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Nummer 97 Fernruf 17 S

Donnerstag den 26. April 1928

Fernruf 179

63. Jahrgang

Vriands Kriegs»»»

Michel, die Augen auf! !

Die französischen Hauptwahlen vom vergangenen Sonn­tag, denen am nächsten Sonntag die Stichwahlen folgen, geben noch keine Entscheidung, lassen höchstens eine allge­meine Grundstimmung erkennen. Die Frage ist, ob Poin» care als Währungsdiktator bestätigt werden soll oder nicht. Wie es scheint, will Frankreich ihn bestätigen.

Die Außenpolitik mit in die Wahlen hineinziehen zu lassen, hatte Frankreich gar keinen Anlaß, weil darüber grundsätzlich Meinungsverschiedenheiten nicht bestehen. Das Ziel der französischen Außenpolitik ist unverändert die Nie­derhaltung Mitteleuropas und Sicherung der französischen Vorherrschaft zum mindesten über Westeuropa, von der rus­sischen Grenze an gerechnet. In diesem Ziel sind alle einig, die ein entscheidendes Wort mitzusprechen haben, und seit Briand in seiner Wahlrede Anfang Februar im Senat das Bekenntnis abgelegt hat, daß auch Locarnofürihn nur einen Schritt aus dem Weg zu diesem Ziel bedeute, war die öffentliche Meinung Frankreichs über die Außenpolitik beruhigt. Und die Auseinandersetzung zwischen Paris und Washington, in deren Verfolg jetzt der französische Gesetzentwurf zum amerikanischen Antikriegs- s pakt bekannt wird, konnte nur dazu beitragen, die ruhige Zuversicht der.öffentlichen Meinung Frankreichs in die Politik Vriands zu stärken. Das tritt heute noch klarer her­vor, als es schon unmittelbar nach Briands Absage an , Stresemann hervortrat.

Der Sinn des Gegenentwurfs, womit Briand den ein­deutig klaren Entwurf des amerikanischen Staatssekretärs Kellogg beantwortete, ist der: Frankreich wünscht den Ver­sailler Vertrag, den Locarnopakt undseinesämtlichen Militärbündnisse mit in den Antikriegs­pakt hineinzunehmen. Gesetzt den Fall, die Ver­einigten Staaten würden den Briandschen Vertragsentwurf unterzeichnen, so würden sie dadurch mittelbar den Versailler Vertrag anerkennen mit Ausnahme der Bestimmung,

! die Frankreich und die übrigen Unterzeichner zur Abrüstung verpflichtet, sobald Deutschland was es anerkanntermaßen ! getan hat, mit der Abrüstung vorangegangen ist.

Es ist nicht unsere Sache, den Vereinigten Staaten gute i Lehren zu geben, wie sie sich zu dieser Verkehrung ihres Vorschlags in das Gegenteil zu verhalten hätten. Man - braucht nicht daran zu zweifeln, daß die Vereinigten Staaten die französische Taktik durchschaut haben. Diese Taktik läuft i darauf hinaus, aufUmwegenso oder so eine Bürgschaft dafür zu erlangen, daß die Vereinigten Staaten sich in keinen Krieg einmischen würden, in den Frankreich durch seine .. zahlreichen militärischen Verpflichtungen anderen Staaten s gegenüber verwickelt werden könnte. Man braucht dabei . gar nicht an einen Krieg mit Deutschland zu denken, ach s bewahre! Der Locarnopakt besteht, und mögen wir uns um seine Früchte noch so betrogen fühlen, wir werden Frankreich von uns aus keinen Anlaß zu neuen Raub- und Beutezügen ins wehrlose Deutschland geben.

Nein, Frankreich hat sich in ein so verwickeltes System von militärischen Verpflichtungenauf Gegenseitigkeit" ein­gelassen, daß ihm von ganz anderer Seite, als von der des entwaffneten Deutschlands eines Tages ein Krieg übern l Hals kommen könnte. Das fühlt es in den leider nur spär­lichen Stunden der Selbstbesinnung wohl allein, und um im ; Fall solch einer unvorhergesehenen Verwicklung mit dem

s ganzen Uebergewicht seiner militärischen

; Rüstung das entwaffnete Deutschland zur

? Willfährigkeit und Gefolgschaftpressenzu

! können, möchte es schon jetzt die schriftliche Zusicherung

s haben, daß sich die Vereinigten Staaten dann unter keinen

i Umständen einmischen. Das ist der tiefere Sinn des Briand-

! Paktes, und wer ihn begriffen hat, der müßte eine deutsche

Politik für verrückt erklären, die die Zustimmung dazu auch nur inwohlwollende Erwägung" zu ziehen, imstande wäre.

Gerade die Politik, die Frankreich dem völlig entwaff­neten, zur Verständigung und zum Verzicht auf jede Weise bereiten Deutschland gegenüber für angezeigt gehalten hat, ' nötigt Deutschland dazu, dem Kelloggpakt vor dem Briand- i Pakt ohne Besinnen den Vorzug zu geben. Der Kelloggpakt will ja gerade das, wonach die Franzosen nach durchgesühr- . ter militärischer Abrüstung Deutschlands unablässig' ge- schrien haben: die moralische Abrüstung. Merk­würdig, wie Rußland und die Vereinigten Staaten, die uns i von Interessenten so gern als Antipoden der Weltpolitik s hingestellt werden, mit verschiedenen Mitteln zum gleichen Ziele hinarbeiten. Rußland wollte in Genf die prak- ' tische, die militärische Abrüstung und wurde von den i Schwergerüsteten unter Führung Englands abgewiesen. ! Nun schlagen die Vereinigten Staaten die moralische s Abrüstung, den Verzicht auf den Krieg als Mittel der s Staatspolitik vor, hier scheint Frankreich den Beruf zu fühlen, bei der Ablehnung die Führung zu übernehmen

Wie England die Form beurteilen wird, die Frankreich für die Ablehnung gewählt hat, wird immerhin lehrreich zu ^obachten sein. Daß ez in der Ablehnung de.s amerikani-

r»Mss»ie»eI

Der Oberste Gerichtshof für Kanada hak einstimmig ent­schieden, daß Frauen nicht zu Mitgliedern des Senats ge­wählt werden können.

Gestern abend wurde in München die Wahlver­sammlung Stresemanns von Nationalsozialisten ge­sprengt. .

schen Vorschlages mit Frankreich innerlich übereinstimmk, unterliegt keinem Zweifel. Das entwaffnete und wehrlose Deutschland ist nicht berufen, in diesem Streit der Schwer-

.. R.

gerüsteten eine führende Rolle zu spielen. Es hat sich nur vorzusehen, daß es nicht auf die falsche Seite hin- übermanöveriert wird. Die Gefahr ist gar nicht so gering, wie es unter vernünftigen Leuten aussehen möchte. Denn die außenpolitischen Traumulusse, die dasgemein­same" Interesse bei den deutschen und französischen Wahlen entdeckt haben, wären sicher fähig, ihrem Gott Briand zu­liebe wieder einmal eine Kapitaldummheit zu machen und berechtigte Kerne" in einem Entwurf zu entdecken, der den eindeutigen Antikriegspakt hintenherum in einen heimlichen Kriegspakt umarbeiten möchte.

Dar Verbot des Rskämpferbanus im

Viel Lärm um nichts

Berlin, 25. April. Der Neichstagsausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung trat gestern abend unter dem Vorsitz des Abg. Henke (Soz.) zusammen. Auf An­fragen erklärte Reichsinnenminister von Keudell zu dem kommunistischen Antrag, der Minister möge seinen Erlaß an die Länder betr. Verbot des Rotkämpferbanns zurückziehen, behalte er sich die Stellungnahme vor, bis er die Begrün­dung des Antrags gehört habe. Dem anderen Antrag, die Denkschrift des Ministers an die Länder vorzulegen, könne er zu seinem Bedauern nicht stattgeben, da auf Anrufung durch einige Länder der Staatsgerichtshof in Leipzig die Angelegenheit behandle, man könne daher nicht der Oeffent- lichkeit davon Kenntnis geben, solange das Verfahren schwebe.

Abg. Emminger (Bayr. Volksp.) erklärt, der Reichs­tagsausschuß habe verfassungsrechtlich weder das Recht, eine Interpellation emzureichen, noch ein Mißtrauen aus- I zusprechen, noch einer, Beschluß herbeizuführen, der den s Reichsinnenminister verpflichten würde, die Denkschrift zu- lückzuziehen

Abg. Dr. Scholz (D. Vp.) stimmte dieser Auffassung zu. Der Ausschuß dürfe sich nicht mehr Macht anmatzen, als der Reichstag habe. Hier handle es sich um eine Ressort- angelegercheit. Herr von Keudell habe als Reichspolizei­minister gehandelt. Abg. Schultz-Bromberg (Dnat.) macht darauf aufmerksam, daß der Ausschuß zurWahr- u n g", nicht aber zurW a h r n e h m u n g" der Rechte des Reichstages bestimmt sei. Also nur, wenn die Rechte des Reichstags bedroht sind, kann der Ausschuß einschreiten. So habe es auch der sozialdemokratische In­nenminister Dr. Köster seinerzeit dargelegt. Der Ausschuß kann nicht in die Vollzugsgewalt der Regierung eingreifen und Erhebungen verlangen. Abg. Thälmann (Kom.) bestreitei, daß der Ausschuß sich noch jetzt an die Auffassung des früheren Innenministers Dr. Köster zu halten brauche.

Abg. Hildenbrand (Soz.) sucht darzulegen, daß der Ausschuß bci echtigt sei, in die Gründe Einsicht zu verlangen, die den M-rister zu seinem Vorgehen veranlaßt hätten.

Ministerialdirektor von Kamecke beleuchtete die Ver­handlungen in der Nationalversammlung in Weimar- Da­mals sei man bewußt von der BezeichnungAusschuß zur Ueberwachung der Reichsregierung" abgekommen und habe ihn alsAusschuß zur Wahrung der Rechte der Volks­vertretung" in die Verfassung eingefügt. Abg. Koch (Dem.): Der Reichskanzler habe stets das Recht, zu ent­scheiden, ob die Richtlinien seiner Politik durch das Vor­gehen eines Innenministers berührt und durchkreuzt seien.

Abg. S ch ulte - Breslau (Z.) bemerkt, ein Eingreifen in die Rechte des Reichstags sei in dem Ersuchen des Innenministers nicht zu erblicken. Denn dieses Ersuchen beruhe auf einem Gesetz, das dem Innenminister und nur ihm allein ein solches Recht gibt.

Abg. Dr. Rosenfeld (Soz.): Das Ersuchen des Innenministers sei etwas Neues. Er wünsche Zurückziehung des Erlasses. Abg. Thälmann: Die Sozialdemokratie ,'vollte hier nur ein politisches Geschäft machen, i Reichsminister v. Keudell erklärt, der Rotkämpfer- , erband sei eine den Staat gefährdende Verbindung, wie >on seinen Führern ganz offen zugegeben werde. Das Gesetz zum Schutz der Republik verpflichte ihn zu i >em Verbot, das eine reine Ressortangelegenheit sei. Er ^üche keine Deckung hinter dem Kabinett.

Nach weiterer Aussprache wird der kommunistische An­trag abgelehnt. Ebenso werden ein demokratischer An­trag, dje Mahnahnzs fürunzweckmäßig fm LegeWärtigW

AUMllona zu errmren, ,owie ein Antrag Emminger (B. Vp.), die Angelegenheit zu vertagen, und endlich ein sozial­demokratischer Antrag, den Reichskanzler um Aufhebung der Maßnahme des Innenministers zu ersuchen, ab­gelehnt.

Damit ist die Angelegenheit erledigt.

Neueste Nachrichten

General Nobile in Berlin

Berlin, 25. April. General Nobile ist gestern abend, von Stolp kommend, auf dem Stettiner Bahnhof eingetroffen. In seiner Begleitung befanden sich die Herren, die mit ihm die Nordpolfort in den nächsten Tagen antreten werden. Zu seinem Empfang hatten sich außer seiner Gemahlin und seinem Töchterchen, die beide in Berlin Aufenthalt ge­nommen haben, Mitglieder der italienischen Botschaft und der italienischen Kolonie eingefunden. General Nobile be­absichtigt, hier einige amtliche Besuche zu machen. Morgen wird er beim Reichspräsidenten empfangen. Heute fand ein Frühstück beim Reichsverkehrsminister statt. Abends veranstaltete der Aeroklub ein Essen.

Die Sammlungsbewegung in Nordschleswig

Konderburg, 25. April. Die Sammlungsbewegung in Nordschleswig macht täglich weitere Fortschritte. Der Aktionsausschuß in Sonderburg bezeichnet das bisherige Teilergebnis der Unterschriftensammlung ^als glänzend. Bis Dienstag lagen aus 67 Gemeinden 78000 Unter­schriften vor. Der Führer der Bewegung, Hofbesitzer Lei, erklärte in einer großen öffentlichen Versammlung in Gravenstein in Beantwortung einer Anfragen nach seiner Stellung zur Grenzfrage, er wolle keinen neuen Krieg zwischen Deutschland und seinen Nachbarstaaten um Nord­schleswig. Er möchte diese Entscheidung dem Stimmzettel überlassen, betone jedoch nochmals, daß Dänemark ein ver­armtes Nordschleswig nicht auf die Dauer an sich fesseln könne. Er kämpfe jetzt nicht für Nordschleswigs Wieder­vereinigung mit Deutschland, sondern für die Schaffung ordentlicher Verhältnisse.

Van der..Meinen"

Neuyork, 25. April. Die letzten Nachrichten besagen, daß das FlugzeugBremen", nachdem die Notersatzteile durch Flugzeug nach der Greenly-Insel gebracht worden waren, rasch ausgebesfert werden konnte, so daß es bereits am 24. April hätte starten können Von dem Abflug mußte jedoch wegen des stürmischen Wetters vorerst noch Abstand genommen werden.

Die Junkerswerke haben aus Dessau die endgültigen Er­satzteile für dieBremen" abgesandt. Sie wurden von dem DampferLeviathan" (Vaterland) in Cherbourg an Bord genommen.

Der amerikanische Flieger Lindbergh ist von New- Pork nach Quebec (Kanada), um dem noch immer schwer­kranken Flieger Bennett aus Detroit ein aus der Rockefeller- Stistung stammendes Mittel gegen Lungenentzündung zu bringen.

Ein zweiter deutscher Ozeanflug

Berlin, 25. April. Zurzeit schweben Verhandlungen über einen zweiten deutschen Ozeanflug. Die Wiener Schau­spielerin Frau Dillenz, die im vorigen Jahr an dem geplanten Amerikaflug über die Azoren beteiligt war, ist an Professor Junkers wegen dieses neuen Unternehmens herangetreten; Professor Junkers verhält sich nicht grund­sätzlich ablehnend, es sind aber noch eine Reihe von Schwie­rigkeiten zu überwinden, ehe das Unternehmen gesichert ist. Als Flugzeugführer käme wahrscheinlich Risticz in Be­tracht.

Der englische Staatshaushalt

London. 25. April. Im Unterhaus teilte Schatzsekretär Churchill mit, der von der Regierung im vorigen Haus­haltplan veranschlagte Ueberschuß habe sich in Wirklichkeit verdoppelt. Ersparnisse wurden in Höhe von 10,5 Millio­nen Pfund Sterling gemacht. Die Staatsschuld von 7527 Millionen Pfund Nennbetrag wurde um 80 Millionen ver­mindert. Die auswärtige Schuld, die um 6,25 Millionen vermindert wurde, beläuft sich jetzt auf 1095 Will. Pfd. Die für das Rechnungsjahr 1928/29 vorgesehenen Ausgaben betragen 833,39 Mill. Pfd. gegen 806,2 Mill. Pfd. im Vor- jahr. Churchill kündigte einen Zoll auf ausländische Briketts von 6 Pence (50 Pfg.) und eine entsprechende Abgabe auf inländische Briketts an. Er schlage ferner eine neue Erbschaftssteuer vor, die etwa 375 Millionen Pfund jährlich ergeben soll. Durch diese Maßnahmen könnten die inneren und äußeren Schulden einschließlich der Schuld an Amerika in 50 Jahren gedeckt werden. Die Currency-Noten und die Noten der Bank von England sollen im nächsten Finanzjahr verschmolzen werden. Von den Schulden sollen stst nächsten Jahr wieder 65 Mill. Pfd.