Die Seplemberleistung an den Dawesagenken Berlin. 12. Okk. Nach der Veröffentlichung des Dawes- agenken bekrägk die für den Transfer (Ueberweisung an die Derbandsskaaken) am 30. September 1927 verfügbare Ge- samksumme 302 049 552 Goldmark. Die Höhe der vorge­nommenen Transfers bekrägk 121 112 080, so daß ein Rest von 180 937 472 am 30- September 1927 verbleibt. Bei der Verkeilung entfallen u. a. an Frankreich 69 967 570, an das Britische Reiche 23 746112, an Italien 5130 447, an Belgien 5 671 890, an Südslawien 4 209 347, an Amerika 3 117837 Goldmark. Der Rest der Zahlungen entfällt auf Rumänien, Japan, Portugal, Griechenland, Polen und für bevorrechtete Zahlungen. . _ , ^__

Württemberg

Stuttgart. 12. Oktober.

Der Kraftfahrtechnische Fortbildungskurfus der Tech­nischen Hochschule Stuttgart für Richter, Staatsanwälte, höhere Verwaltungs- und Polizeibeamte, Rechtsanwälte so­wie für Mitglieder des Württ. Automobilklubs wurde gestern eröffnet. Der Kursus beruht auf einer Anregung des Württ. Automobilklubs.

Entgleiste Lokomotive. Am 11. Oktober um 17 Ilhr ist auf dem Bahnhof Möckmühl die Lokomotive eines Güker- zugs beim Verschieben infolge vorzeitiger Umstellung einer Weiche entgleist. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden ist unbedeutend. An der Unfallstelle mußte bei zwei Per­sonenzügen umgestiegen werden. Der Zug D 32 Berlin Stuttgart wurde über Neckarelz geleitet.

Weingartner-Konzert. Generalmusikdirektor Felix von Weingartner, der in Württemberg durch seine frühere Lei­tung des Kaim-Orchesters wohl bekannt ist, wird am Frei­tag, den 21. Oktober, das nächste Symphoniekonzert des Philharmonischen Orchesters. (Beethoven, Schumann) im Festsaal der Liederhalle leiten. Das Programm enthält auch ttne Komposition Weingartners, dieLustige Ouvertüre".

Vergehen gegen das Republikfchuhgeseh. Das Schöffen­gericht hat die Kontoristin Else Himmelheber wegen eines Vergehens gegen das Republikschutzgesetz zu 4 Mo­naten Gefängnis und den Kommunisten Reinhold Maier wegen des gleichen Vergehens zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Es handelte sich um Verstöße gegen das Verbot der Beteiligung von schulpflichtigen Kindern an Veranstal­tungen des Jung-Spartakusbundes.

Falschmünzer. Das Schöffengericht Cannstatt hat den Mechaniker Anton Reiner von Feuerbach wegen Her­stellung von falschen 50-Pfennigstücken zu 8 Monaten Ge­fängnis verurteilt.

Stukkgart, 12. Oktober. Bekanntmachung des Finanzmini st eriumsüberdiewllrtt. Staats­schuld. Zur Unterzeichnung des Ausfertigungsvermerks bei den Schuldverschreibungen, Schuldscheinen und Schatz­anweisungen des württ. Staates ist Obersekretär a. g. St. Möbus ermächtigt worden. Die früher bekanntgegebene Ermächtigung des Notariatspraktikanten Seßler ist erloschen.

Vom Tage. In der Waiblingerstraße in Cannstatt über­schlug sich ein Lastkraftwagen, der, um einen Zusammenstoß mit einem andern solchen zu vermeiden, in schneller Gang­art in die Olgastraße einbog. Hierbei wurde eine auf dem Gehweg gehende 47 Jahre alte Frau erfaßt und zu Boden geworfen. Sie erlitt eine Gehirnerschütterung und Schür- jungen und mußte in das Krankenhaus Cannstatt verbracht werden. Das Fahrzeug wurde stark beschädigt.

Aus dem Lande

Maulbronn, 12. Okt. 40jähriges Jubiläum. Am Montag feierte der Musikoberlehrer Haasts das Fest seiner 40jährigen Tätigkeit am evang.-theologischen Semi­nar in Maulbronn.

Crailsheim, 12. Okt. Besichtigungsfahrt. Ge- heimrak Kraeft, Reichsbahndirektor Harprecht und verschiedene andere Herren von der Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesellschaft in Berlin sowie Präsident Dr. Sigel, Direktor Nägele, die Reichsbahnoberräte Renz und Rempis von der Generaldirektion in Stutt­gart trafen mit Sonderzug zur Besichtigung der hiesigen Bahnbauarbeiten ein. Anderntags setzte die Kommission ihre Besichtigungsfahrt nach Aulendörf und Friedrichshafen fort.

Der Ostgau der Gewerbevereine des Handwerkskammer­bezirks Heilbronn hielt hier am Sonntag seine diesjährige Gauversammlung ab. Im Mittelpunkt der Tagung stand ein Vortrag von Svndikus Dr. Fren über Handwerk und

Sozialpolitik, in dem er besonders des Arbeitsgerichtsgesetz und das Arbeitszeiknokgeseh behandelte.

Plochingen, 12. Okt. Unfall eines Kriegsinva­liden. Der einarmige Kriegsinvalide und bei der Bahn bedienstete Albert Bidlingmaier wollte mit dem Rad zur Geschäftsstelle fahren und stieß bei der Straßenkreuzung auf ein Auto aus. Mit schweren Kopfwunden wurde Bid­lingmaier ins Krankenhaus verbracht.

Nürtingen, 12. Okt. Die Gans im Auto. Bei der Durchfahrt eines Autos durch Neckarhausen flog eine Gans durch den Glaswindschutz. Die beiden Insassen erlitten durch die Glassplitter derartige Gesichtsverletzungen, daß sie sich in ärztliche Behandlung begeben mußten.

kirchheim a. T., 11. Okt. Tödlicher Unfall. Das dreieinhalbjährige Söhnchen der Familie Schnepple Ephret (Evo) fiel gestern nachmittag von der Plattform des Hauses Ob. Alleenstraße 14 und verschied, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, kurz nach der Einlieferung in die Chirurgische Klinik Tübingen.

Rottweil. 12. Okt. Eisenbahntransportge­fährdung. Wegen des Eissnbahnzujammenstoßes aus dem Bahnhof Sulz am 21. d. Is., wobei ein Lokomotiv­führer und ein Heizer erheblich verletzt wurden und ein Schaden von 40005000 Mark entstand, wurde der ver­antwortliche Fahrdienstleiter, ein Reichsbahnobersekretär, vom hiesigen erweiterten Schöffengericht zu 150 -kl Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte hatte ein Einfahrtssignal auf freie Fahrt gestellt, ohne sich davon zu überzeugen, daß die Fahrtstraße wirklich frei war, wodurch eine Leermaschine auf den Schluß eines Güterzuges auffuhr. Das Gericht räumte ein, daß dem Angeklagten mehrfache Entlastungs­gründe zur Seite standen.

Schramberg. 12. Okt. Brandstiftung. Im Hause Paradiesstraße 4, der Witwe Helber gehörig, brach nach Mitternacht im Dachstuhl Feuer aus. Der Brand wurde durch einen zeitweilig anscheinend geistesgestörten Sohn der Frau Helber auf der Bühne gelegt. Er wurde, selbst ver­letzt, als Polizeigefangener dem Krankenhaus zugeführt. Der Gebäudeschaden beträgt 2000 Mark, der Mobilar- schaden etwa 500 Mark. Die Besitzer sind versichert.

Tuttlingen, 12. Okt. Beilegung eines Streits. Der Kampf der Arbeiterschaft gegen die Kontrolluhr bei der Firma Rieker u. Co. ist durch einen von der Stutt­garter Bezirkstarifkommission abgeschlossenen Vergleich beendet worden.

Langenau, OA. Ulm, 12. Okt. Vom Auto erfaßt. Gerbereibesitzer H. Braunwarth von hier wurde in Ulm beim lieberqueren der SKaße von einem größeren Auto angefahren und geschleift. Es wurde ihm ein Bein abgedrückt.

Vlaubeuren, 12. Okt. Räuberischer Ueberfall. Am Samstag abend zwischen 8 und 9 Uhr wurde der 53 I. a. alte Landwirt Salomon Schlenk von Berghülen auf der Straße zwischen Blaubeuren-Berghülen überfallen. Sein Begleiter, ein Steinbrucharbeiter von Seißen, der sich kurz vorher getrennt hatte, ist dem Ueberfallenen mit Fahr­rad nachgefahren und hatte es zweifellos auf dessen Geld ab­gesehen. Der Ueberfall erfolgte ein zweitesmal, obwohl der Täter von dem Ueberfallenen erkannt und mit Namen ange­sprochen wurde. Am Montag wurde der Täter durch eine:; Landjägerbeamten festgenommen und dem Amtsgericht übergeben.

Eggingen OA. Blaubeuren. 12. Okk. Zündelnde Kin­der. Vergangene Woche zündelten zwei 8jährige Schul­buben von hier und steckten den 300 Meter außerhalb des Ortes gelegenen Oehmdhaufen des Josef Renz von hier in Brand. Von den auf den Haufen aufgestapelten 9 Wagen Oehmd und Stroh konnten noch knapp 2 Wagen gerettet werden, das übrige fiel dem Feuer zum Opfer. Der Be­sitzer ist nicht versichert.

Arnegg OA. Blaubeuren, 12. Okt. Gemeine Tat. Am letzten Sonntag nachmittag wurde dem Telegraphen­arbeiter Käser von hier sein sauer erspartes Geld im Betrag von 200 -K aus seinem Zimmer und Koffer entwendet.

Rottum OA. Biberach, 12. Okt. Brand. Im Söldguk des Söldners Sonntag brach gestern vorm. 7 Uhr ein Brand aus, dem die Scheuer zum Opfer fiel, während das Wohn­haus gerettet werden konnte. Brandstiftung wird ver­mutet.

Ravensburg, 12. Okt. Ev. Haushaltungsschule Oberallewinden. Gestern fand die Prüfung und Schlußfeier der Ev. Haushaltungsschule Oberallewinden statt. Die Schule, im normen Jahr gegründet, weist einen

erfreulichen Besuch auf. Sie ist in reizender Lage oberhalb der Stadt Ravensburg gelegen und zählt zu ihren Schü­lerinnen Töchter des Mittelstandes aus dem ganzen Land, besonders aus Oberschwaben.

Zuffenhausen, 12. Okt. Wettbewerb zu einem Sammelschulgebäude. Nachdem sich die Errichtung eines größeren Schulgebäudes als unabweisbare Notwen­digkeit herausgestellt hatte, veranstaltete die Stadtgemeinde Zuffenhausen zum Zweck der Gewinnung guter Pläne einen engeren Wettbewerb, zu dem 20 Architekten eingeladen waren. Sämtliche angelieferte Arbeiten erfüllten das Pro­gramm und stellten ansehnliche Leistungen dar. Am Diens­tag, den 11. d. Mts. tagte das Preisgericht und kam zu fol­gendem Ergebnis: 1. Preis RM. 3000 Prof. Paul Schmitt- h e n n e r, Stuttgart; 2. Preis RM. 2000 Reg.-Vaumeister Alfred D a i b e r, Stuttgart; 3. Preis RM. 1000 Prof. H. Wetzel, Mitarbeiter Dipl.-Ing. Ad. Schuhmacher, Stuttgart; 4. Preis RM. 500 Architekten R. Eckert und E. Schäfer, Zuffenhausen.

Bietigheim, 12. Okt. Verhaftung einer Wil­derer-Gesellschaft. Der Landjägermannschaft ist es gelungen, einer weitverzweigten Wilderergesellschaft auf die Spur zu kommen, die seit Jahren im Löchgauer und Metter- zimmer Wald ihr Unwesen getrieben hat. Beteiligt sind Einwohner von Löchgau, Hohenstein und Bietigheim. Das Hehlernest war in Löchgau. Sämtliche Beteiligte befinden sich in Untersuchungshaft. Auf das Konto der Wilderer ist auch der vor einigen Jahren erfolgte Einbruch in die Jagdhütte im Wald bei Metterzimmern zu buchen.

Eßlingen. 12. Okt. Der millionste Fahrgast. Der millionste Fahrgast auf der Filder-Straßenbahn- lingen-Nellingen-Denkendorf wurde gestern abend 6.30 Uhr befördert. Es dürfte damit die Rentabilität der noch nicht ein ganzes Jahr im Betrieb befindlichen Bahn erbracht worden sein. Die Bahn wurde am 18. Dezember vorigen Jahres eröffnet.

Tübingen, 12. Okt. Von der Universität. Prof. Dr. Eduard Lukas in Graz wird dem Ruf auf den Lehr­stuhl der Volkswirtschaftslehre und Statistik als Nachfolger von Professor Eucken an der Universität Tübingen folgen.

Göppingen. 12. Okt. Wiedereröffnung des Heims der Göppinger Alters Hilfe- Die Alters­hilfe der Zentralstelle der Christl.-soz. Volksmission eröffnet ihr Altertagesheim mit Verpflegung wieder am 1. November. Es kann vorerst nur 25 Alte aufnehmen, jedoch ist einem weiteren Kreis von Alten der Besuch zur Unterhaltung und zum Verbringen etlicher gemütlicher Stunden möglich.

Alm, 12. Okt. Räuberische Erpressung. Die drei jugendlichen Erpresser Rapp, Horlacher und Stammln, die in der Pfingstwoche unter Beorohungen mit einem Re­volver eine 59 Jahre alte Frau zur Herausgabe von Geld genötigt hatten, waren oeswegen am 9. September zu je 5 Jahren und mehreren Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ihre Berufungen wurden verworfen.

Bad Dihenbach, 12. Okt. Brückenbau. Das Oberamt Geislingen hat angeordnet, daß die Gemeinde Ditzenbach für die baufällige Filsbrücke sofort eine neue Brücke mit einem Aufwand von mindestens 15 000 auf eigene Kosten zu erbauen hat.

Jllertiffen, 12. Okt. Warnung vor einem Schwindler. Ein gewandt auftretender» gut gekleide­ter Unterstützungsschwindler, der sich als vertriebener Ober­schlesier ausgibt und besonders die Pfarrhöfe auf dem Lande heimsucht, würde in unserem Bezirk gesichtet. Vor dem Be­trüger wird gewarnt und ersuchen die Behörden bei Auf­tauchen um sofortige Benachrichtigung.

Ravensburg, 12. Okt. Besuch aus Voralber g. Gestern vormittag kamen etwa 3040 Herren, Bürger­meister, Straßenbaumeister und Skadkratsmitglieder von Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und Bludenz nach Ravens­burg, um sich über den Straßenbau zu unterrichten, Nachdem sie bereits im Vorjahr in den Schweizer Kantonen St. Gallen und Appenzell sich verschiedene Neuerungen auf die­sem Gebiet angesehen hatten. Ihr besonderes Interesse galt dem bei den Pflasterungen verwendeten Material.

Maldsee, 12. Okk. Ernennung. Eine erledigte Stadk- pfarrskelle in Göppingen, mit der die Pastoration der Lan- derschen Heilanstalt verbunden ist, wurde dem hiesigen Stadtpfarrer Raikelhuber übertragen. Der Ernannte war schon in früheren Jahren als Stadkvikar in Göppingen tätig.

Tektnang, 12. Okt. Aufwertung. Der Bezirksrat hat beschlossen, die Sparguthaben bei der Oberamtssparkasse mit 20 Prozent des errechneten Goldmarkwertes aufzu­werten.

Der Fluch eines Dorfes

Noman von L. Hanso n.

9. Fortsetzung Nachdruck verboten

Es ist straffällig. Du hast Vermögen und brauchst nicht zu wildern und zu stehlen. Ich will dich gewiß nicht schulmeistern, das kommt mir nicht zu. Doch sage ich dir, was ich für Recht halte!"

Zu stehlen!" lächelte Jude spöttisch,das ist nicht gestohlen! Halt's Maul über das, was du gesehen hast, alles andere kümmert mich wenig. Dein Schwä­tzen ist ja Einfalt und Dummheit. Ein blöder Hund wird selten fett!"

Er griff das Reh mit beiden Händen an den Vorder- und Hinterläufen und schwang es über den Kops auf die breiten Schultern mit Leichtigkeit. Sein blaues Auge strahlte vor Lust, als er, die Last auf dem starken Rücken, dem Dorfe zuschritt.

Ernst sah ihm Gleichmann nach: Dieser Jörg Jude ein Wilddieb. Dieser begüterte Mann, der ein an­sehnlich Bauerngut sein eigen nannte, das wirtschaft­lich wohl gerade nicht aus der Höhe war, aber doch die Familie reichlich ernährte. Aber er und trank so gern etwas Gutes. Nein, wer hätte das gedacht! Und so frech, so unverschämt. Würde er wirklich unbemerkt heimkommen mit feinem Reh? Und, sollte man ihm nicht das tierquälerische Gaunerhandwerk legen? In Fnoas eigenem Interesse wäre es jetzt wohl besser als spater, wann die Leidenschaft nicht mehr zu dämpfen

, Gleichmann sann und kämpfte mit ErwägMrge Gerne wollte er den Wilderer mit seiner Familie nic ins Unglück bringen. Furcht kannte er nicht vor se neu Drohungen. Was sollte man tun?

Zuletzt siegte die Milde und Erkenntnis, ihn ni, ins Unglück zu bringen, obwohl er das Gegenteil a L§cht anuehmeu mußte.

Aber, die Reize des Morgens waren für den recht­lichen, besinnlichen Bauern Gleichmann hin. Er be­reute bitter, das Feld ausgesucht zu haben er hätte ruhigere Feiertage gehabt. Unter wirbelnden, quä­lenden Gedanken, seine blühende Umgebung nicht mehr beachtend, suchte er seine Behausung auf und vertiefte sich in ein Buch, bis die Dorfglocken ihn zur geschmückten Kirche riefen, wo er sein Denken in an­dere, dem Kleinlichen und Ärgerlichen abgewandte Bahnen zwang. Wo sein Wünschen und Wollen sich klärte und freier, uneigennütziger aufwärts ging wie sehnendes Gebet für die irrenden Brüder, aufwärts um ihre Erleuchtung nnd Führung auf gerade Wege.

Gleichmanu hatte keine Pharisäerseele. Kindliche Aufrichtigkeit und wahre Bewertung diesseitigen Le­bens mit seinem wechselnden Besitzen und Genießen, und das Erkennen, daß das Wohl und die Harmonie der Allgemeinheit, vorweg des Dorfes, getragen sein müsse vom redlichen Wollen und Streben des Einzel­nen, dies alles war bei ihm durchgcdrungen und ließ ihn flehen ohne Worte: Gott, laß alle erkennen und erstreben, was ich erkenne und erstrebe, laß sie frei werden in dem, darin ich frei zu sein glaube! Laß sie das Wertvollste erringen lernen: Wahre Zeit- und Ewigkeitswerte! Und sein Gottesdienst ging dahin:

Du läßt mich nicht! Empfinden nur und ahnen Kann ich dich, der du gehst verhüllte Bahnen Vis ich dich feh, empfänglich für dein Licht, Wenn dieser Erde Kleid und Täuschung bricht. Bis jene Welt, vom Glauben aufgebaut In der Vollendung klar das Auge schaut.

3.

Frau Maurer, Konrad Hammaus' Haushälteri oenel es in Dellheim ausgezeichnet. Warum ar nicht? Lie ordnete im Hause an, was ihr gut dün! und arbeitete nicht mehr, als ihr zuträglich schien. ^ Esten gab es za - Herz, äußere Wünsche: Eier. Bulb

Milch und Fleisch in Fülle! Daran ließ es Hammaus nicht fehlen aus kluger Berechnung. Der Gaul, der hungern muß, ist nicht willig zur Arbeit! pflegte er zu sagen.

Es war für die Frau, die die Mittagshöhe des Le-, bensDereits überschritten, ein recht angenehmes Leben auf dem Dorfe, ruhig und gemütlich. Ja, manche wird auch das so viel bietende Großstadtleben satt, und das lustige ruhelose, zuletzt eintönig erscheinende Treiben müde, davon man einst nimmer loszukommen glaubte. Zudem wenn man, wie in den letzten Jahren, von Stelle zu Stelle fliegen mußte.. Wie gut, daß sie da­mals auf diesen Hammaus stieß, daß sie ihm empfoh­len wurde!

Es war Vorherbst geworden, und immer noch war die Tochter, die fchöne Magdalena, da auf Besuch. Im Sommer sprach sie Tag um Tag vom Fortgehen, wie die Zugvögel vom Wandern zwitschern. Doch sie ging nich tund sprach auch jetzt kaum mehr davon. Es schien ihr lange gut genug zu sein bei Hammaus. Trotz ihrer Tüchtigkeit, davon die Mutter immer wieder sprach, trotz ihrer Schönheit und wundervollen Stimme fchten Madalena in der großen Welt demnach entbehrlich zu sein, denn es war noch niemand gekommen, der sie ge­sucht und um ihre Dienste angefleht hätte. Sie hatte sich recht gut eingelebt in die ländlichen Verhältnisse. Die ersten Wochen hatte sie kaum etwas gearbeitet, sondern nur oben in ihrem nobel hergerichteten Zim­mer ihre Frisur und hochmoderne Kleidung in Ord­nung gehalten beim Singen wundersamer Melodien, die die ungelenken Bauernburschen wie bezaubert, mit offenem Munde aufwärts zum Fenster der Jung-^ frau starren ließen, wie der gebannte Schiffer auf dem abendlichen Rheine zur Loreley hinauf scharrt.^

(Fortsetzung fol gt.)