Die Lage in China

London. 17. Okk. Die Schanstkruppen erreichten Freitag abends Liuliho. 31 Meilen südlich von Peking, wurden jedoch am Samstag 9 Meilen zurückgekrieben. Das Hauptquartier Tschangtsolins teilt die Einnahme Tschtuscpaus (nahe bei Nanking) mit.

Kalqan von mandschurischen Slreitkra'fken genommen Peking. 17. Okk. Amtlich wird mitgeteilt, daß die mand­schurischen Streitkräfre Kalgan, das bisher von Schonst truppen besetzt war, zurückeroberk haben.

Verstärkung der britischen Truppen in China London. 17. Oktober. Die britischen Streitkräfte in China werden demnächst erheblich verstärkt. Vier alte Kanonenboote werden aus der Flottille des Jangtsestroms zurückgezogen und durch neue weit größere Schiffe ersetzt. Nach Hankau wird ein weiterer Kreuzer gesandt. Das erste Kreuzergeschwader aus dem Mittelländischen Meer .bleibt bis auf weiteres in China.

Stuttgart, 17. Oktober.

Denkmalsenthüllung. 3m Ehrenhain des Waldfriedhofs wurde gestern vormittag in Anwesenheit einer außerordent­lich großen Zahl alter Landsturmangehöriger ein Denkmal für den Landsturm enthüllt. Eine Ehrenkompagnie des Gre- nadierbakaillons 13 mit 10 Fahnen und 2 Standarten früherer württ. Regimenter war zu der Feier erschienen. Kirchenrat S ch a al - Stuttgart hielt die Gedächtnisrede. Staatspräsident Bazille, Finanzminister Dr. Dehlin- ger, Landtagsprästdent Körner und viele andere Persön­lichkeiten waren anwesend. Achtzehn mobile Landsturm­formationen haben sich zur Errichtung des Gedenksteins zu­sammengeschlossen. Es wurden noch zahlreiche Ansprachen gehalten und Kränze niedergelegt. Am Nachmittag ver­sammelten sich die früheren Angehörigen zu einer schönen kameradschaftlichen Bereinigung in der Liederhalle.

Lohnforderungen der württ. Eisenbahner. Letzter Tage legten Betriebsräte der Eisenbahnwerkstätten Stuttgart und Umgebung dem Vizepräsidenten Honol d als Vertreter des abwesenden Präsidenten der Reichsbahndirektion neue Lohnforderungen der Eisenbahner vor. Vizepräsident Ho­nold lehnte es nach derSchwöb. Tagw." ab, Vertreter aus den einzelnen Betrieben zu empfangen, ließ sich aber über das Begehren der Eisenbahner unterrichten und erklärte, von mehreren Dienststellen seien in letzter Zeit Mitteilungen über die Beunruhigung der Arbeiter gemacht worden. Dar­auf sei die Hauptverwaltung in Berlin verständigt worden, die angeordnet habe, daß Feststellungen über die Löhne der Stuttgarter Privatindustrie für etwaige Verhandlungen in Berlin gemacht werden. Die Reichsbahndirektion erkenne an, daß die Löhne an manchen Orten durch Erhöhung der Ortszulagen neu geregelt werden sollen. Nähere Angaben können zur Zeit nicht gemacht werden.

Don der Straßenbahn. Mit dem Winterfahrplan fällt die Linie 17 weg. Linie 1 führt jetzt vom Cannstakker Bahn­hof bis Baihingen a. F.

Vom Tage. Am Sonntag mittag stürzte sich ein 52 Jahre alter Bauschlosfer aus 40 Meter Höhe'vom Deger- locher Aussichtsturm in die Tiefe und war sofort tot.

Stuttgart. 17. Okt. Nächste Auszahlung der Militärrenten. Der Württ. Kriegerbund, Abteilung für Kriegsbeschädigten- und Kriegerhinterbliebenenfürsorge in Stuttgart, schreibt uns: Wie der Verband der Kriegs­beschädigten und Kriegerhinterbliebenen des Deutschen ReichskriegerbundesKyffhäuser" mitteilt, sollen die für den Monat November 1927 fälligen Renten nach dem Reichsversorgungsgesetz, Altrentnergesetz, Kriegspersonen­schädengesetz usw. einschließlich der Vorauszahlung für Ok­tober und November auf die zu erwartende Rentenerydhung ausnahmsweise bereits vom 27. Oktober an gezahlt werden.

Cannstatt. 17. Okt. Investitur. Der neuernannte Stadtpfarrer der hiesigen kath. Stadtpfarrgemeinde Leopold Kurz wurde am Sonntag von Dekan Rau in seine neue Pfarrei eingeführt.

Aus dem Lande

Eßlingen. 17. Okt. Omnibuslinie Waiblingen Eßlingen. 3mNahmen der Süddeutschen Kraftwagen- Gesellschaft wird demnächst eine neue Omnibuslinie zwi­schen Waiblingen Rommelshausen Stetten den- bronnEßlingen eingeführt. Vorgesehen sind auf der 16 Kilometer langen Strecke insgesamt 4 Jabrten täalick. da­

von eine Frühfahrt zwischen "Stetten und Eßlingen. Die Linie dürfte voraussichtlich durch Wagen der Süddeutschen Kraftwagen-Gesellschaft betrieben werden.

Heilbronn, 17. Okt. Berbot eines Spielklubs. Wie in andern Städten des Reichs ist auch der in Heilbronn betriebene Ecarte-Klub behördlich aufgelöst worden.

Wasserversorgung des oberen Zabergäus. In diesen Ta­gen geht die Wasserversorgung der Gemeinden Zaberfeld, Leonbronn und Weiler a. Z. ihrer Vollendung entgegen. Die Gesamtkosten für die ganze Gruppenversorgung' betragen etwa 200 000 einschl. der Hauszuleitungen.

Weinsberg, 17. Okt. Preisträger. Aus dem Wett­bewerb zu einem Schulhaus- und Turnhallenneubau gingen als Preisträger hervor: Architekt W.'Scheel -Degerloch mit dem 1. Preis, Stadtbaumeister Herm. Ganzenmüller- Weinsberg in Verbindung mit der Firma Mössinger und Bei l - Heilbronn mit dem zweiten und vierten Preis (2 Entwürfe), Architekt D i st e l - Hamburg mit dem dritten Preis. Anerkennung erzielten die Arbeiten der Architekten W e i n m a n n - Tuttlingen und K ü b l e r - Möckmühl.

Merklingen, OA. Leonberg, 17. Okt. Sonderbare Tierfreundschaft. Der Bäcker Wilhelm Reger hörte beim Äpfelbrechen in einem Starenkasten Geräusche. Als er nachsah, fand er sechs Eichhörnchen, die er mit nach Hause nahm. Er gab die sechs Tierchen seiner Katze, die zur Zeit ein Junges säugt. Die Katze nahm die sechs Eich­hörnchen gutwillig auf und nährt sie nun mit ihrem eigenen Jungen, wobei sich alle sehr wohl fühlen. -

ep. Großheppach, 17. Oktober. Am Donnerstag konnte das Mutterhaus für Evang. Kleinkinderpflegerinnen ein neues Gebäude einweihen. Es sollen zwei geräumige Lehr­säle und weitere Plätze zur Unterbringung der Schwestern geschaffen n erden.

Gmünd, 17. Oktober. Das Blindenasyl Gmünd veröffentlicht seinen 90. Jahresbericht, demzufolge im Be­richtsjahr 81 Pfleglinge, darunter 43 männliche und 38 weibliche in der Anstalt weilten. Bedauerlicherweise ist die Absatzmöglichkeit der gewerblichen Erzeugnisse der Anstalt, namentlich auch der weiblichen Handarbeiten, weiter zurückgegangen. Es wird daher die Bitte ausgesprochen, durch Bestellung von Waren den Pfleglingen dauernde Beschäftigung zu sichern und der Anstalt auch fer­nerhin d'e Aufnahme von Blinden zur Ausbildung in Blin­denberufen zu ermöglichen. Im letzten Herbst wurde die Anstalt von vielen Gemeinden mit Naturalgaben reichlich bedacht. Die eingehenden Kostgelder reichen gerade zur Verpflegung der Blinden, nicht aber zu Aufwendungen für die äußerst dringenden Ausbesserungen, zur Neubeschaffung und Auffriiw >ng von Inventar, Heizung und Beleuchtung usw. Die Kostgelder zu erhöhen, geht bei den heutigen Ver­hältnissen nichi an, und da der Staatsbeitrag jährlich nur 2000 Mark beträgt, ist die Anstalt aufs neue darauf an­gewiesen, alle seitherigen Gönner und Wohltäter um wei­tere treue Mitarbeit und Unterstützung m bitten.

7' Ästrgsn, 17. Okk. Tödlicher Ausgang. Maler­meister Simon 3äger, der am Mittwoch bei der Arbeit ai' einem Neubau herunkerstürzke, ist nach Verbringung im Krankenhaus Plochingen seinen schweren mneren^Aer- letzungen erlegen. -' " "

Reutlingen. 17. Okt. Das Alter und dieJugend. Die älteste Schülerin ^er Gartentorjchule, Frau Luise Zün­det, feierte ihren 95. Geburtstag. Aus diesem Anlaß er­schien eine Abordnung der Schulanstalt, ein kleines Geschenk und ein v. i Sc' ülerhand ausgssührtes Gedenkblatt zu überbringen. DI__

Tübingen, 17. Okk. M i l i L ä r j u b : ^ ä u m. Morgen kann Generalleutnant von Schmidt bas seltene Fest seines 70. Milikärjubiläums feiern.

Lustnau, OA. Tübingen, 17. Okt. Todesfall. Gast­wirt Karl Anhorn zumOchsen", besonders auch in Stu- denten"reisen wohlbekannt, ist nach längerer Krankheit im Alter von 60 Jahren gestorben. In Tübingen bewirtschaf­tete er lange Jahre denLöwen".

ep. Herrenberg. 17. Oktober. Schwestern verband. Ministerialrat Dr. v. Scheuerlen von Stuttgart nahm hier die staatliche Prüfung der hiesigen Krankenpflegeschule or, 8 Schülerinnen des Herrenberger Verbandes waren in einjährigem Kurs am hiesigen Bezirkskrankenhaus von dessen Chef, Medizfnalrat Dr. Lechler und dessen Sohn. Dr. med. K. L. Oechler vorbereitet worden. Die Prüfung hatte ein sehr erfreuliches Ergebnis. Die jungen Schwestern werden nach ihrem Urlaub sofort in den vom Verband be­setzten Krankenhäusern zu weiterer Ausbildung im prakti­schen Mlegedienst verwendet, um später selbständige Posten

ausfüllen zu können. Die Nachfrage nach Schwestern ist an­dauernd groß. ' ' , ^ D- - 7.

Balingen, 17. Okt. Vom Jubila umsbau auf dem Naichberg. Der im Jubiläumsjahr des Schwäb. Albvereins geplante Vau auf dem Raichberg, das Nägele- haus mit Aussichtsturm, Unterkunfts- und Wirtschafts- räunken, wird von der Ortsgruppe Onstmettingen wie vom ganzen Oberamt Balingen eifrig betrieben. An Baugeldern und Materialien sind schon hohe Beträge im einzelnen ein­gegangen. Doch reicht das Gesammelte roch nicht aus, und die Sammlung muß fortgesetzt werden. ^

Rer,Hausen OA. Tuttlingen, 17. Okt. Kinderläh­mung. In der Familie des Christ. Schaz wurde bei dem jüngsten Kind Kinderlähmung festgestellt. Das Ladengeschäft wurde amtlich geschlossen, auch wurt n Vorbeugungsmaß­regeln gegen Weiterverbreitung getrosten.

^ Göppingen, 17. Okk. Gasfernleitung. 3n den ächsten Tagen tritt die Gasfernversorgung drr Filstal- cmeinden in Tätigkeit. Vom 20. Oktober ab werden aurnöau, Vhingen, Ebersbach und Reichenbach von Eöp- ü'gen aus mit GeS verargt.'

Alm, 17. Okt. Ein Dr. rer. pol. als Metzger­lehrling. Unter den neun Metzgerlehrlingen, die die Herbstprüfung bei der Fleischerinnung gemacht haben, be­findet sich auch Dr. rer. pol. Karl Heilemann, der sich dem väterlichen Gewerbe und Geschäft widmen will und sich in der kurzen Zeit seiner Vorbereitung für das Metzger- Handwerk tüchtige Fachkenntnisse und Fertigkeiten ange­eignet hat.

Heidenhenn, 17. Okk. Fischerglück. Gg. Simon jr. und Christoph Geßler fingen hier in der Brenz bei der Bade­anstalt im Skellneh einen Hecht von etwa 90 Zentimeter Länge und einem Gewicht von 12 Pfund.

Biberach, 17. Oktober. Tödlicher Radunfall Die 18 Jahre alte Kontoristin Anna Kutter von Rottum mutzte am Abend auf dem Heimweg mit ihrem Fahrrad einem stark betrunkenen, taumelnden Mann ausweichen. Das Mädchen verlor die Sicherheit über das Rad, stürzte und zog sich tödliche Verletzungen zu.

Mittelbuch OA. Biberach, 17. Oktober. Hunde im Schafpferch. In der Donnerstagnacht haben zwei um­herstreifende Hunde im Schafpferch von Joh. Brost in Re­benhaus übel gehaust. Fünf Schafe wurden vollständig zer­rissen und 15 Stück schwer verletzt, so daß sie teilweise not­geschlachtet werden mußten. Der Schaden ist für den Be­sitzer um so größer, weil es sich durchwegs um Muttertiere handelt. Die übrigen Schafe flohen in allen Richtungen, so daß es mühevoller Arbeit bedurfte, die ängstlichen und scheuen Tiere wieder zusammenzubringen.

Ammendorf, OA. Biberach, 17. Okt. Kirchenmusik­schule. Der 7. Jahreskurs der Kirchenmusikschule Um­mendorf fand mit recht guten Ergebnissen am 21. Septem­ber seinen Abschluß. Die Prüfung wurde abgehalten von Pfarrer Dr. A. Mäkler. Aufnahmen in den 8. Jahres­kurs erfolgen in der Zeit vom 3. Oktober bis 3. November. Entsprechend vorgsbildete Schüler können auch noch später eintreten, etwa anfangs November. Anmeldungen und Anfragen sind zu richten an die Direktion der Kirchenmusik- schule in Ummendorf.

Waldsee, 17. Okt. Schweres Autounglück. Ein mit 9 Personen besetztes Auto aus Burladingen bei Hechin- gen stieß in der Frühe des Kirchweihsonntags an der als ge­fährlich bekannten Steige von Heisterkirch nach Haidgau an einen Baum. Der Wagen, der nur für 5 Personen zuge, lassen war, war mit 6 Erwachsenen und 3 Kindern besetzt. Bei dem Anprall wurden Ne Insassen mit voller Wucht aus dem Wagen geschleudert. Bon den Mitfahrenden wurde eine Frau Marie Fröbel aus Zürich tödlich verletzt. Eine Ver­wandte der Toten erlitt einen doppelten Schädelbruch, so daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Auch die übrigen Fahrtteilnehmer, mit Ausnahme des Führers, erlitten '' were Verletzungen, doch' soll Lebensgefahr nicht bestehen, -as Fahrgestell des Wagens wurde zertrümmert.

Von der bayerischen Grenze, 17. Okt. Kleine Chro­nik. In Frauenstetten bei Wertingen wurde der 24 I. a. led. Schäfer Joseph Frey, gebürtig von Pre-elshofen, mit einer Schußwunde im Kopf tot bei seinem Schäferkarren

aufgefunden. Da Frey in den letzten Tagen Zwistigkeiten mit Nächbarschäfern wegen Schafumtausch hatte, liegt die Ver- mutung nahe, daß er ermordet worden ist. Aus der Donau hei Dillingen wurde die Leiche eines 20 I. a. Schäfers ge­landet. Inwieweit der Tod der beiden Schäfer in Zusammen­hang zu bringen ist, muß die Untersuchung ergeben.

Der Fluch eines Dorfes

Roman von L. Hanson.

13. Fortsetzung Nachdruck verboten

Theodora eilte hinaus und setzte ihm gleich darauf Braten und Wein vor. Nenner langte zu mit zittern­den Händen, überhastig er, nur wenige Minuten. Dann, eiligst das Glas Wein trinkend, stand er auf, nahm Mantel und Eichenstock und eilte hinaus.

Wollen Sie nicht das Gewehr nehmen?" mahnte Theodora und reichte ihm die Doppelflinte.

Nein, nein, Fräulein!" wehrte Renner lächelnd. Der Stock genügt einem Furchtlosen."

Es ist immerhin Nacht! Man weiß nicht... wenn Ihnen etwas zustießc!" Sorge sprach aus des stolzen Mädchens Stimme.

Schon war der sunge Mann draußen und flog die Treppe hinab. Drunten ging das schwere Lurchen ins Schloß.

Gott behüte ihn!" flüsterte Theodora vor sich hin und sann:

O, diese Gedanken! Immer steht er vor mir, immer! So nahe und doch so himmelfern. Wenn ich ihn mein nennen dürfte! Er ahnt ja nicht verbietet sich vielleicht selbst, mich zu begehren. Schweig stille, begehrend Herz, sei stille! Es trennt die Welt...

Armin Renner eilte den Hang vor Jagdhaus Wo­dan hinab, immer nach rechts und links spähend. Drunten im Talkessel flammten die Straßenlampen Dellheims. Kein Mond am Himmel, nur milder Ster- nenschetv flimmerte ins Dunkel der Erdatmosphäre. Der junge Lehrer verlangsamte den Schritt und ging quer ins Feld zur Rechten, einen weiten Bogen um das umfangreiche Dorf zu machen. Kein Widerhall eines Fußtritts, kein Laut verriet die Nähe eines Men­schen. In der Ferne nur ratterten Kraftwagen auf harten Landstraßen. Der Eulen und

dasKiwit" des Käuzchens zog weithin durch die Herbstwälder, über der fernen Großstadt stand der Widerschein künstlicher Leuchten am hohen Nachthim­mel. Nenner war ganz im Suchen vertieft, er sah es nicht. Das Feld durchquerend, streifte er den Wald­rand entlang bis in die Gegend unterhalb des Dorfes. Keine Spur. Ein müßig Suchen in der dunklen, un­übersichtlichen Gegend. Renner tröstete sich, daß Eisen- berg wohl mittlerweile auf anderem Wege hcimgekehrt sei, Langsam ging er dem Dorfe zu, dann hinter den Gehöften her durch verschlungene Pfade an Latten­zäunen und lebenden Einfriedungen entlang.

Da, wo sein Pfad den Pfad überquerte, der von Hammans Anwesen aus ins Feld führte, stand er plötzlich still. Er hatte Stimmen vernommen. Eine tiefe, schmeichelnde Männerstimme, und eine zarte weibliche Stimme in hochdeutsch drangen an sein Ohr. Wetter noch einmal! Sollte dies wohl der Kommer­zienrat sein? Einen Augenblick zögerte er, dann gewonnen oder verloren, es konnte nur ein Mißver­ständnis höchstens geben trat er entschlossen einige Schritte näher.

Herr Kommerzienrat!" rief er halblaut. Ein mo­mentanes Schweigen, dann ein rasches Laufen und Rauschen den dunklen Pfad hinab.

Was ist ja? Wer ruft da?" sprach nun wie ver­wundert eine rauhe Männerstimme. Sie klang un­sicher wie die eines Trunkenen. Unvorsichtigerweise ließ Renner seine Taschenlampe aufblitzen.

Vor ihm stand von Trunk und jäh aufgelodertem Zorne gerötet, der Kommerzienrat Seine Gestalt schien zu schwanken oder war es das ungewohnte Licht? Die Augen sahen starr.

Ach Sie!" staunte er.Weg mit dem verrückten Licht, was soll das? Sind Sie etwa verrückt geworden, daß Sie mir nachschleichen ans Schritt nnd Tritt, wie einem Kinde? Wollen Si e mi ch bewachen?"

Renner sah sofort ein, daß er eine große Dumm­heit begangen hatte. Das fatale Licht verschwand und er schlug einen linden Ton an, obwohl es ihm diesem Herrn in seiner zweifelhaften Verfassung gegenüber zuwider war.

Entschuldigen Sie, Herr Kommerzienrat, ich gehe Ihnen niemals nach! Ihre Tochter und ich waren in Sorge um Sie, zumal Sie mir sagten Sie seien vor dem Abend zurück. Darum wollte ich Sie suchen. Er wandte sich zum Weitergehen. Eisenberg stand eine kurze Weile, als besinne er sich, was er beginnen sollte, dann kam er nachgcschlichen mit Murmeln von Vor­mundschaft, die er sich nicht länger bieten lasse.

Armin Nenner sprach kein Wort und ließ den Alten gewähren. Nach dem Iagdhause gekommen, suchte er sofort sein Zimmer auf, während Eisenberg, wie er hörte, längere Zwiesprache mit der Tochter hielt. Ob er ihr die Wahrheit sagte? grübelte Renner, der nicht einschlafen konnte. Wohl kaum. Er kannte Eisen­bergs Wahrheiten, es war viel Jägerlatein. Sollte er selbst Theodora sagen, wo und wie er den Vater getroffen? Das durfte und wollte er nicht.

Es kam Nenner doch merkwürdig, ja verdächtig vor, dies Zusammentreffen . Nichts anderes war's als eine Zusammenkunft mit einem Weibe. Ein Geheimnis. Denn diese Stimme und diese Tritte, was waren sie anders als die eines weiblichen Wesens. Aber wer war es? Dieser Zweigpfad führte nicht andershin als in Gleichmanns und Hammans Gehöft. Entweder war die Enteilende aus einem der beiden Häuser, oder es war jemand, der auf falsche Fährte führen wollte und sich in Hammans Gemäuern bis zum sicheren Ent­kommen verbarg. Der Gedanke an Magdalena fuhr ihm durch den Sinn. Diese hochdeutsche Sprache! Lächerlich! Dies schöne, stolze Mädchen würde doch nicht nächtlich zn diesem Herrn, diesem Grobian laufen und die Ehre und Jugend verkaufen!

(Fortsetzung folgt.)