Nr. 244

Lrscheinun-<w«1se: SmaL wöchentlich. SL Mk. «eklamen SW Mk.X Schlüsielzahl.

Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.

88. Jahrgang.

LnzeigenpreiL: Die Zeile SO Mk Familienanzergen Auf Sammelanzeigen kommt «in Zuschlag von 1w"/<>.

Donnerstag, den 18. Oktober 1923.

vezua»prei1:Jnder Stadt mit Lrägerlohn NOOOOO 0 Mk.wöchentl. PostbezugSprei« IIVOOOOOOMk. ohne vestellgetd. Einzelnummer 200000W Mk. Schluß d ' .

Neueste Nachrichten.

Die neue Krisis, die durch das Verhältnis Bayerns zu Sachsen und der beiden Staaten zum Reich geschaffen worden ist, spitzt sich zu. Die Verfolgung der sozialdemokratischen Selbstschutz- organifationen in Bayern und das Verbot der sozialdemo­kratischen Hundertschaften in Sachsen hat dort sowie inner­halb der gesamten sozialdemokratisch eingestellten Arbeitneh­merschaft de« Eindruck verstärkt, daß man den militärischen Belagerungszustand zur Vorbereitung eines von Bayern aus­gehenden Rechtsputsches benütze, und deshalb die sächsisch-thü­ringischen Staaten zuerst schachmatt setzen wolle. Der sozial­demokratische Parteivorstand hat deshalb beschlossen, die Auf­hebung des militärischen Belagerungszustandes zu beantragen, «eil er nur einseitig gegen die Arbeiterschaft gerichtet sei.

Die deutschen Geschäftsträger haben sowohl in Paris wie in Brüssel Schritte bezüglich der Einleitung von Verhandlungen über das Ruhrgebiet unternommen. Wie Havas mitteilt, hat man ihnen in Paris die Antwort gegeben, daß man warten müsse, bis dernormale Zustand" vor dem 11. Januar wieder hergeftellt sei, und daß dannmöglicherweise" Verhandlungen eingeleitet werden könnten. Aehnlich hat auch di« belgische Regierung geantwortet. Die ganz« Taktik geht natürlich auf Verschleppung hinaus, weil man immer «och auf den Bür­gerkrieg in Deutschland wartet. Deshalb wird auch die Wiedereinstellung der deutschen Eisenbahn- und Postbeamten verzögert.

Die Nentenbank.

Berlin, 16. Okt. Di« bereits inhaltlich bekannt gegebene Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank wird nunmehr im Wortlaut veröffentlicht:

Nach 8 2 der Verordnung betragen Kapital und Grundrück- lage der Rentenbank 3200 Millionen Mark Rentenmark. Der Betrag wird zu gleichen Teilen von der Landwirtschaft nach 8 6 einerseits und von der Industrie, Gewerbe und Handel einschl der Danken nach 8 0 andererseits aufgebracht. Soweit der Grundbesitz weder nach 8 9 herangezogen wird, ist er nach Maß­gabe der Aufhebung der Zwangswirtschaft zum Zwecke der Ver­stärkung der Mittel der Rentenbank heranzuziehen.

Nach 8 3 wird die Satzung der Rentenbank, die der Geneh­migung der Reichsregierung bedarf, von den Gründern fest­gestellt. Ist sie dis 1. November 1923 nicht zustandegekommen, so wird sie von der Reichsregierung errichtet.

Nach 8 1 haben die Gründer der Reichsregierung drei Per­sonen für das Amt des Präsidenten vorzuschlagen. Werden sämtliche Vorschläge abgelehnt, so ernennt die Reichsregierung den Präsidenten mit Zustimmung des Retchsrates.

Nach 8 5 ist die Rentenbank von allen Steuern des Reiches, der Länder und Gemeinden (Eemeindeverbände), vom Vermö­gen und Einkommen, sowie vom Grundvermögen und Gewerbe­betrieb befreit.

Nach 8 6, Abs. 1 erwirbt die Rentenbank an den Grund­stücken, die dauernd land-, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken dienen, eine auf Goldmark lautende Erundschuld in Höhe von 4 Prozent des Wehrbeitragswertes. Nach Abs. 4 des­selben 8 ist Kapital und Erundschuld mit 6 Prozent jährlich zu verzinsen. Absatz 5 bestimmt die Unkündbarkeit des Kapitals. Nach Absatz 6 find Zinsen und Kapital nach dem Goldwert zur Zeit der Zahlung nach näherer Bestimmung der Durchführungs­bestimmungen in Rentenmark zu zahlen.

Nach 8 7 findet auf die Ansprüche aus einer Grundschuld auf einen Antrag der Rentenbank sofortige Zwangsvollstreckung itatt.

Nach 8 8 haften soweit das mit einer Erundschuld belastete Grundstück verpachtet ist, für di« an dir Rentenbank zu leistenden Zinsen Eigentümer und Pächter wie Gesamtschuldner. In dem Verhältnis zueinander ist der Eigentümer zur Zahlung von einem Viertel, der Pächter zur Zahlung von Dreivierteln der Zinsen verpflichtet.

Nach 8 9 werden bei Inkrafttreten dieser Verordnung die bestehe nden industriellen, gewerblichen und Handelsbetriebe ein­schließlich der Banken in ihrer Gesamtheit zugunsten der Ren- tenbank mit demselben Betrag in Goldmark belastet wie dir Gesamtheit der bezeichneten Grundstück«. Wenn zu dem Be­triebsvermögen Grundstück« gehören, erwirbt di« Rentenbank an diesen in Höh« von 4 Prozent der Wehrbeitragswerte, aber nicht über den Amlagebetrag hinaus, ein« auf Eoldmark lau­tende Erundschuld Soweit di« auf den einzelne« Unternehmer ^,

entfallende Last durch Grundschuld nicht gedeckt ist, ist der Ren­tenbank eine auf Goldmark lautende Schuldverschreibung des Unternehmers auszuhändigen.

8 10. Die Erundschuld und der Anspruch auf Schuldverschrei­bung geht, soweit nicht mit anderen Staaten getroffene Ver­einbarungen enlgegensteyen, allen anderen Verpflichtungen bzw. Lasten im Range voraus. Wird das Unternehmen ganz oder zum Teil veräußert, so haftet für die Schuldverschreibung neben dem Veräußerer der Erwerber. Unternehmer neuer Betriebe find in entsprechender Weise zum Zwecke der Verstärkung der Mittel der Rentenbank heranzuziehen.

Nach 8 11 sind an dem Kapital der Rentenbank die Eigen­tümer der belasteten Grundstücke, Unternehmer der belasteten Betriebe im Verhältnis zu den von ihnen eingebrachten Grund­schulden, Schuldverschreibungen, Eoldbeträgcn, Zahlungsmitteln in ausländischer Währung beteiligt. Anteilscheine werden nicht ausgefertigt. Die Anteile find nur mit Genehmigung der Ren­tenbank übertragbar. Die Vertretung der Anteilsrechte wird in der Satzung der Bank geregelt.

Nach 8 12 stellt die Rentenbank auf Grund der für sie be­gründeten Grundschulden und ihr zu übergebenden Schuldver­schreibungen Rentenbriefe aus. Die Rentenbriefe lauten auf 500 Goldmark, oder ein Vielfaches davon, find mit 5 Prozent jährlich verzinslich und können nach Ablauf von fünf Jahren von der Nentenbank zur Zahlung in ihrem Nennwert im Ganzen oder in Serien aufgekündigt werden.

Nach 8 13 dienen die Rentenbriefe als Deckung für die von der Rentenbank auszugebenden Rentenbankscheine. Die Wert­einheit dieser ist eine in hundert Rentenpfennig« «ingeteilte Rentcnmark.

Nach 8 14 dürfen auf Grund je eines über 500 Goldmark lau­tenden Rentenbriefes unter der BezeichnungNentenbankfcheine" besondere Wertzeichen im Betrag von SOO Rentenmark, insge­samt nicht mehr als im Betrage des Kapitals und der Grund­rücklagen ausgegeben werden. Die Rentenbankscheine find an allen öffentlichen Kassen als Zahlungsmittel anzunehmen. Di« näheren Bestimmungen erläßt der Reichsfinanzminister.

Nach 8 1b ist die Rentenbank verpflichtet, die ausgegebenen Rentenbankscheine jederzeit auf Verlangen derart gegen ihre Rentenbriese einzulösen, daß auf 500 Rentenmark ein Renten­brief über 500 Goldmark mit Zinslauf vom nächsten Fälligkeits­termin ab gewährt wird.

Nach 8 16, Abs. 1 darf die Rentenbank bankmäßige Geschäfte nur mit dem Reich, der Reichsbank und privaten Notenbanken machen. Sie darf nach Abs. 2 während der nächsten zwei Jahre dem Reich auf Rentenmark lautende und vorbehaltlich der Be­stimmungen in 8 17 verzinsliche Kredite bis zum Betrag von insgesamt 1200 Millionen Rentenmark zum festen Zinssatz von 6 Prozent gewähren. Bürgschaften darf die Rentenbank für das Reich nicht übernehmen. Sie ist nach Abs. IN, ferner nach Maß­gabe der Satzung berechtigt, der Reichsbank und den Privat­banken zur Kreditoersorgung der Privatwirtschaft Kredite bis zum Betrag von 1200 Millionen Rentenmark zu gewähren. Die Beteiligung der Reichsbank und der privaten Notenbanken an diesen Krediten richtet sich nach dem Verhältnis ihrer Noten­ausgabe am 31. Juli 1914.

Nach 8 17 stellt in Anrechnung auf den in 8 16 Abs. ll ge­nannten Höchstbetrag die Rentenbank dem Reich sofort ein zins­loses Darlehen von 300 Millionen Rentenmark zur Verfügung, welche Summ« das Reich zur Einlösung oder Teileinlösung sei­ner bei der Reichsbank diskontierten Schatzanweisungen verwen­det. Reicht die Summ« von 300 Millionen Rentenmark nicht aus, um sämtliche bei der Reichsbank diskontierten Schatzanwei­sungen einzulösen, ist auf Verlangen des Reiches gemäß 8 16 ein verzinsliches Zusatzdarlehen nachzusuchen und zu gewähren, dessen Höhe der Vereinbarung zwischen dem Reich und der Rentenbank Vorbehalten bleibt.

Nach 8 18 wird der bilanzmäßig« Reingewinn der Deutschen Rentenbank folgendermaßen verwendet: 1j Vorweg wird der Betrag von 40 Prozent des Reingewinne» dem Tilgungskonto zugeführt. Nach Tilgung des dem Reich gemäß 8 17, Abs. 1 zugeführten Darlehens von 300 Millionen Rcntenmark ermäßigt sich der dem Tilgungskonto -uzufiihrend« Betrag auf SO Prozent des Reingewinnes. 2. Alsdann wird rin Betrag bis zur Höhe von 6 Prozent des Wertes der eingebrachten Erundschulden «sw. den Anteilseignern -«geführt. Der Restbetrag wird zur Verstärkung de» Tilgungrkonto» verwendet.

Rach 8 19 dürfen, sobald di« Rentenbank mit de» Ausgabe von Rentenbankscheinen begonnen hat, bei de» Reichsbank Schatz- anweisunge» nicht mehr diskontiert werden. Ms zum Ablauf der Einlösung der bis dabin vom Reich b«i der Reichsbank die-^

kontierten Schatzanweisungen find Prolongationen in solchen Schatzanweisungen zulässig.

Nach 8 20 kann das Recht der Rentenbank zur Ausgabe von Rentenbankscheinen ohne Entschädigung durch Reichsgesetz auf­gehoben werden.

Nach 8 21 bleibt inzwischen der Reichsregierung Vorbehalten, die zur Durchführung dieser Verordnung und für den Uebergang die erforderlichen Verwaltungs- und Rechtsvorschriften zu er­lassen. Sie kann die Kleinbetriebe von der Belastung ausneh­men und mit Zustimmung der Rentenbank bestimmen, ob und inwieweit Grundstückseigentümer und Unternehmer berechtigt sind,, sich von der Belastung mit der Grundschuld und der Ver­pflichtung zur Aushändigung der Schuldverschreibungen durch Leistung von Gold oder Zahlungsmitteln in einer ausländischen Währung zu befreien.

In 8 22 der Verordnung wird bestimmt, daß die Verordnung mit dem auf die Verkündigung folgenden Tage in Kraft tritt.

Gute Abnahme der Rentenbauk in der Oeffentlichkeit.

Berlin, 16. Okt. Der gestrige Beschluß des Reichskabinci über die Gründung einer Deutschen Rentenbank wird von sämt­lichen Blättern als ein großer Schritt vorwärts auf dem Weg« zur völligen Stabilisierung der deutschen Währungsverhältnisse bezeichnet. DerBerlin « r Lokalanzekger" unterstreicht, daß durch sie eine stärkere banktechnische Sicherung des neuen Zahlungsmittels gegeben sei, als durch die Verordnung der Reichs­regierung. Daß unsere Wirtschaftskrise jedes Vertrauen in die Rentenbank setzen, wird dadurch bewiesen, daß ihre namhaftesten Vertreter in den Derwaltungrrat der Rentendank delegiert wür­den und daß deren Unterschrift jede Rentennote und jeden Rentenbrief decken wird. Auch dasBerliner Tage­blatt" betont, daß finanzpolitisch und währungstechnisch alle Voraussetzungen für eine gesunde, stabile Entwicklung der Ren­tenmark gegeben seien. Wir dürfen also hoffen, so schreibt das Blatt, daß die Geldwirtschaft nunmehr wieder in ruhigere Bah­nen gelenkt wird. DieZ e i t" erklärt, das, worauf es bei den vorläufig konstituierten Zwischenwertzeichen ankommt, im We­sentlichen das Vertrauen darauf sei, daß es der Reichsregierung gelinge, bis zu dem Zeitpunkt, an dem der von der Währungs­bank dem Reich zu gewährende Kredit von 1,2 Milliarden Ren­tenmark aufgebraucht ist, die Finanzen des Reiches restlos zu sanieren. Das Reich müsse in der rigorosesten Weise an den Abbau seiner Ausgaben und an die Aufwertung der Steuer­einnahmen gehen. Ohne Härten werde es dabei zwar nicht ab­gehen; aber sie seien im Interesse der Volksgcsundheit unver­meidlich.

Berlin, 16. Oft. Nach der ,M. Z." ist die Aufnahme der Währungszwischenlösung in der Oeffentlichkeit eine gute. In landwirtschaftlichen Kreisen sei man der llebrzeugung, daß die neue Rentenbank die denkbar größte Sicherheit biete. Auch in Industrie- und Handelskreisen hält man, soweit die Deckungs­frage in Betracht kommt, die Rentenmark für das beste Pro­visorium.

Deutschland.

Maßnahmen zur Sicherung der Drotversorgung.

Berlin» 16. Okt. Ein« Verordnung der Reichsrcgierung auf Grund des Ermächtigungsgesetzes steht eine Verstärkung der von der Reichsgetreidestelle zu erwcrlenden Brotgetreidereserv« für Notfälle und zur Ausübung eines gewissen Preisdruckes von 1 Million auf 2)4 Millionen Tonnen vor. Alle Bedarfskom­munalverbände können beantragen, daß an von ihnen be­stimmten Mühlen von der Reichsgetreidestelle Getreide zum Ta­gespreis bis zu X der bisherigen Ration geliefert wervcn. Die Kommunalverbände können die Verwendung des Getreides zur Versorgung der Bevölkerung ihres Bezirkes überwachen. In den besetzten Gebieten, wird die Markenbrotversorgung fortgesetzt. Um den Uebergang für die Bevölkerung des unbesetzten Gebietes zu erleichtern, find Bedürftigen und kinderreichen Familien be­sonder« Geldmittel zur Verfügung gestellt worden und werden di« Bezüge der Sozial- und Kleinrentner, Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, drr Erwerbslosen alsbald in Anpassung an di« Teuer«! ^ 't. Im übrigen wird da»

Augenmerk der Regierung v-i > auf die Hereinschaffung v»» Getreide ans dem Ausland für die Grtreidereserve gerichtet sein. Von der Aufnahme einer Vorschrift, wonach bei «intretenden Schwierigkeiten für die Aufbringung der Reserve auf das Um­lageverfahren zurückgegriffen wird, ist abgesehen worden in E» Wartung der Unterstützung der Landwirtschaft. Sollte die Auf­bringung im Frriverkehr aber nicht möglich sei», st» wird dick