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Nummer 25Ü

Ferurnk 179

Mittwoch, den 26. Oktober 1927

Fernruf 179

62. Jahrgang

Unsere Viehhaltung im Ausstieg begrissen

Nicht, als ob wir überall auf diesem Gebiet schon die Höhenlinie von 1907, dem Jahr der vorletzten Betriebs­zählung, erreicht hätten, aber es geht doch wieder vorwärts und aufwärts.

Daß die Schafzucht zurückgegangen ist, war bei dem zunehmenden Verbrauch ausländischer Wolle und Baum­wolle vorauszusehen. Das hat also nichts oder wenig mit dem Zusammenbruch unserer Wirtschaft im Krieg und in der Nachkriegszeit zu tun. Im heutigen Reichsgebiet zählte man 1925 6 032 231 Schafe 24 v. H. weniger als 1907.

Anders-ist es mit dem Schweinebestand. Dieser leidet immer noch unter der Wirkung des mephistophelischen Gutachtens eines sogenanntenvolkswirtschaftlichen Gelehr­ten" in Berlin, das zu dem haarsträubendenSchweine­morden" in der ersten Hälfte des Kriegs führte, angeblich, weil diS» Schweine den Menschen zu viel Nahrung weg- nehmen.- Dieses unsinnige Schweinemorden hat M dann im weiteren Verlauf des Kriegs in der Bevölkerungsernäh­rung furchtbar gerächt, und bis zum heutigen Tag konnte der Riesenverlust noch nicht wieder gutgemacht werden. Das blockierte Deutschland wurde damals mit einer solchen Masse von Schweinefleisch, Fett usw. plötzlich überschwemmt, daß es unmöglich ausgezehrt werden konnte; eine Unmenge wurde unbrauchbar und mußte weggeworfen werden, spä­ter aber machte sich der Mangel an Schweinen um so emp­findlicher fühlbar. Der Streich des Schweinemordens, den ein Bethmann Hollweg zugelassen hat, hat zweifellos seinen Anteil an dem Zusammenbruch Deutschlands. Die Be­triebszählung von 1925 notiert 12 974 706 Schweine 21 v. H. weniger als 18 Jahre vorher. Der Verbrauch an Schweinefleisch steht heute immer noch erheblich zurück hin­ter der Vorkriegszeit.

Auch die Zahl der Enten (3 019 019) steht um 16 v. H. hinter der von 1907. Bei den Hühnern aber nähern wir uns dem damaligen Bestand: 56 981 457 ^ 4,7 v. H. we­niger, und bei den Gänsen haben wir mit 8 639 922 die höhe von 1907 mit 18 v. H. überstiegen. Mit der Hühner­zucht beschäftigt sich die Mehrzahl der Landwirte, weniger dagegen mit der Gänsehaltung, die sich erst bei einem Ve- triebsumfang von über 20 Hektar richtig einsetzt.

Zugenommen hat die Zahl der Ziegen: 1925: 3 553 399 7,3 v. H. mehr als 1907. Die Ziege ist das Haustier des kleinen Mannes, während im Mittel- und Großbetrieb Zie- genhaltung selten ist. Hier ist Großvieh zu Hause. Dasselbe ist durch die Kriegszeit und deren nachmaligen Folgen furchtbar zusammengeschmolzen. Um so erfreulicher ist die Tatsache, daß der Vorkriegsstand bereits wieder erreicht ist. Gezählt wurden 1925: 17 364 542 St. Rindvieh 0,7 v. H. weniger als 1907. Dieser kleine Abmangel dürfte inzwischen reichlich ausgeglichen sein.

Am auffallendsten ist die Tatsache, daß die Zahl der Pferde, die in der Landwirtschaft vorhanden sind, mit 3 518 859 um 23 v. H. den Bestand von 1907 überschreitet. Dazu kommen noch, wenn man die Viehzählung von 1925 in Betracht zieht, weitere 400 000 Pferde, die außerhalb der Landwirtschaft in Stadt und Land gehalten werden.

Woher denn? Es darf mit großer Wahrscheinlichkeit an­genommen werden, daß die Pferdeverluste der Landwirt­schaft infolge des Kriegs mit der Auflösung des alten Heers das beträchtliche Pferdebestände abzugeben hatte, zum min­desten ausgeglichen wurden. Wenn heute der Landwirtschaft weit mehr Pferde als vor dem Krieg zur Verfügung stehen, so erklärt sich diese Erscheinung aus der Tatsache, daß die Zahl der Arbeitsmaschinen in der Landwirtschaft, wie z. B. -, Hack- und Mähmaschinen, eine gewaltige Zunahme er­fahren hat, Maschinen, die weniger mit motorischer, als vielmehr mit tierischer Kraft betrieben werden. Selbst das Auto, das nachgerade sich auch in Deutschland zu einem täglichen Verkehrsmittel entwickelt hat, war nicht imstande, das Pferd zu verdrängen, jedenfalls nicht im landwirtschaft­lichen und forstwirtschaftlichen Betrieb.

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Die Teilräumung beginnt

Mainz, 25. Okt. Zwei Maschinengewehrbataillone sind auch von Kochern an der Mosel und je eines aus Worms, Neustadt (Pfalz), Speyer und Landau nach Frankreich zurückgezogen worden. Zwei Bataillone des 52. Eisenbahn­regiments haben Trier verlassen; sie sollen in Toul unter­gebracht werden.

Die LondonerTimes" berichtet, die Besatzung werde in nächster Zeit um 8320 Mann vermindert, und wenn es möglich sei, werde die Verminderung auch auf die verein­barte Zahl von 10 000 Mann gebracht.

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Bei dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, daß die Verbündeten kürzlich die gegenwärtige Besatzungsstärke mit 70 000 Mann angegeben haben. Diese Angabe ist un­richtig; denn es sind die französischen Truppen im Brückenkopf Kehl nicht mitgezählt, angeblich weil diese nicht dem Oberkommando in Mainz, sondern dem Festungskommandanten in Strahburg unterstehen. Sie sind.darum aber doch nicht weniger V esatz ungstruppen aus

Tsgerspiegel

Das B.T. will wissen, der Reichsfinanzminister habe die Denkschrift Gilberts selbst veranlaßt, indem er ihn nach mehr­maligen Besprechungen ersuchte, seine Ansicht schriftlich niederzulegen. Gilbert habe entschieden verlangt, daß seine Denkschrift nicht veröffentlicht werde.

deutschem Boden wie die andern. Nicht mitgerechnet ist ferner das sogenannte Heeresgefolge, also Beamte, Angestellte, Gendarmen und Arbeitssoldaten, obwohl auch diesesGefolge" vor allem hinsichtlich der Besetzungs- und Einquartierungslasten genau so ins Gewicht fällt wie die Fronttruppen. Vorsichtige Schätzungen beziffern den Troß auf mehrere tausend Mann, und dazu kommen wieder die Familienangehörigen, Dienstboten usw. In Wirklichkeit wird also die B e s atz u n gs stä r ke in Zu­kunft vorausgesetzt, daß die Verminderung um volle 10 000 Mann tatsächlich erfolgt, alles in allem noch immer mehr als 70 000 Köpfe betragen. In den Verträgen von Locarno aber hieß es, man wolle die Be­satzungszahlen der deutschen Friedensstärke angleichen. Diese deutsche Friedensgarnisonsstärke betrug rund 45 000 Mann. Im ganzen sind jetzt nach zuverlässigen Meldungen 137 Orte mit Besatzung irgendwelcher Art belegt, während im Frieden nur 29 Orte militärische Dienststellen hatten. Das Verhältnis der Garnisonen im Frieden und heute ist 18:47. In der regionalen Ausscheidung der Besatzungsstärke ent­fallen auf 100 Einwohner im preußischen Teil des besetz­ten Gebiets 1,56 Besetzungsangehörige, im bayerischen Teil (Rheinpfalz) 1,68, im hessischen 4,56. Es stehen somit in Preußen 7,6 v. H., in Bayern 12,2 v. H. und in Hessen 36 v. H. der Gesamtbevölkerung dieser Länder unter frem­dem Recht.

Diese Zahlen besagen mit erschreckender Deutlichkeit, wie es zurzeit mit der Erfüllung desörtlichen" Locarnos bestellt ist. Dazu kommen die wirtschaftlichen Lasten und die un­erfüllten Zusicherungen rechtlicher Art, in erster Linie das noch immer unverändert gebliebene Ordonnanzensystem. Es ist notwendig, daß die deutsche Regierung mit allem Nach­druck auf der Erfüllung der örtlichen Zusagen, Erleichterun­gen und Rückwirkungen besteht und sich dabei nicht behin­dern läßt. Für die 8320 Mann, die jetzt zurückgezogen wer­den sollen, brauchen wir uns. nicht zu bedanken. Sie sind nur ein kümmerlicher Vorschuß auf das, was Deutschland beanspruchen kann: ein ehrlich erfülltes Locarno und darüber hinaus auf Grund des Versailler Vertrags und des Genfer Geistes eine restlose Räumung des gesamten Rheinlandes vor 1935.

Neueste Nachrichten

kabineklsberakung Deutschlands Frondienst

Berlin, 25. Oktober. Das Reichskabinett besprach sich gestern über das Schreiben, das der Dawesagent Parker Gilbert am 21. Oktober an den Reichskanzler, an den Außenminister und an den Reichsfinanzminister gerichtet hatte. Dr. Köhler gab zugleich dem Kabinett Kenntnis von den Darlegungen, die er am 26. Oktober im Hauptaus- schuh des Reichstags über die Finanzlage des Reiches machen wird. Zuvor wird sich der Reichssinanzminister noch mit den Führern der Regierungsparteien ins Be­nehmen setzen.

Die Pariser Blätter sind mit dem Schreiben des Dawes- agenten vollkommen.einverstanden; er hätte seine Pflicht verletzt, wenn er nicht die Warnung an die deutsche Re­gierung gerichtet hätte. Poincare und Tardieux hätten nunmehr einen großen Plan ausgearbeitet, um Deutsch­land durch Sachlieferungen für dentechnischen Ausbau" Frankreichs einzuspannen.

Heute vormittag fanden die Besprechungen des Reichs­kanzlers und des Reichsfinanzministers zunächst mit den Abg. Graf Westarp (Deutschnat.), Brüning (Ztr.), Dr. Scholz (D. Vp.) und Leicht (Bayer. Vp.) über die Denkschrift des Dawesagenten statt. Daraus erschienen die Abgeordneten der Opposition, Wels, D i t t- mann und Hilfe rding (Soz.), Koch und Dietrich !Dem.) und Drewitz (Wirtsch. Vg.) zur Besprechung; auch Gewerkschaftsführer sollen gehört werden.

Der Bildungsausschuß des Reichstages trat heute zur Beratung des Reichsschulgesetzes zusammen.

Die Besprechungen mit den Abgeordneten waren streng vertraulich. Zunächst wird der Reichsfinanz­minister weitere Verhandlungen mit dem Dawesagenten führen, ehe dem Reichstagsausschufs Erklärungen über die Angelegenheit gegeben werden kön­nen, die man jetzt allgemein sehr ernst nimmt. Doch wird erwartet, daß der. Reichsfinanzminister die Partei­führer durch vertrauliche Besprechungen über die Ver­handlungen auf dem Laufenden erhält.

Teuerungseingabe des Gewerkschaftsrings

Berlin. 25. Okt. Der Vorstand des Gewerkschaftsringi )at, dem Reichskanzler eine Eingabe.überreicht,, in^der di,

Befurcyrung ausgejprocyen wiro, vag vurq die Besol­dungserhöhung das Ansteigen der Preise noch mehr gefördert und die Kaufkraft der Lohn- und Gehalts- empfänger der Privatwirtschaft gedrückt werde. Es wir) wirksame gesetzgeberische Bekämpfung des preis- verteuerndcn Monopolismus durch Erweiterung un) Verschärfung der Kartellverordnung vom Jahr 1923 und durch Abbau der Zölle gefordert.

Das Reichskabinett wird die Eingabe demnächst beraten. Mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Gewerk- schäften sollen Maßnahmen gegen die Steigerung der Preis, besprochen werden, die von der Regierung bereits in Aus­sicht genommen sind.

Hochverraksverfahren gegen den Dichter Becher

Berlin. 25. Okt. Vom Reichsgericht ist gegen den kom. munistifchen Dichter Johannes R Becher aus Antrag dei vberreichsanwalts ein Hochverratsverfahren eröffnet worden

Lloyd George über den Verkrauensbruch der Siegerstaaken

London, 25. Okt. In einer Rede im britischen Bund für den Völkerbund sagte Lloyd George, die Streitigkeiten und Kriegsvorbereitungen in Europa lassen das Gefühl auf- kommen, daß es zu einer Wiederholung der Kata- strophe von 1914 kommen werde, wenn nicht die Ver­nunft das Uebergewicht erlange. Der Völkerbund allein könne die vorhandenen Schwierigkeiten beseitigen. Der Hauptgrund zur Unruhe bestehe in der offenen Miß­achtung der hinsichtlich der Abrüstung ge­gebenen Versprechen. Die Siegerstaaten haben ins­gesamt 10 Millionen Soldaten, die besiegten Nationen da­gegen nur 250 000, und das werdeSicherheit" genannt. Eruopa könne keinen Frieden haben, solange die Abrüstung nicht überall durchgeführt sei. Wenn diejenigen, die dis Friedensverträge erzwangen, nicht abrüsten, begehen sie einen groben Vertrauensbruch. Er lege großen Wert auf die Rückkehr Rußlands in die brüderliche Gemeinschaft der Nationen. Es sei bedauerlich, daß die Genfer Marinekonferenz mit einem Mißerfolg geendet habe.

Lloyd George sagte weiter, schon als der Friedens- oertrag ausgearbeitet war, habe man erkannt, daß er sonichtbleiben könne. Aber nur der Völkerbund könne die Abänderung mit Geduld und Behutsamkeit vornehmen. Oie Gefahr rühre von der rücksichtslosen Aus­legung des Vertrags und daher, daß die Mächte ihre Vertragsverpflichtungen nicht erfüllen, insbesondere bezüg­lich des S ch u tz e s d e r M i n d e r h e i t e n und der Auf­rechterhaltung der Besetzung des Rhein­lands, obgleich Deutschland aufrichtig bemüht sei, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Er sei beunruhigt über die Folgen, falls Frankreich die Besetzung fortsetzen wolle.

Ileberfall auf eine französische Abteilung in Marokko

Rabat. 25'. Okt. Südlich vom Fluß El Abib ist die Ve- gleitabteilung eines Lebensmittelzuges in einem Hinterhalt von Marokkanern überfallen worden. Drei französische Legionäre wurden getötet.

Verschwörung in Chile

Santiago. 25. Oktober. Nach Privatmeldungen soll eine Verschwörung zum Sturz der Regierung Jbanez ent­deckt worden sein. Der frühere Präsident Alessandri, seine drei Söhne und andere hochstehende Persönlichkeiten seien verhaftet und des Landes verwiesen worden.

Lösung -er südafrikanischen Flaggenfrage

Kapstadt, 25. Okt. Der Flaggenstreik ist in der Meise beigelegt worden, daß der ..Union Jack' die großbritische Flagge in den Hauptstädten auf den öffentlichen Gebäuden, wie Z. B. den Parlamentsgebäuden und anderen, die in einer Proklamation bekannt gegeben werden sollen, sowie auf allen Schiffen und Docks gehißt wird.

Mrllemberg

Stuttgart, 25. Okt. Staatssekretär Dr. Geib vom Reichs­arbeitsministerium hat Gelegenheit genommen, das Viktor- Köchel-Haus und die WerkbundausstellungDie Wohnung" zu besichtigen. Innenminister Bolz gab aus diesem Anlaß ein Frühstück, zu dem Vertreter der Stadt Stuttgart und des württ. Innenministeriums geladen waren. Im Ver­lauf des Nachmittags machte der Staatssekretär dem Staats» Präsidenten einen Besuch. Später wohnte er den Verhand­lungen des Ausschusses der Reichswohnungskonferenz bei, die besonders die Fragen der Geldbeschaffung für den Wohnungsbau im Jahr 1928 berührte.

Für das Reichsehrenmal. Der Württ. Frontkämpfer­bund verbreitet einen Aufruf, in dem er in eindrucksvoller Weise für die Schaffung des Reichsehrenmals, eines Ge­dächtnismals des deutschen Volks für seine gefallenen Söhne, eintritt. Wie schon früher, so befürwortet der Württ. Frontkämpferbund auch in diesem Aufruf von den ver­schiedenen jetzt bekannt gewordenen Plänen die Rheininsel bei Lorch. . ...