Lin neuer Staatsstreich in Portugal Paris. 16. Juni. Nach einem Funkspruch aus Lissabon soll die Polizei von den V o rb er e i t u n g e n einer neuen Verschwörung gegen die Sicherheit des Staats Kenmnis erhalten und den früheren Ministerpräsidenten Antonio da Silva sowie zwei bekannte Politiker, Dr. Alsred Ouesada und Dr. Cabal, verhaftet haben.
Nanking als neue Hauptstadt Chinas
Peking. IS. Juni. Der Verkehrsminister der Nankinger Regierung hat der Generaldirektion der chinesischen Post in Peking Weisung erteilt, nach Nanking überzusiedeln. Wie verlautet, ist auch das hiesige Ministerium des Auswärtigen ,'m Begriff, seine Pforten zu schließen. Auch die Verwaltung der Sälzsteuer dürfte, wie es heißt, nach Nanking übersiedeln.
Seulscher Wchrlag
Vertagt
Berlin. 15. Juni. In der gestern um drei Ulr beginnen- 5en Sitzung macht Präsident Lobe zunächst Mitteilung avon, daß Abgeordneter G r ä f - Thüringen (Dn.) tue auf hn gefallene Wahl zum dritten Vizepräsidenten angenom- nen hat. Er teilt dann das Ergebnis der gestrigen Schrift- ührerwahl mit. Darnach sind zu Schriftführern gewählt )ie sozialdemokratischen Abgeordneten Frau Agnes, Frau 8ohm-Schuch, Schmidt-Meißen und Taubadel, die deutsch- rationalen Abgeordneten Hartmann und Dr. Philipp, weiter die Abgeordneten Frau Teusch (Z), Rauch-München B. Vp.), Ziegler (Dem.), Dr. Runkel (D. Vp.). Lucke W.P.) und Schwarz-Frankfurt (Z,). — Der Antrag der Wirtschaftspartei auf Einstellung eines Privaiklageverfah- ens gegen den Abgeordneten Lucke (W.P.) wird dem Ge- .häftsordnungsausschuß überwiesen.
Auf der Tagesordnung stehen die Amnestieanträge der Kommunisten, der Deutschnationalen und Nationalsozia- isten. Die Anträge der Deutschnationalen und Nationalso- ialisten stimmen fast wörtlich überein. Nach Begründung der Amnestieaniräge durch die Sprecher der einzelnen Parteien, wobei Reichsminister Hergt in einer persönlichen Bemerkung die Angriffe des Abg. Dr. Frick (N.S.) zurückweist und erklärt, daß er niemals entgegen der Willensmeinung und des Reichspräsidenten die Ablehnung einer Begnadigung empfohlen habe, werden die Anträge dem Rechtsausschuh überwiesen. — Die sodann eingebrachten Anträge des Zentrums. der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen betr. Hilfsmaßnahmen in kultureller und wirtschaftlicher Beziehung für den Osten und den Westen werden nach kurzen Ausführungen dem Haushaltsausschuß überwiesen, wobei Präsident Löbe den Wunsch ausspricht, daß der Verkehrsausschuß möglichst bald zusammentreten möge.
lim 6'/t Uhr erbittet und erhält der Präsident die Ermächtigung, die nächste Sitzung anzuberaumen, wenn die neue Regierung gebildet ist.
Nobile wird abgetrieben
Oslo, 16. Juni. Wie aus Kingsbay gemeldet wird, bricht das Eis im Nordosten Spitzbergens auf. Nobiles letzter Funkspruch erklärt, daß er und seine Begleiter fürchten müßten, durch das Aufgehen des Eises vollkommen vom Lande abgeschnitten zu werden. Seine Gruppe werde durch den Sturm immer weiter nach Osten getrieben.
Der Fliegerkommandant Maddalena hat infolge des schlechten Wetters über den Barentsee noch nicht von Vadsö nach Spitzbergen weiterfliegen können. Der russische Eisbrecher „Malyghin" fährt heute nach dem Norden weiter. Der Eisbrecher „K rassin" ist am Freitag von Petersburg nach Kingsbay ausgelaufen, wo er am 25. Juni erwartet wird. Die beiden Walfischfänger „Br a g a n z a" und „H o b b y" sind gemeinsam an der Küste des Nordostlandes entlang nach dem Nordkap unierwegs. Wie sie auf die „Citta di Milano" funkten, sind sowohl Larsen als Holm am Freitag zu arktischen Flügen aufgestiegen. Beim Nordkap schnitt ihnen aber eine dichte Nebelwolke den Weg ab und sie muhten zum Schiff zurückkehren. Ein finnländisches Hilssslugzeüg ist Freitag abend aus Helsingsfors nach Spitzbergen abgegangen.
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Württemberg
Der Mensch in gesunden und kranken Tagen
Am Samstag wurde die Ausstellung „Der Mensch in gesunden und kranken Tage n", die vom Deutschen Hygienemuseum veranstaltet wird, in den Ausstellungshallen am Jnterimstheaterplatz in Stuttgart eröffnet. Eine Vorbesichtigung durch die Presse am Freitag nachmittag gab bereits Gelegenheit, die Ausstellung in ihren Grundzügen kennen zu lernen. Die Ausstellung erfüllt ihren Zweck in einer Weise, der als vorbildlich gelten kann.
In der ersten Gruppe, „Der Mensch in gesunden Tagen", lenken zunächst die Knochen des menschlichen Körpers die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sich. Besonderes Interesse verdient das auf dem Podium aufgestellte Herzmodell, das einen instruktiven Ueberblick über den Blutkreislauf ermittelt. An die Darstellung des Blutes folgt diejenige der Atmung, dann des Stoffwechsels, der Ernährung, der Verdauung, der Ausscheidung, weiter des Nervensystems. Alle Modelle sind höchst vollkommen dargestellt.
Die zweite Gruppe der Ausstellung zeigt den Menschen in kranken Tagen. Hier sieht man die verschiedenen Krankheiten, vor allem ansteckende und unheilbare Krankheiten. Praktisch interessiert uns besonders die Art, wie wir uns gegen ansteckende Krankheiten schützen können. Ausführlicher behandelt werden wegen ihrer großen allgemeinen Bedeutung zwei Krankheitsgruppen, die Tuberkulose und die Geschlechtskrankheiten. Zahlreiche Tafeln zeigen die unheilvollen Wirkungen des Alkohols. In der dritten Gruppe, der Gesundheitspflege, tritt namentlich die Pflege des Erbgutes hervor, als deren wichtigster Teil die Gesundheitspflege des Säuglings anzusehen ist. Auch der Körperpflege ist eine besondere Abteilung gewidmet.
Das Wertvollste, was die Ausstellung zu bieten hak, ist die Abteilung „Der durchsichtige Mens ch", eine zusam- menfassende, besonders eindrucksvolle Uebersicht über den inneren Bau des menschlichen Körpers. Durch ein besonderes Verfahren sind sämtliche Gewebe durchscheinend gemacht, sodaß man im Innern des Körpers die einzelnen Organe, wie Herz, Leber, Milz, Nieren usw., liegen sieht. Es sollte niemand versäumen, sich diese einzigartige, im Dienst der Aufklärung stehende Schau anzusehen.
Stuttgart, 17. Juni. Neues Zollgebäude der Reichsbahn. Auf dem Platz des alten Güterbahnhofs an der Ludwigsburgerstraße werden zurzeit immer noch neue Geleise gelegt. Dazwischen wird in den nächsten >- gen mit dem Bau des Zollgebäudes der Reicksbahn be<- > nen. Es handelt sich dabei um einen 209 Meter langen und 20 Meter breiten Istöckigen Betonbau, der jedock nickt nur für das Zollamt bestimmt ist. Ein ganzes Stockwerk wird den Stuttgarter Großfirmen als Lagerräume zur Verfügung gestellt werden. Das gewaltige Untergeschoß wird einen Riesenweinkeller, wohl Stuttgarts größten Weinkeller, aufnehmen.
Das Urteil im Norma-Prozeh. Anläßlich des Norma- Prozesses werden verurteilt: Der Angeklagte Karrer wegen je eines Vergehens der Unterschlagung und der Hehlerei zu der Gefängnisstrafe von 8 Monaten, der Angeklagte Rein wegen eines fortgesetzten Vergehens des Diebstahls an Stelle einer an sich verwirkten. Gefängnisstrafe von 14 Tagen zu der Geldstrafe von 200 NM. und der Angeklagte Zeifang wegen eines Vergehens des Diebstahls an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von einer Woche zu der Geldstrafe von 100 RM. Von der Anklage eines Vergehens gegen das unlautere Wettbewerbsgesetz wurden die drei Angeklagten freigesprochen. Sämtliche ausgesprochenen Strafen gelten als durch die Untersuchungshaft verbüßt. Soweit Verurteilung erfolgte, fallen die Kosten den Angeklagten zur Last, im übrigen werden aber die Kosten der Nebenklage auferlegt. Damit ist der Norma-Prozeh beendigt.
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Landesvertrekertag der Deutsch-Demokr. Parkei Württembergs. Dis Deutsch-Demokr. Partei Württembergs hall am Samstag, den 23. Juni, nachmittags im großen Saal des Bürgermuseums eine Landesoertretertagung ab mit der Tagesordnung: Die Deutsch-Demokr. Partei nach den Wahlen und die Regierungsbildung in Württemberg.
Schwerer Motorradunfall. Auf der Straße Bernhausen- Plieningen wurde der Lenker eines Motorrads und dessen Beifahrer dadurch schwer verletzt, daß er mit seinem Fahrzeug an einem aus entgegengesetzter Richtung kommenden Lastkraftwagen, angeblich infolge Blendung durch die Scheinwerferbeleuchtung, streifte und die Herrschaft über sein Rad verlor. Beim Lenker des Motorrads, der zu rasch gefahren sein soll, besteht Lebensgefahr.
Aus dem dritten Stock gesprungen. In selbstmörderischer Absicht stürzte sich ein 28 I. a. Mädchen aus dem 3. Stock eines Hauses in der Ludwig-Pfaustraße in den Hof. An den erlittenen schweren Verletzungen ist die Lebensüberdrüssige wenige Stunden darauf gestorben.
Durch ein Glasdach in den hos gestürzt. In einem Haus der unteren Neckarstraße stürzte eine 18 I. a. Hausangestellte beim Fensterreinigen vom 1. Stockwerk durch ein Glasdach in den Hof und zog sich einen Knöchelbruch zu.
Aus dem Lande
Eßlingen, 17. Juni. Die „Eßlinger Abendzeitung", die vor einigen Wochen gegründet wurde, hat ihr Erscheinen wieder eingestellt. Der Vorgang ist eine neue Warnung vor überflüssigen Zeikungsgründungen, mit denen weder dem Verleger, noch der Oeffentlichkeit, noch der inserierenden Geschäftswelt gedient ist.
Ludwigsburg, 17. Juni. Tödlicher Verkehrsunfall. An der Kreuzung der See- und Karlskraße fuhr ein mit 2 Personen besetztes Fahrrad gegen einen Personenkraftwagen. Der 14 I. alte Ausläufer Karl Bäuerle erlitt bei dem Fall einen schweren Schädelbruch, an dessen Folgen er nun gestorben ist. Der Beifahrer, Kupferschmied Robert Mutkach, kam mit leichteren Verletzungen davon. Den Autolenker soll keine Schuld tresfen.
Das 25jährige Geschäftsjubiläum begeht Architekt Friedrich Hauser. Neben seiner reichen Tätigkeit im Wohnbau sind besonders die öffentlichen Gebäude wie Oberamtssparkasse, Ortskrankenkasse, die Gewerbe- und 3n- dustrieausskellung 1914 samt Ratskellersaal und viele anders Gebäude als sein Werk heute noch Zeuge der Schaffenskraft dieses Architekten, der sich auch außerhalb Ludwigsburg große Aufträge, besonders Denkmäler und Schulen, sichern konnte.
Bietigheim, 17. Im.'. Ausbesserung des Enz- Viadukts. Der im Jahre 1853 nach 2>Ljäyriger Bauzeit fertiggestellte imposante Bietigheimer Enzviadukt wird einer Ausbesserung unterzogen. Witterungsunbilden und die gesteigerte Benützung haben an dem Riesenbauwesen schadhafte Stellen aufkommen lassen, die, obgleich sie den Perkehr nicht unmittelbar gefährden, einer Wiederinstandsetzung bedürfen.
Heubach O.-A. Gmünd, 17. Juni. Fabrikant Ern st Pfister f. Im Alter von 59 Jahren starb Fabrikant Ernst Pfister nach kurzer Krankheit. Der Verstorbene war Mitinhaber und Begründer der Firma Gebr. Pfister, Karkonnagefabrik, Buch- u. Steindruckerei, der er seit vielen Jahren seine unermüdliche Arbeitskraft gewidmet hat.
Büchenbach OA. Künzelsau, 17. Juni. Tödliche Brandwunden erlitt das 9 I. alte Töchterchen des Tag- lähners Schübel, als es das Feuer im Herd nachfchüren wollte, wobei seine Kleider Feuer fingen. Dasselbe konnte mit einer Decke erstickt werden, jedoch waren die Verbrennungen so stark,, daß das Kind bald darauf starb.
Maulbronn. 17. Juni. Sportplatz-Einweihung. Hier wird der für Seminar und Stadt Mzulbronn angelegte, idyllisch gelegene Sportplatz „Hohenacker" eingeweiht. Sonntag nachmittag 1 Uhr marschiert ein Festzug vom Stadtbahnhos zum Festplatz, wo nach der Fest- und Weiherede Staffellauf, Fußball-Wettspiele und turnerische Vorführungen stattfinden.
Crailsheim» 17. Juni. Deutsche Flieger fliegen dem Ozeanflieger Köhl entgegen. Donnerstag vormittag ging auf den Wiesen zwischen Sauerbrunnen und Falkenhof ein Flugzeug nieder, das mit 9 weiteren der Deutschen Verkehrsfliegerschule Schleißheim bei München abgeflogen war, um zum Empfang des Ozeanfliegers Köhl
Ei« edles Frauenlebe«.
Roman von Carola Weiß.
Copyright by Greiner L Comp. Berlin W 30.
Nachdruck verboten
45. Fortsetzung.
Die Dame auf dem Sofa saß in gebückter Haltung, bas Antlitz mit der Hand beschattend, die andere blickte unverwandt nach ihr hin, und in dem ehrlichen, treuen Gesicht lag ein Ausdruck rührender Trauer. Es verging Minute auf Minute, kein Wort wurde gesprochen, endlich sagte die Alte:
„Gnädigste Gräfin, denken Sie an die Worte des Herrn Doktor. Sie müssen das ewig traurige Sinnen lassen, wenn Ihre Augen wieder besser werden sollen." j
„Wozu soll mir das Licht, Sauna," sagte die Gräfin, ohne das Haupt zu erheben und mit jenem öden, klang- ^ losen Tone der Stimme, der von müdem Jammer zeugt! und nvchr ergreift, als die lautesten Ausbrüche des Schmer- !
sch,es hatte, sah ich nur Unglück, Schmach. ! Es ist bester, sie schließen sich . . . schließen sich für immer." i - .Oie ^rma und den Tisza herunterholen?" !
fragte die Alte mit erner Art von Verzweiflung. Sie hatte dort trübes Sinnen gestört, um — es aus ein noch traurigeres Gespräch zu bringen.
„Nein, Sanna, nein! Heut haben selbst die Kinder keine Macht über mich." Sie hatte die Hände sinken lassen und blickte starr vor sich hin. Das Antlitz sah furchtbar gealtert aus: die Locken noch weißer, die hohe Gestalt gebeugt und die Linien um Mund und Augen so verschärft, als hätte die Zeit mit einem Messer hineingeschnitten.
„Es ist heut der zwanzigste Dezember, der furchtbarste Tag meines Lebens. Er raubte mir Gatte und Kind. Grau und trübe war der Tag, als ich jenen Weg nach Preßbnrg ging, den schmachvollen Tod von des Gatten Haupt zu wenden, uno trübe und stürmisch der, an dem ich mir die Tochter heimholte aus jenem kleinen siebenbürgischen Kirchhofe."
Sie sprach nicht laut, aber heftig, auch die Hände
rang sie nicht; sie lagen ruhig geschlossen auf ihrem Schoß, so ruhig und fest, als hätten sie sich in krampfhaftem Schmerz geschlossen, ein solch starres, regungsloses Weh lag in ihren Zügen.
„Ich habe die Ahnung, Sanna, daß er mir auch heute eine böse Nachricht bringen wird. Wer weiß, wo mein Sohn gefallen und in welchem unbekannten Winkel er begraben liegt."
„Oh, gnädigste Herrin, warum denn immer nur Trübes denken und sinnen. Unser junger Herr wird wiederkehren, gesund und heil, mein Herz sagt es mir."
Die Alte hatte sich erhoben, war vor der Gräfin medergekniet und streichelte ihr Hände und Kleider, wie etwa einem aufgeregten Kinde, um es zu beruhigen.
„Er ist im Kriege, die Kugel kann ihn treffen wie jeden anderen. Im Kriege für ein Volk, das nicht das seine ist, für eine Sache, die ihn nichts angeht! Doch ihn trieb ja nicht das Interesse dieses Volkes, ihn trieb seine Leidenschaft. Oh, dieses Mädchen, dieses Mädchen!"
Die Alte stand nun schweigend vor ihr, ihr Gesicht zeigte, daß sie innerlich mit sich rang, mit einem Entschlüsse, den sie jahrelang mit sich herumgetragen haben mußte, ohne je den Mut gefunden zu haben, ihn auszusprechen.
„Gnädigste Gräfin," begann sie hastig und stockend, als dränge sie sich plötzlich selber dazu. „Das Fräulein war lieb und gut."
Zuerst hoben sich die Blicke der Gebieterin mit dem Ausdruck starren Staunens. Die Linien um den Mund schienen sich zu vertiefen, während ein harter, drohender Ausdruck in ihr Gesicht trat. Das dauerte aber nur sekundenlang, die Augen senkten sich, die Züge glätteten sich, und es lag sogar ein Anflug von Milde in ihrer Stimme, als sie nach einer Weile sagte:
„War sie das, Sanna, und habt ihr alle die Meinung von ihr?"
„Ja, ja!" rief die Datka und faltete fast andächtig die Hände. „Wir würden alle durchs Feuer für sie gehen. Wie oft hat der Misko gesagt, wenn der gnädige Herr das Fräulein finden und die Gnädige einwilligen würden, wir alle glücklich wären."
Die stolze Frau war tief ergriffen. Sie wußte, daß
ihr die dienende Umgebung treu ergeben war; denn die meisten waren lange um sie, einige sogar, wie die Datka und der Kutscher, aus oem väterlichen Hause in ihr eigenes gefolgt. Die Größe dieser Treue und Anhänglichkeit überraschte sie. Was war ihr Sohn diesem grauhaarigen Manne? Nicht einmal immer ein gütiger Herr gewesen. Nur weil er ihn von Kindheit auf gekannt, weil er sein Herr, der Sohn seiner Gebieterin war, der Träger der Familie, in deren Interessen er mit seinem alten Herzen hineingewachsen war, sprach er so. Und sie wußte, daß es keine leeren Worte waren; die Menschen waren zu schlicht und zu einfältig in ihrer Gemütsart, um anders zu fühlen, als zu sprechen, und dann, wie sie die Gesinnung der Gebieterin kannten, war eine solche Aeußerung geeignet, eher Strafe als Lohn zu bringen.
„Gnädigste Gräfin," begann die Datka nach einer Weile wieder und viel beherzter als das erstemal. ES hatte ja nicht Haut und Haar gekostet, wie sie vielleicht geglaubt, ja nicht einmal einen Tadel hatte es hervorgerufen. Also nur immer weiter auf dem einmal betretenen Wege! „Gnädigste Gräfin, Sie waren eine Fürstentochter, und der selige Herr nur ein Graf, das ist doch auch ein Unterschied, und Sie waren doch die glücklichste Frau im ganzen Lande."
„Die glücklichste Frau!" versetzte die Gräfin mit leiser Stimme. Die große, unvergeßliche Liebe zu dem Galten klang tief und weihevoll aus den leise gesprochnen Worten. Sie wiederholte sie noch einmal und fuhr sich über die Augen. .... < ,
„Das verstehst du nicht, Sanna," sagte sie nach einer Pause. „Das Geschlecht deines Herrn ist das älteste und
berühmteste des Landes." ^ ,
„Und wenn der gnädige Herr nur ein schlichter Edel- mann gewesen wäre, einer von dem kleinen Adel, von dem es so viele in der Gegend gibt, hätten Sie ihm entsagt und seine und Ihre Lebenstage verdunkelt?" ^ ^
„Sanna, was ficht dich an?" Zornig und drohend klang die Stimme. Doch es war zu spät, die Dienerin in die altgewohnten Grenzen zurnckzuweisen. Seit Jahren buchstäblich dazu vorbereitet, hatte bet der Alten der Moment alte Sckra::i.':i durchbrochen.
(Fortsetzung folgt.)