größter Aufmerksamkeit. An Ne große Frage des Justizabbaus könne man aber erst Herangehen, wenn die Verfahrensgesetze unter Dach und Fach sind.
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Eine Entscheidung Lalonders
Lattowitz. 12. Jan Der Deutsche Vol^sbund hatte beim Minderheitsamt in Kattowitz eine Beschwerde darüber eingereicht, daß von der polnischen Behörde im Schulverband Brzezinka, der über 3 Schulgebäude verfügt, und zwar in Brzezinka, in Larisch und in Morgi, in Morgi die Minder- heitsschule eingerichtet wurde, obwohl die größte Anzahl der Anmeldungen zur Minderheitsschule in Brzezinka erfolgt war. Dadurch wurde den Schulkindern ein so weiter Schulweg zugsmutet, daß die Minderheitsschule bis jetzt nicht eröffnet werden konnte. Der Präsident der gemischten Kommission hat nun entschieden, daß die Minderheitsschule nicht in Morgi, sondern in Brzezinka zu eröffnen sei.
Verhaftung wegen Spionage in der Tschechoslowakei
Prag, 12. Jan. Wie aus Policka (Böhmen) gemeldet wird, wurde dort in einem Gasthaus ein ungarischer Student wegen Spionage verhaftet, der sich bemüht hatte, die Abschriften geheimer Pläne und Angaben über die Organisation einer Munitionsfabrik zu erhalten.
wscllembergischer kakttag
Stuttgart, 12. Jan.
In der heutigen Sitzung des Landtags wurde die Aussprache über Kapitel 2 des Staatshaushaltsplans (Staats- Ministerium) fortgesetzt. Abg. Roos (BP) trat für Erhaltung der Württ. Gesandtschaft in München ein und wandte sich gegen die unitaristischen Bestrebungen. Das Reich müsse endlich aufhören, über die ihm durch die Weimarer Verfassung gezogenen Kompetenzen hinauszugreifen. Bei der Erhaltung der Länder handle es sich um mehr als um eine reine Zweckmäßigkeitsfrage. Hier spielen Gefühlswerte höchsten Rangs mit.
Abg. Andre (Z.): Der demokratische Abgeordnete Dr. Schall sei gestern stark für den Unitarismus eingetreten, es sei aber sehr zu bezweifeln, ob die ganze demokratische Fraktion hinter Schalls Red« stehe. Länder von dir Art, wie Schall sie sich wünschte, wären nicht mehr faßb<» und würden zu Schall und Rauch. Reichskanzler a. D. DI Luther sollte einen Bund zur Erneuerung des Auf) Wertungsrechts gründen und nicht zur Erneuern» des Reichs. Aus wirtschaftlichen und kulturellen Gründet sowie aus Gründen der Finanz- und Staatshoheit lehn das Zentrum die Vorschläge des Abg. Dr. Schall ab. Andr verteidigte weiterhin die Arbeit der württ. Regierung, di den Vergleich mit den Regierungen anderer Länder woh aushalten könne. Positives habe die Regierung geleistet und nicht die Opposition. Unter der jetziger württ. Regierung habe sich der republikanische Gedanke ver tieft. Auch die kommunistische Brandwelle sei zusammen gebrochen.
Abg. Schneck (Komm.) bezeichnete eine Aenderung der Wahlrechts als notwendig und trat für die Schaffung eine! Arbeiter- und Bauernregierung ein. Morgen wird di« Etatberatung fortgesetzt.
wiirllemberg
Skukkgart, 12. Januar.
Dom Arbeiismarki. Die Arbeitsmarkklage im Arberls- nachroeisbezirk Stuttgart hat sich in der Berichtswoche weiter ungünstig entwickelt. Am 3. Januar 1928 waren im Arbeitsnachweisbezirk Stuttgart 2102 und am 10. Januar 2380 Arbeitslosenunkerstühungsempfänger vorhanden. In der Krisenunkerstühung standen am 3. Januar 878 und am 10. Januar 912 Personen.
Socken gegen Freifahrt. Die Schwestern der Cvang. Diakonissenanstalt und die Olgaschwestern haben als Zeichen des Danks für die freie Beförderung auf den Straßenbahnen der Verwaltung rund 1800 Paar selbstgefertigte Socken übersandt mit der Bestimmung, sie unter das Fahrpersonal zu verteilen.
Ohne Licht. Infolge einer Stromstörung war der nordwestliche Stadtteil von Stuttgart heute abend von 5.30 Uhr an längere Zeit ohne Licht. Auch der Straßenbahnverkehr war in Mitleidenschaft gezogen.
Stuttgart. 12. Jan. Die Abgeordneten des Dauernbunds haben fo'gende Kleine Anfrage an das Staatsmrnisterium gerichtet: Wie hinlänglich bekannt, war der Jahrgang 1927 für die Landwirtschaft einer der schlechtesten Jahrgänge, die sie je erlebt hat. Ueberschwemmungen, Hagelschlag, ein andauernder Regen drohte die ganze Ernte zu vernichten. Mt vieler Mühe und Not konnte ein Teil der Ernte gerettet werden. Wer gedroschen hat, kann nicht verkaufen. Tausende von Zentnern Weizen liegen in den Lagerhäusern unverkäuflich. Das Vieh, die Mich und ihre Produkte gehen im Preise zurück. Trotzdem wird der Landwirtschaft sowohl die Einkommensteuer, als auch die Umsatzsteuer für 1927 gegenüber 1920 erhöht. Ein Sturm der Entrüstung geht durch di« gesaute Landwirtschaft über dieses unverständige Vorgehen des Landesfinanzamts. Ist das Staatsministerium bereit, beim Landesfinanzamt und, wenn nötig, beim Reichsfinanzmiiiisterium, mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß diese ungerechten Erhöhungen sofort zurückgenommen und neue Richtsätze, die der Ernte 1927 entsprechen, festgesetzt werden?
Eine ähnliche Anfrage ist von Abgeordneten des Ze« > trums eingebracht worden.
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Dem Landtagsbericht ist noch nachzutragen, daß Abg. Rath (DBp.) gesetzliche Vorkehrungen forderte gegen den hemmungslosen Parlamentarismus, wie er sich heutzutage entwickelt habe. Weite Kreise des Volks leben heute über ihre Verhältnisse hinaus. Weiter trat er für den Einheitsstaat ein.
Erfolgreiche Polizeistreifen. Die Kriminalpolizei hat in den letzten Wochen nächtliche Streifen in der Altstadt und in der Bahnhofgegend vorgenommen, wobei 248 Personen kontrolliert und 65 vorläufig festgenommen wurden. Unter den letzteren befanden sich sechs Festnahmen wegen Zuhälterei und sieben wegen unsittlicher Belästigung.
Beim Löwentor stießen nachmittags ein Personenkraftwagen und eine Straßenwalze zusammen. Hiebei wurde dem Führer der letzteren der rechte Arm abgedrückt und ein städt. Arbeiter ebenfalls am rechten Fuß verletzt. Die Verletzten wurden nach dem Katharinenhospital verbracht.
Bom Tage. Auf der Geroksruhe geriet das Dach eines Klubhauses in Brand. Das Feuer wurde von der Feuerwache gelöscht. — Montag abend wurde in der Marktstraße in Cannstatt der Schaukasten des Uhrenmachers Buck aufgebrochen und ausgeraubt. Die Täler sind drei halbwüchsige Burschen.
Aus -ein Lande
Lornwestheim, 12. Jan. Unter die Rangiermaschine geraten. Der led. 24 I. a. Rangierer Adolf Silier von Schweizerhof, Gde. Maienfels, ist beim Rangieren ausgerutscht, kam unter die Maschine und war sofort tot.
M.olingen, 12. Januar. Verweigerung des Trauergeläutes. Der evang. Kirchengemeinderat hat beschlossen, in allen den Fällen, da Vertreter einer gehässig und aufdringlich gegen die evang. Landeskirche arbeitenden Gemeinschaft bei einer Beerdigung am Grab reden, das kirchliche Geläute zu versagen. Anlaß zu diesem Beschluß gab die Grabrede des einer außerkirchlichen Religionsgemeinschaft angehörigen Predigers, der eine reine Werberede für diese Religionsgemeinschaft hielt.
Schwaikheim OA. Waiblingen, 12. Jan. Typhus. Die Typhusepidemie, die im Herbst die Gemeinde heimgesucht hat, darf jetzt als erloschen gelten. Drei ältere Personen sind daran gestorben, sonst sind die Fälle gutartig verlaufen.
Eßlingen, 12. Jan. Arbeitsniederlegung. In der Maschinenfabrik Eßlingen, Werk Mettingen, haben gestern mittag laut „Südd. Arbeiterzeitung" um 1.30 Uhr die Autoformer die Arbeit nisdergelegt. Sie beschlossen, so lange die Arbeit nicht aufzunehmen, bis der Abzug für den Ausschußguß unterbleibt.
Mellingen OA. Eßlingen, 12. Jan. Schlimme Folgen eines Kirschen st eins. In tiefe Trauer wurde eine hiesige Familie versetzt durch den Verlust eines hoffnungsvollen Sohnes, der dieses Frühjahr aus der Schule entlassen worden wäre. Während der Weihnachtsferien verspürte er heftig« Schmerzen im Bauch. In ein Stuttgarter Krankenhaus verbracht, wurde durch Operation festgestellt, daß die Verletzung und Vereiterung des Blinddarms durch einen Vorgefundenen Kirschenstein hervorgerufen worden sei. Eine hinzugetretene Bauchfellentzündung raffte den braven Jungen weg.
Gmünd. 12. Januar. Münsterlottsrie. Bei der Ziehung am Dienstag siel der Haupttreffer auf Nr. 41 350. Der Gewinn kam nach Hall. 500 fielen auf Nr. 9415, 100 und eine Prämie von 1000 auf Nr. 46 230.
Mellingen OA. Eßlingen, 12. Jan. Betrügereien. Der led. etwa 27 I. a. Hilfsarbeiter Werner Drestler, der übrigens aus einer achtbaren Familie aus Westfalen stammt, hat Betrügereien aller Art verübt und ist seitdem verschwunden. Unter anderem hat er angeblich in seiner Eigenschaft als Vertrauensmann des Jünglingsvereins ihm anvertraute Gelder unterschlagen, so z. B. aus dem Glockenfond 400 -41. Auch seine Herbergsmutter hat er nicht unbedeutend geschädigt.
Vaihingen a. E» 12. Jan. Der älteste Einwohner gestorben. Dienstag abend starb im Alter von 97Jahren der pensionierte Stationskommandant Karl Schump hier. Der Verstorbene war der älteste Einwohner Vaihingens. Er ist am 19. Oktober 1830 in Mengen geboren und seit 1870 ununterbrochen hier ansässig. Lange Jahre war er Kommandant der hiesigen Landjägerstation und später Gerichtsvollzieher.
Heilbronn, 12. Jan. Fahrraddieb. In letzter Zeit wurden hier wieder verschiedene Fahrraddiebstähle verübt. Als Täter konnte der 46 I. a. verh. Händler Karl Weißer von hier ermitelt und festgenommen werden. Von den gestohlenen Fahrrädern sind bis jetzt zwei beigebracht und den Eigentümern zugestellt worden.
Heilbronn, 12. Jan. Fahrlässige Tötung. Das erweitere Schöffengericht Heilbronn fällte nach 1^tägiger Verhandlung das Urteil gegen den Chauffeur L. Kraft in Heilbronn, der bei der Fa. G. Lichdi hier beschäftigt war und am 5. August v. I. in Möckmühl vier Kinder tödlich überfahren hatte. Das Urteil lautete wegen fahrlässiger Tötung auf 1 Jahr 7 Monate Gefängnis. Das Gericht erachtete es für nachgewiesen, daß der Angeklagte innerhalb des Ortsbereichs Möckmühl zu schnell, nämlich mit etwa 45 Km. Geschwindigkeit, fuhr, und daß ihn auch an dem Versagen der Fußbremse eine gewisse Schuld trifft. Der Staatsanwalt hatte drei Jahre Gefängnis beantragt. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Kern, wird gegen das Urteil Berufung einlegen.
Kuchhausen OA Heilbronn, 12. Jan. Todesfall. Am Mittwoch wurde der Landwirt Josef Senghaas irp Alter von 77 Jahren unter großer Beteiligung der Gemeinde des Neckarkreises zur letzten Ruhe bestattet, lieber 25 Jahre war er Hagelschätzer und diese Aufgabe hat er nicht nur zur Zufriedenheit der Gesellschaft, sondern auch zur vollen Befriedigung der Versicherten gelöst. Seine unparteiliche und gerechte Arbeit würdigte ein Vertreter der Süd»! deutschen Hagelversicherungsgesellschaft unter Niederlegungjtz eines Lorbeerkranzes.
Hall, 12. Jan. Hohes Alter. Der hier im Ruhestand lebende Eisenbahnbetriebsinspektor Josef Merkt, gebürtig von Spaichingen, vollendet heute sein 90. Lebensjahr. Er ist körperlich und geistig noch sehr rüstig, nur sein. Augenlicht ist stark geschwächt. Von August 1889 bis April 1908 war er Vorstand der hiesigen Eisenbahnstation. '
hall, 12. Jan. EinweißerMaulwurf. Sebastiazn Fritz in Braunsbach hat auf seinem Grundstück einetzn veißen, am Bauch gelb gefärbten Maulwurf mit der FaV zefangen.
Böblingen. 12. Jan. Bubenstreiche. Auf der « „Waldburg" haben wieder mal einige Lausbuben gehaust.: Die Täter hakten Gartentüren, Garkenzä'une beschädigt-' Schildpfosten umgeworfen und Bänke zerstört, die der Ber- schönerungsverein ausgestellt hatte.
Nürtingen, 12. Jan. Ein Achtzigjähriger. Am 7. Jan. feierte Fritz Haujj in Beuren seinen 80. Geburtstag. Er ist Altveteran und stand als strammer Jäger beim 2. Jägerbataillon. Voriges Jahr feierte er die goldene Hochzeit
Tübingen, 12. Jan. HohesAlter. Am 7. Jan. d. I. wurde Frau Heinrike G ö s, die Witwe des vor 30 Jahren verstorbenen Oberbürgermeisters Gös und Mutter des Tübinger Oberamtmanns, 95 Jahre alt.
Am Donnerstag, 12. Januar 1928, wird Privakdozenk Regierungsrak a. D. Dr. Oswald Lehnich von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät seine Antrittsrede über das Thema «Die Kartellbewegung im In- und Ausland" halten.
Clown Teddo.
Roman aus der Zirkuswelt von Magda Trott.
Copyright by Greiner L Comp. Berlin W 30.
Nachdruck verboten.
14. Fortsetzung.
Erschreckt fuhr er zusammen, als plötzlich um ihn her der Beisal! erbrauste. ^
„Laß uns gehen!" herrschte er Gisela an. 'Dem Gesicht war verzerrt.
.Äst dir nicht gut?" ^ ^ .
„Fort, fort!" drängte er, hatte sich rasch erhoben und eilte dem Ausgange der kleinen Loge zu. Ein wenig verärgert folgte Gisela. Ihr war das Verhalten des Verlobten unverständlich. Draußen machte sie ihm Vorwürfe, die von Olden schweigend hingenommen wurden. Er trennte sich dann rasch von ihr, und mit Tränen in den Augen berichtete Gisela den sie daheim erwartenden Eltern von dem Verhalten Arnos.
Eine tiefe Sorgensalte zeigte sich auf dem Gesicht Sollerbamns. Er seufzte leise auf. Olden war also noch lange nicht mit seiner Vergangenheit fertig, würde vielleicht niemals damit fertig werden.
Das eigenartige Verhalten des Verlobten hatte die junge Braut derartig verstimmt, daß sie am nächsten Tage an Arno kaum ein freundliches Wort zu richten vermochte. Der schien es kaum zu bemerken. In fliegender Hast wandelte er durch die Fabrikräume, hörte kaum die Grüße der Angestellten, gab Anordnungen, die er schon im nächsten Augenblicke widerrief, und eilte schließlich zu dem Raume, in dem das kleine Auto stand.
Zwei Stunden später stand er noch immer davor, den Mick starr aus das Fahrzeug gerichtet. So fand ihn Sollerbaum. Das Eintreten des Schwiegervaters hatte der Sinnende nicht bemerkt. Eine geraume Zeit betrachtete Sollerbaum den in sich Versunkenen, dann ries er ihn an.
„Wäre es nicht besser, wir schafften den Wagen ganz sort?" fragte er in freundlicher Güte.
Es ersolgte keine Antwort, aber in den brennenden Auaen Owens lag so viel Qual, daß Sollerbaum erschrak.
„Sie erinnern sich. Arno, daß ich Ihnen einst sagt-,
Sie sollten zu mir kommen, wenn Sie dunkle Stunden durchleben. Man darf dann nicht allein sein, sonst findet man nicht mehr zurück zum Licht."
Wachsbleich war das Gesicht des Jüngeren. Die Hände zuckten nervös, ballten sich zu Fäusten, lösten sich langsam wieder und griffen schließlich nach dem Halse. Ein Stöhnen drang aus seiner Brust, und langsam wandte er sich ab.
„Kommen Sie mit mir hinüber, Arno!"
„Nein — nein!"
„So lassen Sie mich hier in offener Aussprache wissen, was Ihnen die Ruhe raubt."
>,Jch kann nicht! Ich kann nicht!"
Der Künstler hatte sich plötzlich über den kleinen Wagen geworfen und preßte das Gesicht in beide Arme.
„Arno!"
„Warum habe ich mir damals nicht den Hnls gebrochen! — Wie wohl wäre mir jetzt! Dann ruhte ich
verscharrt in der Erde und brauchte nicht —-nein,
ich kann nicht!"
„Hat alles das, was ich Ihnen biete, gar keinen Reiz für Sie, Arno?"
„Ist es denn so schlimm, wenn ich verunglücke? Nur einmal, nur noch ein einziges Mal will ich in der Manege stehen, ich kann nicht hicrbleiben! — Ich verzehre mich!
— Hier im Innern brennt es, ich ertrage es nicht! — Ich muß fort!"
„Spielt Ihnen Ihre leidenschaftliche Natur heute vielleicht einen Streich, lieber Arno? Haben Sie mir nicht selbst gesagt, daß die Aerzte Ihnen das Auftreten streng verboten haben?"
„Was frage ich danach? Gar nichts! — Ich habe keinem Menschen über mein Leben Rechenschaft zu geben. ! Aber man soll mich nicht in einen engen Käsig sperren. ! Ich wil. hinaus — hinaus!" !
Er hatte sich wieder emporgerichtet und schlug jetzt mehrfach mit dem Kopf gegen die Mauer. !
„Zugrunde gehe ich — so laßt mich doch hinaus! Ich ! will nichts von euch, gar nichts, nur frei sein will ich."
„Und Ihre Zukunst, Arno?" §
Er lachte schneidend auf. „Beifall! Habe ich den Beifall der Menge, was frage ich dann nach allem anderen!
— Was schadet es denn, wenn ich schon morgen mit ge
brochenen Gliedern, bleich und kalt in der Manege liege? Sie sollen Beifall klatschen, dann habe ich einen Totengesang, wie ich ihn mir nicht schöner denken kann. Blumen hat man mir zugeworsen, ist das nicht herrlicher, als wenn man sie nur aus den Erdhügel legt? Ich will nicht mehr — ich kann nicht mehr hierbleiben!"
„Soll ich Gisela von diesem Entschlüsse Mitteilung machen?"
„Niemand wird mich hier verstehen, niemand, der tm bürgerlichen Leben ein sicheres Dasein führt. Für toll und wahnsinnig wird man mich halten! Aber was wißt denn ihr von den Sehnsüchten, die in mir leben, die mich verzehren!"
„Prüfen Sie sich nochmals genau, lieber Arno. Dies« Unterredung bleibt vorläufig unter uns ein Geheimnis. Sind Sie morgen, nein, sind Sie nach drei Tagen noch immer der Ansickt, daß Sie sich in die neuen Verhältnisst nicht schicken können, so wollen wir uns in Frieder trennen. Tann muß auch Gisela diese Enttäuschung über winden Aber nicht jetzt aus dieser leidenschaftlichen Stim mung heraus sollen Sie Ihren Entschluß fassen. Erst kommen Sie mit sich selbst wieder zur Ruhe, und darr« geben Sie mir nach Tagen Bescheid!"
Olden hob den Kopf und sah den Fabrikbesitzer mit einem unendlich traurigen Blicke an.
„Noch niemals habe ich es so deutlich gefühlt, wie eben jetzt, daß meine Welt eine ganz andere ist als die, tn der Sie leben. Güte und Liebe versuchen die Brücke zu schlagen, aber auch das geht nicht. — Wie unendlich traurig ist doch das Leben!"
Mit gcsenktem Haupte schritt er an Sollerbaum vorüber, holte sich seinen Ueberrock, Hut und Stock und verließ mit langsamen Schritten das Fabrikgebäude.
Drei Tage lang erhielt Sollerbaum keinen Bescheid. Er versuchte vergeblich, Giselas Unruhe zu beschwichtigen, aber das junge Mädchen merkte sehr bald, daß etwas Unheilvolles in der Luft schwebte. Ohne Wissen der Eltern fuhr Gisela nach der Wohnung des Verlobten. Man sagte ihr dort, daß Herr Olden seit zwei Tagen nicht hermgekommen sei. Sorgenvoll kehrte sie zu den Eltern zurück und barg aufschluchzend den Kopf im Schoße der Mutter.
_(Fortsetzung folgt.) .