Fremde erteilt werden dürfen, sondern die Politik der „offenen Tür" befolgt werden müsse. Die Nationen sollten auf einer Konferenz sich verpflichten, Bestrebungen einzelner Untertanen, in auswärtigen Ländern sich Konzessionen zu sichern, nicht zu unterrstützen. — Die „Konzessionswütigsten" sind bekanntlich gerade die englischen und amerikanischen Kapitalisten.
Nitti gegen das Versailler Dikkal
Kopenhagen, 23. Okt. Der frühere italienische Ministerpräsident Nitti führte in einem Vortrag, den er im Studentenverein zu Kopenhagen gehalten hat, u. a. aus: „Der Versailler Artikel 231, der die Verantwortung für den europäischen Krieg ausschließlich Deutschland und dessen Verbündeten zuschiebt, hat keine Bedeutung, weil es eine Erklärung ist, die von den Siegern gemacht ist. Heute hat das ganze Europa, selbst nach der Entwaffnung der Besiegten, eine Million Männer mehr unter den Waffen als 1913, und gibt drei Milliarden Franken mehr aus als damals, d. h., daß die Sieger kein Vertrauen in die Ergebenheit der Besiegten setzen. Der Krieg wird fortgesetzt, selbst nach und vielleicht infolge der Verträge. — Die Krise der kriegführenden Mächte hat sich selbst bis auf die entferntesten neutralen Länder erstreckt. Das verminderte Kaufvermögen der Besiegten hat den ganzen Handel des Erdballs gelähmt. Der Dawesplan ist die Verneinung dessen, was man verkündet hatte. Man behält den ganzen Mechanismus der Zerstörung bei und spricht vom Frieden.
Zur TNossulsrage
Konstantinopel, 23. Okt. Fredy Vay und die übrigen türkischen Vertreter, die an der Sitzung des Völkerbundsrats über den Mossulstreit teilnehmen, sind von Konstantinopel abgereist. Da beide Vizepräsidenten der Nationalversammlung der Abordnung angehören, ist die Tagung der Nationalversammlung unterbrochen worden.
^ WürtLembergischer Landtag
" 'Die Hauptaussprache zum Staatshaushalt
Stuttgart. 22. Oktober.
Zum Staatshaushaltplan ergriff in der Nachmittagssitzung Abg. Pflüger (Soz.) das Wort. Der Staatspräsident habe eine außerordentliche Wandlungsfähigkeit bewiesen. Durch die Reichstagsauflösung sei das deutsche Volk vor der Ausrichtung der Diktatur des Kapitals bewahrt worden. Vom Staatspräsidenten wisse man noch nicht, ob er aus lieber- zeugung oder aus Berechnung für den Dawesplan gestimmt habe. Die Deutsche Volkspartei sei auf dem besten Weg, wieder die „Fraktion Drehscheibe" zu werden. Interessant wäre es, zu erfahren, wie die Instruktionen der württ. Regierung bezüglich des deutsch-spanischen Handelsvertrags gelautet haben. (Zuruf des Staatspräsidenten: Die Pressemeldungen darüber sind aufgelegter Schwindel.) Die Reform der Bezirksverwaltung müsse baldigst in Angriff genommen werden^ Seine Partei werde verlangen, daß wie im letzten Jahr Mittel für Beiriebsräte-Kurse ausgegeben werden. Für die Entlassung des Gesandten Hildenbrand fehle die rechtliche Grundlage. Die Verfassungsfeier sei von der Regierung eher gehindert als gefördert worden- In der Polizeiverwaltung gelte immer noch nicht gleiches Recht für alle. Vertrauen zur Justiz könne angesichts der Urteile gegen die Arbeiter nicht auskommen. Es sei zu erwägen, ob der württ. Landtag einer Neuwahl sich unterwerfe. Die Wahlparole seiner Partei gehe für Freiheit, Republik, Arbeit und Brot, gegen Ausbeutung, Bürgerblock und für freie Bahn dem Sozialismus. (Höhnische Hurrarufe rechts.)
Abg. Karl Müller (Komm.) legte Verwahrung dagegen ein, daß Polizei sich im Landtag befinde und daß vom Präsidenten die Tribünenkarten der kommunistischen Abgeordneten eingehalten wurden. Als der Redner erklärte, der Landtag sei eine brutale Polizeianstalt, erhielt er einen Ordnungsruf. Die politischen Gefangenen müßten freigelassen werden; der Achtstundentag sei wieder einzuführen und der Zwangsarbeit bei den Erwerbslosen ein Ende zu machen. Der Staatsgerichtshof sei eine brutale Guillotine gegen die Arbeiterschaft. (Zweiter Ordnungsruf.) Alle gegenrevolutionären Organisationen, auch die Reichswehr und die Schutzpolizei, sowie das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold (Protestrufe bei den Sozialdemokraten und Demokraten) müßten aufgegeben, dagegen die organisierte Arbeiterschaft bewaffnet werden. Justiz und Polizei treiben Schindluder mit dem Geld der Steuerzahler. Zu welchem Zweck werde denn
Schloß Reitzenstein umgebaut? Soll dort tatsächlich das Staatsministerium untergebracht werden? Wer bezahle den dem Staatspräsidenten beigegebenen Polizeikommissar?
Skukkgark, 23. Oktober.
3n der heule fortgesetzten Beratung wies Staatspräsident Bazille die gegen die Regierung gerichteten Angriffs zurück. Es ist kein Widerspruch, wenn man für eine gewisse Richtung der Politik kämpft, aber im Augenblick der Entscheidung die Dinge nimmt, wie sie sind. Daher ist der Borwurf der Wandlungsfähigkeit unangebracht. Bei der ersten Länderbesprechung habe ich gegen die Reichsregierung ziemlich scharfe Opposition gemacht, bei der zweiten hatte das keinen Sinn mehr, denn es ging nicht mehr so sehr um den Londoner Pakt als um die Macht des Innern. Märe der Londoner Vertrag abgelehnt worden, so wäre ein zweiter nie mehr zustande gekommen und darauf hakten die Kommunisten nur gewartet. Die Reichslagsauflösung ist ein Unglück. Das parlamentarische System wird am meisten von denen untergraben, die es eingeführk haben. Nicht der Reichstag hätte aufgelöst, sondern der Reichspräsident neu gewählt werden sollen. Hoffentlich bringt die Neuwahl eine Besserung unserer außenpolitischen Lage. Bei den Dawesgesehen sollte die Berliner Gesandtschaft zuskimmen, auch dem Eisenbahngesetz, diesem jedoch mit einer Aechtsverwahrung bezüglich der Rechte Württembergs aus dem Staaksverkrag mit dem Reich. Wir hakten vor,fhie württ. Anleihe in vollem Werk anzuerkennen, salls wir"vom Reich für unsere Eisenbahnen den entsprechenden Gegenwert erhalten. Bayern kleidete seine Rechtsverwahrung in die schärfere Form der Stimmenthaltung und so instruierte ich unseren Gesandten, sich gleichfalls der Stimme zu enthalte», falls die Annahme des Vertrags nicht unmöglich gemacht werde. Beim deutschspanischen Handelsvertrag sollte der Berliner Gesandte mit Rücksicht auf die Schädigung des Weinbaus den Vertrag ablehnen, in der landwirtschaftlichen Schutzzollfrage jedoch Anstimmen.
Die Sozialpolitik der letzten Jahre war eine Politik im luftleeren Raum. Der Achtstundentag ist auf die Dauer absolut unmöglich. Wenn die Linke ihn beibehalken will, zweifle ich entweder an der Ehrlichkeit ihrer Politik oder an ihrem Verständnis für die Wirtschaftspolitik. (Der Präsident er sucht mehrfach um Ruhe und Ordnung.) Daß Württemberg im Reichsrak keine große Bedeutung hatte, kommt daher, daß ein württembergischer demokratischer Minister sich alles gefallen ließ, so der ^ nanzminisker Schall, der eine Rüge des Reichsfinanzmii.stters einsteckke und nicht einmal den " 'ch machte, sich zu wehren. Bei der Totenfeier war schwarz-rot geflaggt. Es war der Gedenktag der württ. Regimenter, die nicht unter schwarz-rot-gold in den Kampf gezogen sind. (Zuruf der Nat.-Soz.: Schwarz-Rok-Senf war nicht im Feld.) Bei der Versassungsseier war schwarz-rot- gold geflaggt, das württ. Volk sieht aber ui^'t ein, warum gerade die Weimar V -fassung c feiert werden soll. (Zuruf: Sie hat uns vor dem Bolschewismus bewahrt.) Wären nich. die Skudentenbataillone und die Offiziere gewesen, so wäre die Weimarer Verfassung bald zusammengebrochen. (Großer Lärm.) Dem französischen Konsul, der mich besucht hatte, habe ich den Besuch zurückgegeben, das hätte ich auch einem Vertreter Sowjet-Rußlands getan. Bezüglich der Villa Reihen st ein wird überlegt, ob sie verkauft, oder ob eine Behörde hineingelegt werden soll. Ein in der Königstraße gelegenes Staatsgebäude (Staatsministerium) könnte man i r Läden und Büros unter großen Mietseinnahmen besser verwenden. Der Fall des Gesandten Hildenbrand wurde nicht v-m mir, sondern vom gesamten Staatsministerium entschieden. Oie Abberufung ist in aller Form zu Recht erfolgt, aber nicht aus politischen Gründen, sondern weil Hildenbrand nicht imstande war, s»:ne Pflichten zu erfüllen, denn er hakte nicht die notwendige sachliche Ausbildung. Die Schule der parlamentarischen Oberflächlichkeit ist nicht gleichbedeutend mit vieljährigem wissenschaftlichem Studium und langer Praxis. (Große Unruhe und Zurufe.) Der Bauer z. B. überlegt sich nie so, daß er glaubt, Arbeiten verrichten zu können, zu denen ein anderer nur nach langjährigem Studium befähigt ist, aber die Sozialdemokratie will es so. (Abg. Keil wird zur Ordnung gerufen.) Außerdem sind aus den Akten fünf Fälle schwerer disziplinärer Verfehlungen Hildenbrands zu entnehmen. 3m 3uli 1922 stimmte er gegen die Meisun- des Staatsministeriums eigenmächtig für ein Gesetz zun- Schaden der Presse und brachte es s» zur Annahme. (Zuruf: Was hat das Staatsministerium getan?) Es hat nichts getan. (Zuruf Keils: Also hat das Staatsministerium die Abstimmung nachträglich gebilligt. 3ch war selbst im. Mini-
Wer nie sein Brot mit Tränen aß,
Wer nre die kummervollen Nächte
Auf seinem Bette weinend saß, -
Ter kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!
' Goethe.
Des Hauses Sonnenschein.
Roman von Irene v. Hellmuth. ?> s 23. (Nachdruck verboten.)
Auch die Dächer der Scheunen und Ställe, die so nötig einer Ausbesserung bedurften, da der Regen bereits durch die schadhaften Stellen eindrang, hatte man reparieren lassen; denn den Herbststürmen wären sie sicher zum Opfer gefallen.
^ Als die Kisten mit der Wäsche und Garderobe von Hans-Heinz ankamen, gab es auch für die Damen des Hauses eine freudige Ueberraschung. Obenauf lagen zwei kleine Schachteln, die eine für Anneliese, die andere für ihre Mutter bestimmt, mit der Aufschrift: „Für die gütigst gewährte Gastfreundschaft". Das junge Mädchen jubelte kaut auf, als es dem Etui ein goldenes Uhrarmband entnahm. Und auch Frau Minna freute sich über die mit einigen kleinen Perlen besetzte Brosche; denn an Schmucksachen besaß sie so wenig.
- Zu solchen Luxusausgaben hatte das Geld nie ge reicht, auch war sie zu bescheiden, um an sich selbst zu b^En. Sre hatte ja auch wenig Verwendung füi -Schmuckstücke' da sie Gesellschaften nie besuchte. Sic -fand Völliges Genüge in ihrer Häuslichkeit.
Nur im Spätherbst, wenn die Ernte geborgen und die Einmachzeit vorüber war, fuhr sie jedes Jahr mit ihrem Gatten nach München, das nicht allzu weit entfernt war. Dort kauften sie ein, was sie nötig hatten, besuchten wohl auch des Abends ein Theater. Das war das einzige Vergnügen, das sie sich gönnten, und auf das sich Frau Minna immer schon lange vorher Freute.
Freilich, das Leben und Treiben, die vielen Menschen, der Lärm der Großstadt bedrückten sie stets, aber es war doch eine kleine Abwechslung im ewigen Einerlei ihres Hausfrauenberufs.
Und wenn sie dann wieder hsimkam, wußte sie so viel zu erzählen von allem, was sie gesehen, daß sie tagelang nicht damit fertig wurde.
Im letzten Herbst hatte ihr der. Gatte den Vorschlag gemacht, doch einmal Anneliese an ihrer Stelle nach München mit zu lassen, damit das junge Mädchen auch einmal fortkomme von ihrer Scholle. Obwohl das für Frau Minna eine große Enttäuschung war, so ließ sie sich nicht das Mindeste merken, sondern freundlich wie immer stimmte sie dem Vorschlag zu.
Aber für Anneliese bedeutete die Reise nach der Hauptstadt kein Vergnügen, und viel früher, als beabsichtigt war, kam sie wieder nach Hause. Sie hatte richtige Sehnsucht gehabt nach ihrem stillen, geliebten Lanneck.
„So schön wie hier ist es nirgends," lautete damals ihre Antwort, als man sie fragte, wie es ihr gefallen habe. Sie fand nur Freude an den Wäldern, Feldern und Wiesen, «n den Schönheiten der Natur.
Tie Sonne neigte sich schon zum Untergange, als Anneliese neben Hans-Heinz heimwärts wanderte von den Feldern. Die Taglöhner und die beiden Mägde, deren eine Kurts Rollwagen schob, waren schon vorausgegangen. Anneliese trug den großen Strohhut, den sie zum Schutz vor der Sonne stets auf die dichten Flechten setzte, am Arm.
Heiter unterhielt sie sich mit ihrem Begleiter.
„Nun wird Ihr Freund Tr. Paul Krüger bald hier eintreffen. Sie freuen sich wohl sehr darauf?"
Er betrachtete forschend das reizende Gesicht seiner Begleiterin. Tann zuckte er die Achseln.
„Warum meinen Sie?" -! l st
er bringt Wohl verschiedene Neuigkeiten au mehr UnterhalMng?^ ^bt es doch auc
skerium.) Sie sind nicht das Ministerium. 3n den Akten ist nichts vorhanden. (Keil: Das ist ein imperinenker Fußtritt. Diese Dinge dürfen nicht aufgefrischk werden.) (Große Unruhe.) Der Redner weist die Beleidigungen der Soizaldemo- krakie zurück. (Der Abg. Müller erhält einen Ordnungsruf.) Die Versammlungsbestimmungen im Gesetz zum Schuh der Republik sind nur dadurch Gesetz geworden, weil Hildenbrand ordnungswidrig abstimmke. Der Fall Hildenbrand ist einer der größten Skandale, die in der Geschichte der würk- kembergischen Beamtenschaft vorgekommen sind. (Großer Lärm links, Beifall rechts.)
Abg. Schees (Dem.) erklärte, wer es fertig bringe, ein Defizit von 30 Millionen auf 5-l herabzudrücken, sei wert, Reichsfinanzminister zu werden. Notwendig sei eine schärfere Belastung der größeren Landwirte. Man brauche übrigens nicht zu allem eine abgeschlossene akademische Vorbildung. Auch der mittlere Beamte könne die Gesetze lesen. Die Einstellung des Staatspräsidenten sei weltfremd und unrichtig. Hildenbrand durfte nur abberufen werden, wenn man ihm eine andere Verwendung im Staatsdienst gab. Das Besoldungssperrgesetz müsse aufgehoben und den unteren Veamtengruppen eine bessere Vezahlung gewährt werden. Die Stellung der württ. Regierung zum spanischen Handelsvertrag sei einseitig agrarisch und entspreche nicht den Wünschen der württ. Industrie. Eine Neuwahl des Landtags sei sehr wohl zu überlegen. Der Finanzminister müsse Vorschläge zur Deckung des Defizits machen. Ferner sei zu fordern eine durchgreifende Verwaltungsreform, die Förderung des Wohnungsbaus, die Achtung der Selbstverwaltung der Gemeinden, eine Reform des Fideikommißwesens. Redner trct für Schwarz-Rot-Gold ein.
^ Abg. Dr. vonHieber nahm den Abg. Hildenbrand in Schutz. Beim Wechsel der Verhältnisse sei eine direkte Befolgung der Instruktionen nicht immer möglich gewesen. Wenn Hildenbrand anders abstimmte, sei er in persönlicher Rücksprache immer gemahnt worden, was aktenmäßig nicht vermerkt wurde. Zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens habe keine Nötigung Vorgelegen. Protestieren müsse er gegen die Bemerkung, daß Württemberg dem Reich gegenüber nickt eine würdige Stellung gehabc habe. Bazille habe einen Satz aus dem Protokoll üb eine Sitzung des Stuatsministe- rmms verlesen. Das sti eine neue Praxis von bedenklichen Folgen. ^
Staatspräsident Bazille erwiderte, er sei der Ansicht, daß, wenn Hildenbrai ^ der früheren Regierung nicht gehorchte, er der neuen c.'t recht nicht gehorcht hätte Wenn er ein Protokoll verlesen habe, so könne man ihm daraus keinen Vorwurf machen, denn die Politik sei öffentlich und nicht geheim. Auch früher unter dem Staatspräsidenten Hieber sei im Staatsministerium davon geredet worden Hildenbrand abzuberufen. (Justizminister Beyerle nickt zu'stim- mend.) Das frühere Ministerium habe einen pflichtvergesse, nen Beamten nicht abberufen, daraus habe er aber dem früheren Staatspräsidenten keinen Vorwurf gemacht, und nur unwahre Pressepolcmik habe ihn gezwungen, diese Verhältnisse hier klarzulegen. Fortsetzung nachmittags 4 Uhr.
Württemberg
Stuttgart, 23. Okt. Vom Landtag. W-e wir erfahren, sind für die wichtigsten Kapitel des Staatshaushaltsplans im Finanzausschuß und im Landtag als Hauptberichterstatter aufgestellt: für die Kultverwaltung die Abgeordneten Dr. Beißwänger, Wider und Ströbel, für die Justizverwaltung Abg. Bock, für die Verwaltung des Innerst Abg. Dr. Schermann, Arbeits- und Ernährungsministerium Abg. Pflüger, Finanzverwaltung usw. Abg. Schees, für Heft I und II Landtag usw. Abg. Karl Müller.
Prokesl der Kommunisten. Die kommunistische Fraktion hat bei dem Staats- und Landtagsprösidenten eine Erklärung abgegeben, in der sie Einspruch dagegen erhebt, daß Abordnungen, die vorgestern dem Landtag Wünsche übergeben wollten, in das Landtagsgebäude nicht eingelassen wurden. Staatspräsident Bazille hat die verlangte Bekanntgabe dieser Erklärung im Plem .i abgelehnt.
Eine Falschmeldung. Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Eine Stuttgarter Zeitung verbreitet die Nachricht, daß Präsident Bazille beabsichtige, die Verwaltungsreform mit einer Titeländerung einzuleiten, indem er die Oberamtmänner nach preußischem Vorbild in „Landräte" umtaufen wolle. Dies entspricht in keiner Weise den Tatsachen. Es handelt sich vielmehr um eine der vielen gegen die Regierung verbreiteten Schwindelnachrichten.
„Mein Freund Paul ist kein glänzender Gesellschafter," entgegnete Hans-Heinz. „Er spricht sehr wenig, wird nur lebhafter, wenn er von seinen Reisen erzählt; denn er hat schon sehr viel von der Welt gesehen. Das Reisegeld verdiente er sich durch Nebenunterricht. Er ist ein sehr kluger, geistreicher Mann, aber ein Schweiger."
„Hu, da wird er wohl recht verächtlich auf mich dummes Ding herabsehen; vielleicht würdigt er mich seiner Gesellschaft gar nicht."
„Na, wir wollens abwarten," lächelte Hans-Heinz.
Sie waren unterdessen aus dem Walde heraus- getreten und schritten den schmalen Wiesenpfad entlang. Vor ihm lag Tanneck, vom Schein der untergehenden Sonne hell bestrahlt. Es sah aus, als wäre es in Purpur und Gold getaucht. Aus dem Schornstein stieg blauer Rauch kerzengerade empor. Ein anheimelndes Bild!
„Wie schön und friedlich das ist!" rief Hans-Heinz, auf das Haus mit seinen blumengeschmückten Fenstern weifend.
„Nicht wahr, meine Heimat ist schön?" lächelte Anneliese. Sie blieb stehen, um das liebliche Bild besser betrachten zu können, als sie auf dem Fahrweg ein Wägelchen bemerkte, dessen Insasse freundlich herübergrüßte. Es war der Arzt aus der nächsten Stadt, ein alter Herr mit weißem Haar, den Anneliese schon seit ihren Kinderjahren kannte. Sie rief ihn deshalb ungeniert an: „Nun, Herr Doktor, wohin fahren Sie denn noch so spät? Ist jemand krank im Dorfe?"
„Ja, die Berghofbäuerin hat nach mir geschickt. Ihren Mann hat der Schlag getroffen. Und der Jörg auf dem Bachhofe hat das Bein gebrochen. Das erfuhr ich soeben. Ta gibts Arbeit für mich."
„O weh, welch ein Unglück!" sagte Anneliese mitleidig. „Ter Jörg ist ja die einzige Stütze seiner alten Eltern. Und gerade jetzt in der Erntezeit mußte das Passieren!" i-! ^ ^ ici -i
(Fortsetzung folgt.) (