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Nr. 242

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

98. Jahrgang.

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Dienstag, den 16. Oktober 1SL3.

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Neueste Nachrichten.

Auf Erund des Ermächtigungsgesetzes hat di« Reichsregierung die Errichtung einer Rentenbank beschlossen, die als vor- läusiges wertbeständiges Zahlungsmittel die Rentenmark ausgeben wird. Garantiert wird die Rentenmark durch erst­stellige Erundschulden auf den gesamten deutschen Grundbesitz und erstrangige Goldobligationen der Industrie, des Handels und der Banken. Die Papiermark bleibt als Zahlungsmittel bestehen.

Frankreich sabotiert systematisch jede Möglichkeit von Verhand­lungen. Auf der einen Seite wird die Wiederaufnahme des Eisenbahnverkehrs im besetzten Gebiet verzögert, indem man die deutschen Eisenbahner nicht einstellt, auf der andern Seite werden jetzt schon deutsche Erklärungen über die Wiederauf­nahme «nd Bezahlung (!j de» deutschen Sachlieserunge« durch das Reich verlangt, dessen Finanzkraft mit allen Mitteln

brutaler Gewalt znerst ruiniert worden ist.

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Die belgische»Studien" find jetzt unter Zustimmung sämtlicher Alliierten der Reparationskommission übergeben worden, die darüber entscheiden soll, ob der Vorschlag als Grundlage für einen gemeinschaftlichen Reparationsplan der Alliierten be­nützt werde» kaum Die lleberweisung an die Reparation!» kommission demonstriert übrigens den Sieg de» französischen Willens, daß nicht ein internationales Schiedsgericht, sondern die Reparationskommission als oberste Instanz über das

.5 Reparcktionsproblem zu entscheiden habe.

Errichtung einer Nentenbank.

Ausgabe von Rentenmark.

Berlin, 16. Olt. Auf Erund des Ermächtigungsgesetzes hat di« Reichsregierung die Errichtung einer Deutsche» Rentenbank beschlossen. Die Papiermark bleibt das gesetzliche Zahlungsmit­tel, Neben der Papiermark wird in der von der Deutschen Ren­tenbank auszugebenden Rentenmark ein wertbeständiges Zah­lungsmittel geschaffen, das von allen öffentlichen Kassen in Zah­lung genommen werden wird. Die Rentenmark ist gesichert durch auf Eoldmarl lautende erststellige Erundschulden auf den ge­samten deutschen Grundbesitz und erstrangige Goldobligationen der Industrie, des Handels und der Banken. Sie ist jederzeit einlösbar gegen verzinsliche Goldrentenbriefe. Es darf mit Zu­versicht erwartet werden, daß dieses neue Zahlungsmittel, das 'nach seiner Eigenart das Höchstmaß an Sicherheit bietet, im Ver­kehr mit uneingeschränktem Vertrauen ausgenommen wird. Die Deutsche Rentendank wird von Vertretern der Landwirtschaft, der Industrie, des Gewerbes, des Handels und der Banken er­richtet werden. Die Mitglieder des Verwaltungsrats sind aus führenden Kreisen der gesamten deutschen Wirtschaft bereits ge­wählt. Der Auftrag zur Anfertigung der Rentenmarkscheine, welche die Unterschriften dieser Persönlichkeiten tragen werden, ist erteilt worden. Die Deutsche Rentenbank wird dem Reich Zahlungsmittel im Betrage von 1,2 Milliarden Rentenmark zur Verfügung stellen. Gleichzeitig mit der Ausgabe der Rentenmark wird die Neichsbanl die Diskontierung von Schatzanwcisungen des Reichs einstellen. Damit wird die Jnflationsquelle der Pa­piermark geschlossen und für die Reichsbank die Bahn zur Wie­dergewinnung ihrer Eigenschaft als einer wahren Eoldnotenbank sreigemacht. Die Rentenmark wird in einigen Wochen im Ver­kehr erscheinen. Um baldmöglichst viele wortbeständige Zahlungs­mittel in den Verkehr zu bringen, hgt die Reichsregierung außerdem die Ausgabe von kleinen Stücken der Eoldanleihe (1, 2 und 5 Dollar bis zum Betrage von 200 Millionen Goldmark) beschlossen. Damit nicht auf die Dkuer zu viele verschiedenartige Zahlungsmittel im Verkehr bleiben, ist die Reichsbank bereit, im Laufe des Januar des nächsten Jahres die kleinen Eold- anleihescheine auf Wunsch in Rentenmark umzutauschen. Wer die Eoldanleihe als Anlagepapier behalten will, wird hieran selbstverständlich nicht gehindert werden.

Diese von der Reichsregierung gestern beschlossenen Maß­nahmen sind eine Zwischenstufe zur endgültigen Lösung der Wäh­rungsfrage, die nur in der Rückkehr zur Goldwährung bestehen kann. Voraussetzung jeder endgültigen Regelung unserer Ver­hältnisse ist neben der Klärung der außenpolitischen Lage die Wiederherstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Ordnung ^tm Innern. Dafür wollen das Ermächtigungsgesetz und das Ar­

beitszeitgesetz den Grund legen. .Auf dem Boden des Ermächti­gungsgesetzes ist bereits die Umstellung der Steuern auf Geld­rechnung erfolgt, die Demobilmachungsverordnung zur Befrei­ung der deutschen Wirtschaftskraft von Hemmungen geändert und die Grundlage für eine durchgreifende Einschränkung der Aus­gaben geschaffen. Auf dieser Bahn wird die Reichsregierung fortschreiten.

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Die neue MarkstUtzungsaktion der Neichsbank.

Berlin, 15. Okt. Uebsr die Jnteroentionstätigkeit am Devi­senmarkt berichtet dieVossische Zeitung", daß für diesen Zweck dem Neichsfinanzminisierium auch die Devisen zur Verfügung stehen, die auf Grund der Verordnung vom 27. 8. an das Reich abzuliefern find. Aus diesen Devisenablicferungen, die man bis­her auf etwa 100 Millionen Eoldmark schätzt, habe das Reich in den Tagen der jüngsten Intervention geschöpft. Wie das Blatt weiter bemerkt, ist mit einer durchaus genügenden Versorgung der intervenierenden Stellen mit Devisen zu rechnen, zumal sich der Devisenbegehr letzthin in verhältnismäßig bescheidenen Ba^ nen bewegte.

Ein Kommentar über die Notwendigkeit des Ermüchtignngsgesetze.

Berlin, 15. Okt. Zu der Annahme des Ermächtigungsgesetzes durch den Reichstag schreibt dieZeit", das Organ des Reichs­kanzlers: Wenn eine parlamentarische Mehrheit in außerge­wöhnlichen Zeiten dem Kabinett ihres Vertrauens außerge­wöhnliche Vollmacht gibt, so bedeutet das nichts anderes, als eine Anpassung des parlamentarischen Systems an eine Notwen­digkeit des politischen Lebens. Die Reichsregierung hat beson­dere Vollmachten verlangt, weil sie in der Lage sein muß, von Stunde zu Stunde rasch und bestimmt Entschlüsse zu fassen und darnach zu handeln. Die Mitarbeit des Parlaments bedeutet in solchem Falle einen Zeitverlust, der für den Ausgang unseres Daseinskampfes verhängnisvoll werden kann. Die Regierung mutz deshalb in einer Lage wie der unsrigen die Hände frei haben. Sie muß handeln können, um die Autorität der Zentral­reichsgewalt bei aller gebotenen Rücksichtnahme auf die Länder so kräftig wiedcrherzustellen, daß das Reich das unbedingte Ver­trauen ans seine innere Festigkeit und seine Aktionsfähigkeit nach außen zurückgewinnt.

Englische Stimmen zur Annahme des Ermächtigungsgesetzes.

London, 15 . Okt. Der Berliner Berichterstatter derMor- ning Post" schreibt zu dem Ergebnis der Reichstagsabstimmung über das Ermächtigungsgesetz, der größte Teil des deutschen Vol­kes sei der Ansicht, daß sich endlich seine Angelegenheiten fest in den Händen eines Mannes befinden, der Eifer, Kraft und Energie in einer schwierigen Lage bewiesen habe, der die Rechte des Volkes bis zum Aeußerstcn seiner Kraft Hochhalte und der Verständnis für die verschiedenen Teile des Volkes habe. Die Westminster Gazette" schreibt, es müsse angenommen werden, daß die Mehrzahl der gemäßigten Parteien einschließlich der So­zialdemokraten, der Ansicht ist, daß das Ermächtigungsgesetz wenigstens besser sei als der unberechenbare Konflikt der zentri­fugalen und auflösenden Kräfte, welche Deutschland bedrohen, und der fast sicher ausgebrochen wäre, wenn Stresemann ge­zwungen worden wäre, den Reichstag aufzulösen. Reuter meldet aus Berlin, die Regierung Stresemann könne jetzt mit ihrem weitreichenden Programm finanzieller und wirtschaft­licher Reformen vorwärtsschreiten in der Erkenntnis, daß sie die Unterstützung der Mehrheit der Vertretung des deutschen Volkes besitze.

Die Ruhr- und Neparationsfrage.

Frankreich verzögert absichtlich die Wiederher­stellung des Eisenbahnverkehrs im besetzten Gebiet.

Berlin, 15. Okt. In einer Erklärung von sachverstän­diger Seite anläßlich des Aufrufes des Reichsverkehrs­ministers an das Eisenbahnpersonal zur Aufnahme des Dienstes heißt es u. a.: Die Erwartung, daß nach Aufgabe des passiven Widerstandes alsbald eine Verständigung über die dringendsten praktischen Fragen zwischen Paris und Berlin sich anbahnen werbe, erfährt keine Bestätigung. Das trifft leider auch für die Rhein- und Ruhrbahnen zu, deren volle JiUwBicbfttzung erst den ungestörten Gang des Wirt­schaftslebens der betreffenden Gebiete ermöglichen wird. Unter deutscher Verwaltung und mit dem bewährten deut­schen Personal würde, wie sicher behauptet werden kann, diese Arbeit bereits in bestem Zuge sein, da auch die Wie­

deraufnahme von Reparationen nicht in letzter Linie eine Transportfrage ist. Vor der Aufgabe des passiven Wider­standes konnte die Regie nur einen Zweck haben als po­litisch-militärisches Kampfmittel. Heute ist für sie in dieser Form tein Grund mehr vorhanden. Sie dient nur noch dem Zweck der politischen Abschnürung und der Bildung eines selbständigen Rhein- und Ruhreisenbahnnetzes unter französischem Einflüsse. Wenn die Regie jetzt erklärt, ledig­lich einen gewissen Prozentsatz des deutschen Personals wie­der einstellen zu wollen, so befindet sie sich entweder noch im Irrtum über die Ansprüche des rheinisch-westfälischen Wirtschaftslebens an den Verkehr oder es ist von vorn­herein nicht ihre Absicht, den Verkehr im alten Umfange wieder zuzulassen. Jedenfalls scheint ihr Interesse an der schnellen Wiederbelebung nicht das gleiche wie das Deutsch, lands zu sein. Auch harren noch tausende der Ausgewie­senen der Rückkehr, schmachten noch wackere Eisenbahner in den Gefängnissen, ohne daß die Regie deren Rückkehr er­laubt. Die deutsche Regierung wird kein Mittel unser- sucht lassen, um diesen ihre Arbeit, ihre Freiheit wieder zu geben. Auf Frankreich fällt aber di« Verantwortung dafür, daß die Herstellung normaler Bsrkehrsverhältnisse im Rhein- und Ruhrgebiet zugunsten der deutschen Wirt­schaft und zugunsten aller an den deutschen Reparationen interessierten Länder seither nicht möglich war. Frankreich und die Frage der Bezahlung der Sachlieferungen.

Das französische Prinzip der Gewalt bleibt bestehen. Paris, 15. Okt. DerTemps" beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit der Frage der Bezahlung der deutschen Sachlieferungen. Die deutsche Negierung sei nicht in der Lage, den Industriellen der besetzten Gebiete den Preis für die Lieferungen an Frankreich zurückzuerstatten. Der Reichskanzler habe Herrn Etinnes davon benachrichtigt. Will der Reichskanzler dadurch, daß er sich weigert, die Sachlieferungen zu bezahlen, einfach daran erinnern, daß man mit ihm verhandeln müsse, oder hat er selbst einen Zahlungsplan vorbereitet und wartet er nur auf die Ge­legenheit, ihn vorzubringen? Wenn der Reichskanzler ein Programm habe,-um die Zahlungen für die-Sachlieftruu- geu sicherzustellen, dann sei nichts leichter als sine Ber Handlung nach den Bestimmungen des Vertrags herbeizu­führen. Sobald die letzten Erscheinungen des Widerstandes im besetzten Gebiet verschwunden seien, habe die deursche Negierung ihr Programm nur der Reparationskommission. sei es direkt, sei es durch die alliierten Regierungen, zu übermitteln. Aber man müsse auch den gegenteiligen Fall ins Auge fassen, nämlich, daß der Reichskanzler für den Augenblick nicht die Absicht habe, die Sachlieferungen zu bezahlen. Und selbst wenn er der Reparationskommission einen Zahlungsplan übermittele, müsse man trotzdem eine Uebevgangsperiode schaffen bis zu dem Tage, an dem das Programm angenommen und ausgesührt werde. Wie werde man dann die Sachlieferungen finanzieren? Also auf alle Fälle stehe man der Eventualität, daß die deutsche Regierung nicht bezahle, gegenüber. Da die Politik der französischen Regierung gradlinig sich vollziehe, könne die Frage mit Hilfe der Grundsätze gelöst werden, die Poin- carö vor der Ruhrbesetzung am 2. Januar vor der Inter­alliierten Kommission in Paris entworfen habe. Wenn Herr Stresemann jetzt ankündige, daß das Deutsche Reich nicht bezahle, werde er Frankreich nicht in Verlegenheit bringen. Es werde sich auch in keine Kombination wirt­schaftlicher Hegemonie einlassen, aber es werde umso ent­schlossener Steuern unter der Autorität der Interalliierten Rheinlandkommisston und unter der Autorität des franzö­sisch-belgischen Kommandos im Rheinlands und im Ruhr- gebiet erheben. Diese Steuern würden es ermöglichen, die Sachlieferungen zu bezahlen für den Fall, daß das Deutsche Reich diese Bezahlung nicht durchführe. Die Weigerung des Reichskanzlers beweise einfach, daß Poi" carä gut daran /-etaar habe, Vorsichtsmaßregeln zu ergrei­fen. Rach-):;n man uns zahlungsunfähig gemacht hat. sollen wir scsc.i wieder mit Zahlungen beginnen. Man sieht, die Erdrosftiungsmethoden werden fortgeführt.

Der belgische Repara1ion«p?a,r an die Neparationskommiffion überwiese - Paris, 15. Okt. Nach einer Havasmeldung aus B i hat die belgische Regierung den Regierungen in Pari:-, London und Rom mitgeteilt, daß Frankreich, England und Italien nunmehr den Vorschlag des Kabinettes ansenom-

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