Negierung die erforderlichen Maßnahmen durchführen, um die Reserve zu sichern.
Der sozialdemokratische Parteivorstand siir Aushebung des militärischen Belagerungszustandes.
Berlin, 18. Okt. Wie die Blätter Mitteilen, ist der gestrige Beschluß des sozialdemokratischen Parteivorstandes über die Aufhebung des militärischen Belagerungszustandes noch gestern von dem Abgeordneten Hermann Müller- Franken dem Reichspräsidenten und dem Reichskanzler mitgeteilt worden. — Laut „Berliner Lokalanzeiger" soll gestern abend das Reichskabinett zusammengetreten sein und sich mit dem sozialdemokratischen Ersuchen beschäftigt haben.
Berlin, 17. Okt. Laut „Vorwärts" hat der sozialdemokratische Parteivorstand heute über den militärischen Belagerungszustand und die durch ihn geschaffenen Zustände in den Einzelstaaten beraten. Der Parteivorstand ist dabei einmütig zu der Ueberzeugung gelangt, daß die schleunige Aufhebung des militärischen Belagerungszustandes notwendig ist, um im Verhältnis des Reiches zu den Einzelstaaten die Rechtsgleichheit wiederherzustellen. — Auch der „Vorwärts" beschäftigt sich in einem Artikel mit dem Ausnahmezustand. Das Blatt schreibt: Wir stehen in Bayern wie in Sachsen vor der folgenden Situation: In Teilen des Landes Zustände, in denen die staatliche Autorität nicht aufrechterhalten wird. Waffen in den Händen unberufener, Amtsanmaßung und Gewalt auf der einen Seite, dys Gefühl der Rechtlosigkeit und"des mangelnden Selbstschutzes auf der politisch entgegengesetzten Seite. Die bayerische Regierung in offener Auflehnung gegen die Reichsautorität, die sächsische in scharfer Kritik, aber in ausdrücklicher Anerkennung der Verfügungen des Reiches. Bei diesem Sachverhalt ist es vollkommen ausgeschlossen, die Verordnungen des Reichspräsidenten etwa einseitig auszuführen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder man hebt den militärischen Ausnahmezustand auf, oder man setzt ihn überall durch, in Sachsen und auch in Bayern.
Kundgebung der Berliner Gewerkschaften für das sächsische Proletariat.
Berlin, 18. Okt. Die erweiterten Ortsverwaltungen sämtlicher sreigewerkschaftlichen Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenorganisationen Groß-Berlins beschäftigten sich laut „Vorwärts" gestern mit der Lage in Sachsen. Es wurde eine Entschließung angenommen, die für den Fall eines bewaffneten Vorgehens gegen das sächsische und das thüringische Proletariat die Proklamierung des Generalstreiks in Aussicht stellt.
Sachsen und das Reich.
Die Frage der Sicherung von Arbeit und Ernährung in Sachsen.
Dresden, 18. Okt. Ein Aufruf des Arbeits-, des Wirt- fchafts- und des Finanzministers fordert die Betriebsräte, Kontrollausschüsse, Gewerkschaften, Ortskartelle und Konsumvereine Sachsens zu einer Konferenz in Chemnitz am kommenden Sonntag auf, um über Mittel und Wege zu beraten, die Arbeit und die Ernährung der erwerbstätigen Massen sicherzustellen.
Verschärfte Maßnahmen in Leipzig.
Berlin, 18. Okt. Nach einer Meldung der „Vossischen Zeitung" aus Leipzig hat das Polizeipräsidium alle Umzüge und Ansammlungen unter freiem Himmel verboten. Gleichzeitig ergeht die Aufforderung an die Einwohnerschaft, alle Eingriffe in die Lebensmittelversorgung zu unterlassen. Auf Zuwiderhandlungen gegen das Verbot wer- den schwere Freiheits- und Geldstrafen gesetzt. Zuwiderhandlungen, die den Tod eines Menschen verursachen, werden mit Todesstrafe bedroht.
Der „Dorwärt»* über die Haltung der Sozialdemokratie.
Berlin, 18. Okt. Der „Vorwärts" erklärt, daß in Sachsen die Möglichkeit einer Verständigung durchaus gegeben fei. Das Reich müsse jedoch zeigen, daß es die Verständi- tzung wolle. Es dürfe nicht einem militärischen Befehlshaber gestatten, alle Möglichkeiten zu ihr zu verschütten. Mit dem Vorgehen gegen Sachsen erreiche man, daß s>h mit jedem Tag die Zahl der Sozialdemokraten vermehre, die fragten, wie lange noch eine mitverantwortliche Beteiligung ihrer Partei an der Leitung der Neichsgeschäfte möglich sein werde. Zu ihnen gehörten nicht nur jene Parteigenossen, die von Anfang an von einem Wiedereintritt in die Negierung nichts wissen wollten, sondern auch solche, die sich für. ihn mit aller Entschiedenheit eingesetzt hätten. Es sei notwendig, mit aller Deutlichkeit auszuspre- chen, daß man der Sozialdemokratischen Partei nicht zumuten dürfe, sie solle etwas decken,' was sie durchaus nicht decken könne.
Sachsen und Bayern.
Dresden, 18. Okt. Der sückssische Landtag setzte gestern sie Aussprache über die Regierungserklärung fort. Im Lause der Debatte erklärte Ministerpräsident Dr. Zeigte r u. a., der bayerische Gesandte in Berlin habe gestern der Reichsregierung eine Note übermittelt des Inhalts, daß der Dresdener Betriebsrätekongreß, der unter dem augenscheinlichen Schutz der sächsischen Regierung stattgesunden habe, einen feindlichen Akt gegen die bayerische Regierung bedeute. Sie frage an, welche Maßnahmen die Reichsregierung dagegen zu ergreifen gedenke. Dr. Zeigner erklärte dann, wenn diese Kreise sich durchsetzten, dann gehöre die deutsche Republik der Geschichte an. Warum han-
l Amtliche Bekanntmachungen.
Aufruf an die Landwirtel
Die Ernährungslage in den größeren Städten Württembergs ist, wenn nicht in der nächsten Zeit starke Anlieferungen in Getreide und besonders in Kartoffeln erfolgen, bedenklich. Wir bitten daher unsere Berufsgenoffen dringend, von den genannten Erzeugnissen in der allernächsten Zeit abzuliefern. Die bisherig« Kartoffelnot in den Städten ist auf die verspätete Ernte zurück- zuführen. Da jetzt die Ernte zum Teil erst beginnt und Kartoffeln vom Acker weg verkauft werden, ist zu erwarten, daß der Bedarf an Kartoffeln endlich gedeckt werden kann.
In der bitterernsten Zeit, in der wir leben, liegt es nicht zuletzt auch im Interesse der Landwirtschaft, daß Beunruhigungen durch Mangel an Lebensmitteln, besonders an Kartoffeln, bei der Bevölkerung vermieden werden.
Die Unterzeichneten landw. Organisationen kennen genau dk« Hemmungen, die einer Ablieferung da und dort entgegenstehen, sie kommen aber unter Berücksichtigung der Gesamtlage doch zu dem Entschluß, ihren Berufsgenossen die Ablieferung in den nächsten Wochen dringend zu empfehlen.
Württ. Landwirtschaftskammer; Landw. Hauptvcrband für Württemberg und Hohenzollern; Verband landw. Genossenschaften in Württemberg; Zentralgenossenschast des schwäbischen Bauernvereins Ulm.
delt das Reich nicht? Es macht sich mitschuldig. Ministerpräsident Dr. Zeigner erklärte ferner, daß ihm gestern ein Schreiben des Wehrkreiskommandos Dresden zugegangen sei, worin gefordert werde, daß die Regierung Stellung nehmen solle zu den Ausführungen des Ministers Böttcher, die dieser am Samstag in einer Rede in Leipzig gemacht habe. — Der Ministerpräsident sagte: Dem Wehrkreiskommando sind wir keine Rechenschaft schuldig. Auf die unzweifelhaft rechts- und verfassungswidrige Drohung des Wehrkreiskommandos werden wir überhaupt keine Antwort geben. (Lebhafter Beifall links.) Verfassungsmäßige Anordnungen der Reichsregierung werden wir ausführen. Wir verlangen aber von der Reichsregierung, daß gegen den General Müller eingeschritten wird. Von der sächsischen Bevölkerung erwarten wir, daß sie sich entschlossen hinter die Regierung stellt. — Hierauf wurde ein deutschnationaler Mißtrauensantrag gegen die Regierung Zeigner mit 48 Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten gegen 45 Stimmen der bürgerlichen Abgeordneten abgelehnt.
Die Ruhr- und Reparationsfrage.
Der belgische Außenminister
über den belgischen Vorschlag.
London, ts. Okt. Der belgische Außenminister Jaspar erklärt« dem Brüsseler Berichterstatter der „Times", die Besetzung des Ruhrgebiets habe nur den Zweck gehabt, einen Druck auf das Deutsche Reich auszuüben, seine Reparationsverpflichtungen auszuführen. Sie sei erfolgreich gewesen, da der Widerstand aufgehört habe. Belgische Sachverständige hätten die Frage der Zahlungsfähigkeit des Reiches untersucht und den Alliierten einen technischen Plan unterbreitet. Die britische Regierung habe vorgeschlagen, diesen Plan an eine internationale Kommission zu verweisen, da die Reparationskommission nicht eine unparteiische Körperschaft sei. Poincare habe dagegen erklärt, daß die Reparationskommission allein befugt sei, sich mit der Frag« zu beschäftigen. Die britische, französische und italienische Regierung hätten jetzt erklärt, daß die Reparationskommission zur Prüfung der belgischen technischen Vorschläge schreiten könne. Die belgische Politik der Ausgleichung habe daher zu einem Ergebnis geführt.
Belgien gegenüber der wirtschaftlichen Lage Deutschlands unempfindlich.
Brüssel, 18. Okt. (Agence Belge.) Der deutsche Geschäftsträger sprach gestern im Ministerium des Auswärtigen vor, wo er dem Minister des Aeußern mitteilte, daß die deutsch« Regierung den Eisenbahnern die Weisung erteilt habe, die Arbeit wieder aufzunehmen. Er fügte hinzu, daß die wirtschaftliche Lage Deutschlands die Erhebung der Kohlensteuer unmöglich mache. Die deutsche Regierung würde die größten Schwierigkeiten haben, den Industriellen die Kohlen zu bezahlen, die sie Belgien liefern würden. Der Minister antwortete, die Zahlung gehe die deutschen Industriellen und ihre Regierung an. Belgien werde die ihm gelieferten Kohlen auf keinen Fall bezahlen.
Die Berschleppungspolitik Poinears's.
Keine Verhandlungen vor Eintritt des „normalen" Zustandes im Rahrgebiet.
Paris, 18. Okt. Die Havasagentur veröffentlicht folgende offenbar beeinflußte Mitteilung: Der deutsche Geschäftsträger, Botschaftsrat von Hösch, hat gestern vormittag eine mündliche Mitteilung dem Ministerpräsidenten Poincarc gemacht, zu der ihn seine Regierung ermächtigt hatte. Die Unterredung hat 40 Minuten gedauert. Der Vertreter der deutschen Regierung hat Poincarä von seinen ausführlichen Instruktionen Kenntnis gegeben, die er von Berlin erhalten hatte. Darin wurden hauptsächlich die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Lage Deutschlands geschildert. Herr von Hösch sprach alsdann über die Frage der Sachlieferungen und über die Mittel, aus denen diese Lieferungen bezahlt werden sollten. Poincare bemerkte darauf, daß er augenblicklich diese Frage nicht diskutieren könne. Der Reichskanzler habe öffentlich mitgeteilt, daß die deutsche Regierung den Industriellen ihre Lieferungen nicht bezahlen lönne. Rach Ansicht der französischen Regierung könne eine Diskussion mit der deutschen Regierung dann ausgenommen werden, nachdem in den besetzten Gebieten das normale Regime, wie es vor dem 11. Januar bestanden habe, durch die Wieder-
^ aufnahme der Sachlieferungen und der Arbeit wtederhergestellt sei. Wenn diese Bedingungen einmal erfüllt seien, könnten mög. licherweise Verhandlungen zwischen Deutschland und den Alliierten eingeleitet werden. In diesem Augenblick behindere die deutsche Regierung nichts, eine Note an die Reparationskommission zu richten, wenn sie diesen Weg vorziehe. Die Mitteilung werde geprüft werden. Herr v. Hösch hat auch Poincare über technische Fragen unterrichtet, die die Einziehung der Kohlensteuer und di« Instruktionen an die Beamten betreffen. Er hat über diesen Gegenstand Schriftstücke zurückgelaffen, die von den zuständigen Stellen im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten geprüft werden.
Der deutsche Geschäftsträger in Brüssel hat zu Beginn des gestrigen Nachmittags einen ähnlichen Schritt unternommen bei dem Außenminister Jaspar. Der belgische Minister hat den französischen Geschäftsträger über den Inhalt der Demarche unterrichtet. Auch in Paris ist der belgische Botschafter vom Quai d'Orsay entsprechend unterrichtet worden. Minister Jaspar hat dem deutschen Vertreter eine mit der Erklärung Poincares übereinstimmende Antwort erteilt, obgleich beide Minister keine Gelegenheit hatten, sich über ihre Haltung gegenseitig zu verabreden. Das ist ein neues Zeichen für die absolute Gleichheit der Ansichten, die zwischen der belgischen und der französischen Regierung hinsichtlich des Reparationsproblems vorhanden ist.
Dte methodische Hinauszögerung der Wiederaufnahme der Eisenbahn- und Postbeamte«.
Essen, 18. Okt. Der gestrige Tag stand im Zeichen der Arbeitaufnahme der Post- und Eisenbahnbeamten im Richrgebiet. Die Aufnahme der Arbeit auf den Fernsprech- und Telegraphenämtern in Essen erfolgte gestern mittag. Die Aufnahme des Verkehrs kann aber erst in einigen Tagen erfolgen, da vorher noch größere Ausbesserungsarbeiten vorgenommen werden müssen. Die Fernsprechämter in Dortmund, Mülheim und Duisburg begannen gestern gleichfalls mit der Arbeit. Gemäß den Anweisungen des Reichsverkehrsministers erfolgte gestern im Ruhrgebiet auch die Meldung der Beamten für den Regiebetrieb. Der Vorschlag der Essener Eisenbahnergewerkschaft, daß die Meldung zur Arbeit listenweise unter Vermittlung einer Kommission erfolgen solle, wurde von der Regieverwaltung in Essen zurückgewiesen, während in Dortmund die listenweise Einstellung angewandt wurde. In Essen waren die Vorbereitungen der Regie zur Anmeldung der Eisenbahner nicht ausreichend. Es wurde dies damit entschuldigt, daß nicht genügend Formulare vorhanden seien. Gestern wurden nur Eisenbahner zur Meldung vorgelassen, die im besetzten Gebiet geboren sind. Auch bezüglich der Anmeldestellen herrscht innerhalb der Regie Unklarheit. Während die Eisenbahner aus Steele und Kupferdreh nach Essen verwiesen wurden, fanden in anderen kleineren Orten Anmeldungen nach Ausfüllung des Fragebogens statt. Nach der Ausfüllung des Fragebogens wurden die Eisenbahner wieder entlassen, da ihnen die Mitteilung, wann und ob sie eingestellt werden, von der Regie erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt- gegeben wird. Nachdem die Bergarbeiter bereits vor einiger Zeit die Förderung wieder aufnahmen, haben jetzt auch die Eisenbahn- und Postbeamten den Beweis ihres Willens zum Wiederaufbau des Ruhrgebietes gegeben. Die Hauptträger des passiven Widerstandes verschlossen sich nach schweren, opfervollen Monaten im Einklang mit den Richtlinien der Reichsregierung den Notwendigkeiten der Stunde nicht.
Die Franzosen verlangen Devisen für den Rheinroll.
Düsseldorf, 18. Okt. Aus den bisherigen Verhandlungen, die die Handelskammer des besetzten Ruhrgebietes mit den Besatzungsbehörden und der Kontrollkommission der Hütten- und Bergwerke führt, wird bekannt, daß die Zentralstelle für Ein- und Ausfuhrbewilligung ihren Sitz weiter in Essen behalten soll, während für das altbesetzte Gebiet das Ein- und Ausfuhramt in Bad Ems zuständig ist. Die Besahungsbehörden erklärten sich damit einverstanden, daß im Ruhrgebiet seitens der Han- delskammern fakultative Vorprüfungsstellen eingerichtet werden, wie sie im altbesetzten Gebiet bestehen. Die Besatzungsbehörden' hielten an der Forderung fest, daß die Lin- und Ausfuhrabgaben in Devisen (!) bezahlt werden müssen.
Der Geldraub geht weiter.
Berlin, 17. Okt. Am 10. Oktober nahmen die belgischen Behörden aus den Tageskassen der Reichsbankstelle Aachen sechs Billionen Mark weg. Am gleichen Tage wurden in der Reichsbankstelle Krefeld auf Befehl des belgischen Kommandanten vom Kommissar der belgischen Kriminalabteilung, der mit einem Aufgebot von Gendarmen, Kriminalbeamten und Soldaten eingedrungen war, fünf Billionen Mark gewaltsam fortgenommen. Am 13. ds. Mts. drangen Franzosen von neuem in die Druckerei von Girardet in Essen ein und bemächtigten sich eines Betrages von 81 Billionen Mark Reichsbanknoten und Notgeld der Stadt Essen. Am 8. Oktober wurde von den Franzosen ein Eeldtrans- port in Höhe von 998 Milliarden auf der Grenzstation Eoldstein fortgenommen.
Ausland.
Organisation des Wiener Wohnungsbau».
Wien, 14. Okt. Die Wiener Banken erklärten der Regierung gegenüber sich bereit unter Voraussetzung einer von der Regierung iür Neubauten zugesicherten Steuererleichterung, SV Milliarden Kronen für die Herstellung von Wohnbauten, insbesondere in Wien, zu gewähren.
Ein magere» Vertrauensvotum
für die polnische Regierung.
Warschau. 18. Okt. In der gestrigen Vollsitzung des Sejm wurde ein Antrag der Mehrheitsparteien, der Regierung das Vertrauen auszusprechen, mit 208 gegen 19t Stimmen angenommen.