen kamen die Vertreter der Arbeitnehmer und der Verbraucher zu dem Ergebnis, daß sie dem Preisantrag nicht zustimmen können, weil ihnen die Selbstkostenfrage in der Braunkohlenindustrie nicht genügend geklärt erscheine. Daraufhin beantragte die Braunkohlenindustrie eine Kommission, die eine Klärung der Lage des Braunkohlenbergbaues herbeiführen soll. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.
Der Chorzow-Slreil vor dem Haager Gerichtshof
Haag, 30. Juni. Die öffentliche Verhandlung vor dem ständigen internationalen Gerichtshof im deutsch-polnischen Lhorzow-Prozeß wurde heute nachmittag geschlossen. In der heutigen letzten Sitzung ergriff nur noch der Sachwalter der der polnischen Partei, S o b o l e w s k u das Wort zur Duplik auf die vorgestern vorgetragene Replik des deutschen Anwalts, wobei er u. a. ausführte, daß Polen zwar anerkenne, die Bestimmungen der Genfer Konvention verletzt und den Oberschlesischen Stickstoffwerken auf unrechtmäßige Weise die Fabrik von Chorzow weg- zenommen zu haben. Dies könne jedoch nur insofern gelten, als sich das Vorgehen der polnischen Regierung nicht auf eine gerichtliche Entscheidung habe stützen können. Po' ns Vorgehen sei also widerrechtlich gewesen für die Zeit oom Januar 1922, wo die Besitzergreifung erfolgte, bis zum November 1927, dem Zeitpunkt, wo das Kattowitzer Urteil erging. Für diese Zeit sei Polen daher bereit, eventuell eins Schadenersatzleistung zu zahlen. Aus dem im November 1919 zwischen dem Deutschen Reich und den Oberschlesischen Stickskoffwerken abaeschlossenen Vertrag gehe hervor, daß sich das Deutsche Reich einen großen Einfluß auf den Betrieb der Chorzow-Fabrik Vorbehalten hätte. Nach der Beendigung des Plaidoyers des polnischen Anwalts wurde die öffentliche Verhandlung vom Präsidenten des Gerichtshofes für geschlossen erklärt.
Billigung der Politik Poincarss durch die Kammer
Paris, 1. Juli. In der Kammer wurde nach der Rede Poincares die von dem Abgeordneten Danislou vorgelegte Tagesordnung, die der Negierung das Vertrauen der Kammer ausspricht, mit 455 gegen 126 Stimmen angenommen.
Das Schicksal des Kcllogg-Pakts
- London, 30. Juni. In politischen Kreisen sind dem diplomatischen Korrespondenten des „Daily Telegraph" zufolge Gerüchte im Umlauf, daß der Kelloggpakt'am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, unterzeichnet werden soll. Man dürfe aber dabei nicht vergessen, daß einige Mächte aus juristischem Mißtrauen heraus immer noch mit der Prüfung der Vorschläge beschäftigt seien. Immerhin sei zu hoffen, daß ein Einverständnis noch vor dem 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, erzielt werden könnte, da B r! a n d, der die ersten Anregungen zur Kriegsverdammung gegeben hätte, diesen Tag für die Unterzeichnung des Kellogg-Vertrages gegeben ansehe.
Italien und die Türkei
London, 30. Juni. „Times" berichtet aus Angora zu den Bemühungen Italiens zugunsten einer türkisch-griechischen Regelung. Italien sei der Mentor statt eine Drohung für die Türkei geworden. Mussolinis Politik verbunden mit seiner Diplomatie an Ort und Stelle ermöglichten es Italien, allmählich eine äußerst wichtige Rolle in der Türkei zu übernehmen.
Abschluß des Warschauer Wellfriedenskongresses
Warschau, 30. Juni. Der heute zu Ende gehende 26. Weltfriedenskongreß faßte u. a. eine Entschließung zu den deutsch- polnischen Handelsvertragsverhandlungen. In dieser Entschließung wird der Wunsch ausassprochen, daß die Verband- simgen rasch zu Ende geführt und durch keinerlei politische Fragen belastet werden, sin einer weiteren Entschließung wird der Wunsch nach einer raschen Beendigung der polnischlitauischen Unterhandlungen ausgedrückk.
Die Strafanträge gegen die Deutschen im Donezprozeß
Kowno, 30. Juni. Wie aus Moskau gemeldet wird, setzte Staatsanwalt Krylenko seine Anklagerede am Freitag fort. Gegen den AEG.-Ingenieur Otto beantragte Krylenko eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 1 Jahr. In der Angelegenheit des deutschen Monteurs Badstieber hält Krylenko die Bestechung Baschkins für erwiesen und ebenso die Tatsache, daß Badstieber von dem Bestehen einer gegenrevolutionären Organifation gewußt habe. Gegen Badstieber beantragte Krylenko daher eine Freiheit s»