Die fremdsprachlichen MMer in Frankreich. Rach ARM

Mitteilung des Ministeriums des Innern erscheinen in fran­zösischem Gebiet 167 fremdsprachliche Blätter, und Mar: Italienisch 30, Englisch 24, Russisch 21, Deutsch 18 (Maß). Polnisch 14, Armenisch 8, Ungarisch 4, Ukrainisch 3, Grie­chisch 3, Hebräisch 3, Anamitisch 2, Flämisch 2, Schwein ch 1, Irisch 1, Georgisch 1, Tschechisch 1, Rumänisch 1, Serbisch 1, Mexikanisch 1,' Malaiisch 1, Jiddisch 1. Esperanto 7, Ido 2.

Der Alkohol in Norwegen frei. Seit 12 Jahren konnte man in Norwegen seit derm2. Mai zum ersten Mal wieder in gesetzlich erlaubter Weise Branntwein kaufen, ledoch nur ln den Städten, in denen der Verkauf zugelassen ist. In der Hauptstadt Oslo gibt es 20 öffentliche Verkaufsstellen. Der Verkauf geschieht durch das norwegischeWeinmonopol. Der Ausschank in Gastwirtschaften beginnt am 20. Mai. Von der Branntwein-Umsatzabgabe sind 20 v. H. des Brutto­preises an die Staatskasse abzuliefern.

Ehehygiene. Der Oberste Gerichtshof in den Vereinig­ten Staaten bestätigte in einer Berufungsklage das Gesetz des Staats Virginia, daß geistig Minderwertige unfruchtbar zu machen sind. Eine Epileptische, die vor der Verehelichung dem Gesetz unterworfen werden sollte, hakte dagegen Be­rufung eingelegt, der Oberste Gerichtshof hak aber die Be­rufung verworfen.

Neuss Kloster. Das zwischen Augsburg und Donauwörth g iegene Schloß Holzen ist in öffentlicher Versteigerung zu dem aufsallend niedrigen Preis von 260 000 Mark in den Besitz des benachbarten F r a n z i s k a n e r i n n e n k l o - sters Ursberg übergegangen, das sich die Fürsorge für Kretins und Verblödete zur Aufgabe gestellt hat. Das Schloß mit eigener Kirche, eigenem Theater, 120 Zimmern und Sälen eines der schönsten in Bayern, ist Anfang des 16. Jahrhunderts als Kloster erbaut worden und ist bei der Sä­kularisation von 1802 zunächst in den Besitz des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen und dann in denjenigen des Gra­fen Treuberg gekommen.

Wieder ein Dürer nach Amerika verkauft. Auf der Frühjahrsversteigerung der Kunsthandlung C. G. Börner in Leipzig wurde der KupferstichAdam und Eva" von Dürer von einem Amerikaner um 42 000 Mk. angekauft.

Die Himmelsreklame. Bekanntlich gibt es noch nicht ge­nug Reklame in der Welt. Um dem allgemeinen gefühlten Bedürfnis abzuhelfen, hat der englische Major Savag die Himmelsschrift" erfunden. Eigentlich eine einfache, aber etwas kostspielige Sache. Aber das tut nichts; man hat s ja und dann ist es unter dem langweiligen Einerlei mal wieder etwas Neues unter dem Mond. Oder richtiger unter der Sonne, denn nach dem gegenwärtigen Stand der Er­findung läßt sich die Himmelsschrist nur am Hellen Tag sicht­bar machen. Daß dies ein Mangel ist, wird sich nicht be­streiten lassen, aber es ist kaum zu bezweifeln, daß der mensch­liche Geist auch noch die Feuerwolken herausbringt, und dann ist's erreicht. Die Himmelsschrift wird nämlich mit Wolken gemacht. Selbstverständlich nicht mit der altherge­brachten natürlichen Ansammlung der Wasserdämpfe und Wasserbläschen, sonst wäre es ja gar keine neue Erfindung. Die Wolken werden vielmehr durch chemische Stoffe erzeugt, die von einem Flugzeug aus hoch in der Lust durch einen Apparat ausgeblasen werden und in der Verbindung mit der Luft einen weißlichen Rauch erzeugen. Aehnliche künstliche Nebel sind im Weltkrieg zu Wasser und zu Land vielfach verwendet worden. Besagter Major Savag, Inhaber des Himmelsschrift-Weltpatents, hat nun einen Teil seines Pa­tents an Deutschland, bzw. Berlin, natürlich gegen ent­sprechende Vergütung, abgelassen, und am 2. Mai nachmit­tags wurde dem staunenden Berlin die Himmelsschrift zum erstenmal vorgeführt, und zwar durch zwei englische Spezial­flugzeuge, einsitzige Doppeldecker mit 200 Pferdekraft­motoren. Die Flugzeuge bliesen in 3300 Meter Höhe in Wechselwirkung durch entsprechende Flugbewegungen die Worte ab:Halloh Berlin!" Während die letzten Buch­staben geblasen wurden, hatten sich allerdings die ersten bereits verwischt. Aber das macht nichts, die Luftoerhält- nisse sollen nicht günstig gewesen sein. Jedenfalls erhofft dieDeutsche Himmelsschriftgesellschaft", die sich bereits ge­bildet und die Erfindung übernommen hat, für sich und die Erfindung eine große Zukunft, denn es ist gar nicht aus­zudenken, was durch die Himmelsreklame für das Geschäfts­leben, im politischen Leben, bei Wahlen usw. noch alles ge­leistet werden kann. Würde sie vollends noch durch Flam­menschrift am nächtlichen Firmament ergänzt und das scheint nur eine Frage kurzer Zeit zu sein, so bliebe auf diesem Gebiet wohl nicht viel mehr zu wünschen übrig. Aber wie gesagt, teuer ist Flugzeug-Himmelsreklame.

Barmakprozeß. In der Verhandlung am 2- Mai gc der Vorsitzende die Erklärung ah, die Protokolle über d Vernehmung des inzwischen verstorbenen früheren Reich: poflministers Höfle sollen verlesen werden, weil feststeh daß Hösle mit Iudko und Herrschet Varmat gemeinsan Sache gemacht habe. Danach hat Höfle bei seiner Vernsl mung am 23. Januar 1623 eingestanden, daß er von Ba mat 120 000 Mark zum Bau einer Villa erhalten Hah Das Geld sei ihm in Beträgen von 50 000 Mk. teils vc Iudko Barmat teils von Lange-Hegermann überbracht wo den, ehe Barmat die Reichspostgelder erhielt. Ferner feie (Höfles) Veranlassung von Lange-Hegermsn bOOOO Mark auf ein Konto der Zenkrumsparkei eingezah worden. Auch für den Wahlkampf habe Burmas 5000 Mi ausbezahlk. Höfle bestreitet die Behauptung Lange-Hege manns, daß er an Lange-Hegermann 36 000 Mk. schuld er glaube vielmehr, daß er auch diesen Betrag von Barmc erhalten habe, obwohl er ihm durch Lange-Hegermann au- bezahlk worden sei. Bei der darauf folgenden Ileberlassuw der Postmillionen an Barmak habe er (Höfle) nicht darw gedacht, daß diese Kredite gehoben werden, weil er voi Barmak Geld bekommen habe, Barmak habe auch kein Erpressungsversuche gemacht.

Immerhin anständig. Ein früherer Angehöriger der amerikanischen Besatzung in Koblenz sandte an die Stadt­verwaltung von Koblenz 10 Dollar mit der Bitte, sie einem Fischereipächter auszuliefern, den er vor Jahren durch un­berechtigtes Fischen geschädigt habe. Welchem Franzosen oder Belgier fiele so etwas ein!

Meuchelmord. Als der Bauunternehmer Folz in Dillingen (Schwaben) vor seinem Haus sein Fahrrad besteigen wollte, Aurde er aus einem gegenüberliegenden Garten durch einen Astuchfihsiß zu Boden gestreckt und starb nach kurzer Zeit. Die Polizei nahm einen Mann fest, der im Begriff stand, eine Reise nach Frankreich anzutreten. Auch die Frau des Ermordeten, sowie drei weitere Personen wurden verhaftet.

... .Verurteilung eines Lehrers wegen mangelhafter Beauf- fichttgung. Am 25. Februar d. I- waren in Freienwalde (nordöstlich von Berlin) drei Schüler mit der Klasse, die unter Leitung des Lehrers David einen Turnmarsch mach­ten. auf dem Eis eingebrochen und ertrunken. 3n der Ge­richtsverhandlung beantragte der Sta atsanwalt gegen David

ein Jahr Gefängnis wegen fahrlässiger Tötung. Das Ge­richt erkannte auf 600 Mark Geldstrafe, da der Grad des Verschuldens in Anbetracht der Umstände nur gering er­scheine.

Verschwundener Banderolenfälfcher. Als am 3. Mai die wegen der großen Banderolenfälschung Verhafteten vor den Untersuchungsrichter geführt werden sollten, entdeckte man, daß einer der Hauptschuldigen, Spang, aus dem Unter­suchungsgefängnis verschwunden war.

Einbruch ins Zollamt Grünberg. In der Nacht zum 3. Mai drangen Einbrecher in das Zollamt Grünberg in Schlesien ein und stahlen für etwa 180 000 Steuerban­derolen. Die Ermittlungen ergaben, daß es sich wahrschein­lich um zwei Berliner handelt.

Von Ratten angefresssn. In einem altem Haus in der Bachstraße in Paderborn wurde nachts einem zweijährigen Kind ein Ohr und eine Wange von Ratten angefressen, einem anderen sechsjährigen Kind ein Finger angenagt. Die Polizei hak in dem Hause eine große Säuberung angeordnet.

Erdbeben. In Johannesburg (Südafrika) wurde am 2. Mai ein 30 Sekunden andauerndes Erdbeben verspürt. Gleichzeitig trat in einem nahen Bergwerk ein Felssturz ein, durch den 2 eingeborene Arbeiter getötet und 20 verletzt wurden.

Dienenkunde und Volkskunde. Im Verein für Volks­kunde in Berlin berichtete kürzlich Prof. Dr. Armbruster über feine Forschungen über den Zusammenhang von Bienenzucht und Bolkskulturen. Die Bienenzucht, so führte er aus, ist so alt wie die Menschheit selber, verschieden sind nur die Techniken der einzelnen Völker. In den gesamten Mittelmeerländern, von den Südabhängen des Kaukasus bis nach Aegypten, Italien und Spanien verwendet der Bienenzüchter seit den ältesten Zeiten (man konnte es auf Bildwerken aus dem 5. Jahrtausend v. Ehr. Nachweisen) liegende Röhren als Bienenwohnungen, welche oft aus Holz, oft aus Ton, in Aegypten aus Nüsts-lamm hergestellt werden. In den slawischen Ländern also im gesamten europäischen Rußland, in Polen, der Tschechoslowakei, auf dem Balkan usw. ist die Waldbienenzucht vorherrschend. In Deutschland können wir die Grenze, bis zu welcher die Slawen oorge- drungen sind, nirgends so sicher Nachweisen, wie durch die Bienenzucht. Die Grenze deckt sich ungefähr mit der Elbe, läuft aber im Süden bis tief nach Bayern hinein. Der Slawe sucht sich für seine Bienen im Walde einen alten Stamm aus, in den er ungefähr in einer Höhe von 56 Zentimetern eine Höhlung hineinschlägt. Der eigentliche Bienenkorb ist eine typisch germanische Erfindung und wurde nur jenseits der Elbe angewandt. Wiederum anders sind die Bienenwohnungen in der Schweiz, bei welcher sich deutlich die germanischen, slawischen und mittelmeerlän­dischen Einflüsse unterscheiden lassen. Jedes Volk hält zäh an seiner alt überlieferten Technik fest, so daß heute noch in Aegypten und in Süditalien dieselben Bienenröhren be­nutzt werden wie vor vielen tausend Jahren; ähnlich >st es in Rußland, im Kaukasus und auch in der niedersächsischen Heimat der deutschen Bienenzucht.

Die unzerbrechliche Schiefertafel erfunden. Wie aus Neuhaus bei Sonneberg gemeldet wird, ist es dem Inhaber der Firma Peter Faber, Fritz Jacken, nach langen Mühen gelungen, eine wirklich unzerbrechliche Schreibtafel auf den Markt zu bringen. Zum Schreiben wird an Stelle eines Griffels ein besonderer Bleistift benutzt. Die neue Tafel, deren Fabrikation demnächst in großem Umfange aus­genommen werden soll, ist als Iafa-Tafel beim Reichspakenk- amt angemcldek.

Das arbeitsfähige Volk und seine Vermehrung. Das Völkerbundssekretariat veröffentlicht eine Denkschrift über die arbeitsfähige (d. h. von 15 bis 70 Jahren) Bevölkerung, wie sie in gewissen Ländern für die Zeit von 19311941 geschätzt werden kann. Die Zahlen gehen von der Volks­zählung der Jahre 1910 und 1920 aus. Der Verfasser, Professor Bowley, kommt nach der Kölnischen Zeitung u. a. u folgenden Schätzungen über die Vermehrung der arbeits- ähigen Bevölkerung in der Zeitspanne von 19101941, also 30 Jahre: Für Deutschland würde sich dis Bevölkerung, die auf dem heutigen deutschen Gebiet lebt, von 19101941 um 34 v. H. vermehren, also um ein Drittel. Die Erhöhung betrüge aber nur 15 v. H., wenn man das Deutschland des Jabres 1910 mit dem heutigen Deutschland, für das Jahr 1941 geschätzt, vergleicht. In den Vereinigten Staaten ist eine Erhöhung von 50 v. H., in Australien um 60 v, H., in Schweden um 36 v. H-, in Italien um 28 v. H., in England um 26 v. H., in der Schweiz um 26 v. H-, in Belgien um 18 v. H. zu erwarten, während die arbeitsfähige Bevöl­kerung sich in Frankreich verringern wird. Der Verfasser bemerkt, daß, was England betrifft, seine Zahlen zu hoch, was Amerika und Australien anbelangt, zu niedrig ge­griffen sind, weil weder die Auswanderung noch dis Ein­wanderung noch andere Faktoren berücksichtigt werden konnten.

ep. Eine Eingabe zu den FastnachkslustbarkeUeN. Eine Reihe großer evangelischer und katholischer Verbände, da­runter Evang. Volksbund und Kakh. Volksverein, haben an Landtag und Regierung eine Eingabe bekr. Einschränkung der Fasknachkslustbarkeiken gerichtet. Im Blick auf die sitt­liche, soziale und wirtschaftliche Wohlfahrt unseres Volkes bitten sie dringend, den Auswüchsen der Fastnachkslustbar- keiten mit Entschlossenheit entgegenzuwirken, insbesondere die Zeit der Karnevalsvergnügungen auf allerhöchstens drei Wochen vor Aschermittwoch zu begrenzen, Verlängerung der Polizeistunde für dieselben in engeren Grenzen als bisher zu gewähren und die Beteiligung von Jugendlichen unter 18 Jahren an Maskenbällen, Kostümfesten und Kappenabenden zu verbieten.

Die deutsche Frau und die Mode. Auf dem Gebiet der Mode geschehen Zeichen und Wunder: die deutsche Frau wehrt sich gegen ausländische Tyrannei für ihr Eigenrechk. Darüber schreibt dasDaheim" (Nr. 24):Je stärker sich die Mode im Gegenwarksleben bemerkbar macht, je auf­dringlicher sie sich vordrängt, desto mehr erstarkt im stillen eine Bewegung, getragen von einer Anzahl Frauen, die be­wußt gegen dieMassenpsychose" Front machen. Diese Frauen wollen sich weder mit der Konfektion, noch mit neuestenPariser Modellen" kleiden, ihr Bestreben geht vielmehr dahin, etwas von ihrer Eigenart, ihrer Persönlich­keit auf die Kleidung zu übertragen, ohne daß sie deshalb gleich im Reformkittel oder in Mandervogelkrachk herum­laufen wollen. Das Echte und Gediegene aber soll sich durch­setzen! Angestrebk werden klare, gesunde Formen in Ver­bindung mit gediegener Haltbarkeit. Handgewebte Kleider wetteifern darin mit solchen aus Stoffen, die von Künstler­hand bedruckt wurden. Diese Stoffe gestatten der Trägerin ihr Kleid in Farbe und Muster genau mit ihrer Gestalt, ihrem Teint, ihrer Haarfarbe in Linklang zu bri nge n. Jede

Form findet sich hier für jedes Geftchk' fsdö Figur, MV doch steckt die starke Einheitlichkeit eines künstlerischen Stils dahinter, die jedes Kleid nicht nur fern abrückt von Mode und Maskerade, sondern es auch zu einem harmo­nischen Form- und Farbengebilde an sich macht."

Essener Läckeceifach-Ausstellung. Die Vorbereitungen für die große Deutsche Väckereifach-Ausstellung, die im Juli d. I. in Essen stattfinden wird, sind in raschem Fortgang be­griffen. Die Zahl' der Stände ist belegt, aber täglich laufen noch zahlreiche Anmeldunegn aus aller Welt ein. Die Er­wartungen sind jedenfalls bezüglich der Anmeldungen schon heute übertroffen. Ein ganz besonderes Interesse zeigt sich für die maschinelle Einrichtung der Bäckereien einschließlich der Backöfen, aber darüber hinaus werden auch Rohstoffe und Fertigerzeugnisse im größten Amfang zu sehen sein. Selbst aus Amerika werden zahlreiche Bäcker nach Essen kommen. Viel Interesse finden auch die wissenschaftliche und kulturhistorische Abteilung der Ausstellung. Die Ge­schäftsstelle befindet sich in Essen, Rorbertstraße 2.

Die Frau als Diplomatin. Was in Amerika den Frauen schon lange geboten wurde, nämlich sich zur diplomatischen Laufbahn auszubilden, das ist seit kurzem auch in Europa möglich. Die Konsularakademie in Wien, die auf das ehrwürdige Alter von 125 Jahren zurückblickt, hat den Damen ihre Pforten geöffnet und damit die Betätigung der Frauen in der Hohen Schule der Diplomatie gutgeheißen. Merkwürdigerweise aber hat noch keine einzige Wienerin von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht; von den fünf Frauen, die unter ihren männlichen Kollegen sich vorberei­ten, sind vier Slawinnen, nämlich zwei Russinnen, eine Po­lin, eine Tschechoslowakin und eine Engländerin. Diese Stu­dentinnen sind von außerordentlichem Fleiß; es ist ja auch keine Kleinigkeit, a ch t Sprachen zu beherrschen und den an­deren diplomatischen Forderungen der Akademie gerecht zu werden. Es scheint, daß diezünftige Diplomatin" sich all­mählich durchsetzen wird, ein Berus, der bisher noch sehr we­nig von den Frauen begehrt wurde, obgleich dem weiblichen Charakter doch seit alters her dieDiplomatie^ nachaesagt wird. Bis jetzt gab es außer der Russin Frau Kollantai nur noch zwei Damen, die dauernd im Gesandtschaftsdienst tätig waren, nämlich ein weiblicher Attache an der amerika­nischen Gesandtschaft in Bern und ein Vizekonsul für Nord­amerika in Amsterdam. Alle andern, die, mit irgendeiner Sondermission betraut, im Dienst auftauchten, verschwanden wieder von der Bildfläche. Gerade in diesem Beruf erscheint auch das Problem Ehe besonders verwickelt. Zwei Gesandte können sich unmöglich heiraten, ein Gesandter kann zwar sei­nen Legationssekretär zum Altar führen, aber dieser kann dann nicht Angestellter der Gesandtschaft bleiben. DerDi­plomatin" also scheint die Ehe wirklich versagt, und in keiner andern Lebenslage wird so unbarmherzig die Frage gestellt: Heirat ober Beruf? Vielleicht ist aus diesem Grund der Wunsch nach der Gesandtenlaufbahn noch so wenig rege-

Ein Opfer des wissenschaftlichen Berufs. Der bedeutende Bakterienforscher an der Berliner Universität Prof. Dr. Hans Kuczinski, war kürzlich an die polnisch-tschechische Grenze gerufen worden, um den dort herrschenden Fleck­typhus zu untersuchen. Er ist bei dieser Arbeit aber selbst von der Seuche befallen worden und liegt fast hoffnungslos darnieder.

Neu-Ulm tteibk bayerisch. Der gegenwärtige Oberbürger­meister von Ulm a. D., Dr. S ch w a m m b e r g e r, hat be­züglich der Entwicklung Ulms zur Großstadt weitreichende Pläne. Vor längerer Zeit war schon die eine starke halbe Stunde von Ulm liegende große Gemeinde Söflingen im Blautal eingemeindet worden. In letzter Zeit wurden auch die Gemeinden Grimmelfingen und Wiblingen, die je fast eineinhalb Stunden entfernt sind, eingemeindet. Der Ober­bürgermeister hat aber auch ein Auge auf Neu-Ulm auf dem rechten Donauufer geworfen und dieser Absicht kürzlich in einer Rede Ausdruck gegeben. Die Markung Neu-Ulm ge­hörte früher zu der alten Reichsstadt Ulm, deren Gebiet sich übrigens donauabwärts bis Leipheim erstreckte. Nun kam dieser Tage der bayerische Ministerpräsident Dr. Held nach Neu-Ulm und erklärte in einer Versammlung unter stürmi­schem Beifall, Neu-Ulm sei bayerisch und werde bayerisch bleiben. Bayern habe bis jetzt auch noch keine Absicht kund- gegeben, Alt-Ulm einzugemeinden. Man möge sich also auf württembergischer, d. h. ulmischer Seite keinen unerfüll­baren Hoffnungen und Erwartungen hingeben. Die Stadt Ulm verlor im Reichsdeputationsbefchluß von 1803 ihre Reichsfreiheit und wurde bayerisch und blieb es bis 14. Oktober 1809, wo es nach dem Wiener Frieden an Württemberg abgetreten wurde. Es besaß ehemals ein Ge­biet von 936 Geviertkilometer. Es wird indessen gut sein, wenn man auch in gewissen Kreisen in Ulm den Großstadt­ehrgeiz, der sich neuerdings in so vielen deutschen Städten bemerklich macht, etwas zügelt. Dem S t a ats interesse wird mit diesem Ehrgeiz meist wenig gedient.

Dis Sorgen Tschanglsslins. Wenn Tschangksolin, der Herr über Leben und Tod von 150 Millionen Menschen, nicht Äbenkeurerblut in den Adern hätte, würde er sich sicher nach der Zeit zurücksehnen, in der er noch als Mehgerlehrling in Mukden in der Mandschurei seinem Vater beim Schweine- fchlachken half. Denn er hak es wahrhaftig nicht leicht! Schwerer vielleicht noch als im Jahr 1895 während des chi­nesisch-japanischen Kriegs, in dem er fahnenflüchtig wurde und drei Monate lang von französischen Schwestern, denen er als Wasserträger diente, verborgen gehalten wurde, schwe­rer auch als in der Zeit, in der er als Führer von Räubern allerdings nur besonders reiche Leute ausplünderte. Als er während des russischen Kriegs 1905 im Dienste Japans An­griffe auf die russischen Nachschublinien unternahm, als er, von China in Gnaden wieder ausgenommen, ein Unternehmen in der Mongolei glänzend durchführke und danach eine Pro­vinz in der Mandschurei, später alle drei Ostprovinzen als Gouverneur erhielt, da mag er sogar recht zufrieden gewesen sein. Freilich hat er auch jetzt noch seinen tüchtigen Stabs­chef Jangjuting, seinen in der Provinz Honan erfolgreich kämpfenden Sohn, den jugendlichen Marschall, und feine zu­verlässige Leibgarde von 2000 Mann. Aber alles wankt. Sein Freund, der Marschall Tschangtschungtschang, der einen zwei­fachen Rekord unter den Generalen innehak, nämlich den der Körperlänge und den eines ständigen Feldlagers von 45 Freundinnen, läßt sich keine Befehle erteilen, und die mili­tärische Zusammenarbeit ist gestört. Die Bolschewiken, denen sein ganzer Haß gilt, unkerwühlen seine Stellung. Seine näch­sten Untergebenen sind unzuverlässig. Täglich gibt es Hin­richtungen. Vor Jahresfrist mußte er sogar seinen Arkillerie- chef, der von Rußland bestochen war, erschießen lasten. Seine Soldaten sind in ihrer Art tapfer, aber nur so lange, wie im Kampf keine Bomben verwendet werden. Da halte einer eine Front von der Länge der Chinesischen Mauer! Trotzdem zeigt Diktator Tschangksolin sich optimistisch. Ob er freilich nicht insgeheim einen neidischen Blick nach seinem europäschen Kollegen von der italienischen Fakultät wirft, mag füglich be­zweifelt werden.