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Nummer 306

Fernruf 178

Freitag drn 31. Dezember 1926

Fernruf 178

61. Jahrgang

Silvester

Wieder senkt sich der eiserne Vorhang im großen Welten- theater langsam und ehern herab. Und das Spiel vom Weltenjahr 1926 ist zu Ende...

Und nun?

Waren wir nicht alle Zuschauer und Schauspieler zu­gleich? Aber da wir noch zürnen wollen mit dem Regisseur da heben süß und befreiend, trennend und doch versöh­nend, die Glocken an.

Silvester 1926! Und das große Weltentheater wird wieder ein schlichtes Menschenherz mit kleinen Wünschen und hoffenden Freuden. Noch ist eisiger Winter und Schnee­flocken umtanzen wirbelnd und einlullend eine weiße Zu­kunft. Aber irgendwie wartet auch schon ein Frühlinz wieder und ein süßer Sommer verspricht neue Erfüllung. Und wie noch die gefurchte Stirn auf der Kontoseite des alten Jahres das Soll vom Haben abzieht, da hat längst eine gläubige Hoffnung den kleinen Ueberschuß grünumlaubt auf die neue, noch reine und rätselhafte Seite gebucht.

Silvester! So ist das Menschenherz letzten Endes eir Diny mit einem heiligen Egoismus, der da heißt: der Glaube an sich selbst! Wenn man nur die Kraft behält hierzu! Und aus der Kinderzeit trippelt ein vorlauter Spruch mit knospender Verheißung an: Du selbst bist ja deines Glücket Schmied! Und von allen vier Seiten bricht es auf einmal hell und weit in eine vertraute Heimat: Grün der Wald, weiß die Landstraße, blau der Himmel!

Wir können auch die Trompete blasen und schmettern weithin in das Land; dach schreiten wir lieber in Maientagen, wenn die Primeln blühen und die Drosseln schlagen, still sinnend an des Baches Rand.

Daß mußte schon Theodor Storm, und er war keiner von den Schlechtesten unter uns. Und mußte auch eine mehr als dreckige Zeit mitmachen. Und blieb doch jung - bis an sein schneeweißes Alter. Das machte, er hatte ein gutes Rezept erfunden. Besser, als alle Aerzte es je ver­schreiben können und nachhaltiger in der Wirkung, als alle Apotheker es je zusammenbrauen mögen:

Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,

Ich nahm es so im Wandern mit,

Auf daß es einst mir möge sagen,

Wie laut die Nachtigall geschlagen,

Wie grün der Wald, den ich durchschritt.

Und liegen wir immer noch im Kampf zwischen Bruder und Bruder Menschenherz, verzage nicht. Nach jedem Winter kam noch ein Sommer! Nur daß er nach aller Not und Pein immer noch glühender, immer noch heißer ersehnt werden wollte.

Was aber lebte ein Mensch noch länger auf Erden, hätte er den Glauben verloren! Und merk auf, der Glaube hat es auch auf dich abgesehen. Grad auf dich, weil du dich so sperrst und weil man dir schon auf zehn Schritte weit das Wort von den Lippen ablesen könnte:Glaubst du denn noch an einen neuen deutschen Frühling?"

Ja, und mit all den tausend Echos aus all den tausend aufrauschenden Wäldern unserer Heimat: Ja, glaub' an einen neuen deutschen Frühling!

Freilich, es geht nicht ohne böse Wetter ab in einem rich­tigen Sommer. Und Donner und Blitz mögen noch oft die deutsche Träumerseele wachrütteln. Es schadet wirklich nichts. Hernach wird doch die Ernte eingefahren. Ein schlechter Landmann, der nicht säen möchte, weil Hagel und Unwetter ihm Mühe und Preis schlimm vergelten könnten. Erst recht stellt er seinen Mann.

Silvester 1926! Da sind alle Fenster da drinnen in deinem Herzen weit offen. Nun gibt es nicht Sieg noch Niederlage mehr. Nur die große Neujahrssonne blickt, ein tief verschleierter Mond in die heißen Wünsche an das neu« Jahr, rührend und verheißend wie eine schöne Braut

Doch die Pause ist vorüber. Schon hebt das unerbitt­liche Klingelzeichen zum neuen Weltenakt an. Und stell und langsam steigt wieder der eiserne Vorhang. Lasset uns glauben an den alten Herrgott!

Die Wirren in Nikaragua

Kampf um die Vorherrschaft in Mittelamerika

-Schon seit einigen Monaten herrschen in Nikaragua politische. Wirrnisse. Die sogenannte Liberale Partei hatte einen Aufstand gegen die konservative Regierung begonnen Und machte ziemliche Fortschritte, obwohl sich die Vereinigten Staaten entschieden auf die Seite der anerkannten Regierung stellten. Schon bald wurde in Neüyork und Washington die Nachricht verbreitet, Mexiko unterstütze die Aufständischen mit Waffen und Munition, und tatsächlich wurde ein an­geblich mexikanischer Munitionsschmuggler von Kriegs­schiffen und Flugzeugen verfolgt. Immerhin erlangte die Konservative Partei durch die nachdrückliche Unterstützung der Amerikaner die Oberhand, und es wurde ein neuer konservativer Präsident. Adolfo Diaz. dort eingesetzt. Dieser

Tagesspiege!

Da für das Zustandekommen der Mimsterpräsidenkenwohl in Sachsen auch in dem auf 4. Januar anberaumten vierten Wahlgang kaum eine Wahrscheinlichkeit besieht, so ist mit der Wiederauflösung des neugewählken Landtags zu rechnen.

In Hamburg wurde vom Senat Dr. Vekersen zum ersten und Dr. Schramm zum zweiten Bürgermeister wieder­gewählt.

Aus Warschau wird gemeldet, Pilsudski beabsichtige, das Kabinett umzubilden und es auf eine breitere, nach links sich richtende Grundlage zu stellen.

Von den k in Kowno zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilten litauischen Kommunisten sind 4 erschossen worden.

Der Präsident von Albanien. Achmed Iogu, soll nach Belgrader Meldungen die Absichr haben, sich als König aus- zurufen. Ls sei ihm aber von London und Paris abgewinkk worden.

Der preußische Lehrerverein hat gegen den Dortmunder Schulstreik Stellung genommen. , ^ ^

Die griechische Regierung hat den gefangenen früheren Diktator General pangalos aus der Offiziersliste gestrichen.

Rach einer Reutermeldung hat Tschangtsolin, der seht in Peking die Regierungsgewalt an sich genommen hat, ver- fügt, daß die Zuschlagszölle, die seit einiger Zeit von der südchinesischen Regieruna erhoben werden, in allen Häfen Chinas eingeführt werden. Das Erträgnis dieser Zölle soll die Sicherheit für eine nordchinesische Auslandanleihe von 100 Millionen Dollar bilden.

Tschangtsolin wird die fremden Diplomaten am Reu­jahrstag im Kaiserpalast empfangen.

erklärte im letzten Monat ganz öffentlich im Kongreß von Nikaragua, daß Mexiko den Aufstand unterstütze, und der Staatssekretär Kellogg in Washington sprach sich in einer Unterredung dahin aus, daß die Vereinigten Staatendas mexikanische Gespenst in der Nähe des Panamakanals nicht dulden können". Nun erklärte der mexikanische Präsident Calles aber ebenso öffentlich, daß seine Regierung die Revolutionäre in Nikaragua niemals durch Waffensendungen unterstützt habe; die Amerikaner meinen jedoch, daß die Unterstützung wohl nicht amtlich erfolgte, daß aber jedenfalls mexikanische Waffen hineingeschmuggelt worden seien und daß mexikanische Agenten die nikaraguensischen Revolutio­näre unterstützten. Auffallenderweise hat Mexiko die revo­lutionäre Regierung des Gegenpräsrdenten Juan Sacasa als die einzig rechtmäßige in Nikaragua anerkannt, und zwar unter der Begründung, daß Mexiko unter Cha- morro seinen Gesandten aus Nikaragua zurückgezogen habe, um die Bedrückung des Volks von Nikaragua nicht gutzu- heißen, daß es aber nur auf die Gelegenheit gewartet habe, die überlieferten freundschaftlichen Beziehungen mit dem rechtmäßigen Vertreter des Volks von Nikaragua wieder aufzunehmen.

Di« Vereinigten Staaten landeten eine Abteilung Ma­rinesoldaten in Nikaragua, um, wie Staatssekretär Kellogg sagte, die Regierung eines Landes zu stützen, an dessenWohlergehen" Washington sehr interessiert sei. Zu gleicher Zeit hat die amerikanische Regierung der sogen. Oppositionsregierung von Nikaragua, dessen Haupt Gegen­präsident Sacasa ist, Mitteilen lassen, daß sie ihr nicht er- lauben würde, die Ausfuhrzölle auf Holz zu erheben. Sacasa befand sich im Besitz des Hafens Puerto Cabezas und ver­suchte wohl, sich durch diese Zölle Geld zu erschaffen. In­zwischen hat der amerikanische Admiral La tim er den Hafen Puerto Cabezas und die ganze Ostküste Nikaraguas als neutrale Zone erklärt. Unterstützung finden die Auf­ständischen von Nikaragua auch in Teilen von Guatemala, Salvador und Kostarika, die sich hauptsächlich in hochtraben­den Reden ergeht. Die Revolution richtete sich in Nikaragua eigentlich gegen den früheren Präsidenten Chamorro, der wohl nicht zu halten war und deshalb durch Adolfo Diaz ersetzt wurde, von dem man weiß, daß er ein un­bedingter Anhänger der Amerikaner ist. Cs dürfte wohl nicht daran zu zweifeln sein, daß die Vereinigten Staaten eine weitere Ausbreitung der Revolution in Nikaragua und so nahe an ihrem Panamakanal nicht dulden, und daß sie nötigenfalls auch nicht vor Gewalt zurückschrecken werden. Allerdings ist Senator Borah stets dafür ein­getreten, daß sich die Vereinigten Staaten nicht in die inneren Angelegenheiten Mittelamerikas mischen sollten, und da er mit den Progressiven nunmehr nach den neuen Wahlen den Ausschlag gibt, so wird man auf seine Meinung hören müssen. Anderseits verkennt aber auch Borah die Wichtigkeit der Ruhe in Nikaragua für die Sicherheit des Panamakanals nicht und wird sich wohl in dieser Frage auf die Seite der Negierung stellen. Ja, man kann Voraus­sagen, wenn es zu einer Herrschaft der Demokraten in den Vereinigten Staaten kommen sollte, so würde auch das nichts an der Politik gegenüber Nikaragua und Mexiko ändern, da hier Interessen auf dem Spiel stehen, die für die Ameri­kaner die größte politische Bedeutung haben.

Der Bürgerkrieg in Nikaragua scheint bereits mehr werden zu wollen, als die Fortsetzung des seit Jahren an- dauernden innerpolitischen Präsidentenkampfes. Es hat den Anschein, als ob er sich zum Ausgangspunkt eines Kampfes zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko um die Vor­machtstellung in Mittelamerika auswachsen wolle. Der Erfola ist in Nikaragua auf der Seite der Auf­ständischen. In der Nähe von Pearl Lagoon wurden die Regierungstruppen in einem viertägigen erbitterten Kampf vollständig geschlagen. Die Niederlage wird zugleich als ein schwerer Schlag für die Vereinigten Staaten emp­funden, die Diaz unterstützen. Staatssekretär Kellogg in Washington hat sich auf den Sieg der Aufständischen hin beeilt, die amtliche Erklärung abzugeben, daß die Re­gierung der Vereinigten Staaten in den Kämpfen der beiden Gegner sich einer streng neutralen Haltung befleißigen werde. Das ist wohl nicht wörtlich zu nehmen. Die Landung amerikanischer Truppen und die Erklärung der nikaraguanischen Ostküste alsneutrales Gebiet" durch Admiral Latimer, der dies sicherlich nicht ohne Auftrag der Regierung in Washington getan hat, sind mit einerstreng neutralen" Haltung unter allen Umständen unvereinbar.

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Washington. 30. Dez. Präsident Coolidge hatte mit Staatssekretär Kellogg und Marinesekretär Wilbur eine Besprechung über die Lage in Mittelamerika.

Die mexikanische ZeitungUniversal" veröffentlicht einen scharfen Artikel gegen die gewaltsame Einmischung der Ver­einigten Staaten in Nikaragua, die ganz Lateinämerika empöre. Dies sei ein neuer Beweis für den angrisfslustigen schonungslosen Herrschastsmillen der Vereinigten Staaten unter der Maske der Menroedoktrin.

Neue Nachrichten

Zur Regierungskrise

Berlin, 30. Dez. ImLokalanzeiger" macht Herr von Löbell den Vorschlag, ein Kabinettder Rechtenzu bilden, dem alle Parteien bis zur Bayerischen Volkspartei angehören würden und das vom Zentrum zu unterstützen wäre, wie dieses seinerzeit das Kabinett Luther unterstützt hatte. DieGermania" erklärt hierauf, die Unterstützung eines Rechtskabinetts durch das Zentrum könne auf keinen Fall in Frage kommen.

Die Vertreter der Deutschen Volkspartei in Nordwest­hafen sprachen in einer Entschließung dem Fraktionsführer Abg. Dr. Scholz die volle Zustimmung zu seiner Znster- burger Rede und seiner Stellungnahme in der Regierungs­krise aus. Für die Deutsche Volkspartei sei die große Koa­lition vollständig ausgeschlossen.

Die Erwerbslosigkeit in der ersten Dezemberhälste '

Berlin, 30. Dez. In der Zelt vom 1. bis 15. Dezember 1926 ist die Gesamtzahl der Hauptunterstützungsempfänger von 1369 000 auf 1464 000 gestiegen. Die Gefamtzunahme beträgt rund 95 000 oder 6,9 Prozent. Die Zahl der Zu­schlagsempfänger (Familienangehörige) hat sich von 1465000 auf 1692 000 vermehrt. ^

Beschlagnahmte Zeitschrift

Berlin» 30. Dez. In der letzten Nummer der Wochen­schriftFridericus" war behauptet worden, daß während der Kriegszeit Scheidemann zusammen mit Justizrat Werthauer und einem gewissen Mülhaus eiy von dem verstorbenen Abgeordneten und Spekulanten Pdrvus- Helphand finanziertes Geschäft gemacht habe, bei "1>em Waffen nach den östlichen Randstaaten verschoben worden seien. Bei diesem Geschäft habe Scheidemann 90 000, Wert­hauer 30 000 und andere nicht genannte Abgeordnete de« Kriegsreichstages 8000 Mark verdient. Das Landgericht hat nunmehr auf Antrag des Abgeordneten Scheidemann und Justizrat Werthauer entschieden, .daß die noch vorhandenen Nummern desFridericus" einzuziehen seien. «>

Das österreichische Post-Sparkassengeseh Wien. 30. Dez. Der Nationalrat hat das Gesetz, das die Postsparkassen auf eine neue Grundlage stellt, angenom. men. Die Postsparkasse hat durch die Finanzmachenschaften Bösels vor einiger Zeit 110 Millionen Schilling (66 Mill. Mark) verloren. Dieser Verlust wäre zu vermeiden gewesen wenn die Beaufsichtigungs- und sonstigen Bestimmungen der Postsparkasse strengere gewesen wären. Diesen Mangel versucht nun das neue Gesetz auszugleichen.

London, 30. Dez. In Regierungskreisen wird es besow ders bemerkt, daß mit Japan auch Frankreich die Vor schlage der englischen Denkschrift über die Verständigung mi China abgelehnt hat. Man erinnert sich, daß Poincar > wiederholt versucht hat, nach Auflösung des britisch-japani scheu Bündnisses (infolge der Abmachungen Englands mi den Vereinigten Staaten) ein französisch-japanisches Einver­nehmen Herbeizufuhren. Man weist darauf hin, daß na«t dem englischen Vorschlag die Hauptzölle in China de, sremden Machten verbleiben und daß China nvr Z,x