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NAMMsr 269

Fernruf 179

Mittwoch, den 17. November 1926

Fernruf 179

61. Jahrgang

Der deuLsch-?chweiZerische Hcmdels- ^ vertrag

Schwere Schädigung der deukschen Landwiclfchafk und Industrie

Der am 14. Juli d. I. in Bern Unterzeichnete deuöfch- schweizerische Handelsvertrag, der soeben die Zustimmung der Mehrheit des Reichstags gesunden hat, ist ein Schulbei­spiel für die Art und Weise, wie die neuen Handelsverträge des Reichs Zustandekommen.

Bis zum Jahr 1921 galten für den deutsch-schweizerischen Handelsverkehr die Zollsätze des Handels- und Zollvertrags vom 10. Dezember 1891 und des Zusatzvertrags dazu vom 12. November 1904. Dann verzichteten beide Länder gegen­seitig auf die bisherigen Zollzugeständnisse, um freie Hand für die Anpassung ihrer Tarife an die wirtschaftlichen Ver­hältnisse der Nachkriegszeit zu gewinnen. Die Schweiz ging sogleich ans Werk und nahm in ihrem noch jetzt gültigen Gebrauchslarif vom 8. Juni 1921 eine große Reihe von Zoll- erhöhur. gen vor, wozu noch zahlreiche Einfuhrbeschrän­kungen gegen Deutschland traten, die fürandere Län­der nicht im gleichen Ilmsang galten. Wenn unsere Ausfuhr nach der Schweiz trotzdem zunächst nicht allzu schwer ge­troffen wurde, so war das lediglich der zunehmenden deutschen Inflation zuzuschreiben. Als dieser die Stabilisierung un­serer Währung folgte, wurden die Verhältnisse für Deutsch­land schlechterdings unerträglich. Zwar gelang es, die Einfuhrverbote im Jahr 1923 im Weg der Vereinbarung aus der Welt zu schaffen, auch wurden die deutschen Zölle auf schweizerische Seide und Schokolade erhöht, doch erfuhr un­sere Stellung gegenüber der Schweiz eine nennenswerte Stärkung erst durch die am 1. Oktober 1925 in Kraft ge­tretene deutsche Zolltarisnovelle, derc.. Zollsätze zwar fast durchweg viel zu niedrig sind, indessen wenigstens genügten, um die Schweiz dem Abschluß eines neuen Zollverkrags ge­neigt zu machen. Die Schweiz hakte sich unterdessen aber ihrerseits für die zu führenden Verhandlungen bereits eine weit wirksamere Waffe zu schassen gewußt. Am 9. Januar 1925 wurde den eidgenössischen Räten der Entwurf eines neuen Generalzolltarifs vorgelegt, und da seine parlamentarische Erledigung längere Zeit zu beanspruchen schien, ließ die Schweizer Regierung sogleich einen vorläufi­gen Generalzolltarif ausarbeiten, der lediglich dazu bestimmt war, als Grundlage für Handelsverkragsverhandlungen zu dienen, und der auch tatsächlich bereits den Verhandlungen mit Deutschland, die am 6. November 1925 zum Abschluß eines vorläufigen Zolff ! Kommens führten, zugrunde gelegt woroen ist. Dieser am 5. November 1925 veröffentlichte Schweizer Verhandlung-mis erhöhte abermals etwa «in Fünftel der Zollsätze des Gebrauchskarifs und bil-ete gegen die deutschen Unterhändler das Druckmittel, um sie den schweizerischen Wünschen gefügig zu machen. Gaben sie nicht nach, so wurde mit der Inkraftsetzung des neuen Tarifs gedroht.

Die Schuld dafür, daß unter solchen Umständen das Gesamtergebnis, absolut betrachtet, für die deutschen Inter­essen verheerend sein mußte, krifst in der Tat in erster Linie nicht die Unterhändler, sondern die Regierung und den Reichstag. Wenn man bedenkt, daß die Zollsätze des Schweizer Verhandlungskarifs ourchschnittlich etwa drei» bis viermal so hoch sind, wie die unseres augenblick­lichen Zolltarifs, so kann man sich kaum wundern, wenn nicht mehr erreicht worden ist. Wie anders hätten wir bei diesen oder anderen Handelsvertragsverhandlungen dagestan­den, wenn man bei Gestaltung unseres vorläufigen Zolltarifs genügend hohe Zollsätze beschlossen hätte. Selbst die An­hänger der Niederlegung internationaler Zollschranken sollten doch allmählich einsehen, daß ein einseitiges deutsches Vorgehen nach dieser Richtung nur zur weiteren Verelendung des deutschen Volks führen kann, und daß hohe autonome Zollsätze die Waffe zum Schutz der Volkswirtschaft Larstellen.

Der Hauptleidtragende bei dem neuen Handels­vertrag ist natürlich wieder die deutsche Landwirtschaft, und zwar insbesondere die südwe st deutsche Klein­landwirtschaft. Durch die Herabsetzung des deukschen Einfuhrzolls auf Tafelobst von 12 auf 7 MK. für den Doppelzentner tritt die Schweiz in gleiche Linie mit Belgien und Italien. Wenn man bedenkt, daß selbst aus Ungarn und Bulgarien heute schon in steigendem Maß Tafelobst nach Deutschland eingeführt wird, so versteht man, daß der deutsche Ob st bauimmerwe nigerlohnend wird, während sich für eine kluge deutsche Wirtschaftspolitik gerade auf die­sem Gebiet sehr erhebliche Enkwicklungsmöglichkeiken bieten würdem Die Kalamität wird dadurch noch viel größer, daß entgegen den bei der Verabschiedung der d-ukschen Zolltarif­novelle gegebenen Zusagen sowohl in den gegenwärtigen Ver­trag wie in den mit Italien eine Klausel ausgenommen wor­den ist, wonach das fermde Tafelobst, wenn eslose geschüttet in Fahrzeugen eingeht", zu dem für Mostobst festgesetzten Zollsatz von 2 Mk. eingeführk werden kann. Da die Eisen­bahnwagen durch senkrechte Wände abgeteilt und reichlich Stroh. Papier und ähnliche Verpackungsmjttel verwendet

Tagesspiegel

Der belgische Ainanzminister Francqui ist zurückge- kreien.

In 19 Bezirken Englands haben sich die Bergarbeiter mit großer Mehrheit für die Annahme der Regierungsvor- schtägs ausgesprochen.

Der Generalsekretär des Völkerbunds, Drummond» ist in London eingerrossen, um mit Chamberlain einige heikte Punkte der Tagesordnung für die nächste Tagung des Völkerbundsrats (Investigation, Zurückziehung der franz. Saargarnisonen u. a.) zu besprechen.

Die ungarische Nationalversammlung ist am 16. Nov. aufgelöst worden. Da die Nationalversammlung das Zwei­kammersystem wieder eingeführt hak, werden beide Häuser des neuen Reichstags auf 25. Ianuac nach Budapest einberusea.

Mussolini hak die Präsidenten aller italienischen Provin­zen nach Rom berufen, um mit ihnen die innere Lage zu beraten.

werden dürfen, ist, wie die Erfahrung lehrt, der unversehrte Transport von Tafelobst ans diesem Weg vollständig gesichert.

Auch die Herabsetzung unseres Einfuhrzolls für Schwei­zer Hark- und Kräuterkäse von 22 auf 20 Mk. be­deutet für die deutsche Käseproduktion, insbesondere die des Allgäus, einen harten Schlag. Aehnliches gilt für konden­sierte Milch und Milch in Blöcken, da die deutsche Milch- produkkion sowieso kaum noch die Produktionskosten deckt.

Man sollte nun hoffen, daß wenigstens unsere In­dustrie mit dem neuen Vertrag einigermaßen zufrieden sein könnte. Aber auch das ist leider keineswegs allgemein der Fall. Die Stickereiindusirie wird durch die Herabsetzung des Einfuhrzolls auf baumwollene Stickereien von 1600 auf 550 Mk. ans das schwerste betroffen. Dabei handelt es sich keineswegs nur um die Voigtländische, son­dern auch um die Barmer Industrie, sowie um die Textil­industrien Südbadens, Württembergs, Bayerns, Schlesiens, und ferner um die in Berlin und anderen Orten zentralisierte Heimarbeit. In den Zollschuh unserer Textil­industrie wird durch den Vertrag eine schwere Bresche ge­legt, da die Zollsenkungen bis zu 80 Prozent gehen. Auch unsere Ähren- und Schokoladen-Industrie wird durch Zoll- Herabsetzungen bis zu 50 Prozent geschädigt.

Handelte es sich allein um die Schweiz, so könnte viel­leicht manches noch allenfalls erträglich scheinen, doch muß man sich immer vergegenwärtigen, daß diese neuen deutschen Zugeständnisse auf dem Wege der Meistbegünstigung auch allenan deren Ländern, mit denen entsprechende Verträge bestehen, zugute kommen, und daß unsere handels­politische Gesamklage dadurch wesentlich verschlechtert wird.

Deutschland und der Jnvestigationsplan

Auf der Tagung des Völkerbundsrats vom September

1924 wurde der bekannteJnvestigationsplan" d. h. die militärische und industrielle Nachforschung oder Ausschnüffelung durch den Völkerbundsrat gegen Deutsch­land, Oesterreich, Ungarn und Bulgarien auf Grund des Artikels 213 des Versailler Vertrags beschlossen für den Fall, daß die seitherige Nachforschung seitens der Militür- überwachungskommission beendet würde. Diese Nach­forschungen sollten von Fall zu Fall stattt'mden. Der Jnvestigationsplan" stellt aber ein völliges Nachfor­sch u n g s s y st e m dar, das in keiner Weise mit dem Ar­tikel 213 zu vereinbaren ist. Der Plan wurde auf den Tagungen vom Dezember 1924 in Rom und vom März

1925 in Genf auf französisches Betreiben noch verschärft und zu einer dauernden Ueberwachung umgewandelt. Den betreffenden Ländern wurde eröffnet, daß sie durchdie ver­schiedenen Verträge" verpflichtet seien, sich jeder In­vestigation zu unterwerfen. Frankreich verlangte über­dies die Einsetzung fester Ueberwachungskommissionen im besetzten Gebiet, wogegen jedoch England und Schweden Einspruch erhoben.

Wie die Reichsregierung sich zu diesen Plänen und Be­schlüssen damals gestellt hat, darüber ist nichts bekannt ge­worden, man weiß nur, daß in Locarno, Genf und Thoiry darüber vertraulich gesprochen wurde. Dagegen ist vor dem Eintritt in den Völkerbund von deutscher Seite angedeutct worden, daß die Jnvestigationsangelegenheit für Deutsch­land noch nicht einseitig erledigt sei, sondern daß nach deutscher Auffassung Artikel 213 nur eineInvestigation" vonFallzuFall, d. h. wenn ein deutscher Verstoß gegen die Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags vmliege, zulässig ist und durchaus keine dauernde Nachforschung, und daß ferner die Investigation sich nicht vertragswidrig auf das entmilitarisierte Rheinland be­ziehe und dort also auch keine ständigen Nachforschungs­kommissionen eingesetzt werden.dürfen. Es ist zu be daue rn.

vatz von der Neichsregierung diese Frage, die Deutschland noch sehr viel zu schaffen machen kann, nicht vor dem Ein­tritt in den Völkerbund endgültig geregelt worden ist. Jedenfalls muß an einem geeigneten Zeitpunkt eine Aus­sprache erfolgen. Der Völkerbundsrat wird in seiner Tagung im Dezember d. I. die Vorsitzenden der ständigen Jnvestigationsausschüsse für Deutschland ist es der fran­zösische General Desticker, der Vertrauensmann des Marschalls Fach neu zu wählen oder zu bestätigen haben. Kann aber Deutschland für einen französischen General stim­men, oder ohne Einspruch eine Beratung hierüber im Völkerbundsrat vor sich gehen lassen? Kann Deutschland durch die Beteiligung an dieser Beratung den Jnvestigations­plan stillschweigend billigen? Es liegt auf der Hand, daß in einem Völkerbundsrat, dem Deutschland angehört, eine der­artige mit dem gesamten Jnvestigationsplan eng verknüpfte Frage wie der Ernennung der Vorsitzenden der Jnvesti­gationsausschüsse, nicht erörtert werden kann, ohne daß gleichzeitig die ganze Frage grundsätzlich zur Sprache kommt und endlich die so lang hinausgeschobene Ausein­andersetzung vorgenommen wird.

Es wurde gemeldet, das Gerücht, daß Dr. Stress» mann an der Tagung des Völkerbundsrats im Dezember in Genf nicht teilnehmen wolle, sondern sich durch Staats­rat v. Schubert vertreten lassen wolle, hat bei der fran­zösischen Regierung Unwillen erregt. Von Berlin wurde dann halbamtlich mitgeteilt, Stresemann werde nach Genf reisen, wenn auch Briand und Chamberlain sich einfinden. Nach einer Meldung aus London wird Chamberlain in Genf sein.

eue Nachrichten

Finanzminister Hohler geZxn den Einheitsstaat Karlsruhe. 16. Nov. Im landständischen Ausschuß er­klärte Finanzminister Dr. K ö h l e r die Finanzlage Badens als sehr ernst. Bezüglich des Finanzausgleichs müsse unbedingt Klarheit über die Verteilung der Zuständigkeiten und Aufgaben des Reichs und der Länder und Gemeinden geschaffen werden. Ebenso müsse Klarheit bestehen in staatspolitischer Beziehung, ob Einheitsstaat oder Bundesstaat. Süddeutschland werde streng darüber wachen, daß die in der Weimarer Verfassung den Ländern gewährleisteten Rechte auch geachtet werden.

Was bleibt noch vom beschlagnahmten deutschen Eigentum?

Washington, 16. Nov. Im Bewilligungsausschuß des Abgeordnetenhauses forderte der Unterstaatssekretär im Schatzamt, Winston, der Kongreß solle einen Plan für die Rückgabe des beschlagnahmten deutschen Eigentums aus­arbeiten. Die Frage könne in folgender Weise gelöst wer­den: Die zur Regelung der deutschen Ansprüche auf Ent­schädigung für die Schiffe, Funkstationen und Patente er­forderliche Summe von 100 Millionen Dollar wird den In­habern amerikanischer Forderungen ausgehändigt. 30 Mil­lionen wird Deutschland im Jahr 1926 für die Besatzungs­kosten zahlen, 12 Millionen Dollar werden im Verlauf des Jahrs auf Entschädigungsrechnung gezahlt und 26 Millio­nen Dollar sind in den Grundstock des beschlagnahmten Ver­mögens an Zinsen gesammelt worden. Von den amerikani­schen Forderungen, deren Höhe den Gesamtbetrag von 190 Millionen Dollar erreicht, würden also nur noch 22 Millio­nen Dollar übrig bleiben, die im Jahr 1927 auf Entschädi- gungsrechnung gemäß dem Dawesplan gesetzt werden könnten. ,

Weitere Steuerermäßigungen in Amerika

Neuyork, 16. Nov. Schatzsekretär Mellon erklärte, daß den Steuerzahlern bei der nächstjährigen Cinkommensteuer- zahlung mindestens 15 v. H. statt der bisher vorgesehenen 12,5 v. H. des Betrags angerechnet werden sollen, den sie im letzten Jahr gezahlt haben, da der Budgetüberschuß vor­aussichtlich über 300 Millionen Dollar betragen werde.

Aufstand auf Java

Batavia, 16. Nov. Durch kommunistische Aufwiegler, darunter viele Chinesen, ist auf der holländischen Insel Java ein Aufstand der Eingeborenen veranlaßt worden, der besonders in den Provinzen West-Bantam und Tangerang gefährliche Ausdehnung annahm. Verschiedene Polizeitrup. pen, ein Vezirksoffizier mit seiner Familie und sonstige Per­sönlichkeiten, darunter einige Europäer, sind nisdergemetzelt worden. In Batavia kam es zu Straßenkämpfen, bei denen viele Aufständische getötet oder verwundet wurden. Die Aufständischen haben Eisenbahnlinien zerstört. Ein hollän­disches Schiff, das mit Waffen belgischer Herkunft für die Aufständischen beladen war, wurde beschlagnahmt. Ur­sprünglich schien es sich um eine Feindseligkeit der ansässigen Chinesen gegen die Weißen zu handeln, der Aufruhr wird aber iekt unter'dem SchtaowortAll-Asien gegenüie Euro-