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Nummer 141 Fernruf i?8
Am 15. Juni wurde, und zwar zum zweiien Male, daZ revidierte Book of Common Prayer vom Unterhause abgelehnt; diesmal sogar mit einer höheren Mehrheit (266:220) als im Dezember v. I. (240:207). Die Liberale Partei stimmte unter Führung von Lloyd George geschlossen dagegen, dis Konservativen und dis Arbeiterpartei hälftig bzw. zu einem Drittel dafür, unter ihnen auch Bald win. —
Daß ein Gebetbuch der Abstimmung eines politischen Parlaments unterliegt, ist uns Kontinental-Europäern ein unbegreifliches Rätsel, fast eine Kuriosität. In England ist das anders, ein Beweis, daß dieser Staat, der so oft als Ideal der westlichen Demokratie und des politischen Liberalismus gepriesen wird, im Grunde seines Herzens ein unkonservatives Gebilde ist. Nicht etwa, weil die Engländer keine kirchlichen Parlamente, also Kirchenversammlungen oder Synoden hätten. Neben den beiden „Konookatio- n e n", d. h. geistigen Körperschaften der Erzdiözesen Canter- bury und Uork hat die anglikanische Kirche seit 1919 eine gesetzgebende Kirchenversammlung, also immerhin kirchliche Instanzen, die über Dinge wie ein Gebetbuch befinden könnten. Sie sind selbstverständlich auch in dieser Sache gehört worden. Besonders war es die Kirchenvsr- sammlung, die vom Oktober 1922 bis zum Juli 1927 sich mit der Neuausgabe des Prayer-book beschäftigt hat. In ihrer Schlußabstimmung waren von 38 Bischöfen 34 für dis Vorlage. Im Haus des Klerus standen 253 Ja 37 Nein gegenüber und im Hause der Laien waren immerhin noch 230 gegen 92 Stimmen für die neue Fassung. Aber das genügt dem englischen Volke nicht. Das letzte Wort soll das politische Parlament haben, und zwar nicht bloß das Oberhaus, das auf seiten der Bischöfe steht, sondern auch das Unterhaus. Und dieses hat, wie bereits bemerkt, abgelehnt. — Warum denn? Es ist hier nicht der Ort, über die kirchlichen und theologischen Streitfragen bezüglich des Alkarsakraments, über «Realprüfung" und Transsubstan- Nation oder über das Gebet für den König und die Fürbitte für die Toten zu sprechen. Das überlassen wir den theologischen und kirchlichen Fachblätkern. Mas uns als Politiker interessiert, ist etwas anderes. Vor allem die nationale oder — man staune — die p o li t i s ch e Bedeutung des Prayer-book.
Dieses merkwürdige Buch stammt aus dem Jahre 1662, eigentlich schon aus 1559, also der Zeit der Königin Elisabeth. Es enthüll die gesamte Gotkesdienstordnung der anglikanischen Kirche, deren kirchliche Gebräuche, ob es sich nun um den Begräbnisgotkesdienst für den König oder für den Aermsten im Volke handelt, „eines der herrlichsten Denkmale der Aeformationszeit, in der edelsten Sprache, voll biblischen Geistes und rechten Verständnisses für das kirchlich Angemessene" (Schöll), lieber 300 Jahre blieb es bei allen Kämpfen und Schwankungen in der Lehre doch der ruhende unveränderliche Pol, ein Band — und darin liegt seine national-politische Bedeutung —, das die über die ganze Erde zerstreuten anglikanischen Kirchen mit der Mukterkirche verbindet. Man kann sagen: zwei Dinge halten heule das englische Imperium von England bis Kanada und Australien zusammen: Die Krone und das Lrayer-booic.
Aber auch die unerbittliche Ilnveränderlichkeik und dia- mankene Festigkeit dieses ehrwürdigen Denkmals schien in den lehken Jahrzehnten gefährdet. Die anglikanische Kirche ist — um es ganz allgemein zu sagen — eine Mischung von katholischer (mikkelalkerlicher) Ileberlieferung und der proke- stankischen bzw. calvinischen Reformation. Diesen Doppelcharakter hat der Anglikanismus, diese drille Form des Protestantismus, bis zum heiligen Tage beibehalken. In ihm aber liegt auch seine Schwäche, die sich immer mehr offenbarte, je stärker sich der „A n g l o k a th o l i z i s m u s" oder „Rikualismus" (auch „Oxforder Bewegung" genannt) sich in der Geistlichkeit geltend macht. Mit demselben Augenblick entbrannte der Kampf der evangelischen Richtung innerhalb der Staakskirche gegen die immer stärker hervor- trekcnde Neigung zahlreicher Geistlicher, in den äußeren Formen des Gottesdienstes der katholischen Kirche zu folgen. Alle Versuche, durch disziplinarisches Einschreiten die im Prayer- book, wie in den 39 Artikeln vom Jahre 1571 festgelegte äußere Ordnung wiederherzustellen, waren erfolglos gsblie- eine vom König eingesetzte Kommission 1906 machte, dieser katholisierenden Richtung Zugeständnisse zu machen, besonders bezüglich der Gewänder der amtierenden Geistlichen, der Führung des Gottesdienstes un der Ausstattung der Kirchen.
. 7 ?, vielen Aenderungen, die diese Revision seit 1963 durchlaufen hak und deren mühsame Arbeit, die natürlich in der Kriegszeik unterbrochen, aber im Jahre 1920 wieder ausgenommen wurde, soll hier nicht des näheren eingegangen werden. Desgleichen auch nicht auf die erste Vorlage, die
dem Unterhause zuging und von diesem, wie bereits deiner t, abgewiesen wurde. Was wir aber hier be- Wderz unterstreichen,müssen, ist. die Tatsache, Le vselM
Dienstag den 19. Juni LS28
Fernruf 178
63. Jahrgang
übersehen wird, daß das neue Prayer-book beiden Teilen Rechnung trägt, in dem es nämlich sowohl die revidiert« Fassung als die unveränderte Gestalt des Buches von 1662 enthält, und auch dies in gemäßigter Fassung, also eine katholisierende aber nicht katholische Liturgie. So wird beispielsweise das Fasten vor der Kommunion als löblicher Brauch, nicht als Gebot bezeichnet, oder das Knien beim Empfang des Abendmahls als Ausdruck der „Demut und Dankbarkeit", nicht als Zeichen der „Anbetung" des Brotes und Weines gestattet. Die Trans- substantiation wird ausdrücklich verworfen, die Anbetung deö Brotes und Meines als Idolatrie bezeichnet.
Aber auch diese verhältnismäßig ungefährlichen Zugeständnisse an den Anglokatholizismus gingen dem streng evangelischen Sinne des Volkes viel zu weit. Dieses hält nach wie vor mit aller Zähigkeit an seiner vererbten Glaubensform fest. Der Anglikanismus ist für den Engländer seine Religion, die er in ihrer Eigenart und Selbständigkeit um keinen Preis aufgegsben wissen will, auch dann nicht, wenn seine Bischöfe und Pfarrer römisch-katholischen Neigungen zugänglich wären. Jede Abhänglichkeit von Rom ist dem englischen Christen ein Greuel. —
Jede Abweichung von diesem Weg bedeutet für diese Auffassung eine Gefährdung der Staatskirche, des Zusammenhangs zwischen dem Mutterlands und den Dominions und — was noch von besonderer Wichtigkeit ist — letzten Endes die Trennung von Staat un'> Kirche. Dieser moderne Gedanke ist sür den Engländer, jedenfalls für den Durchschnittsengländer, unerträglich. Er fürchtet, daß durch das. neue Prayer-book die Einheit der anglikanischen Staatskirche gesprengt und dadurch der Staat genötigt wird, das Tischtuch zwischen sich und der Kirche zu durch- schneiden. Und das will der Engländer nicht. bi. ^
Die Ozeanflieger in der Heimat'
Bremerhaven, 18. Juni. Kurz nach 10 Uhr begann sti der großen Gesellschaftshalle des „Eolumbus" die erste offizielle Begrüßungsfeier, zu der sich mit den Fliegern deren Angehörigen, die Herren der Reederei, in Vertretung der Reichsregierung Ministerialdirektor B; ndenburg, für den Bremer Senat Staaksrat Dr. Duckwitz, der Bremer amerikanische und englische Konsul, sowie zahlreiche Pressevertreter aus dem ganzen Reiche eingefunden hatten. Als die Flieger die Lalle betraten, wurden sie mit lebhaften Beifallskundgebungen empfangen. Geheimrak Stimm! ng begrüßte die Flieger und überreichte ihnen als Gabe der Erinnerung an die Ueberfahrt auf dem «Co- lumbus" eine Medalle, die der Lloyd, der mit dem Flug ja innig verbunden sei, hak prägen lassen. Ministerialdirektor Brandenburg vom Reichsverkehrsministerium erklärte, die Reichsregierung habe den Wunsch ge- habt, die drei Flieger beim Betreten deutschen Bodens willkommen zu heißen, ehe die offizielle Begrüßung in Berlin staktfinden werde. In Ausführung dieses Wunsches habe er sich herzlich gern hierher begeben und heiße die Ozeanüberwinder im Namen der Reichsregierung und im Namen der Luftfahrt herzlich willkommen.
Staatsrat Dr. Duckwih überbrachke die Grüße Bremens, das eifrig für den morgigen Empfang rüste. Im Namen der Presse richtete dann Direktor Gustav Richter, geschästsführender Vorsitzender des Reichsverbandes der deutschen Presse, folgende Morte der Begrünung an die Flieger: Im Namen des Reichsverbandes der deutschen Presse habe ich die Ehre, Sie bei Ihrer Rückkehr in die Heimat herzlichst zu begrüßen und Ihnen auch namens der deutschen Presse zu danken für Ihre kühne und große Tat. Mit Ihnen begrüße ich Herrn Fihmaurice, der Ihnen bei dem Ozeanflug als treuer Kamerad zur Seite gestanden hat. Auch er ist uns herzlich willkommen in Deutschland.
Nach weiteren Begrüßungsansprachen durch den amerikanischen und den englischen Konsul in Bremen ergriff Haupkmann Köhl, von stürmischem Beifall begrüßt, das Wort, um namens der Flieger den Dank für die herzliche Bewillkommnung zum Ausdruck zu bringen. «Wir bringen Ihnen", so erklärte.Köhl, «die Grüße unserer Landsleute aus Amerika. Wir haben zahlreiche amerikanische Großstädte besucht und überall sind uns unter den begeisterten Begrüßungen die Worte entgegengerufen worden: Hoch Deutschland! Grüßt mir die deutsche Heimat." Hierauf stellte Köhl den treuen Kampfgenossen der beiden deutschen Flieger, Major Fihmaurice. unter herzlichem Jubel der An- wesenden vor. Er schloß seine Dankrede mit einem Gruß an die teure deutsche Heimat.
Langsam fuhr unterdessen der „Eolumbus" in die Kal- schleuse ein, die zu beiden Seiten von Tausenden jubelnder Menschen umlagert war, die ihrer Begeisterung in brausenden Hochrufen Ausdruck gaben.
Nachdem gegen 12 Uhr der Lloyddampfer „Eolumbus" in der großen Kaiserschlense festgemacht hakte, begaben sich als erste die Vertreter der Bremerhavener Behörden an Bord, um die Bremenflieger im Namen der deutschen Stadt willkommen zu heißen, in der sie zum ersten Mal seit ihrem Abtlua im Avril wieder deutschen Boden betreten. Oberbür
germeister B e ck e - Bremenhaven führte in seinen Be- grüßungsworken u. a. aus: Willkommen, von Herzen willkommen in Deutschland! Das ist der Gruß, der Ihnen, meine Herren Köhl, Fihmaurice und v. Hünefeld, von diesem Augenblick Ihrer glücklichen Heimkehr an millionenfach aus den von Freude, Bewunderung und Begeisterung überquellenden Herzen Deutschlands enkgegenhallen wird.
Freiherr v. Hüne seid nahm dann, sichtlich stark bewegt, das Wort zu einer kurzen Ansprache, in der er aus- führke: Alle für einen, einer für alle, das ist der Wahlspruch unseres Bremenflnges gewesen, und so soll es auch bleiben. Nachdem wir mit Gottes gnädiger Hilfe in die Heimat zu- rückgekehrk sind, in diesem Augenblick, da der „Eolumbus" die deutsche Muttererde wieder berührt hat, möchte ich Ihnen, zugleich auch im Namen meiner Kameraden, tiefbewegten Dank sagen für den so herzlichen Empfang. Mir wissen genau, daß sa wie wir unsere deutsche Heimat lieben, ehren und achten, unser unerschrockener Kamerad Fihmaurice sein grünes Irland über alles liebt, und gerade deshalb habe ich das Bewußtsein, auch in feinem Namen die Gefühle auszudrücken, die uns in diesem Augenblick bewegten.
Die Bremenflieger wurden durch erneuten herzlichen Beifall lebhaft gefeiert, und dann spielte die Kapelle das Deutschlandlied, das die Anwesenden mitsangen, und die ir'stck - Nationalhymne.
Neueste Nachrichten
Immer noch keine Regierung
Derlin, 18. Juni. Die interfraktionellen Besprechungen über das Koalitionsprogramm sind heute vormittag fortgesetzt worden. Heute nachmittag werden die Fraktionen insgesamt zu dem Ergebnis der Verhandlungen Stellung nehmen. Die Volkspartei hat ihren Vorstand auf heute nachmittag 3 Uhr, die Frakion auf 6 Uhr einberufen Dr. Stresemann, der morgen in Urlaub führt, wird an diesen Beratungen selbst teilnehmen. Das Zentrum tagt heute nachmittag um 6 Uhr. Die Demokraten und Sozialdemokraten tagen morgen.
Die demokratische Berliner Mittagspresse rechnet damit, daß eine Einigung bis morgen im wesentlichen erzielt wird. Der Panzerschiffbau solle zunächst um ein Jahr ausgesetzt werden. In der Schulfrage werde man sich auf die Formel „zu gegebener Zeit" einigen. Es blieben also für die weiteren Verhandlungen nach den Fraktionsbeschlüssen noch die Personalfragen. Hierbei sollen diesmal die Staatssekretäre stark im Vordergrund der Erörterung stehen. So beanspruche das Zentrum diesen Posten im Reichsmini- sterium des Innern unter Severing, wofür u. a. Dr. Pün- der genannt werde, den man in der Reichskanzlei durch Dr. Brecht ersetzen wolle, der seinerzeit von Herrn von Keudell im Reichsministerium des Innern entfernt worden sei und gegenwärtig in preußischen Diensten stehe. Ob der gegenwärtige Staatssekretär Dr. Zweigert vom Innenministerium unter diesen Umständen in das Reichsjustizminiske- rium übernommen werden solle» siehe jedenfalls zur Auß- spräche. -
Die ersten Ergebnisse der Elkernbeirakswahlen in Großberlin
Berlin. 17. Juni. Die Beteiligung an den Elternbeiratsmahlen in Großberlin betrug durchschnittlich 45 Prozent, in einigen Vororten bis zu 65 Prozent. Es liegen bisher aus 247 evangelischen Schulen folgende Ergebnisse vor: Christlich-Unpolitische Liste 2845 Sitze, sozialistische Liste „Schulaufbau" 643 Sitze, kommunistische Liste „Proletarischer Schulkampf" 143 Sitze. Andere Listen erhielten 59 Sitze. Die Ergebnisse von 267 evangelischen Schulen stehen noch aus. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß in den 57 katholischen Schulen nur christliche und in den 50 weltlichen Schulen nur weltliche Kandidaten gewählt werden dürften.
Abschiebung Beta khuns aus Wien geplant Wien, 17. Juni. Das „Neue Wiener Tagblatt" erfährt, daß eine Auslieferung Bela Khuns an Ungarn nicht stattfinden werde. Bela Khun, der jetzt russischer Staatsbürger sei, würde nach Rußland abgeschoben werden, und zwar über deutsches Gebiet.
Die Arbeiten zur Bergung Nobiles
Rom, 18. Juni. Ueber den Stand der Bemühungen der Bergung Nobiles wird amtlich verlautbart: Die „Citta di Milano" keilte mit, daß am Sonntag um 6 Uhr abends Riiser Larsen und Lützoiv Holms mit ihren Flugzeugen gestartet sind. Ueber die Ergebnisse dieses Aufklärungsfluges liegen Nachrichten noch nicht vor, jedoch ist geplant, sofort nach der Rückkehr der Flugzeuge unter dem Kommando des Alpenjägerhauptmanns Sora eine rasch marschierende Abteilung zu entsenden, die aus zwei Führern mit Hundeschlitten bestehen wird. Ihre Aufgabe ist, Nobile zu erreichen, um ihm die notwendigsten Bedarfsartikel zu überbringen. Außerdem ist diese Streifabteilung mit hinreichen, den Vorräten versehen, um die von der übrigen Jtaliaexpe- dition abgetrennte Gruppe Mariano neu zu verprovian- tieren, falls man mit ihr Zusammentreffen sollte. Das Hilfs- schiff „Braganza" wird, wMn die Lur Zeit güWgen E^-