werbe. Diese Meldung beruht, wie uns von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, übrigens auf einem Mißverständnis. Eine Verbalnote zur Ueberreichung an die fraglichen Re-» gierungen ist den deutschen Missionen im Auslande nicht übersandt worden, wohl aber sind diese angewiesen wor- den, auf den Ernst der Lage hinzuweifen.
Französische Stimme« zum Standpunkt PoincarL's.
Paris, 18. Okt. Die gestrige Unterredung des deutschen Geschäftsträgers mit PoincarS wird in der Morgenpresse nach Feststellungen einiger Blätter in der Weise wiedergegeben, wie sie am Quai d'Orsay den Journalisten gestern abend geschildert wurde. Der größte Teil der Presse, voran der „Petit Paristen", spricht von einer Ablehnung der deutschen Anregung. Das halbamtliche Blatt schreibt, man werde aus diesem Anlaß in Berlin von dem angeblichen schlechten Willen der französischen Regierung und von seiner sogenannten Hartnäckigkeit sprechen. Man könne nicht zugeben, daß der passive Widerstand effektiv ein Ende erreicht habe. Deshalb müsse man noch einmal mehr wiederholen, daß das Ende des passiven Widerstands erst dann als vollkommen angesehen werden könne, wenn über eine so wesentliche Frage wie die Sachlieferungen man sich in Berlin und Düsseldorf entscheide, genau wie für die Eisenbahn die französisch-belgischen Bedingungen anzunehmen. Einige wenige linksstehende Blätter vertreten nicht den Standpunkt, daß die Stellungnahme Poincaräs gegenüber dem deutschen Geschäftsträger zu loben ist. So schreibt das „Oeuvre", wenn Poincarö sage, Frankreich habe Zeit, dann müsse man bemerken, daß weder die Ansicht der Geschädigten im ehemaligen Kampfgebiet noch die Ansicht der Verbündeten Frankreichs, die mit Schrecken die bolschewistische Revolution in Deutschland aufsteigen sehen, damit berücksichtigt werde. Die „Ere Nouvelle" schreibt, Poincarä hat sich nicht überzeugen lassen. Er hält seine These aufrecht, welche lautet: Keine Einmischung von Berlin in den besetzten Gebieten. Der deutsche Geschäftsträger hat also mit seiner Mission Schiffbruch erlitten. — Der „Quotl- dien" bedauert, daß man der Presse gestern abend am Quai d'Orsay nicht mitgeteilt habe, was Herr v. Hösch geantwortet hat, als Poincarä ihn unterbrochen habe, um ihm zu sagen, die Nichtbezahlung der Sachlieferungen lasse er nicht zu. Er verlange als Pfand der Unterwerfung und des guten Willens, daß die Lieferungen wieder ausgenommen würden, ohne daß man ein Wort sage. Erft dann werde man verhandeln. Der Quai d'Orsay wolle offenbar erzielen, daß man an diese feste Sprache des Ministerpräsidenten glaube, weil er darin mit einer sehr natürlichen Bewunderung die Absicht erkenne, einen neuen moralischen Sieg davonzutragen. Das Blatt will hierüber nicht sehr streiten, selbst wenn dieser Sieg den Sturz Stresemanns zur Folge habe, der natürlich Frankreich sehr teuer zu stehen käme. Es frage sich nur, ob gestern die richtige Stunde gewesen sei, diese vergebliche Forderung zu stellen, denn England, seine Dominions und selbst Belgien ließen eine so große Eile erkennen, der jetzigen Krise ein Ende zu bereiten, und einen s o leb haften Wunsch, zu verhandeln.
Zur auswärtigen Lage.
Die Wahlen zum Nationalrat in Oestreich.
Wien, 22. Okt. Die gestrigen Wahlen zum Nationalrat verliefen, den bisherigen Meldungen zufolge, ruhig. Die Beteili-
Herbst.
Skizzen von Johannes Schlaf.
1 .
M o n d st u r m.
Am Himmel steht der gleißend klare Vollmond. Zwischen weithin gestreckten, sehr feinen Flockenwölkchen, die, von einem bernsteingelben Hauch durchtränkt, wie sehr feine, sehr hohe, himmlische Krokusbeete sind. Darunter und darüber jagen durch ein unsäglich reines Blau dahin mit silberweißen Rändern mit wunderlichen Gestalten mächtige, dunkle Wolkenungetüme. Unablässig dröhnt ein Sturm. Es ist, als ob er die lauftische, mondklare Luft in elektrischen Fetzen und Streifen dahinrisse. Unten im Garten saust und donnert er in den Kronen der Obst-, zischt, pfeift und winselt er in den hohen, schwarzen Lebensbäumen und in einem breiten Taxusgebüsch. In gelben Schleiern saust das welke Laub herab, jagt in grell sirrenden, runden Rascheltänzen gespenstig lebendig über die kahlen Rasenflächen. Und doch ist das, in den dröhnenden Einton des Sturmes gefaßt, in der schon vorgerückten Nacht wie eine Stille, aus der sich, aller Augenblicke, nur der dumpf harte Plumps eines fallenden Apfels heraushebt. Bald tritt der Mond klar aus den Dünsten hervor. Dann steht alles in taghellem Glast: die Bäume mit ihren weißgekalkten Stämmen und ihrem sich gilbenden Laub; in magisch hauchfeinem Violett ein paar letzte Rosen, die Georginen, ein paar hohe Sonnenblumen, die Dahlien, die hochstengligen Malven, von denen welche grellweiß her- 'oorstechen, die Astern. Bald verschwindet das große, goldene ;Rund hinter einem mächtigen, tiefdunkel drohenden Wolkenballen: dann ist alles schwarze, sausende, dröhnende Nacht, und, ^gespenstiger, hebt sich, so seltsam lebendig, nur das unablässige, 'dumpfe Plumpsen des fallenden Obstes hervor.
. Plötzlich aber ein Schrei, wie der Laut fern ferner Trompeten. Ob das aus den Höhen her «in Schwarm von Wildgänsen oder anderen großen Wandervögeln ist, die nach Süden ziehen?
v- 2.
Herbstzeitlose. ^
Schon seit Wochen ist die Grummeternte eingeholt. Wie ich über Li« Wiese schreite die ick meine, trifft mich — rinas dunstet
gung betrug 80—90 Prozent. Nach den bisher vorliegenden Resultaten haben di« Erotzdeutschen starke Einbuße an Stimmen ^'erlitten, welche etwa zu gleichen Teilen den Christlich-Sozialen und den Sozialdemokraten zugute kommen. In Linz ist der dritte .Präsident des Nationalrates, Dr. Dinghofer sEroßdeutsch) nach dem vorläufigen Ergebnis unterlegen.
Russisch-finnischer Zwischenfall.
Moskau, 19. Okt. Der Kommissar für auswärtige Angelegenheiten, Tschitscherin, bezeichnet in einer Note an die finnische Regierung die Ermordung zweier Mitglieder der russisch-finnischen Grenzkommission als einen planmäßig vorbereiteten Ueberfall einer illegalen gegenrevolutionä- ren Organisation, die von den örtlichen finnischen Behörden begünstigt werde. Die Sowjetregierung verfüge dafür über Material, das diese Auffassung bestätige. Sie erkenne an, daß die finnische Negierung bereit sei, die iiberführten behördlichen Stellen einer strengen Bestrafung zu unterziehen und die Mitschuldigen, soweit sie keine Finnen seien, den Sowjetbehörden auszuliefern. Je nach Ausfall der Untersuchung werde die Sowjetregierung die Sicherstellung der Familien der Ermordeten verlangen.
Einberufung von 4 Jahrgängen in Rußland.
Moskau, 20. Okt. (Russ. Tel.Ag.) In der Organisation der roten Armee wird jetzt der erste Versuch, zum Territorialsystem überzugehen, durchgeführt. Die Jahrgänge 1898 bis 1901 werden einberufen. Sie sollen einen militärischen Unterricht in vor zwei Wochen zusammengestellten Territorialdivisionen wiederholen, der tatsächlich nur zwei Monate dauern wird.
Deutschland.
Die Reichsregkerung zur Haltung
der sächsischen Negierung.
Berlin, lg. Okt. Das „Berliner Tageblatt" teilt mit, daß heute Vormittag beim Reichspräsidenten eine Besprechung über die sächsische Lage stattgefunden habe, an der der Reichskanzler, der Reichswehrminister, sowie der Reichsminister des Innern teilgenommen hätten. Wie dem Blatt zufolge verlautet, soll beabsichtigt sein, in den nächsten Tagen einige Bataillone Reichswehr nach Sachsen zu legen, zur Beruhigung der Bevölkerungsteile, die sich durch die vorgekommenen Terrorakte bedroht fühlen. Man hoffe, daß schon die Anwesenheit der Truppen genügen werde, die Ordnung wiederherzustellen. — In Berliner amtlichen Kreisen wird, wie die Blätter melden, zu der gestrigen Rede des sächsischen Ministerpräsidenten Dr. Zeigner erklärt, daß der sächsische Ministerpräsident eine Reihe Unwahrheiten, Entstellungen und Uebertreibungen ausgesprochen habe. Er habe im Wesentlichen nur sein eigenes Material gegen die Reichswehr vorgebracht, das durch die Wiederholung nicht beweiskräftiger werde. Die Methoden des Herrn Dr. Zeigner seien außerordentlich bedenklich für das Reich und seine äußere Politik.
Die Frage des Beamtenabbau«.
Berlin, 20. Okt. Gestern nachmittag fand im Reichs- Ministerium des Innern eine Besprechung der Vertreter der Reichsregierung mit den Beamtenspitzenorganisationen über die Neuregelung der Arbeitszeit der Beamten statt. Hierbei nahm der Vorsitzende, Ministerialdirektor Dr. Falk, Gelegenheit, den in der Beamtenschaft umlaufenden Gerüchten über den Inhalt der Beamtenabbauverord-
ein feiner, feuchtkühler, milchig weißlicher Nebel — fein und magisch eingestempelt ein blaß lilafarbenes Wort: Zeitlose.
Vereinzelt und in langen, dichten Flecken beieinander geistert die seltsame, feine, blasse Blume einsam, die einzige, allerletzte, noch über die weite, kahle Wiesenstrecke hin, in ihrer geisterhaft hektischen Schönheit; und doch an die ersten, lustig krillen Krokus des frühen Lenzes erinnernd.
Zeitlose. Zeitlose. — Wie kommt es, daß man sie so genannt hat? Es liegt wie eine besondere Bedeutung darin. Sie, auf der Schwelle, wo alles treibende, aufstrebende Leben sich einzieht und zurückgeht in sich selbst hinein als in seine letzte, nie auszulotende, mit Sinnen zu erfassende Einheit; dahin, wo es raumund zeitlos, nur noch sein innerster, unverlierbarer Kraftpunkt.
Aber das ist eine verfängliche Region. Und es ist bekannt, daß sie giftig sind.
3.
Stoppelfeld.
Wir wandern einen Feldweg hin. Auf beiden Seiten ist er mit Zwetschgenbäumen bestanden, deren von Früchten übervolle Aeste und Zweige zum Brechen tief niederhängen. In der lauen Herbstsonne ziehen mit silbrig glitzerndem Eeflirr traumhaft die Herbstfäden; ziehen sich durch das klare Himmelsblau, winden sich um Baumstämme und über Distel- und Klettengestrüpp hin, spannen hinüber und herüber ihre weißen Fäden und Netze, die manchmal in der Sonne in feinen, bunten Regenbogenfarben schillern.
Aber über den staubigen Graben biegen wir ab ans eine weite Stoppelbreite. Es ist so schön, da quer immer so drüber hinzuschlendern. Leise knackt und raschelt unter unseren Schritten das mürbe, schon vom Regen fahl ausgelaugte Stroh. Die letzten Aehrenleser haben ihre karge Deute schon lange heimgetragen. Auch die Feldtauben haben schon den Krähen das Feld geräumt.
Aber es ist eine so schöne Einsamkeit, sich in witterndem Sonnenschein und zausendem Wind immer so langsam vorwäris- stapfend in diese prächtige, endlose Weite hinein zu verlieren. Aus der Ferne kommen die jauchzenden Stimmen von Kindern, die ihre bunten Papierdrachen steigen lassen. Große, plumpe, schwarze Krähen mühen sich mit schwerem, zausigen Flügelschlag vor unseren Schritten gegen den Wind in die blaue, frisch witternde, von weißen Wolkenballen durchzogene Luft empor, stoßen
nung entgegenzutreten. Er wies daraus hin, daß dies? Verordnung im Reichsfinanzministerium ausgearbeitet worden sei und am kommenden Mittwoch mit den Beamtenorganisationen besprochen werden würde. Trotzdem der Inhalt des Entwurfes zur Zeit noch geheim sei, so halte er sich doch für verpflichtet, der Behauptung entgegenzutreten^ es sollten 50 Prozent der Beamten abgebaut werden. Eins Verringerung des Beamtenkörpers auf die Hälfte habe in keinem Abschnitt der Verhandlungen in Frage gestanden.! Der Abbau würde nicht entfernt diese Höhe erreichen. Auch sei das Gerücht, daß die zum Abbau gelangenden planmäßig angestellten Beamten ohne Wartegeld und ohne Ruhege-» halt entlassen würden, unzutreffend. Auch ein solcher Gedanke sei zu keiner Zeit erwogen, worden. — Die Verhandlungen über die Neuregelung der Arbeitszeit wurden auß kommenden Mittwoch vertagt, da die Beamtenorganisationen entschieden Gewicht darauf legen, daß ihnen der am kommenden Dienstag vom Reichsrat zu verabschiedende Entwurf eines Arbeitszeitgefetzes für die gewerblichen' Arbeiter und Angestellten vorgelegt werde.
Radikalisierung
der Grotzberliner Sozialdemokraten.
Berlin, 21. Okt. Auf dem heutigen Parteitag des Bezirks' Berlin der V.S.P.D. wurde der bisherige Vorstand nicht wieder, gewählt, sondern durch neue Mitglieder ersetzt, die sämtlich^ Gegner einer Koalitionspolitik mit den bürgerlichen Parteien sind. Mit außerordentlich großer Mehrheit wurde eine Reso-, lution Crispien-Aufhäuser angenommen, in welcher die Aufhe«. bung des militärischen Ausnahmezustandes gefordert und im ab»^ lehnenden Fall der Austritt der sozialdemokratischen Minister^ aus dem Kabinett verlangt wird. Ferner verlangte der Bezirkstag die Ersetzung des bisherigen Chefredakteurs des „Vor« ! wärts", Stampfer, durch eine andere Persönlichkeit. '
Fortdauer der Lebensmittelunruhen in Berlin.
Berlin, 22. Okt. Die Lebensmittelunruhen in Eroßber«' lin haben auch am Samstag abend und Sonntag Vormit-, tag angehalten. Vor allem wurden Bäckerläden von grö-> ßeren und kleineren erregten Menschenmengen belagert/i Die Bäckereien hatten jedoch fast sämtlich ausverkauft. Die? Polizei mußte in zahllosen Fällen feststellen, daß die' Bäckermeister tatsächlich keine Backwaren zurückhielten. An-; verschiedenen Stellen der Stadt kam es wiederum zur» Plünderung von Bäckereien und anderen Lebensrnittel-^
lüden. . ^
Vermischtes.
Explofionsunglück in Moskau.
Moskau, 19. Okt. Eine Explosion, die sich in der Meg< lianystraße ereignete, hat eine Reihe von Opfern gefordert/ Bisher wurden 10 Tote, darunter die Gattin des hiesigen» Reuterkorrespondenten, und etwa 40 Schwer- und Leicht«' verletzte, festgestellt. ' s
Ein« neue Insel im Kaspischen Meer. >
Moskau, 19. Okt. Im Kaspischen Meer entstand in der> Höhe von Asperon 2 Werst von der Küste entfernt eine» Insel. Auf dieser zeigt sich eine Naphtafontäne, die auchH Gestein, darunter Kupfererz, auswirft. >
einen erschreckt knarrenden Ruf hervor. Ein Volk Rebhühner^
fährt auf mit schrill kräftigem Schnurren dahin. »
Das Jahr ist müde, seine Frucht ist geborgen. Seine Farben,^ sein Glanz, die Fülle seiner fröhlichen Formen zieht sich ein,, schon treten kahl die Aeste zwischen dem dünn gewordenen.Lauül» hervor. >
Aber das macht einen so köstlichen Eindruck, lacht einen förm«, lich an, wie da und dort noch blau eine allerletzte dürftige Korn« , blume steht, oder ein Feldrittersporn, oder eine einzelne gelb« ' Blume, sogar noch eine kleine rote Klatschmohnblume. Und dann ^ sind noch zwischen Ackerkrume und Stoppeln, unter dem kreuz und? quer überspannten Labyrinth der Herbstfäden vorlugend, so ganz» winzige, reizende, blaue und ziegelrote Sternblümchen und aller- lei so zierlichstes, krauses Zwergkraut. Das sieht noch ganz frisch' und krill aus. Und man denkt, daß da doch noch so allerlei ist, » das den Winter überdauern wird, so schlimm er auch werden möchte.
4. >
Spätherbst.
Es ist später Abend, schon sehr dunkel. Mein Blick richtet» sich gen Himmel.
Wolken rasen, trüb steht hinter Dünsten, zunehmend, der, zwiegehörnte Mond.
Ich sehe, um ihn herum, ein trüb milchig weißliches Rund. Rings, Chorionzotten nach außen, ein Serolemma. Innen, im i Kreis aber, fein, zart, ist es wie das magische Gefälbel eines > Amnion, einer Eihaut. Und, wie frei inmitten des trüb ver«^ schwommenen, mollig weißlichen Liquor amnii, des Fruchtwassers, schwimmend, in seiner in sich zusammengekrümmten Ruhe,» leise, leise sich entfaltend, heimlich im bergenden Rund, sich aus«, krümmend ein,schon wie erwachender Sinnender, seinen Willen, Fassender, ein winziger Embryo, ein goldener Keim, trüb noch, doch hinterm Molkigen strahlend.
Die Mondsichel in einem großen „Hof". Aber ist es nicht, am» letzten Ende des Jahres, wo alles in Kälte, Dunkel, Nacht und' schwere, trübe Zeit sinkt, wie ein verbürgendes Wort? >
Ja, zwiegehörnte Mondtiere, geheiligt dem ewig waltenden - Mütterlichen einst, dem über die Geburten, die monatliche Regebx der Frauen waltenden Mond, krummgehörnte Widder und Rin»; der, werden um eine Wiege stehen, uiü» Hirten, Könige und, wissende Boten, und über ihnen der deutend verbürgende Ster».-