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Nsrnrner 48 Fernruf 17g
Politische Wochenschau
„An dem Tage, wo Polen einen ständigen Sitz !m Völker bundsrat erhält, würden Millionen Deutsche sich der Warnung Tschitscherins erinnern. Es würde in der Tat der Tag seines Triumphes und das Ende von Locarno sein."
So der englische „Spei tato r". Pole», der ständige Störenfried Europas, würde dem so viel genannten „Geist von Locarno", wenn er überhaupt existiert hat— was bekanntlich von vielen kritisch veranlagten Leuten bezweifelt wird das Lebenslicht vollends ausblasen. Darum glauben auch die „T i nt e s" „mit Bestimmtheit erklären" zu können, daß Polen im März keinerlei Aussicht habe, gleichzeitig mit Deutschland einen ständigen Ratssitz zu erhalten.
Im März! Mag stimmen. Denn England scheint es verhindern zu wollen, daß wenigstens der Märztagung des Völkerbundsrats die Frage der Vermehrung der Ratssitze und im besonderen die Kandidatur Polens zur Verhandlung gestellt werde. Aber aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Im Juli ist wieder eine Tagung, im September eine weitere- Warum soll man nicht einige Monate warten können? Frankreich wird alles daran setzen, um seinem polnischen Schutzbefohlenen und „gehorsamen Diener" im hohen Rat zu Genf einen ständigen Sitz zu verschaffen.
Hiezu hat Briand außer der Busenfreundschaft mit Chamberlai n noch ein anderes Druckmittel: die Mossulfrage. Noch kennt man nicht den Wortlaut des französisch-türkischen Vertrags, den Jöuvenel mit Rüschdi Bey geschlossen hat. Aber soviel steht fest- daß England keine besondere Freude an dieser Abmachung hat, namentlich an der angeblichen Vertragsbestimmung, wonach die Türken die B a g d a d b a h n, soweit sie durch das französischsyrische Mandatsgebiet führt, zu militärischen Transporten benützen dürfen, ein Zugeständnis, das für England in einem Kriegsfall recht unbequem werden könnte.
Uns Deutschen könnte diese Sache gleichgültig sein. Die Bagdadbahn wurde freilich seinerzeit von deutschen Ingenieuren und deutschem Geld, wenigstens in Ihren schwierigsten Partien (man denke an den 11 Kilometer langen Haupttunnel) gebaut — das größte deutsche Kulturwerk! — Doch jetzt geht sie uns gar nichts mehr an. Aber Briand will mit der Drohung einer französisch-türkischen Freundschaft England zur Nachgiebigkeit in der Ratssitz- frrge nötigen.
Also wieder ein Beispiel für die Wahrheit, daß Politik nicht bloß die Kunst des „Möglichen", sondern auch die „Kunst des Kuhhandels" ist. Ja, es wird angedeutet, ob nicht Deutschland den Polensitz zugestehen wolle- wenn dafür Frankreich die Rheinlandbesetzung aufgibt. Als ob die beiden Fragen irgend etwas miteinander zu schaffen hätten! Nein, aber — und das kann man nicht oft und nicht laut genug in die Welt Hinausrufen — Locarno und Rheinlandbesetzung passen nicht zusammen. Ist Locarno eine ernste Tatsache und kein Trugspiel, dann muß das Rheinland so schnell als möglich geräumt werden. Der Befreiung der ersten Zone muß, wie dies auch bei den jüngsten Studentenfestlichkeiten in Köln und Bonn zum beredten Ausdruck kam, die der zweiten und dritten folgen. Mit Recht sagte Dr. Stresemann in Köln: „Wenn der Geist von Locarno Sinnbild künftiger europäischer Politik ist, dann muß seine weithin sichtbare letzte Auswirkung die schließliche Zurückziehung der Truppen aus dem besetzten Rheinland sei n."
Also am 8. März kommt die Bundesversammlung in Genf zusammen und an demselben Tag soll auch die 39. Tagung des Völkerbundsrats beginnen. Letzterer beschäftigt sich außer der Frage der Aufnahme Deutschlands in den Rat — was uns bereits aufs Bestimmteste zugesagt worden ist — mit allerlei wichtigen Fragen. Hierher gehört die Bestellung eines neuen Vorsitzenden der Saarreg ie- rung- Der bisherige Inhaber dieses mißerordentlich wichtigen und einflußreichen Amtes war seit Versailles Jahr ür Jahr der Franzose Ra ult, der aber durch seine ein- eitige Einstellung sich so gründlich unmöglich machte, daß der Rat, unter Zustimmung Frankreichs, von seiner Wiederwahl absehen will. Wer für ihn? Der französische Botschafter Daeschner in Washington oder der Tscheche Vezersky? Letzterer soll noch französischer sein als Rault! Jedenfalls wollen ihn die Saarländer nicht.
Natürlich wird auch beraten werden, ob man die Abrüstungskonferenz- deren vorbereitende Vorkonferenz schon am 12. Februar hätte stattfinden sollen, noch weiter hinausschieben könne. Frankreich hat ja, wie wir bereits in der letzten Wochenschau berichteten, kein Interesse an der Beschleunigung dieser Angelegenheit. Italien ist's sehr wohl „im Schatten seiner Schwerter". England beharrt nach wie vor auf der Forderung, die stärkste Flotte der Welt zu haben. Also, von einem Geist der Abrüstung oder des Pazifismus nichts zu spüren.
Jedenfalls nichts in Mussolinis Brandreden. Es beginnt nach und nach ruhiger zu werden, was wohl niemand lieber sein mag als ihm selber, auch wenn er es nicht
Samstag, den 27, Februar 1926
Tagesjpiegel
Reichsarbeiisminister De. Brauns wird voraussichklich an der Londoner Konferenz für internationale Regelung der Arbeitszeit ain 15. März teilnehmen.
Der kommunistische Reichstagsabgeordneke Urbahn. der mit falschem Paß nach Rußland reiste und an der Grenze verhaftet wurde, ist wieder aus freien Fuß gesetzt worden.
Die deutsche Fraktion des polnischen Landtags forderte in einer scharfen Entschließung Schutz der deutschen Bevölkerung in Oberschlesien gegen die polnischen Gewalttaten.
Der südslawische Außenminister Rintschitsch hakte zwei lange Unterredungen mit Mussolini in Rom. Rach der Agenzla Skefani soll von beiden Seiten, besonders im Hin- blick aus die Locarnoverträge, die Nützlichkeit des Zusammenwirkens beider Länder betont worden sein- wie es in dem vor zwei Jahren geschlossenen Freundschaftsvertrag vor- gesehen sei.
Der griechische Diktator Pangalos will zu einer Besprechung mit Mussolini nach Rom kommen.
Die nächste britische Reichskonferenz findet im Oktober d. I. stakt.
Rach einer Meldung aus Madrid bereiten die Spc «1er einen Angriff gegen die Rifleute am Gebirgsstock Beni Os- mar vor, »veil dort die schweren Geschütze ausgestellt sind, mit denen die Rifleuke seit Monaten die von den Spaniern besetzte Stadl Tetuan beschießen.
zugeben will. Nach Dr. Strejemann, dessen würdige Zurückweisung in aller Welt einen guten Eindruck gemacht hat, sprach der Bundeskanzler Dr. Ramek in Wien, allerdings so, daß er nicht bloß bei Mussolini, sondern auch bei den Tirolern anstieß, hier, weil der Oesterreicher von einem „Ober-Etsch", statt von „Südtirol" sprach. Inzwischen sammelt man zu einem B a t t i st i - Denkmal in Bozen. Mussolini hat ja in seiner Senatsrede die Anregung dazu gegeben. Wer aber war dieser Cesare Battisti? Ein Italiener, der im Kriege als österreichischer Untertan wegen Fahnenflucht und Hochverrats hingerichtet wurde, also ein Mann, der die Zugehörigkeit zu seinem Volk höher stellte- als seine Zugehörigkeit zu einem Fremdstaat. Und das eben ist's ja, was Mussolini an den deutschen Südtirolern nicht gefällt. Ob nicht der „Duce" gerade das Gegenteil von dem erreicht, was er plant?
Ja, diese „nationalen Minderheiten" — sie sind nun einmal Fremdkörper eines Nationalstaats. Daher die fortgesetzten Reibereien. So bei den Suderen- deutschen. Nicht anders bei den Deutschen in Polnisch- Oberschlesien, wo es wieder einmal recht toll zugeht, so daß die Sache auf die Tagesordnung der nächsten Völkerbundsratssitzung gesetzt werden mußte. Sogar in Elsaß- Lothringen klappt es nicht. Dort ist ein Generalstreik der Eisenbahner, Beamten und Lehrer in Sicht. Nicht ohne Grund vermutet die französische Presse, daß hinter dieser Bewegung nicht bloß Lohnforderungen stecken. Man grollt im Lande gegen die französische Sprachenpolitik. Mit Recht schreibt die Straßburger „R e p u b l i q u e": „Entweder muß man darauf verzichten, in ein Vaterland fremdsprachige Gebietsteile aufzunehmen, oder, wenn man dies tut, muß man auch ihre Sprache achten und bereit sein, sich mit den praktischen Folgerungen abzufinden, die daraus entstehen oder entstehen können."
In unserer Heimat selbst sieht's wirtschaftlich immer noch recht traurig aus. Ueber 2 Millionen Erwerbslose und ebenso viele Kurzarbeiter. Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten, die natürlich mehr verlangten, hat der Reichstag die Erwerbslosenunterstützungssätze um 10—20 v. H. erhöht. Das ist immerhin eine Verbesserung, die Dank verdient. Damit soll aber nicht gesagt werden, daß dem unsagbaren Elend abgeholfen sei- Es schreit so schrecklich zum Himmel, daß den anderen, die in glücklicherer Lage sind, das Lachen vergeben sollte. Und doch konnten Millionen unserer Volksgenossen das Aergernis einer tollen Fastnachtszeit nicht unterlassen. Nur Wahnsinnige können auf einem Vulkan tanzen.
Von der rechten Seite geht ein Antrag aus auf Abänderung des Artikels 54 unserer Verfassung- und zwar in der Richtung, daß unsere Reichsregierung nicht einzig und allein auf das Vertrauen des Reichstags angewiesen sein soll. Wohin das führt, haben uns die vielen Regierungskrisen der letzten Jahre mit ihren endlosen Versuchen, unwürdigen Handelsgeschäften, politischen Widerwärtigkeiten und anderen Unzuträglichkeiten in geradezu abstoßender Weise gezeigt. Die Vereinigten Staaten, die auch eine demokratische Republik sein wollen, kennen eine solche unbedingte Abhängigkeit der Regierungsgewalt von dem Parlament nicht. Aber auch hier ist eine Rückkehr auf dem betretenen Weg nicht leicht. Tatsache ist, daß der Reichstag, oder besser der Parlamentarismus an Volkstümlichkeit ungemein viel verloren hat-
Noch sei zum Schluß eines kleinen Lichtblicks der jüngsten Geaenwart gedacht. Die Aktivität der Handelsbilanz
Fernruf 179 61. Jahrgang
hat sich im Januar weiter erhöht, und zwar in reinem Warenverkehr von 36 auf 87 Millionen Mark. Unsere Einfuhr war seit der Festigung unserer Währung immer größer als die Ausfuhr- in einigen Monaten sogar um mehr als 400 Millionen Mark. Also eine passive Handelsbilanz von beängstigender Höhe. Im Dezember vorigen Jahres wendete sich erstmals das Blatt zu Gunsten der Ausfuhr. Und der Monat Januar hat eine weitere Besserung gebracht. Möge sie anhalten! Es wäre unser Glück. m.
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Neue Nachrichten
Besuchsreifen
Berlin. 26. Febr- Reichspräsident von Hindenburg wird am 2. März in Leipzig die Frühjahrsmesse und das Reichsgericht besuchen.
Reichskanzler Dr. Luther wird am Montag, den 1. März zu einem Besuch nach Hamburg abreisen und am Dienstag wieder nach Berlin zurückkehren.
Der Rakssitz
Genf, 26. Febr. Spanien, das bisher im Völker- l-undsrat unständig vertreten war, verlangt nun einen ständigen Ratssitz, und zwar mit der Begründung daß es auch die lateinisch-amerikanischen Staaten im Rat zu vertreten habe. Auch China, hat neuerdings für sich einen ständigen Ratssitz gefordert.