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Druck, Verlag u. Hauptschriftleitung Theodor Gack. Für den lokalen Teil verantwort!. Karl DH. Flum in Wildbad

Nummer 145

Fernruf 179

Wildbad, Donnerstag, den 25. Juni 1925

Fernruf 179

60. Jahrgang

Sturmzeichen in Asien

So sicher wie die Zeit selbst Schritt für Schritt vorwärts geht, so sicher führen England und Amerika die Welt Schritt für Schritt einem neuen Weltkrieg entgegen. Vorzeichen sind deutlich und unheilkündend, von den Drohungen in der amerikanischen Presse angefangen bis zum Bau des gigan­tischen britischen Flotten- und Luftschiffstützpunktes in Singa- pore. England und Amerika sind entschlossen, nicht nur die Proteststufe ganz Asiens, wie sie sich in den nationalen Be­wegungen äußern, zum Schweigen zu bringen, sondern auch Japan als politischen und wirtschaftlichen Gegner in Asien zu vernichten. Der vornehmliche Protest ganz Asiens gegen europäische Angriffe hat sich im vorigen Jahre in alarmie­render Weise geoffenbart. Er gipfelte in dem russisch-japa­nischen Vertrag, und es ist zu erwarten, vielleicht sogar schon eine vollendete Tatsache, daß China sich mit anderen Mächten verbündet. Das Bündnis der Türkei mit Rußland verbindet die Türkei automatisch mit dieser Gruppe asiatischer Mächte (denn Rußland ist ja zum Test asiatisch), deren Ziele der russische Außenminister Tschitscherin auf dem Kongreß der Ostvölker vorigen Monat in Baku klar zusammenfaßte in die Worte:Rußlands Ziel ist es, jede Spur des britischen Im­perialismus in Asien auszutilgen." Der neue russifch-japa- nische Vertrag überläßt Japan bedeutende Oelquellen und 506 Millionen Tonnen Hartkohle auf der Insel Sachalin und macht es dadurch vollständig unabhängig von Amerika. Und im vergangenen Monat wurde berichtet, daß in Japan große Eisenerzlager entdeckt worden sind, die es Japan ermöglichen, allen Angriffen von außerhalb zu widerstehen.

England und Amerika machen fieberhafte Anstrengungen, um die Lage zu meistern. Es soll eine neue Abrüstungs­konferenz nach Washington einberufen werden, deren wirk­licher Zweck derselbe ist wie der der ersten Abrüstufftzs- konferenz von 1921, d. h. der Versuch Englands und Amerikas, Japan zu schwächen und seine militärische Macht zu brechen. Das Verfahren ist genau dasselbe, das England drei Jahre vor dem Weltkrieg einschlug, als Haldane seine Vorschläge zur Einschränkung des deutschen Flottenbaves machte. Die Methoden, die England damals anwendeke, sind dieselben, die es heute gegen Japan anwendet. Amerika ver­anstaltet ferner von diesem Monat ab im Stillen Ozean die größten Flottenmanöver, die jemals abgehalten worden sind eine direkte Herausforderung zum Krieg. Mehr als 200 amerikanische Journalisten begleiten die Flotte, um Propaganda zu machen denn moderne Kriege werden nicht nur mit Kriegswerkzeugen, sondern auch mit der Presse ausgefochten. Japan hat sich ohne weitere Erklärung ge­weigert, die amerikanische Flotte aufzunehmen.- und es hat Gegenmanöver veranstaltet mit dem Ziele, das Jnselreich vor jeder Landung zu schützen.

Inzwischen bemühen sich England und Amerika zugleich, oie Souveränität über China zu gewinnen, und, wie der große englische Philosoph und Mathematiker Bsrtrand Russe,! "G' "wahrscheinlich werden in naher Zukunft Engländer und Amerikaner gemeinsam darauf hinarbeiten, in China Regierung" einzusetzen, um dann das Landaus­zubeuten . Andere englische Schriftsteller, wie z. V. John

Tökio berichtet, betonen, daß es wegen

gegen China zu einem Krieg kommen kann. So brach z. B. im August in Kanton, das damals unter der Regierung Dr Sun Yat Sens stand, ein Aufstand aus. Der Führer war der höchste chinesische Beamte derHong- kong- und Shanghai-Bank", des größten und mächtigsten englischen Fmanzinstituts in diesem Weltteil. Als Dr. Sun Bat Sen die Rebellen zur Unterwerfung aufforderte, erhielt er vom britischen Konsul ein Ultimatum: wenn er auf die Aufständischen feuere, würden die britischen Kriegsschiffe in den Gewässern von Kanton ihre Kanonen auf Kanton richten. Gegen diesen flagranten Akt des britischen Imperialismus Meß Dr. Sun Yat Sen sein berühmtes Manifest an das Mnestsche Volk, in dem er es mit diesem neuen Akt imperia­listischer Gewaltpolitik bekannt macht und auf dessen weit­reichende Bedeutung für die Kennzeichen der wirklichen Lage Ehinas hinweist. Im Hinblick auf diese und ähnliche Vor­gänge hat Japan seine Politik gegenüber China einer Aende- ung unterzogen, nachdem sie 30 Jahre durch eine Arroganz und Feindseligkeit charakterisiert war, die nur derjenigen von europäischen Mächten vergleichbar war.

seiner indischen Politik macht England alle An» die Hindus und Mohammedaner zu ent- dadurch Indien von diesem asiatischen Bunde .. h ^.w^en. Im nayen Osten verluckll es » B.. ?in?n ic>,c»>-

naniu-» . Osten versucht es z. B., einen soge-

der di- /'ssiwbhangigen arabischen Bund zustandezubringen, Stätten des Islam schützen soll, und ferner

und Englands Gnaden zum Kalifen einzusetzen

indischen Mohammedaner zum Ge- lind^'s"°sen Oberhaupt gegenüber zu bringen, ftidll^n ^ rm Krimkrieg das Kalifat benutzte, cm die Mohammedaner einFetwa" zu erlassen mit der Aufforderung, sich der britischen Negierung gegenüber loyal zu verbalten, so me^dsn

^ verhalten, so werden wir vielleicht den Erlaß eines ähn­lichenFetwa in dem kommenden Kriege gegen Asien er»

leben. Dieser arabische Bund ist aber unmöglich ohne Damas-

Tagesspiegel

Die Win'Herpräsidenkenkonferenz der Länder am Sams­tag in Berlin wird die Sicherheiksnote und die Entwaff- nungsnote eingehend prüfen und neben den dringenden außenpolitischen Fragen auch die innerpolikische Lage er­örtern.

Im Reichstag ist ein Antrag der Deutschnationalen, des Zentrums, der Deutschen Volkspartei, der Wirtschaft!. Ver­einigung und der Bayer. Volkspartei eingegangen, die Geltungsdauer der dritten Steuernotverordnung bis zum 15. Juli zu verlängern.

Die griechische Nationalversammlung stimmte mit 182 gegen 42 Stimmen dem Grundsatz der Verhältniswahl zu.

In einer Erklärung Eoolidges über die Steuervermin­derung in den Vereinigten Staaten wird darauf hingewiesen, daß das Schatzamt einen Plan für die Verminderung der Steuerlasten um 3SS Millionen der nächsten Kongreßsihung im Dezember unterbreiten werde.

kutz- die Hauptstadt Syriens, und Syrien steht unter fran- zostscher Kontrolle. Diese Tatsache vertieft im Verein mit den englisch-französischen Konflikten wegen wirtschaftlicher Vorrechte im nahen Osten den Gegensatz zwischen England und Frankreich. Vermutlich wird trotzdem dieser Bund zu- standekommen, und er wird ein englisches Bollwerk gegen die Türkei bilden, di? in Verbindung mit Rußland den deut­lichsten und bewußtesten gegenenglischen Einfluß im nahen und mittleren Osten auszuüben. 8.

Tagung Zbcr Kriegsschuldlüge und Kriegspropaganda

Stuttgart, 24. Juni. Den dritten Vortrag hielt der Leiter der Reichszentrale für Heimatdienst, Oberregierungsrat Dr. Strahl-Berlin WerPolitik und Propaganda". Das ideale Verhältnis zwischen Propaganda und Politik fei, wen«, sich beide in ihren Zielen vollständig deckten. Ein solche« Beispiel liege in der Sowjetpropaganba vor. In Deutschland klaffe zwischen beiden oft eine große Lücke. Aufgabe der deutschen Propaganda sei es, die inneren Unterschiede mög­lichst zu überbrücken und gemeinsame nationale Ziele aufzu­stellen. Immerhin gebe es bereits eine große Anzahl über­parteilicher Ziels für die deutsche Propaganda, nämlich Wiederaufbau, Einheit des Reiches, Gerechtigkeit und Gleich­berechtigung mit den Völkern: außerdem der Kampf gegen die Kriegsschuldlüge, Kolonialschuldlüge und die Lüge von den deutschen Kriegsgreueln. Auch die Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker aus die deutsche Ratio« sei ein nationales deutsches Ziel. Aus diesen gemeinsame« Zielen geben sich auch die Aufgaben für eine überparteiliche deutsche Propaganda-Arbeit im Inland sowohl wie im Aus­land, und zwar in möglichst inniger Zusammenarbeit aller privaten Verbände mit den amtlichen Stellen.

Frau Anna B l o s - Stuttgart sprach überDie Auf­klärungsarbeiten". Der Arbeiter, der so viel Interesse mch Verständnis für die internationalen Beziehungen habe, vev» stehe auch die Wichtigkeit der Kriegsschuld in diesem Zu­sammenhang; denn internationale Beziehungen seien fiir Len Deutschen nur möglich auf dem Boden der Gleichberech­tigung und der nationalen Würde. Dos sei aber unmöglich, solange den Deutschen der Vorwurf der KriegsschuWüg« anhänge.

Frau Klara M e n d e - Berlin, M.d. R., vom Frauen­ausschuß zur Bekämpfung der Kriegsschuldlüge behandelte die Aufklärungsarbeit unter den Frauen. Der Kampf gegen die Kriegsschuldlüge sei eine einfache Pflicht der Dankbarkeit der Frau gegenüber dem Manne für seine Verteidigung de» Vaterlandes. Ferner habe ist« Frau als Mutter u«d Er­zieherin der künftigen Generation das tiefste moralisch« Interesse an der Bekämpfung der Kriegsschuldlüge, damit nicht Las kommende Geschlecht dis moralische Aechtung weitertrogen müsse. Von ähnlicher Wichtigkeit wie der Kampf gegen die Kriegsschuldlüge sei der gegen die Lüg« von deutschen Kriegsgreueln.

Dr. Freiherr von Are t i n - München sprach über Aufklärungsarbeit außerhalb der Großstädte", indem er die Grundbedingungen und Methoden dieser Arbeit schilderte.

In der Aussprache wurde versucht, den Begriff Kriegsschuldfrage zu bestimmen. Am besten könnte man ihn so festlegen, daß man von einer Urheberschaft und Verant­wortung am Krieg spricht. Dies aber müßten wir für um» entschieden ablehnen.

Neue Nachrichten

Lcmdwirtschastsverkreter beim Reichspräsidenten Berlin. 24. Juni. Reichspräsident von Hindenburg emp­

fing in Gegenwart des Reichskanzlers Md des Reichs­ministers für Ernährung und Landwirtschaft den Vorstand des Deutschen Landwirtschaftsrats, Präsident Dr. Brandes, die Vizepräsidenten Mittermaier und Steiger, sowie das geschäftsführende Mitglied Dr. Kutscher und nahm die Glück» wünsche des Deutschen Landwirtschaftsrats und einen lieber- blick über die Lage der Landwirtschaft entgegen.

Beim Reichspräsidenten fand gestern ein großer parla- lentarischer Bierabend statt. Es waren erschienen: der Reichs­kanzler, die Reichsminister, di« preußischen Minister, die Staatssekretäre des Reichs und Preußens, die Ministerial­direktoren der Reichsministerien, die Gesandten und Ver­treter der Länder, das Reichstagspräsidimn, zahlreiche Ab­geordnete des Reichstags, das Präsidium des preußischen Landtags und des preußischen Staatsrats, die Rektoren der Berliner Hochschulen, die Vorsitzenden der wirtschaftlichen und beruflichen Spitzenverbände, Vertreter der Preffe, der Wissenschaft, der Kunst und Wirtschaft.

Die Industrie zur außenpolitischen Lage

Köln, 24. Juni. Die Tagung des Reichsverbands der deutschen Industrie nahm einstimmig eine Entschließung an, in der zum Ausdruck kam, daß der Reichsverband mit Sorge die jüngsten außenpolitischen Ereignisse verfolge. Der in der Antwortnote zutage getretene Geist offenbare nicht den« Willen zum gemeinsamen, ruhigen Wiederaufbau der Völker unter Einschluß Deutschlands. Die angeblich nicht vollendete Abrüstung, die den Tatsachen zuwider behauptet werde, gebe den Borwand für die Verzögeruni der Räumung besetzter Landesteile. Der Reichsverband schließe sich einmütig den Protesten an, die die deutschen Brüder am Rhein und der Ruhr wegen dieser schweren Enttäuschung erhoben hätten. Nach Begrüßungsworten des Oberbürgermeisters Dr. Aden­auer-Köln sprach im Namen der Reichs- und der preußischen Staatsregierung der preußische Handelsminister Dr. Schreiber über die schwierige Lage der deutschen Wirtschaft. Bei der Ueberwindung dieser Schwierigkeiten werde sie in erster Linie auf sich selbst angewiesen sein. Aufgabe des Staates müsse es sein, der Wirtschaft den Gesundungsprozeß nach Möglichkeit zu erleichtern.

Die Vorstandssitzung des Reichsverbandes der deutschen Industrie hatte folgendes Ergebnis: Präsidium und Vor- stand vertreten den Standpunkt, daß Minimalzölle nicht in ein Gesetz hineingehören, wohl aber unseren Unterhändlern bei Verhandlungen als Ausgangspunkte zu dienen haben. Eine Einführung z-leitender Zölle würde nicht nützen, son­dern schaden. Sie wird daher einmütig vom Präsidium und vom Vorstand abgelehnt.

Enkwurf einer Reichsstädkevrdnung Saarbrücken, 24. Juni. In Durchführung der Entschließung, die die vorjährige Hauptversammlung des Deutschen Städke- tages in Hannover angenommen hatte, hat der hier zu- sammengekretene Vorstand des Deutschen Städtetages die Be­ratungen über den Enkwurf einer Reichsstädkeordnung zum Abschluß gebracht. Der Entwurf bezweckt eine reichsgeseh' siche Regelung der zur Vereinheitlichung reifen Grundfragen des städtischen Verfassungsrechtes. Er soll demnächst der Reichsregierung unterbreitet werden. Der Entwurf bringt zum Ausdruck, daß alle örtlichen öffentlichen Verwaltungen grundsätzlich kam: ' male Verwaltungen sein sollen, d?^ die Städte das Recht haben sollen, alle dem Gemeinwohl dienen­den Aufgaben in den Bereich ihrer Tätigkeit zu ziehen, daß die städtischen Verwaltungen ihrem Wesen nach Selbstver­waltungen sein müssen. Ferner hat sich der Deutsche Städke- tag in der Frage der städtischen Verfassungsreform auf den Boden der Einkörper-Verfassung gestellt.

Der Besatzungsskandal iu der Pfalz

München, 24. Juni. Der Landtagsabg. Bernzokt hak eine Anfrage im Landtag eingebracht, in der es heißt: Der Bürgermeister Merie von Ransbach (Pfalz) ist mit seinem Sohne von der französischen Besatzungsbehörde verhaftet und gefesselt abgeführt worden. Der Schwager des Bürger­meisters, Lauth,' ist ebenfalls abgeführt worden und hat sich nach sechs Tagen in einem Zustand höchster seelischer Er­regung wegen der ihm und seinen Verwandten zuteil gewor­denen Behandlung in dem französischen Gefängnis in Landau erhängt. Die Staatsregierung wird um sofortige Erwirkung der Freilassung der Verhafteten ersucht.

Oesterreichifche Kundgebung für Großdeutschland

Wien, 24. Juni. In der Vorhalle des Rathauses und vor dem Rathaus fand gestern eine von vielen Tausenden besuchte Massenversammlung des österreichisch-deutschen Volksbundes statt, in der Redner aller Parteien für den Anschluß an Deutschland eintraten. Eine entsprechende Ent­schließung wurde angenommen.

Der polnische Wirtschaftskrieg

Warschau. 24. Juni. Die polnische Regierung hat ihre Verfügung, wonach ab heute die Einfuhr einer ganzen Reihe Artikeln nach Polen verboten ist, nicht aufgehoben. Das neue deutsche Angebot hat in der polnischen Presse eine all­gemeine Ablehnung erfahren. ;

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